BBl 2024 2852
CH - Bundesblatt

Botschaft zur Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Zürich, Bern, Freiburg, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden, Aargau und Genf

Botschaft zur Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Zürich, Bern, Freiburg, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden, Aargau und Genf
vom 6. November 2024
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf ¹ zu einem einfachen Bundesbeschluss über die Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Zürich, Bern, Freiburg, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden, Aargau und Genf.
Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
6. November 2024 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi
Übersicht
Der Bundesversammlung wird beantragt, mit einfachem Bundesbeschluss Änderungen in den Verfassungen der Kantone Zürich, Bern, Freiburg, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden, Aargau und Genf zu gewährleisten. Alle Änderungen sind bundesrechtskonform. Die Gewährleistung ist somit zu erteilen.
Nach Artikel 51 Absatz 1 der Bundesverfassung gibt sich jeder Kanton eine demokratische Verfassung. Diese bedarf der Zustimmung des Volkes und muss revidiert werden können, wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten es verlangt. Nach Absatz 2 des gleichen Artikels bedürfen die Kantonsverfassungen der Gewährleistung des Bundes. Steht eine kantonale Verfassungsbestimmung im Einklang mit dem Bundesrecht, so ist die Gewährleistung zu erteilen; erfüllt sie diese Voraussetzung nicht, so ist die Gewährleistung zu verweigern.
Die vorliegenden Verfassungsänderungen haben zum Gegenstand:
im Kanton Zürich:
-
die Wählbarkeit in die obersten kantonalen Gerichte;
im Kanton Bern:
-
die Dringlichkeitsgesetzgebung;
im Kanton Freiburg:
-
die Notfallpflege;
im Kanton Basel-Landschaft:
-
die Deponieabgaben;
im Kanton Appenzell Ausserrhoden:
-
die Bestandes- und Gebietsänderungen von Gemeinden;
im Kanton Aargau:
-
den Klimaschutz;
im Kanton Genf:
-
die offizielle Kantonshymne;
-
die Senkung der Unterschriftenzahl für Initiativ- und Referendumsbegehren;
-
die Unterbrechung der Referendumsfristen.
Botschaft
¹ BBl 2024 2853

1 Die einzelnen Revisionen

1.1 Verfassung des Kantons Zürich

1.1.1 Volksabstimmung vom 3. März 2024

Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich haben in der Volksabstimmung vom 3. März 2024 der Änderung von Artikel 40 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 ² (KV-ZH) betreffend die Wählbarkeit in die obersten kantonalen Gerichte mit 422 719 Ja gegen 50 452 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 10. April 2024 ersuchen der Regierungspräsident und die Staatsschreiberin im Namen des Regierungsrates um die eidgenössische Gewährleistung.
² SR 131.211

1.1.2 Wählbarkeit in die obersten kantonalen Gerichte

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Art. 40 Wählbarkeit [Marginalie] ¹ In den Kantonsrat, den Regierungsrat, die obersten kantonalen Gerichte und den Ständerat kann gewählt werden, wer in kantonalen Angelegenheiten stimmberechtigt ist. Wer in die übrigen Behörden gewählt werden kann, bestimmt das Gesetz. ² Kanton und Gemeinden streben eine angemessene Vertretung beider Geschlechter in Behörden und Kommissionen an. Art. 40 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2-4 ¹ … Aufgehoben ² Für die Wahl in die obersten kantonalen Gerichte kann das Gesetz weitere Wählbarkeitsvoraussetzungen, Ausnahmen von der Wohnsitzpflicht und Bestimmungen zur Amtsdauer festlegen. ³ Bisheriger Abs. 1 zweiter Satz ⁴ Bisheriger Abs. 2
Nach Artikel 39 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV) ³ regeln die Kantone die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten. In die Souveränität der Kantone nach Artikel 3 BV fällt im Weiteren deren Organisationsautonomie. Der Bund beachtet diese (Art. 47 Abs. 2 BV). Die Änderung von Artikel 40 KV-ZH sieht vor, dass das Gesetz für die Wahl in die obersten kantonalen Gerichte weitere Wählbarkeitsvoraussetzungen, Ausnahmen von der Wohnsitzpflicht und Bestimmungen zur Amtsdauer festlegen kann. Die Änderung der KV-ZH erlaubt es dem kantonalen Gesetzgeber, insbesondere eine Altersgrenze für die Richterinnen und Richter dieser Gerichte einzuführen. ⁴ Die Änderung betrifft die kantonalen politischen Rechte und fällt in die Organisationsautonomie des Kantons. Sie ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.
³ SR 101
⁴ Ausnahme von der Amtsdauer der Richterinnen und Richter von sechs Jahren (Art. 41 Abs. 2 KV-ZH). Vgl. auch BGE 147 I 1.

1.2 Verfassung des Kantons Bern

1.2.1 Volksabstimmung vom 3. März 2024

Die Stimmberechtigten des Kantons Bern haben in der Volksabstimmung vom 3. März 2024 der Änderung von Artikel 61 und dem neuen Artikel 74 a der Verfassung des Kantons Bern vom 6. Juni 1993 ⁵ (KV-BE) betreffend die Dringlichkeitsgesetzgebung mit 300 393 Ja gegen 98 156 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 8. Mai 2024 ersuchen der Regierungspräsident und der Staatsschreiber im Namen des Regierungsrates um die eidgenössische Gewährleistung.
⁵ SR 131.212

1.2.2 Dringlichkeitsgesetzgebung

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Art. 61 Obligatorische Volksabstimmung [Marginalie] Art. 61 Abs. 1 Bst. a1 ¹ Obligatorisch unterliegen der Volksabstimmung:a1. dringliche Gesetze;
Art. 74a Rechtsetzung bei Dringlichkeit [Marginalie] ¹ Ein Gesetz, dessen Inkrafttreten keinen Aufschub duldet, kann sofort in Kraft gesetzt werden, wenn es der Grosse Rat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschliesst. ² Zu einem Gesetz gemäss Absatz 1 sind Eventualanträge gemäss Artikel 63 Absatz 2 ausgeschlossen. ³ Die Volksabstimmung gemäss Artikel 61 Absatz 1 Buchstabe a1 findet spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des dringlichen Gesetzes statt. Bei Ablehnung tritt das dringliche Gesetz unmittelbar nach der Volksabstimmung ausser Kraft.
Nach Artikel 39 Absatz 1 BV regeln die Kantone die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten. In die Souveränität der Kantone nach Artikel 3 BV fällt im Weiteren deren Organisationsautonomie. Der Bund beachtet diese (Art. 47 Abs. 2 BV). Die Änderung der KV-BE führt eine Dringlichkeitsgesetzgebung ein. Danach kann ein Gesetz, dessen Inkrafttreten keinen Aufschub duldet, sofort in Kraft gesetzt werden, wenn es der Grosse Rat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschliesst. Das dringliche Gesetz unterliegt der obligatorischen Volksabstimmung. Die Volksabstimmung findet spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes statt. Bei Ablehnung tritt das Gesetz unmittelbar nach der Volksabstimmung ausser Kraft. Die Änderung der KV-BE betrifft die kantonalen politischen Rechte und fällt in die Organisationsautonomie des Kantons. Sie ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.

1.3 Verfassung des Kantons Freiburg

1.3.1 Kantonale Volksabstimmung vom 9. Juni 2024

Die Stimmberechtigten des Kantons Freiburg haben in der Volksabstimmung vom 9. Juni 2024 der Änderung von Artikel 68 der Verfassung des Kantons Freiburg vom 16. Mai 2004 ⁶ (KV-FR) betreffend die Notfallpflege mit 59 763 Ja gegen 27 646 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 3. Juli 2024 ersucht der Verantwortliche für die Datenbank der freiburgischen Gesetzgebung im Namen des Amts für Gesetzgebung um die eidgenössische Gewährleistung.
⁶ SR 131.219

1.3.2 Notfallpflege

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Art. 68 Gesundheit [Marginalie] Art. 68 Abs. 1a ¹a Er stellt die Notfallpflege rund um die Uhr und an 7 Tagen in der Woche in allen Regionen des Kantons sicher.
Nach Artikel 117 a Absatz 1 erster Satz BV sorgen Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität. In die Souveränität der Kantone nach Artikel 3 BV fällt die Sicherstellung der Notfallpflege. Die Änderung der KV-FR sieht vor, dass der Staat die Notfallpflege rund um die Uhr und an 7 Tagen in der Woche in allen Regionen des Kantons sicherstellt. Das Ziel der Änderung geht in die gleiche Richtung wie die Ziele nach Artikel 117 a Absatz 1 erster Satz BV. Die Änderung widerspricht nicht dem Bundesrecht. Sie ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.

1.4 Verfassung des Kantons Basel-Landschaft

1.4.1 Volksabstimmung vom 19. November 2023

Die Stimmberechtigten des Kantons Basel-Landschaft haben in der Volksabstimmung vom 19. November 2023 der Änderung von § 131 der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft vom 17. Mai 1984 ⁷ (KV-BL) betreffend die Deponieabgaben mit 33 802 Ja gegen 13 513 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2023 ersucht der Redaktor Gesetzessammlungen im Namen der Landeskanzlei um die eidgenössische Gewährleistung.
⁷ SR 131.222.2

1.4.2 Deponieabgaben

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§ 131 Kantonale Steuern¹ Der Kanton erhebt:i. … . § 131 Abs. 1 Bst. i Satzzeichen und j ¹ Der Kanton erhebt:i. …;j. Abgaben für die Ablagerung von Abfällen auf Deponien.
Mit Ausnahme insbesondere der Steuern nach Artikel 134 BV fällt es in die Souveränität der Kantone nach Artikel 3 BV, Steuern zu erheben, wobei die Kantone insbesondere die Besteuerungsgrundsätze nach Artikel 127 Absatz 2 BV einhalten müssen. Die Änderung der KV-BL sieht vor, dass der Kanton Abgaben für die Ablagerung von Abfällen auf Deponien erhebt. Mit den Abgaben soll ein Anreiz geschaffen werden, dass Bauabfälle verwertet anstatt auf Deponien abgelagert werden, was finanziell meist günstiger ist. ⁸ Das Ziel der Abgaben geht in die gleiche Richtung wie die Ziele des Bundes. Die Artikel 30 ff. des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 ⁹ (USG) sehen z. B. ebenfalls die Vermeidung und Verwertung von Abfällen vor. 1⁰ Weiter kann nach Artikel 32 e Absatz 6 USG das kantonale Recht zur Finanzierung der Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Standorten eigene Abgaben vorsehen. Die Abgabe des Bundes gemäss der Verordnung vom 26. September 2008 1¹ über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten schliesst somit die Erhebung von Abgaben durch die Kantone für die von ihnen zu tragenden Kosten nicht aus. Die Änderung der KV-BL fällt in die Souveränität der Kantone. Sie ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten. Die kantonale Ausführungsgesetzgebung muss indessen mit dem höherrangigen Recht vereinbar sein, insbesondere mit den verfassungsrechtlichen Besteuerungsgrundsätzen.
⁸ Vgl. S. 5 des Abstimmungsbüchleins zur kantonalen Volksabstimmung vom 19. November 2023 .
⁹ SR 814.01
1⁰ Vgl. auch die Änderung vom 15. März 2024 von Art. 30 d USG ( BBl 2024 682 ; die Änderung ist noch nicht in Kraft getreten).
1¹ SR 814.681

1.5 Verfassung des Kantons Appenzell Ausserrhoden

1.5.1 Volksabstimmung vom 26. November 2023

Die Stimmberechtigten des Kantons Appenzell Ausserrhoden haben in der Volksabstimmung vom 26. November 2023 der Änderung von Artikel 2 und dem neuen Artikel 101bis der Verfassung des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 30. April 1995 ¹2 (KV-AR) betreffend die Bestandes- und Gebietsänderungen von Gemeinden mit 10 849 Ja gegen 5829 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 10. Januar 2024 ersucht der Ratschreiber im Auftrag des Regierungsrates um die eidgenössische Gewährleistung.
¹2 SR 131.224.1

1.5.2 Bestandes- und Gebietsänderungen von Gemeinden

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Art. 2 Kantonsgebiet Der Kanton Appenzell Ausserrhoden besteht aus den Gemeinden Urnäsch, Herisau, Schwellbrunn, Hundwil, Stein, Schönen- grund, Waldstatt, Teufen, Bühler, Gais, Speicher, Trogen, Rehetobel, Wald, Grub, Heiden, Wolfhalden, Lutzenberg, Walzenhausen und Reute. Art. 2 einziger Absatz Der Kanton Appenzell Ausserrhoden gliedert sich in Gemeinden. Das Gesetz regelt Bestand und Gebiet der Gemeinden.
Art. 101 bis Bestandes- und Gebietsänderungen ¹ Bestandes- und Gebietsänderungen benötigen die Zustimmung der Stimmberechtigten jeder betroffenen Gemeinde. ² Der Kanton leistet administrative und finanzielle Unterstützung an Gemeinden, die sich zusammenschliessen wollen. ³ Das Gesetz regelt das Nähere.
Nach Artikel 50 Absatz 1 BV ist die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts gewährleistet. Nach Artikel 39 Absatz 1 BV regeln die Kantone die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten. In die Souveränität der Kantone nach Artikel 3 BV fällt schliesslich deren Organisationsautonomie. Der Bund beachtet diese (Art. 47 Abs. 2 BV). Die Änderung der KV-AR sieht vor, dass die einzelnen Gemeinden des Kantons nicht mehr in der Kantonsverfassung aufgeführt werden, sondern dass das Gesetz deren Bestand und Gebiet regelt. Sie sieht im Weiteren vor, dass Bestandes- und Gebietsänderungen die Zustimmung der Stimmberechtigten jeder betroffenen Gemeinde benötigen. Der Kanton leistet administrative und finanzielle Unterstützung an Gemeinden, die sich zusammenschliessen wollen. Die Änderung der KV-AR betrifft die Gemeindeautonomie und die kommunalen politischen Rechte und fällt in die Organisationsautonomie des Kantons. Sie ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.

1.6 Verfassung des Kantons Aargau

1.6.1 Volksabstimmung vom 9. Juni 2024

Die Stimmberechtigten des Kantons Aargau haben in der Volksabstimmung vom 9. Juni 2024 dem neuen § 42 a der Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 ¹3 (KV-AG) betreffend den Klimaschutz sowie einem Kurztitel der KV-AG mit 101 017 Ja gegen 76 597 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 20. Juni 2024 ersucht die stellvertretende Generalsekretärin der Staatskanzlei im Auftrag des Regierungsrats um die eidgenössische Gewährleistung.
¹3 SR 131.227

1.6.2 Klimaschutz

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Verfassung des Kantons Aargau Titel Verfassung des Kantons Aargau (Kantonsverfassung, KV)
§ 42a abis) Klima Kanton und Gemeinden setzen sich für die Begrenzung des Klimawandels ein und stärken ihre Fähigkeit zur Anpassung an dessen nachteilige Auswirkungen. Sie berücksichtigen dabei die Ziele des Bundes und der für die Schweiz verbindlichen internationalen Abkommen.
Nach Artikel 74 Absatz 1 BV erlässt der Bund Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen. Der Bund verfügt dementsprechend über eine allgemeine, konkurrierende und nachträglich derogierende Rechtsetzungskompetenz. ¹4 Die Bundesversammlung hat im Bereich des Klimaschutzes gestützt darauf insbesondere das CO
2
-Gesetz vom 23. Dezember 2011 ¹5 und das Energiegesetz vom 30. September 2016 ¹6 erlassen. Die Kantone behalten ihre Rechtsetzungskompetenzen, soweit der Bund seine nicht vollständig ausgeschöpft hat, und überdies die Kompetenzen in ihren eigenen Zuständigkeitsbereichen, wobei die kantonale Rechtsetzung das Bundesumweltrecht unterstützen kann, indem es dieses ergänzt oder verstärkt. ¹7 Im Bereich des Klimaschutzes sind beispielsweise vor allem die Kantone zuständig für Massnahmen, die den Verbrauch von Energie in Gebäuden betreffen (Art. 89 Abs. 4 BV).
Die Änderung der KV-AG sieht vor, dass Kanton und Gemeinden sich für die Begrenzung des Klimawandels einsetzen und ihre Fähigkeit zur Anpassung an dessen nachteilige Auswirkungen stärken. Sie berücksichtigen dabei die Ziele des Bundes und der für die Schweiz verbindlichen internationalen Abkommen. Die Ziele der Änderung der KV-AG gehen in die gleiche Richtung wie die Ziele des Bundes, der selber das Netto-Null-Emissionsziel bis 2050 beschlossen hat. ¹8 Die Ziele des Kantons Aargau implizieren insbesondere eine Politik der Verminderung von Treibhausgasemissionen im Bereich des Energieverbrauchs in Gebäuden, ein Bereich, in dem die Bundeskompetenzen begrenzt sind. Die Änderung der KV-AG ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten. ¹9 Die kantonale Ausführungsgesetzgebung muss indessen mit dem höherrangigen Recht vereinbar sein, insbesondere mit dem CO
2
-Gesetz und dem Energiegesetz.
¹4 Vgl. Anne-Christine Favre, in: Vincent Martenet / Jacques Dubey (Hrsg.), Constitution fédérale, Comm. romand, Basel 2021, Art. 74 Rz. 14.
¹5 SR 641.71
¹6 SR 730.0
¹7 Vgl. Anne-Christine Favre, in: Vincent Martenet / Jacques Dubey (Hrsg.), Constitution fédérale, Comm. romand, Basel 2021, Art. 74 Rz. 15.
¹8 Vgl. Art. 3 des Bundesgesetzes vom 30. September 2022 über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit ( BBl 2022 2403 ), angenommen in der Volksabstimmung vom 18. Juni 2023 ( BBl 2023 2015 ; das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten).
¹9 Vgl. eine ähnliche Bestimmung in Art. 102 a KV-ZH, der von der Bundesversammlung am 6. März 2023 die Gewährleistung erteilt wurde ( BBl 2023 724 ).

1.7 Verfassung der Republik und des Kantons Genf

1.7.1 Volksabstimmung vom 3. März 2024

Die Stimmberechtigten des Kantons Genf haben in der Volksabstimmung vom 3. März 2024 dem neuen Artikel 7A der Verfassung der Republik und des Kantons Genf vom 14. Oktober 2012 2⁰ (KV-GE) betreffend die offizielle Kantonshymne mit 75 672 Ja gegen 46 833 Nein zugestimmt. Sie haben im Weiteren der Änderung der Artikel 56, 57, 67, 71 und 77 KV-GE betreffend die Senkung der Unterschriftenzahl für Initiativ- und Referendumsbegehren mit 79 254 Ja gegen 46 158 Nein und der Änderung von Artikel 68 KV-GE betreffend die Unterbrechung der Referendumsfristen mit 105 971 Ja gegen 20 774 Nein zugestimmt. Mit drei Schreiben vom 27. März 2024 ersuchen der Präsident des Staatsrates und die Staatskanzlerin im Namen des Staatsrates um die eidgenössische Gewährleistung.
2⁰ SR 131.234

1.7.2 Offizielle Kantonshymne

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Art. 7A Hymne Die offizielle Hymne der Republik und des Kantons Genf ist «Cé qu’è lainô» in genferischem Frankoprovenzalisch.
In die Souveränität der Kantone nach Artikel 3 BV fällt die Annahme der Kantonshymne. Artikel 7A KV-GE sieht vor, dass die offizielle Hymne der Republik und des Kantons Genf «Cé qu’è lainô» in genferischem Frankoprovenzalisch ist. Die vorliegende Änderung der KV-GE fällt in die Souveränität der Kantone. Sie ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.

1.7.3 Senkung der Unterschriftenzahl für Initiativ- und Referendumsbegehren

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Art. 56 Verfassungsinitiative ¹ Drei Prozent der Stimmberechtigten können dem Grossen Rat einen Vorschlag auf Totalrevision oder Teilrevision der Verfassung unterbreiten. Art. 56 Abs. 1 ¹ 2 Prozent der Stimmberechtigten können dem Grossen Rat einen Vorschlag auf Totalrevision oder Teilrevision der Verfassung unterbreiten.
Art. 57 Gesetzesinitiative ¹ Zwei Prozent der Stimmberechtigten können dem Grossen Rat einen Gesetzesvorschlag in all jenen Bereichen unterbreiten, die in die Kompetenz seiner Mitglieder fallen. Art. 57 Abs. 1 ¹ 1,5 Prozent der Stimmberechtigten können dem Grossen Rat einen Gesetzesvorschlag in all jenen Bereichen unterbreiten, die in die Kompetenz seiner Mitglieder fallen.
Art. 67 Fakultatives Referendum ¹ Gesetze sowie andere Erlasse des Grossen Rates, die Ausgaben vorsehen, werden den Stimmberechtigten zur Abstimmung unterbreitet, wenn zwei Prozent der Stimmberechtigten das Referendum ergreifen. Art. 67 Abs. 1 ¹ Gesetze sowie andere Erlasse des Grossen Rates, die Ausgaben vorsehen, werden den Stimmberechtigten zur Abstimmung unterbreitet, wenn 1,5 Prozent der Stimmberechtigten das Referendum ergreifen.
Art. 71 Grundsätze¹ Vom Gemeinderat die Beratung eines bestimmten Gegenstands verlangen können:a. 16 Prozent der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit weniger als 5000 Stimmberechtigten;b. 8 Prozent, aber mindestens 800 der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit 5000 bis 30 000 Stimmberechtigten;c. 4 Prozent, aber mindestens 2400 und höchstens 3200 der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit mehr als 30 000 Stimmberechtigten. Art. 71 Abs. 1 Bst. a-c ¹ Vom Gemeinderat die Beratung eines bestimmten Gegenstands verlangen können:a. 10 Prozent der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit weniger als 5000 Stimmberechtigten;b. 5 Prozent, aber mindestens 300 der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit 5000 bis 30 000 Stimmberechtigten;c. 3 Prozent, aber mindestens 1800 und höchstens 2400 der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit mehr als 30 000 Stimmberechtigten.
Art. 77 Beschlüsse der Gemeinderäte¹ Beschlüsse der Gemeinderäte sind den Stimmberechtigten der Gemeinde zur Abstimmung zu unterbreiten, wenn das Referendum ergriffen wird von:a. 16 Prozent der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit weniger als 5000 Stimmberechtigten;b. 8 Prozent, aber mindestens 800 der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit 5000 bis 30 000 Stimmberechtigten;c. 4 Prozent, aber mindestens 2400 und höchstens 3200 der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit mehr als 30 000 Stimmberechtigten. Art. 77 Abs. 1 Bst. a-c ¹ Beschlüsse der Gemeinderäte sind den Stimmberechtigten der Gemeinde zur Abstimmung zu unterbreiten, wenn das Referendum ergriffen wird von:a. 10 Prozent der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit weniger als 5000 Stimmberechtigten;b. 5 Prozent, aber mindestens 300 der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit 5000 bis 30 000 Stimmberechtigten;c. 3 Prozent, aber mindestens 1800 und höchstens 2400 der Stimmberechtigten in den Gemeinden mit mehr als 30 000 Stimmberechtigten.
Nach Artikel 39 Absatz 1 BV regeln die Kantone die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten. Nach Artikel 51 Absatz 1 zweiter Satz BV müssen Kantonsverfassungen revidiert werden können, wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten es verlangt. In die Souveränität der Kantone nach Artikel 3 BV fällt schliesslich deren Organisationsautonomie. Der Bund beachtet diese (Art. 47 Abs. 2 BV). Die vorliegende Änderung der KV-GE sieht die Senkung der Unterschriftenzahl für kantonale und kommunale Initiativ- und Referendumsbegehren vor. Sie betrifft die kantonalen und kommunalen politischen Rechte und fällt in die Organisationsautonomie des Kantons. Die Änderung von Artikel 56 Absatz 1 KV-GE erfüllt zudem die Anforderungen nach Artikel 51 Absatz 1 zweiter Satz BV. Die vorliegende Änderung der KV-GE ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.

1.7.4 Unterbrechung der Referendumsfristen

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Art. 68 Frist ² Diese Frist wird vom 15. Juli bis und mit 15. August und vom 23. Dezember bis und mit 3. Januar unterbrochen. Art. 68 Abs. 2 ² Diese Frist wird bis und mit dem 15. Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit 15. August und vom 23. Dezember bis und mit 3. Januar unterbrochen.
Nach Artikel 39 Absatz 1 BV regeln die Kantone die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten. In die Souveränität der Kantone nach Artikel 3 BV fällt im Weiteren deren Organisationsautonomie. Der Bund beachtet diese (Art. 47 Abs. 2 BV). Die Änderung von Artikel 68 KV-GE sieht vor, dass die Referendumsfristen für kantonale fakultative Referenden bis zum 15. Tag nach Ostern unterbrochen werden. Die vorliegende Änderung der KV-GE betrifft die kantonalen politischen Rechte und fällt in die Organisationsautonomie des Kantons. Sie ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.

2 Rechtliche Aspekte

2.1 Bundesrechtskonformität

Die Prüfung hat ergeben, dass die Änderungen der Verfassungen der Kantone Zürich, Bern, Freiburg, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden, Aargau und Genf die Anforderungen von Artikel 51 BV erfüllen. Somit ist ihnen die Gewährleistung zu erteilen.

2.2 Zuständigkeit der Bundesversammlung

Die Bundesversammlung ist nach den Artikeln 51 Absatz 2 und 172 Absatz 2 BV für die Gewährleistung zuständig.

2.3 Erlassform

Die Gewährleistung erfolgt mit einfachem Bundesbeschluss, da weder die BV noch ein Gesetz das Referendum vorsehen (vgl. Art. 141 Abs. 1 Bst. c i. V. m. Art. 163 Abs. 2 BV).
Bundesrecht
Botschaft zur Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Zürich, Bern, Freiburg, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden, Aargau und Genf
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