Parlamentarische Initiative Verlängerung des bestehenden Gentechnik-Moratoriums Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates
Parlamentarische Initiative Verlängerung des bestehenden Gentechnik-Moratoriums Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates
vom 14. November 2024
Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Bundesgesetzes ¹ über die Gentechnik im Ausserhumanbereich. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.
| 14. November 2024 | Im Namen der Kommission Die Präsidentin, Simone de Montmollin |
Übersicht
Ausgangslage
Bei der letzten Verlängerung des Gentechnik-Moratoriums am 23. September 2021 beauftragte das Parlament den Bundesrat, ihm bis Mitte 2024 einen Erlassentwurf für eine risikobasierte Zulassungsregelung für gewisse Pflanzen aus neuen gentechnischen Verfahren vorzulegen. Am 28. Juni 2023 informierte der Bundesrat in einem Schreiben die Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates und des Ständerates darüber, dass die Arbeiten an dieser Vorlage mehr Zeit in Anspruch nehmen und er dem Parlament die Botschaft voraussichtlich Mitte 2025 vorlegen kann. Am 4. September 2024 unterrichtete der Bundesrat die beiden Kommissionen darüber, dass er den Erlassentwurf nicht wie ursprünglich in Form einer Revision des Gentechnikgesetzes, sondern in einem Spezialgesetz vorlegen will. Derzeit beabsichtigt der Bundesrat, dem Parlament die Botschaft im ersten Quartal 2026 vorzulegen.
Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass nicht genügend Zeit bleiben wird, um die Vorlage bis zum Endtermin des aktuellen Moratoriums Ende 2025 im Parlament zu behandeln. Daher ist es angezeigt, das Moratorium um zwei weitere Jahre zu verlängern. Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates beschloss deswegen am 5. September 2024, eine parlamentarische Initiative für eine entsprechende Verlängerung des Moratoriums bis Ende 2027 auszuarbeiten (Parlamentarische Initiative 24.443: Verlängerung des bestehenden Gentechnik-Moratoriums). Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates stimmte der Initiative am 14. Oktober 2024 zu.
Inhalt der Vorlage
Die vorgeschlagene Änderung des Gentechnikgesetzes verlängert das seit 2005 in inhaltlich unveränderter Form bestehende Gentechnik-Moratorium für zwei Jahre bis Ende 2027. Dadurch könnten bis Ende 2027 keine Bewilligungen für das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Pflanzen und Pflanzenteilen, gentechnisch verändertem Saatgut und anderem pflanzlichem Vermehrungsmaterial sowie gentechnisch veränderten Tieren zu landwirtschaftlichen, gartenbaulichen oder waldwirtschaftlichen Zwecken erteilt werden.
Bericht
¹ BBl 2024 3135
1 Entstehungsgeschichte
Nach der Volksabstimmung vom 27. November 2005 wurde ein Moratorium für das Inverkehrbringen von genetisch veränderten Organismen verhängt. Seither hat das Parlament das Moratorium viermal verlängert, letztmals bis Ende 2025. Bei der letzten Verlängerung beauftragte die Bundesversammlung den Bundesrat damit, «einen Erlassentwurf für eine risikobasierte Zulassungsregelung für Pflanzen, Pflanzenteile, Saatgut und anderes pflanzliches Vermehrungsmaterial» (Art. 37 a Abs. 2 des Gentechnikgesetzes [GTG]) zu erarbeiten. Am 28. Juni 2023 informierte der Bundesrat die Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur von National- und Ständerat (WBK) darüber, dass die Arbeiten an der Vorlage mehr Zeit in Anspruch nehmen und er dem Parlament die Botschaft voraussichtlich erst Mitte 2025 unterbreiten kann. Am 4. September 2024 teilte der Bundesrat dem Parlament mit, dass das Gesetz über die neuen Gentechnologien in Form eines Spezialgesetzes erlassen werden soll und dieses voraussichtlich im ersten Quartal 2026 vorgelegt wird. Um dem Bundesrat genügend Zeit für eine Vernehmlassung zu geben, beschloss die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) am 5. September 2024 mit 17 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung, die parlamentarische Initiative 24.443 («Verlängerung des bestehenden Gentechnik-Moratoriums»), mit welcher das Moratorium um zwei weitere Jahre verlängert werden soll. Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) stimmte diesem Beschluss am 14. Oktober 2024 mit 11 zu 1 Stimmen zu. An ihrer Sitzung vom 14. November 2024 hiess die WBK-N mit 24 Stimmen bei 1 Enthaltung einen Gesetzesentwurf samt erläuterndem Bericht gut, der die Forderung der Kommissionsinitiative umsetzt.
2 Ausgangslage
2.1 Die neuen gentechnischen Verfahren
In den letzten Jahren wurden neue gentechnische Verfahren entwickelt, mit denen genetisches Material gezielt verändert werden kann. Diesen Verfahren wird insbesondere auch in der Pflanzenzüchtung, wo sie als neue Züchtungstechnologien bezeichnet werden, ein grosses Potenzial zugeschrieben. Durch ihre Anwendung soll die Landwirtschaft nachhaltiger und die Resilienz der Nutzpflanzen gegenüber dem Klimawandel erhöht werden können. So sollen Pflanzen beispielsweise dahingehend gentechnisch verändert werden, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert oder die Toleranz gegenüber der Trockenheit erhöht werden kann. Im Unterschied zu den klassischen transgenen Pflanzen enthalten Pflanzen aus neuen gentechnischen Verfahren typischerweise kein artfremdes Erbmaterial. Pflanzen, die mit neuen gentechnischen Verfahren erzeugt wurden, können teilweise praktisch nicht von natürlich entstandenen oder konventionell hergestellten Organismen unterschieden werden. Deshalb wurde ebenfalls zur Diskussion gestellt, ob eine rechtliche Gleichbehandlung mit klassischen (transgenen) GVO in allen Fällen gerechtfertigt sei. Noch lässt sich jedoch nicht abschliessend abschätzen, welche Veränderungen mit den neuen gentechnischen Verfahren in Zukunft möglich sein werden. Gleichzeitig besteht bei der Anwendung gentechnischer Verfahren auch ohne das Einfügen von artfremdem Erbmaterial das Risiko unbeabsichtigter Auswirkungen auf den Organismus.
Erstmals Gegenstand politischer Diskussionen waren die neuen gentechnischen Verfahren im Kontext der Verlängerung des Moratoriums bis Ende 2021. Im Rahmen dieser Verlängerung hielt der Bundesrat 2018 fest, dass es sich in technischer wie auch juristischer Hinsicht um gentechnische Verfahren handle. Zu klären sei aber noch, ob die damit hergestellten Produkte in jedem Fall GVO seien. ²
2020 lehnte es der Bundesrat ab, Pflanzen aus neuen gentechnischen Verfahren vom Geltungsbereich der Gentechnikregulierung auszunehmen. ³ In der Folge beauftragte ihn das Parlament, im Einzelnen zu klären, wann ein Organismus rechtlich als «GVO» gilt und welche Anforderungen erfüllt sein müssen, damit GVO aus dem Geltungsbereich der Gentechnikregulierung ausgenommen werden dürfen (Po. 20.4211) ⁴ . Während der parlamentarischen Debatten über die Verlängerung des Moratoriums bis Ende 2025 wurde zwei Postulaten Folge gegeben, die Antworten zum Umgang mit GVO (Po. 21.3980) ⁵ bzw. einen Bericht über Möglichkeiten für die Ausnahme genomeditierter Pflanzen vom Moratorium verlangten (Po. 21.4345) ⁶ .
Im Bericht in Erfüllung der drei Postulate ⁷ legt der Bundesrat - unter Berücksichtigung zweier unabhängiger Rechtsgutachten ⁸ , ⁹ - dar, dass sämtliche neuen gentechnischen Verfahren sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht gentechnische Verfahren und die daraus resultierenden Organismen GVO sind. Folglich findet das Gentechnikgesetz auch auf GVO aus neuen gentechnischen Verfahren Anwendung.
Neben der Regulierung wird auch die Patentierung gentechnischer Verfahren in der Pflanzenzüchtung und der daraus resultierenden Sorten diskutiert. Pflanzeneigenschaften und neue technische Verfahren, die in der Pflanzenzüchtung verwendet werden, sind grundsätzlich patentierbar. Während dadurch die Investitionen in Pflanzeninnovationen attraktiver werden, können sich mangelnde Transparenz und Einschränkungen beim Zugang zu genetischen Ressourcen in der Pflanzenzüchtung negativ auf die Entwicklung und Verfügbarkeit neuer Sorten auswirken 1⁰ . Die WBK-N hat den Bundesrat beauftragt, im Bereich der Pflanzenzüchtung die Transparenz betreffend Patenrechte zu verbessern 1¹ .
²
Medienmitteilung des Bundesrates vom 30. November 2018
.
³ Antwort des Bundesrats auf Motion 19.4050 «Genomeditierung zugunsten der Umwelt ermöglichen».
⁴ Postulat 20.4211 Chevalley «Gentechnikgesetz. Welcher Geltungsbereich?».
⁵ Postulat 21.3980 WBK-N «GVO-Moratorium. Belastbare Informationen als Grundlage für gute Entscheide».
⁶ Postulat 21.4345 WBK-S «Züchtungsverfahren mit Genom-Editierungsmethoden».
⁷ Der Bundesrat (1. Februar 2023): Regulierung der Gentechnik im Ausserhumanbereich.
⁸ V. Boillet, T. Largey (2022): Interprétation de la législation suisse sur le génie génétique, dans le contexte des nouvelles techniques.
⁹ M. Mahlmann (2022): Parameter der rechtlichen Regulierung der Genom-Editierung in der Schweiz und in Europa.
1⁰ Auswirkungen der Immaterialgüterrechte im Zusammenhang mit neuen gentechnischen Verfahren auf die Pflanzenzucht und Landwirtschaft - Bericht des IGE vom 28. Februar 2024.
1¹ Postulat 22.3014 WBK-N «Mehr Transparenz bei den Patentrechten im Bereich Pflanzenzucht».
2.2 Umsetzung von Art. 37
a
Abs. 2 GTG
Mit dem Beschluss vom 18. März 2022 zur Verlängerung des Moratoriums bis Ende 2025 beauftragte das Parlament den Bundesrat, einen Gesetzesentwurf für eine risikobasierte Zulassungsregelung für gewisses pflanzliches Vermehrungsmaterial aus neuen gentechnischen Verfahren auszuarbeiten (Art. 37 a Abs. 2 GTG). Die Frist für die Umsetzung des Auftrags gemäss Artikel 37 a Absatz 2 GTG wurde so gesetzt, dass dem Parlament vor Ablauf des geltenden Moratoriums Ende 2025 genügend Zeit verbleiben würde, um die Vorlage des Bundesrates vor dem Ablauf des Moratoriums zu behandeln.
Am 13. September 2023 teilte der Bundesrat dem Parlament mit, dass er die vorgegebene Frist von Mitte 2024 nicht einhalten und die Botschaft Mitte 2025 vorlegen kann. Ein wesentlicher Grund für diese Verzögerung war, dass der Bundesrat den Vorschlag der Europäischen Kommission für die Regelung der neuen gentechnischen Verfahren prüfen wollte (siehe Kapitel 2.3). Aufgrund der engen Verflechtungen mit der EU will der Bundesrat bei der Umsetzung von Artikel 37 a Absatz 2 unter Einhaltung der verfassungsmässigen Vorgaben Handelshemmnisse mit der EU nach Möglichkeit vermeiden. Am 25. Oktober 2023 legte der Bundesrat die Ausgestaltung der Vorlage fest. ¹2
Am 4. September 2024 befasste sich der Bundesrat erneut mit der Umsetzung des parlamentarischen Auftrags und entschied, dass dessen Umsetzung in einem neuen Spezialgesetz erfolgen soll. Durch den Entscheid kommt es erneut zu einer zeitlichen Verzögerung; der Bundesrat teilte dem Parlament mit, dass er die Botschaft im ersten Quartal 2026 vorlegen will. ¹3
Mit der Verlängerung des Moratoriums bis Ende 2027 soll der Status quo bis zum Inkrafttreten der neuen Regulierung für Pflanzen aus neuen gentechnischen Verfahren beibehalten werden (siehe Kapitel 1). Zudem könnte in naher Zukunft auch klarer werden, wie die EU diese Pflanzen künftig regulieren wird. Die Verlängerung des Moratoriums soll nicht dazu führen, dass sich das Verfahren zum Erlass des Spezialgesetzes verzögert.
¹2
Medienmitteilung des Bundesrates vom 25. Oktober 2023
.
¹3
Medienmitteilung des Bundesrates vom 4. September 2024
.
2.3 Vergleich mit der EU
Die Gentechnikregulierung im Ausserhumanbereich der Schweiz und der EU sind vergleichbar, was sich durch die starke Anlehnung der schweizerischen Gesetzgebung an das EU-Recht erklärt. ¹4 Dies erleichtert den Handel mit der EU in den betroffenen Bereichen.
Wie in der Schweiz gelten Pflanzen aus neuen gentechnischen Verfahren auch in der EU als GVO. ¹5 Für die Umsetzung ihrer Schlussfolgerungen legte die EU-Kommission am 5. Juli 2023 einen Entwurf zur Regelung von Pflanzen, welche mit gezielter Mutagenese oder Cisgenese (new genomic techniques, NGT) entstanden sind und kein artfremdes Erbmaterial enthalten, eine Spezialregelung vor. ¹6
Das Europäische Parlament legte im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens am 7. Februar 2024 seinen Standpunkt für die Verhandlungen mit dem Rat der EU fest. ¹7 Es stimmte den Grundzügen des Entwurfs der EU-Kommission zu, beschloss aber diverse Abweichungen, inklusive eines Ausschlusses von NGT-Pflanzen von der Patentierbarkeit. Eine Behandlung des Geschäfts ist im Rat der EU bisher nicht erfolgt. Die WBK-N sowie die WBK-S verfolgen die Entwicklung der Diskussionen in der EU mit Interesse.
¹4 Der Bundesrat (1. Februar 2023): Regulierung der Gentechnik im Ausserhumanbereich.
¹5
https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-8285-2021-INIT/en/pdf
(aus
-schliesslich auf Englisch)
¹6
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit bestimmten neuen genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel sowie zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/625
.
¹7
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit bestimmten neuen genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel sowie zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/625 und der Richtlinie 98/44/EG
.
2.4 Vernehmlassung
Die Kommission verzichtet aus den folgenden zwei Gründen auf eine Vernehmlassung: Zum einen soll das bereits bestehende Moratorium ohne weitere materielle Änderung verlängert werden und zum anderen sind aus dem Vernehmlassungsverfahren keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, weil die Positionen der interessierten Kreise bekannt sind (Art. 3 a des Vernehmlassungsgesetzes [VlG] ¹8 ).
¹8 SR 172.061
3 Erläuterung zum Artikel
In Artikel 37 a GTG soll der Zeitraum für das Moratorium bis zum 31. Dezember 2027 verlängert werden. Die bestehende Regelung bleibt in materieller Hinsicht unverändert, d. h. für das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten vermehrungsfähigen Pflanzen und Pflanzenteilen, gentechnisch verändertem Saatgut und anderem pflanzlichen Vermehrungsmaterial sowie gentechnisch veränderten Tieren zu landwirtschaftlichen, gartenbaulichen oder waldwirtschaftlichen Zwecken, dürfen bis zum Ablauf des Moratoriums keine Bewilligungen erteilt werden.
Vom Moratorium weiterhin nicht betroffen sind Tätigkeiten im geschlossenen System (Labor, Gewächshaus etc.), Freisetzungsversuche sowie die Anwendungsbereiche Arzneimittel, Futtermittel, Lebensmittel und Dünger. Die Forschung und Entwicklung in den vom Moratorium betroffenen Bereichen kann also auch während des Moratoriums stattfinden.
Der Bundesrat wird das Inkrafttreten der Vorlage bestimmen. Wenn das Parlament seine Beratung in der Sommersession 2025 abschliesst und kein Referendum ergriffen wird, ist ein Inkrafttreten am 1. Januar 2026 durchaus möglich.
4 Auswirkungen
4.1 Finanzielle Auswirkungen auf den Bund
Es sind von der Vorlage keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund zu erwarten.
4.2 Personelle Auswirkungen bei Bund/Kantone
Es sind von der Vorlage keine personellen Auswirkungen auf den Bund zu erwarten.
4.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
Durch die Verlängerung des Moratoriums bleiben die Vorschriften über das Inverkehrbringen von GVO für die bestimmungsgemässe Verwendung in der Umwelt bis zum 31. Dezember 2027 ausser Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen keine Bewilligungen für das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Pflanzen und Pflanzenteilen, gentechnisch verändertem Saatgut und anderem pflanzlichem Vermehrungsmaterial sowie gentechnisch veränderten Tieren zu landwirtschaftlichen, gartenbaulichen oder waldwirtschaftlichen Zwecken erteilt werden. Die Auswirkungen des Moratoriums wurden zuletzt in der Botschaft vom 30. Juni 2021 für die Verlängerung des Moratoriums bis Ende 2025 ausführlich erläutert. ¹9 Das Moratorium hatte bisher keine erkennbaren Auswirkungen auf die schweizerische Volkswirtschaft. Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass eine Verlängerung für weitere zwei Jahre ebenfalls keine wesentlichen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft haben wird.
¹9 BBl 2021 1655 , 2021 -2311
4.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft
Die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten von Produkten aus der Land-, Waldwirtschaft und dem Gartenbau müssen für den Fall einer Verlängerung des Moratoriums keine wirtschaftlichen Folgen erwarten. Die von ihnen in Umfragen immer wieder gewünschte Qualitätscharta der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft wird weitergeführt. Gleichzeitig bleibt während des Moratoriums die Einfuhr bewilligter GVO-Lebens- und Futtermittel rechtlich zulässig.
4.5 Auswirkungen auf die Umwelt
Artikel 6 Absatz 1 und 3 GTG hält fest, welche Gefährdungen und Beeinträchtigungen für Mensch und Umwelt vermieden werden müssen. Durch das Bewilligungsverbot für Produkte für den land- und waldwirtschaftlichen sowie gartenbaulichen Anbau von GVO bis Ende 2027 werden diese Anforderungen per se eingehalten.
5 Rechtliche Aspekte
5.1 Verfassungs- und Gesetzeskonformität
Die Vorlage schlägt gestützt auf Artikel 120 BV eine Verlängerung des bereits seit 2005 in dieser Form geltenden Moratoriums um zwei Jahre vor. Den Behörden soll es bis am 31. Dezember 2027 verboten bleiben, Bewilligungen für das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Pflanzen und Pflanzenteilen, gentechnisch verändertem Saatgut und anderem pflanzlichem Vermehrungsmaterial sowie von gentechnisch veränderten Tieren zu landwirtschaftlichen, gartenbaulichen oder waldwirtschaftlichen Zwecken zu erteilen. Das zeitlich auf zwei Jahre und sachlich auf Pflanzen und Tiere zu landwirtschaftlichen, gartenbaulichen und waldwirtschaftlichen Zwecken beschränkte Moratorium wahrt somit den verfassungsrechtlichen Rahmen.
5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz
Der Bundesrat hat das Verhältnis des Moratoriums zum Regelwerk der WTO bereits in seinen Botschaften vom 18. August 2004 2⁰ , 1. Juli 2009 2¹ , 29. Juni 2016 2² und 30. Juni 2021 ²3 ausgeleuchtet. Er kommt dabei zum Schluss, dass nicht abschliessend beurteilt werden könne, ob das Moratorium für gentechnisch verändertes pflanzliches Vermehrungsmaterial in der Landwirtschaft mit den relevanten WTO-Abkommen (insbesondere GATT und TBT-Abkommen, allenfalls SPS-Abkommen) vereinbar sei oder nicht.
Die bisherige WTO-Rechtsprechung betreffend GVO-Massnahmen ²4 ist nicht unbedingt und unmittelbar auf das schweizerische Moratorium übertragbar. Dieses bezieht sich einzig auf das Inverkehrbringen, d. h. insbesondere den Anbau von gentechnisch verändertem pflanzlichem Vermehrungsmaterial. Es bezieht sich nicht allgemein auf GVO, wie dies beim ursprünglichen Moratorium auf dem Gebiet der heutigen Europäischen Union der Fall war, in dessen Zusammenhang die zuständige WTO-Sondergruppe im Jahr 2006 zwei Verletzungen des WTO-Rechts konstatiert hat.
Wie bereits die vorangehenden Moratoriumsverlängerungen wird seitens der Schweiz die mit dieser Vorlage vorgeschlagene Verlängerung in der WTO notifiziert und begründet werden. Als Reaktion auf die letzte Verlängerung wiesen die USA und Kanada auf die ihrer Ansicht nach bestehende Nichtkonformität mit dem WTO-Recht und den protektionistischen Charakter der Verlängerung des Moratoriums hin.
2⁰ Siehe Botschaft über die Volksinitiative «für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft», BBl 2004 4937 , 4951 .
2¹ BBl 2004 4937 , 4948 f.
2² BBl 2009 5435 , 5458 f.
²3 BBl 2021 1655 , 2021 -2311
²4 BBl 2009 5435 , 5458
5.3 Erlassform
Die Vorlage beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus Artikel 163 Absatz 1 BV.
5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse
Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.
5.5 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes
Die Vorlage enthält weder Gesetzesbestimmungen über Subventionen, noch werden Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beantragt; die Grundsätze des Subventionsgesetzes finden hier somit keine Anwendung.
5.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen
Die Vorlage führt keine neue Delegationsnorm zum Erlass von selbstständigem Verordnungsrecht des Bundesrates ein.
5.7 Datenschutz
Die Vorlage ist aus Sicht des Datenschutzes ohne Relevanz.
Bundesrecht
Parlamentarische Initiative. Verlängerung des bestehenden Gentechnik-Moratoriums. Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates
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