Botschaft zur Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Kosovo
Botschaft zur Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Kosovo
vom 3. September 2025
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Kosovo.
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
| 3. September 2025 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Karin Keller-Sutter Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Übersicht
Mit dem Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Kosovo, das am 22. Januar 2025 in Davos unterzeichnet wurde, werden die Rechtssicherheit und die Vorhersehbarkeit der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen allgemein verbessert und die Behördenzusammenarbeit verstärkt. Es wird ein Gemischter Ausschuss geschaffen, der die Umsetzung des Abkommens überwacht.
Ausgangslage
Die Schweiz ist ein exportorientiertes Land mit Absatzmärkten in zahlreichen Ländern. Zur Verbesserung des Marktzugangs im Ausland sind der Abschluss und die Modernisierung von Freihandelsabkommen (FHA) mit Handelspartnern ausserhalb der EU - neben der Mitgliedschaft bei der Welthandelsorganisation (WTO) und den bilateralen Verträgen mit der EU - für sie ein wichtiges Instrument. Diese Abkommen verbessern die Rahmenbedingungen der Schweizer Wirtschaft und tragen zur Vermeidung oder Beseitigung von Diskriminierungen bei, die sich aus Präferenzabkommen unserer Handelspartner mit anderen Ländern als der Schweiz ergeben.
Das FHA mit Kosovo erweitert das Freihandelsnetz der Schweiz. Es soll die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft auf dem kosovarischen Markt stärken und das Diskriminierungspotenzial gegenüber der EU reduzieren, die über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Kosovo inklusive Errichtung einer bilateralen Freihandelszone verfügt. Der Abschluss eines FHA mit Kosovo zeigt den Willen der Schweiz und der anderen EFTA-Staaten, ihre Politik zur Unterstützung der wirtschaftlichen Reformen dieses Partners und seiner Integration in die europäischen und internationalen Strukturen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit fortzusetzen.
Inhalt der Vorlage
Unter dem Abkommen wird für die Gesamtheit der heutigen Schweizer Ausfuhren nach Kosovo Zollfreiheit gelten, teilweise mit Übergangsfristen. In den Bereichen der technischen Handelshemmnisse sowie der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen wird die Verringerung von nichttarifären Handelshemmnissen bezweckt. Für den Dienstleistungshandel übernimmt das Abkommen den Geltungsbereich, die Begriffsbestimmungen und die wichtigsten Auflagen des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen der WTO (GATS). Das Kapitel wird durch sektorielle Anhänge mit spezifischen Regeln ergänzt, die teilweise über jene des GATS hinausgehen. Beim geistigen Eigentum stützen sich die Bestimmungen auf die Normen des WTO-Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Abkommen) und gehen punktuell darüber hinaus.
Das Abkommen sieht ausserdem eine Umsetzung vor, die auf die Grundsätze der internationalen Beziehungen und die Zielsetzung der nachhaltigen Entwicklung ausgerichtet ist. Zu diesem Zweck sind in der Präambel unter anderem Grundwerte und Prinzipien der UNO verankert. Weitere Bestimmungen des Abkommens betreffen handelsrelevante Umweltthemen und Arbeitsnormen. Das Abkommen enthält zudem Bestimmungen zum Wettbewerb. Auf institutioneller Ebene wird zur Überwachung des Abkommens und zu dessen Weiterentwicklung sowie zur Durchführung von Konsultationen ein Gemischter Ausschuss eingesetzt. Für Streitigkeiten, die nicht mittels Konsultationen lösbar sind, sieht das Abkommen ein bindendes Schiedsverfahren vor.
Botschaft
1 Ausgangslage
1.1 Aussenpolitischer Kontext
Die Hauptaufgabe der Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz besteht darin, der Schweizer Wirtschaft möglichst stabile, vorhersehbare, hindernis- und diskriminierungsfreie Bedingungen für den Zugang zu möglichst vielen ausländischen Märkten zu verschaffen. Der Abschluss von Freihandelsabkommen (FHA) mit Staaten ausserhalb der EU bildet neben der Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) und den bilateralen Verträgen mit der EU einen der drei Hauptpfeiler der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik, um den Zugang der Schweiz zu ausländischen Märkten zu verbessern. Die Bedeutung dieser Politik zeigt sich besonders angesichts protektionistischer Tendenzen im Welthandel, die die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik vor grosse Herausforderungen stellen. Die Schweiz verfügt - neben dem Abkommen vom 22. Juli 1972 ¹ zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (heute EU) und dem Übereinkommen vom 4. Januar 1960 ² zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA; im Folgenden EFTA-Konvention) - gegenwärtig über 38 unterzeichnete FHA mit 48 Partnern. Es handelt sich um 34 im Rahmen der EFTA abgeschlossene FHA ³ sowie um die vier bilateralen Abkommen mit den Färöern ⁴ , Japan ⁵ , China ⁶ sowie dem Vereinigten Königreich ⁷ .
Der Abschluss eines FHA mit Kosovo zeigt den Willen der Schweiz und der anderen EFTA-Staaten, ihre Politik zur Unterstützung der wirtschaftlichen Reformen dieses Partners und seiner Integration in die europäischen und internationalen Strukturen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit fortzusetzen. Das FHA eröffnet einen breiten Marktzugang und verbessert den Rechtsrahmen für Schweizer Wirtschaftsakteure. Es wird die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft auf dem kosovarischen Markt stärken und das Diskriminierungspotenzial gegenüber der EU, die über ein Freihandelsabkommen mit Kosovo verfügt, minimieren. Kosovo war das einzige südosteuropäische Land, mit dem die Schweiz noch kein Freihandelsabkommen hatte; der Abschluss dieses Abkommens ist daher auch von politischer Bedeutung.
¹ SR 0.632.401
² SR 0.632.31
³ Neben dem Abkommen mit Kosovo handelt es sich um die EFTA-Abkommen mit Albanien ( SR 0.632.311.231 ), Ägypten ( SR 0.632.313.211 ), Bosnien und Herzegowina ( SR 0.632.311.911 ), Chile ( SR 0.632.312.451 ), Ecuador ( SR 0.632.313.271 ), Georgien ( SR 0.632.313.601 ), den Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrates (Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate; SR 0.632.311.491 ), Hongkong ( SR 0.632.314.161 ), Indien (unterzeichnet am 10. März 2024; BBl 2024 2382 ), Indonesien ( SR 0.632.314.271 ), Israel ( SR 0.632.314.491 ), Jordanien ( SR 0.632.314.671 ), Kanada ( SR 0.632.312.32 ), Kolumbien ( SR 0.632.312.631 ), der Republik Korea ( SR 0.632.312.811 ), Libanon ( SR 0.632.314.891 ), Malaysia (unterzeichnet am 23. Juni 2025), Marokko ( SR 0.632.315.491 ), Nordmazedonien ( SR 0.632.315.201.1 ), Mexiko ( SR 0.632.315.631.1 ), Moldau ( SR 0.632.315.651 ), Montenegro ( SR 0.632.315.731 ), der Palästinensischen Behörde ( SR 0.632.316.251 ), Peru ( SR 0.632.316.411 ), den Philippinen ( SR 0.632.316.451 ), Serbien ( SR 0.632.316.821 ), Singapur ( SR 0.632.316.891.1 ), den Staaten der Südafrikanischen Zollunion (Botsuana, Eswatini, Lesotho, Namibia, Südafrika; SR 0.632.311.181 ), Tunesien ( SR 0.632.317.581 ), der Türkei ( SR 0.632.317.631 ), der Ukraine ( SR 0.632.317.671 ), den zentralamerikanischen Staaten (Costa Rica, Panama; SR 0.632.312.851 ) und Guatemala (Beitrittsprotokoll, unterzeichnet am 22. Juni 2015; BBl 2016 1025 ).
⁴ Abkommen vom 12. Januar 1994 zwischen der Schweizerischen Regierung einerseits und der Regierung von Dänemark und der Landesregierung der Färöer andererseits über den Freihandel zwischen der Schweiz und den Färöern ( SR 0.946.293.142 ).
⁵ Abkommen vom 19. Februar 2009 über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Japan ( SR 0.946.294.632 ).
⁶ Freihandelsabkommen vom 6. Juli 2013 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik China ( SR 0.946.292.492 ).
⁷ Handelsabkommen vom 11. Februar 2019 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland ( SR 0.946.293.671 ).
1.2 Wirtschaftliche und politische Lage sowie Aussenwirtschaftspolitik Kosovos
Kosovo ist seit 1999 de facto von Serbien losgelöst. 2008 erklärte Kosovo unilateral seine Unabhängigkeit, die seither von 119 Staaten, darunter der Schweiz, anerkannt worden ist. Serbien betrachtet Kosovo weiterhin als seine Provinz und anerkennt dessen Unabhängigkeit nicht. Diese Haltung behindert die internationale Anerkennung des jungen Staats. Auch fünf EU-Länder (Spanien, Slowakei, Rumänien, Griechenland und Zypern) weigern sich, die Unabhängigkeit Kosovos zu anerkennen. Deren Position gründet auf Sezessionsbestrebungen im jeweils eigenen Land und damit einhergehenden nationalen politischen Debatten. Auch Russland und China, die Serbien in den internationalen Foren, namentlich in der UNO und in deren Sicherheitsrat, unterstützen, anerkennen die Unabhängigkeit Kosovos nicht.
In den vergangenen Jahren herrschte in Kosovo innenpolitische Stabilität. Albin Kurti war der erste Premierminister in der Geschichte des Landes, dem es gelang, mit seiner Partei Lëvizja Vetëvendosje (LVV) eine volle vierjährige Amtszeit zu absolvieren. Unter dem Leitmotiv einer verbesserten Regierungsführung erzielte die kosovarische Regierung gewisse Fortschritte im Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität. Gleichzeitig führten jedoch Massnahmen zur kompromisslosen Betonung der nationalen Souveränität des jungen Staates zu einer Verschärfung der Spannungen mit Serbien. Die unilateralen Massnahmen erschwerten die Lebensrealität der serbischen Bevölkerung im Norden Kosovos, verstärkten deren Unzufriedenheit und lösten vereinzelt gewaltsame Ausschreitungen aus. Dies hat dazu beigetragen, dass der Normalisierungsprozess zum Stillstand kam. Die unter EU-Ägide geführte Dialog ist aufgrund mangelnder Kompromissbereitschaft beider Seiten festgefahren, und die Beziehungen zwischen den beiden Ländern bleibt angespannt. Die kompromisslose Haltung der Regierung von Premierminister Kurti in dieser Beziehung hat auch bei traditionellen Verbündeten Kosovos Kritik ausgelöst und zu Spannungen im Verhältnis Kosovos zu den USA und zur EU bis hin zum Erlass von Sanktionen dieser beiden Partner gegenüber Kosovo geführt.
Am 9. Februar 2025 fanden in Kosovo Parlamentswahlen statt. Die gegenwärtige Regierungspartei LVV von Premierminister Kurti wurde mit 42,3 Prozent der Stimmen erneut stärkste Kraft, gefolgt von der Demokratischen Partei (PDK) mit 21 Prozent und der Demokratischen Liga (LDK) mit 18,3 Prozent. Zwar ging die LVV wie erwartet als Wahlsiegerin hervor, verlor jedoch ihre absolute Mehrheit im Parlament. Sie ist nun auf einen Koalitionspartner angewiesen, tritt jedoch gegenüber der Opposition mit harscher Rhetorik auf. Aufgrund dieser tiefen politischen Spaltung und da kein Lager die nötige Mehrheit von 61 Sitzen erreicht hat, bleibt die Regierungsbildung zurzeit ungewiss. Es ist daher absehbar, dass die kommenden Jahre von geringerer politischer Stabilität geprägt sein werden.
Kosovo ist seit 2007 Vertragspartei des Mitteleuropäischen Freihandelsabkommens (CEFTA), dem neben Kosovo Albanien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, die Moldau, Montenegro und Serbien angehören. Die wichtigste Achse der Aussenwirtschaftspolitik Kosovos zielt darauf ab, seine wirtschaftlichen Beziehungen zur EU durch das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zu stärken. Dieses Abkommen, das im April 2016 in Kraft getreten ist, sieht die schrittweise Liberalisierung des Handels mit der EU vor.
1.3 Bilaterale Beziehungen sowie bilaterale Abkommen Schweiz-Kosovo
Kosovo erklärte am 17. Februar 2008 seine Unabhängigkeit. Der Bundesrat beschloss die Anerkennung Kosovos und die Aufnahme diplomatischer und konsularischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern am 27. Februar 2008. Die bilateralen Beziehungen sind sehr eng und zeichnen sich durch wichtige menschliche Verbindungen und ein konsequentes Engagement der Schweiz in Kosovo aus. Die Schweiz unterstützt die von der NATO geführte Kosovo-Force-Mission (KFOR) mit einem Kontingent von 215 Armeeangehörigen. Der Schweizer Beitrag an die KFOR ist das bedeutendste militärische Engagement der Schweiz im Ausland. Die Schweiz unterstützt zudem einen verantwortungsvollen Umgang mit der Vergangenheit und die Normalisierung der Beziehungen zu Serbien. Zudem ist Kosovo ist ein Schwerpunktland der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit. Mit einem zivilen Gesamtengagement von rund 270 Millionen Franken bis zur Unabhängigkeit 2008 und 319 Millionen Franken von 2008 bis 2020 ist die Schweiz eine wichtige Geldgeberin. Im Rahmen des Schweizer Kooperationsprogramms 2022-2025, das mit einem Budget von 86 Millionen Franken ausgestattet ist, führen die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) Programme in den Bereichen demokratische Regierungsführung und menschliche Sicherheit, nachhaltige Wirtschaft und Beschäftigung, Wasser und Klimawandel sowie Gesundheit durch.
Die Schweiz und Kosovo haben eine Reihe von bilateralen Wirtschaftsabkommen abgeschlossen: das Abkommen vom 11. November 2011 ⁸ über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Strasse, das Abkommen vom 27. Oktober 2011 ⁹ über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen, das Doppelbesteuerungsabkommen vom 26. Mai 2017 1⁰ und das Abkommen vom 8. Juni 2018 1¹ über soziale Sicherheit. Darüber hinaus hat die Schweiz mit Kosovo am 3. Februar 2010 ¹2 ein Abkommen über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt abgeschlossen. Hinzu kommt nun ein FHA, das dazu beiträgt, den bilateralen Rechtsrahmen zu stärken und die Wirtschaftsbeziehungen weiter zu intensivieren.
⁸ SR 0.741.619.475
⁹ SR 0.975.247.5
1⁰ SR 0.672.947.51
1¹ SR 0.831.109.475.1
¹2 SR 0.142.114.759
1.4 Handel und Investitionen zwischen der Schweiz und Kosovo
Der bilaterale Handel zwischen der Schweiz und Kosovo ist bisher bescheiden. Das Volumen des Warenverkehrs belief sich im Jahr 2023 auf 137 Millionen Franken (+0,9 % im Vergleich zum Vorjahr). Die Schweizer Warenexporte erreichten 2023 insgesamt einen Wert von 64 Millionen Franken und bestanden zu 41 Prozent aus Fahrzeugen, gefolgt von pharmazeutischen Produkten (20,5 %) und Produkten aus dem Maschinen- und Elektroniksektor (12,1 %). Die Importe beliefen sich auf 73 Millionen Franken: Die Schweiz importierte zu 25,8 Prozent verschiedene Produkte (Möbel und Sportartikel), gefolgt von Leder und Kunststoffen (24,3 %), Metallen (21,3 %) sowie landwirtschaftlichen und Lebensmittelprodukten (14,4 %). Die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV) stuft Kosovo in die Risikoklasse 6 (von insgesamt 7 Stufen) ein.
Die Schweizerische Nationalbank veröffentlicht keine Statistiken zu Dienstleistungen und Investitionen. Laut den Statistiken der Zentralbank Kosovos belief sich der gesamte Dienstleistungshandel mit der Schweiz im Jahr 2022 auf 486,8 Millionen Euro. Im selben Jahr beliefen sich die Dienstleistungsexporte Kosovos in die Schweiz auf 454,8 Millionen Euro, wovon 72 Prozent auf Reisedienstleistungen entfielen. Die Schweiz ist der zweitgrösste Investor in Kosovo, mit einem Bestand von 1,01 Milliarden Euro, die bis Ende 2023 investiert wurden, hauptsächlich durch die Diaspora in der Schweiz.
1.5 Geprüfte Alternativen
Die Alternative zum Abschluss eines FHA hätte darin bestanden, auf ein solches Abkommen zu verzichten. In diesem Fall wären die von Kosovo eingeführten Schweizer Waren gegenüber den Waren anderer Handelspartner und insbesondere der EU, die von präferenziellen Zugeständnissen Kosovos profitieren, in zolltariflicher Hinsicht weiterhin diskriminierend behandelt worden. Ein Nichtabschluss eines Abkommens mit Kosovo hätte gleichzeitig bedeutet, auf die durch das Abkommen geschaffene zusätzliche Rechtssicherheit für schweizerische Wirtschaftsbeteiligte und eine engere Behördenzusammenarbeit in den dafür vorgesehenen Gremien zu verzichten.
1.6 Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnis
Die Verhandlungen über ein FHA zwischen den EFTA-Staaten und Kosovo wurden an der EFTA-Ministerkonferenz 2022 offiziell lanciert, nachdem 2018 eine gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit unterzeichnet worden war. Die Verhandlungen konnten am 26. September 2024 in Pristina nach vier Verhandlungsrunden über einen Zeitraum von 25 Monaten abgeschlossen werden. Das Verhandlungsergebnis entspricht voll und ganz den Zielen der Schweiz.
1.7 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates
Das Abkommen mit Kosovo fällt unter das Ziel 3 («Die Schweiz leistet ihren Beitrag zu einer regelbasierten Weltwirtschaftsordnung und sichert der Schweizer Wirtschaft den Zugang zu internationalen Märkten»), das in der Botschaft vom 24. Januar 2024 ¹3 zur Legislaturplanung 2023-2027 und im Bundesbeschluss vom 6. Juni 2024 ¹4 über die Legislaturplanung 2023-2027 enthalten ist. Somit steht die Vorlage im Einklang mit den Zielen der Legislaturplanung. Das FHA mit Kosovo entspricht der vom Bundesrat in den Jahren 2004 ¹5 , 2011 ¹6 und 2021 ¹7 definierten Aussenwirtschaftsstrategie.
¹3 BBl 2024 525
¹4 BBl 2024 1440
¹5 Bericht des Bundesrates vom 12. Januar 2005 zur Aussenwirtschaftspolitik 2004; BBl 2005 1089 Ziff. 1.
¹6 Bericht des Bundesrates vom 11. Januar 2012 zur Aussenwirtschaftspolitik 2011; BBl 2012 827 Ziff. 1.
¹7 Bericht des Bundesrates vom 26. Januar 2022 zur Aussenwirtschaftspolitik 2021; BBl 2022 655 Ziff. 1.
2 Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren
Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 2005 ¹8 (VlG) ist bei völkerrechtlichen Verträgen, die dem Referendum unterstehen, grundsätzlich eine Vernehmlassung durchzuführen. Im vorliegenden Fall wurde jedoch gestützt auf Artikel 3 a Absatz 1 Buchstabe b VlG auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet, da keine neuen Erkenntnisse zu erwarten waren (s. auch Ziff. 3). Für die Umsetzung des Abkommens sind keine Gesetzesanpassungen nötig und die Positionen der interessierten Kreise waren bekannt.
¹8 SR 172.061
3 Konsultation parlamentarischer Kommissionen, der Kantone und weiterer interessierter Kreise
Das Mandat vom 12. März 2021 betreffend die Verhandlungen mit Kosovo wurde gestützt auf Artikel 152 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 ¹9 (ParlG) bei den Aussenpolitischen Kommissionen (APK) der eidgenössischen Räte in eine Anhörung geschickt. Die beiden APK haben den Mandatsentwurf des Bundesrates am 23. März 2021 (APK-N) und 16. April 2021 (APK-S) zur Kenntnis genommen und ihm zugestimmt. Die beiden APK wurden regelmässig über den Stand der Verhandlungen informiert und hatten Gelegenheit, sich dazu zu äussern. Gleiches gilt für die Kantone.
Die interessierten zivilgesellschaftlichen Akteure wie Nichtregierungsorganisationen und Verbände erhielten regelmässig Informationen zum Stand der Verhandlungen, insbesondere im Rahmen der zweimal jährlich stattfindenden Treffen der Verbindungsgruppe Aussenwirtschaft-NGO/NGO-Roundtable. Die Akteure hatten Gelegenheit, der Verhandlungsleitung Fragen zu stellen und ihre Positionen kundzutun. Die Kantone wurden regelmässig entweder mündlich oder schriftlich über den Stand der Gespräche unterrichtet. Diese Kanäle erlaubten es, die Ansichten der Kantone, des Parlaments und der Zivilgesellschaft bereits während den Verhandlungen in die Position der Schweiz einfliessen zu lassen.
¹9 SR 171.10
4 Grundzüge des Abkommens
4.1 Inhalt und Würdigung des Abkommens
Das Abkommen mit seinen 13 Anhängen und einem Verständigungsprotokoll hat einen sektoriell breiten Geltungsbereich. Es enthält Bestimmungen zu:
-
Handel mit Industriegütern, einschliesslich Fisch und Meeresprodukten;
-
verarbeiteten und unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten;
-
Ursprungsregeln;
-
Handelserleichterungen;
-
technischen Handelshemmnissen;
-
gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen;
-
Dienstleistungshandel;
-
Schutz des geistigen Eigentums;
-
Wettbewerb;
-
Handel und nachhaltiger Entwicklung;
-
Streitbeilegung.
Im Bereich ihrer Hauptinteressen im Warenverkehr kann die Schweiz die bestehende Diskriminierung gegenüber der EU, die bereits über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Kosovo verfügt, reduzieren. Das Abkommen beugt zudem einer Diskriminierung gegenüber anderen zukünftigen FHA-Partnern Kosovos vor.
Mit dem Abkommen wird die Rechtssicherheit namentlich in Bereichen wie den Dienstleistungen und dem geistigen Eigentum gestärkt. Schliesslich wird ein institutionalisierter Rahmen für die Behördenzusammenarbeit zur Überwachung und Weiterentwicklung des Abkommens und zur Lösung von allenfalls auftretenden Problemen geschaffen.
4.2 Sprachfassungen des Abkommens
Das Original des vorliegenden Abkommens ist auf Englisch verfasst. Der Abschluss in englischer Sprache entspricht der langjährigen konstanten Praxis der Schweiz und steht im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c der Sprachenverordnung vom 4. Juni 2010 2⁰ sowie den zugehörigen Erläuterungen. Englisch ist zudem die offizielle Arbeitssprache der EFTA. Die Aushandlung, Erstellung und Überprüfung von Originalfassungen des Freihandelsabkommens EFTA-Kosovo in den Amtssprachen der Vertragsparteien hätte angesichts des Umfangs der Abkommenstexte unverhältnismässige Mittel erfordert.
Das Fehlen einer Originalfassung in einer Schweizer Amtssprache erfordert für die Publikation die Übersetzung des Texts des Abkommens - mit Ausnahme seiner Anhänge und Appendizes - in die drei Amtssprachen. Die Anhänge umfassen insgesamt mehrere hundert Seiten. Es handelt sich bei der Mehrheit der Anhänge um Bestimmungen technischer Natur. Nach den Artikeln 5 Absatz 1 Buchstabe b und 13 Absatz 3 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 2004 2¹ (PublG) kann die Veröffentlichung solcher Texte auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Die Texte, die mittels Verweises publiziert werden, sind aber nach Artikel 13 a Absatz 1 Buchstabe a PublG auch auf der Publikationsplattform des Bundesrechts, Fedlex, zu publizieren. Nach Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe b PublG kann auf eine Übersetzung der Texte, die nur mit Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle veröffentlicht werden, verzichtet werden, wenn die Betroffenen diese Texte ausschliesslich in der Originalsprache benützen. Die Anhänge sowie die zugehörigen Verständigungsprotokolle richten sich vor allem an Import- und Exportfachleute. Die Anhänge, die nur auf Englisch verfügbar sind, können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Bundespublikationen 2² , bezogen werden und sind auf der Internetseite des EFTA-Sekretariats verfügbar. ²3 Die Übersetzungen des Anhangs I zu den Ursprungsregeln werden ausserdem vom Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) im Sinne einer Dienstleistung zugunsten der Wirtschaftsbeteiligten auf seiner Webseite (
www.bazg.admin.ch
) publiziert.
2⁰ SR 441.11
2¹ SR 170.512
2²
www.bundespublikationen.admin.ch
²3
www.efta.int > Trade Relations > Free Trade Network > Kosovo
5 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens
5.1 Präambel
Die Präambel hält die allgemeinen Ziele der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Rahmen des Freihandelsabkommens fest. Die Vertragsparteien bekräftigen ihr Bekenntnis zu den Menschenrechten, zu Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung, Arbeitnehmerrechten, grundlegenden Rechten und den Prinzipien des Völkerrechts - insbesondere zur Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945 ²4 , zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und zu den Grundsätzen der massgebenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ²5 - sowie zum Umweltschutz, zur nachhaltigen Entwicklung und zur Chancengleichheit für alle. Die Präambel erwähnt weiter die WTO-konforme Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen, die Förderung von Investitionen und Wettbewerb, den Schutz des geistigen Eigentums und die Ausweitung des Welthandels. Ferner bekräftigen die Vertragsparteien ihre Unterstützung der Grundsätze zur guten Unternehmensführung und zu verantwortungsvollem Unternehmensverhalten, wie sie in einschlägigen Instrumenten festgehalten sind, etwa in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen, in den OECD-Grundsätzen der guten Unternehmensführung sowie im Globalen Pakt der UNO ²6 . Sie bekräftigen ihre Absicht, Transparenz zu fördern und Korruption zu bekämpfen.
²4 SR 0.120
²5 SR 0.820.1
²6 Der Globale Pakt der Vereinten Nationen ( UN Global Compact ) ist ein zwischen den Vereinten Nationen sowie Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen geschlossenes freiwilliges Übereinkommen, ihre Tätigkeiten gestützt auf zehn weltweit akzeptierte Grund-sätze über Menschenrechte, Arbeit, Umwelt sowie den Kampf gegen die Korruption auszuführen.
5.2 Kapitel 1: Allgemeine Bestimmungen (Art. 1.1-1.6)
Artikel 1.1 legt die Ziele des FHA fest. Diese bestehen darin, eine Freihandelszone einzurichten, um den Warenverkehr und den Dienstleistungshandel zu liberalisieren, die Investitionsmöglichkeiten gegenseitig auszuweiten, unnötige technische Handelshemmnisse sowie unnötige gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen zu verhindern, zu beseitigen oder zu verringern, den Wettbewerb zu fördern, einen angemessenen und wirksamen Schutz und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum sicherzustellen, die gegenseitige Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens zu verbessern und den internationalen Handel unter Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung auszubauen.
Artikel 1.2 regelt, auf welches geografische Gebiet das Abkommen Anwendung findet. Das FHA gilt für das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht.
Artikel 1.3 behandelt die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen, die durch dieses Abkommen geregelt werden, und sieht vor, dass das FHA die Rechte und Pflichten in Bezug auf die Handelsbeziehungen zwischen den EFTA-Staaten nicht tangiert. Diese Beziehungen sind in der EFTA-Konvention geregelt. Zudem wendet die Schweiz, gestützt auf den Zollvertrag vom 29. März 1923 ²7 zwischen der Schweiz und Liechtenstein, die FHA-Bestimmungen über den Warenhandel auch auf Liechtenstein an.
Artikel 1.4 regelt das Verhältnis zu anderen internationalen Abkommen . Im Wesentlichen wird dadurch gewährleistet, dass die Pflichten der Vertragsparteien auf internationaler Ebene ebenfalls eingehalten werden müssen.
Artikel 1.5 hält fest, dass die Vertragsparteien ihre FHA-Verpflichtungen erfüllen und die Anwendung des FHA auf allen Staatsebenen gewährleisten müssen.
Artikel 1.6 zur Transparenz regelt die Informationspflichten der Vertragsparteien. Diese müssen ihre Gesetze, Vorschriften, Gerichts- und Verwaltungsentscheide von allgemeiner Tragweite sowie ihre internationalen Abkommen, die einen Einfluss auf die Durchführung des FHA haben können, veröffentlichen oder öffentlich zugänglich machen. Zu dieser allgemeinen Verpflichtung kommt die Pflicht hinzu, Informationen zur Verfügung zu stellen und Fragen zu Massnahmen zu beantworten, die die Anwendung des Abkommens berühren können. Die Vertragsparteien sind nicht verpflichtet, Informationen preiszugeben, die nach ihrem innerstaatlichen Recht vertraulich sind und deren Offenlegung die Durchsetzung von Rechtsvorschriften behindern, dem öffentlichen Interesse anderweitig zuwiderlaufen oder die berechtigten Geschäftsinteressen eines Wirtschaftsakteurs beeinträchtigen würde.
²7 SR 0.631.112.514
5.3 Kapitel 2: Warenverkehr (Art. 2.1-2.26)
Artikel 2.1 legt den Anwendungs- und Geltungsbereich von Kapitel 2 fest. Dieser umfasst den gesamten Warenhandel, d. h. Industrie-, Fischerei- und Agrarprodukte.
Artikel 2.2 regelt die präferenzielle Behandlung hinsichtlich der Einfuhrzölle , die sich die Vertragsparteien gegenseitig gewähren. Die Definition von Einfuhrzöllen wird in diesem Artikel präzisiert: Diese umfassen sämtliche Abgaben im Zusammenhang mit der Einfuhr von Gütern, mit Ausnahme jener Abgaben, die gemäss anderen Bestimmungen des Abkommens oder den genannten Artikeln des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens vom 15. April 1994 ²8 (GATT 1994) erlaubt sind (Abs. 3).
Die präferenzielle Zollbehandlung, die sich die Vertragsparteien gegenseitig gewähren, ist in den Anhängen II bis V festgehalten: die Zollkonzessionen von Kosovo in Anhang II, diejenigen der Schweiz in Anhang V ²9 . Die Vertragsparteien verpflichten sich, die in den erwähnten Anhängen festgelegten Präferenzzölle in Zukunft nicht mehr zu erhöhen. Davon ausgenommen sind im Falle der Schweiz Produkte, für die der Preisausgleichsmechanismus angewendet wird, sowie Produkte, für die im Abkommen fixe Rabatte auf den Normalzollansatz gewährt werden. Die Kosovo eingeräumten Konzessionen ersetzen die bisherigen von der Schweiz im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems gewährten unilateralen Zollpräferenzen.
Die EFTA-Staaten beseitigen mit Inkrafttreten des Abkommens die Zölle auf Industrieprodukten, Fisch und anderen Meeresprodukten vollumfänglich. Kosovo wird ebenfalls alle Zölle auf diesen Produkten entweder sofort oder mit Übergangsfristen von drei bis maximal fünf Jahren aufheben.
Im Landwirtschaftsbereich beseitigt Kosovo mit Inkrafttreten des Abkommens alle Zölle auf Einfuhren aus den EFTA-Staaten. Dies heisst, dass die Schweiz für alle Exportprodukte, z. B. für Schokolade, Kaffee, Süssgetränke und Babynahrung, einen zollfreien Marktzugang erhält. Im Gegenzug gewährt die Schweiz Kosovo Zollkonzessionen für bestimmte verarbeitete und unverarbeitete Landwirtschaftsprodukte, für die Kosovo ein besonderes Interesse geltend gemacht hat.
Die Zollkonzessionen der Schweiz im Agrarbereich zugunsten von Kosovo sind weitgehend vergleichbar mit jenen, welche die Schweiz in der Vergangenheit anderen Freihandelspartnern gewährt hat. Sie sind mit den Zielen der Schweizer Agrarpolitik vereinbar. Der Zollschutz für Produkte, die für die Schweiz sensibel sind, wird beibehalten oder in einem kontrollierten Rahmen so reduziert, dass keine agrarpolitisch relevanten Auswirkungen zu erwarten sind. Wo möglich, hat die Schweiz für diese Produkte eine fixe Reduktion gewährt wie zum Beispiel für gewisse getrocknete oder gefrorene Früchte und Gemüse und verarbeitete Gemüse. Bei den für die Schweiz sensibleren Produkten bestehen die Zugeständnisse aus einer Reduktion oder Beseitigung von Zöllen innerhalb der bestehenden WTO-Zollkontingente und der saisonalen Einschränkungen. Dies betrifft beispielsweise gewisse Früchte, Fruchtsäfte oder Gemüse. Einen zollfreien Marktzugang gewährt die Schweiz Kosovo für nicht sensitive Produkte, zum Beispiel für Walnüsse, Pilze sowie ausgewählte Fruchtsäfte.
Für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte, die für die Schweizer Landwirtschaft sensible Rohstoffe mit Preisausgleich enthalten, gewährt die Schweiz einen Rabatt in Höhe des Industrieschutzelementes. Die daraus resultierenden präferenziellen Ansätze entsprechen den Konzessionen, die anderen Freihandelspartnern gewährt werden. Für andere verarbeitete Landwirtschaftsprodukte - z. B. Kaffee, Mineralwasser oder bestimmte Spirituosen -, die keine für die Landwirtschaft sensiblen Rohstoffe enthalten, gewährt die Schweiz Kosovo gleich wie der EU und anderen Freihandelspartnern einen zollfreien Zugang.
Die präferenzielle Zollbehandlung verbessert den Zugang zum kosovarischen Markt für Schweizer Wirtschaftsakteure und reduziert das Diskriminierungspotenzial gegenüber Wirtschaftsakteuren aus der EU. Diese verfügt über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Kosovo, mit welchem zwischen der EU und Kosovo eine bilaterale Freihandelszone errichtet wurde.
Artikel 2.3 verpflichtet die Vertragsparteien, keine Ausfuhrzölle beizubehalten oder einzuführen. Da weder die Schweiz noch Kosovo derzeit Ausfuhrzölle anwenden, entstehen den Vertragsparteien dadurch keine neuen Verpflichtungen.
In Artikel 2.4 definieren die Vertragsparteien, welche Ursprungsregeln die Waren erfüllen müssen, um in den Genuss der präferenziellen Zölle dieses Abkommens zu kommen. Die detaillierten Bestimmungen werden in Anhang I definiert (s. Ziff. 5.3.1). Sie legen insbesondere fest, welche Waren sich als Ursprungswaren qualifizieren, welcher Ursprungsnachweis für die präferenzielle Zollbehandlung verwendet werden muss und wie die Zusammenarbeit der betroffenen Verwaltungen erfolgt.
In den Artikeln 2.5, 2.10, 2.12, 2.13, 2.15, 2.20, 2.21 und 2.22 integriert das Abkommen die einschlägigen Rechte und Pflichten im Rahmen der WTO betreffend Zollwertermittlung (Art. 2.5), Einfuhrlizenzen (Art. 2.10), Gebühren und Formalitäten (Art. 2.12), Inländergleichbehandlung bei internen Steuern und Regelungen (Art. 2.13), das WTO-Übereinkommen über die Landwirtschaft 3⁰ (Art. 2.15), staatliche Handelsunternehmen (Art. 2.20), die allgemeinen Ausnahmen , namentlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung und der Gesundheit (Art. 2.21), sowie Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheit des Landes (Art. 2.22).
In Artikel 2.6 zur Einreihung der Waren bestätigen die Vertragsparteien, dass die Einreihung im Einklang mit dem Internationalen Übereinkommen vom 14. Juni 1983 3¹ über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (Harmonisiertes System, HS) erfolgt. In Artikel 2.7 zu technischen Änderungen verpflichten sich die Vertragsparteien zudem, im Falle einer Anpassung der nationalen Zolltarifstruktur infolge einer Aktualisierung des HS oder anderer technischer Anpassungen die Zollkonzessionslisten (Anhänge II-V) zu aktualisieren. Dabei haben die Vertragsparteien sicherzustellen, dass diese Aktualisierungen zu keiner Beeinträchtigung der Zollkonzessionen oder der erzeugnisspezifischen Regeln führen.
Artikel 2.8 deckt den Bereich der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen (SPS) ab, d. h. Massnahmen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen und Tieren sowie zur Erhaltung der Pflanzenwelt. Das WTO-Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Massnahmen 3² (SPS-Übereinkommen) wird in das FHA übernommen (Abs. 1). Die Vertragsparteien verpflichten sich, ihre Zusammenarbeit in diesem Bereich zu verstärken, um das gegenseitige Verständnis ihrer jeweiligen Systeme zu verbessern und den Zugang zu ihren jeweiligen Märkten zu erleichtern (Abs. 2). Die Zusammenarbeit zwischen den Behörden ist ein entscheidender Faktor, um spezifische Probleme von Exportunternehmen pragmatisch zu lösen. Ausserdem behalten sich die Vertragsparteien vor, innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt eines Konsultationsersuchens Konsultationen abzuhalten (Abs. 3), damit rasch und offiziell über alle Massnahmen befunden werden kann, die ein neues Handelshemmnis schaffen könnten. Diese Konsultationen sind im Fall von verderblichen Waren ohne unangemessenen Verzug abzuhalten. Absatz 4 verpflichtet die Vertragsparteien dazu, auf Ersuchen einer Vertragspartei eine Übereinkunft zu treffen, um sich gegenseitig eine gleichwertige Behandlung zu gewähren wie jene, die beide Vertragsparteien gegebenenfalls mit der EU vereinbart haben, sofern EU-Produkte bezüglich der SPS-Vorschriften von einer günstigeren Behandlung profitieren sollten. Da Kosovo seine Rechtsbestimmungen zurzeit an jene der EU angleicht, lassen sich mit dieser Bestimmung gegebenenfalls mögliche Diskriminierungen von EFTA-Produkten gegenüber EU-Produkten auf dem kosovarischen Markt vermeiden. Schliesslich haben die Vertragsparteien auch vereinbart, Kontaktstellen zu bezeichnen, um den Informationsaustausch zwischen den Fachverantwortlichen der zuständigen Behörden zu erleichtern (Abs. 5).
In Artikel 2.9 über technische Vorschriften sehen die Vertragsparteien vor, dass sie neben der Anwendung der Bestimmungen des WTO-Übereinkommens über technische Handelshemmnisse 3³ (TBT-Übereinkommen), das in das FHA übernommen wird (Abs. 1), ihre Zusammenarbeit im Bereich der technischen Vorschriften, der Normen und der Konformitätsbewertungen verstärken wollen, um das gegenseitige Verständnis ihrer jeweiligen Systeme zu verbessern und den Zugang zu ihren jeweiligen Märkten zu erleichtern (Abs. 2). Gemäss dem Abkommen haben die Vertragsparteien zudem das Recht, im Fall vermuteter neuer Handelshemmnisse innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt eines Konsultationsersuchens Konsultationen abzuhalten (Abs. 3).
Des Weiteren sichern sich die Vertragsparteien durch eine Überprüfungsklausel zu, die jeweils mit der EU vereinbarte Behandlung im TBT-Bereich aufeinander auszuweiten (Abs. 4). Dazu werden sie sich gegenseitig eine ähnliche Behandlung gewähren wie jene, die beide Vertragsparteien gegebenenfalls mit der EU vereinbart haben. Kosovo ist momentan dabei, seine Rechtsbestimmungen für zahlreiche Industrieprodukte an jene der EU anzugleichen, was die EFTA-Länder bereits getan haben (Europäischer Wirtschaftsraum EWR, bilaterale Abkommen Schweiz−EU). Sollte Kosovo mit der EU ein Abkommen unterzeichnen, könnte somit eine ähnliche Abmachung zwischen den EFTA-Staaten und Kosovo abgeschlossen werden. Somit liesse sich vermeiden, dass EFTA-Erzeugnisse gegenüber jenen aus der EU auf dem kosovarischen Markt unter Umständen diskriminiert werden. Nach Absatz 5 richten die Vertragsparteien Kontaktstellen ein. Dadurch wird der Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden gefördert. Da Kosovo im Gegensatz zu den EFTA-Staaten derzeit kein Mitglied der WTO ist und daher seine Entwürfe von technischen Vorschriften nicht über das TBT-System der WTO notifizieren kann, sieht Absatz 6 vor, dass Kosovo diese den EFTA-Staaten direkt notifiziert.
In Artikel 2.11 zu mengenmässigen Beschränkungen werden die Rechte und Pflichten der einschlägigen WTO-Bestimmungen ins FHA übernommen. Die Vertragsparteien verpflichten sich, bei einer allfälligen Einführung solcher Massnahmen die anderen Vertragsparteien unverzüglich im Rahmen des Gemischten Ausschusses des FHA darüber zu informieren. Zudem stipuliert der Artikel, dass mengenmässige Beschränkungen nur vorübergehend eingesetzt werden dürfen, nichtdiskriminierend und transparent sein sollen und keine unnötigen Handelshemmnisse zwischen den Vertragsparteien schaffen dürfen.
Artikel 2.14 enthält Massnahmen zur Handelserleichterung . Diese verpflichten die Vertragsparteien insbesondere, relevante Gesetze und Verordnungen sowie Gebührenansätze im Internet zu publizieren und internationale Standards bei der Ausgestaltung der Zollverfahren einzuhalten. Ferner können die Exporteure ihre Zollerklärungen auf elektronischem Weg einreichen. Die detaillierten Bestimmungen sind in Anhang VI festgehalten (s. Ziff. 5.3.2).
Die Artikel 2.16-2.19 enthalten Regeln zu handelspolitischen Schutzmassnahmen. Artikel 2.16 betrifft Subventionen und Ausgleichsmassnahmen . Er führt ein Konsultationsverfahren gemäss WTO-Recht ein und legt eine Frist von 45 Tagen für die Durchführung von Konsultationen fest.
Artikel 2.17 besagt, dass die Vertragsparteien von der Einleitung von Antidumpingmassnahmen gegeneinander absehen, falls nicht bewiesen werden kann, dass Dumping stattfindet. Des Weiteren sieht er gegebenenfalls Anforderungen für die Anwendung solcher Massnahmen vor, die über die WTO-Regeln hinausgehen, insbesondere eine vorgängige Notifikation und Konsultationen.
In Artikel 2.18 zu Allgemeinen Schutzmassnahmen wird auf die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien im Rahmen der WTO verwiesen. Über die WTO-Regeln hinausgehend sollen die Vertragsparteien laut dem Abkommen allgemeine WTO-Schutzmassnahmen auf Einfuhren anderer Vertragsparteien ausschliessen, falls diese Einfuhren nicht an sich Schäden verursachen oder zu verursachen drohen.
Die Bestimmungen in Artikel 2.19 zu Bilateralen Schutzmassnahmen erlauben es den Vertragsparteien unter bestimmten Bedingungen, Zollsenkungen vorübergehend auszusetzen, falls der Zollabbau gemäss dem Abkommen zu erheblichen Marktstörungen führt oder zu führen droht. Fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens prüfen die Vertragsparteien, ob die Möglichkeit zur Ergreifung von bilateralen Schutzmassnahmen weiterhin notwendig ist. Falls sie sich nicht auf ein Weiterführen einigen, fällt die Möglichkeit dahin.
Artikel 2.23 über Zahlungsbilanzen erlaubt den Vertragsparteien, im Rahmen der betreffenden WTO-Abkommen Massnahmen bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten zu ergreifen. Solche Massnahmen sollen zeitlich beschränkt, nichtdiskriminierend und nicht über das für die Bekämpfung der Zahlungsbilanzschwierigkeiten notwendige Mass hinausgehen. Die Vertragsparteien verpflichten sich, bei einer allfälligen Einführung solcher Massnahmen die anderen Vertragsparteien im Rahmen des Gemischten Ausschusses unmittelbar darüber zu informieren.
Artikel 2.24 enthält Bestimmungen zum Datenaustausch betreffend die Handelsstatistiken und die Daten zur Nutzung der Zollpräferenzen . Damit wird die Grundlage dafür gelegt, dass in Zukunft die Nutzung und das Funktionieren des Abkommens vertieft analysiert werden können.
Artikel 2.25 sieht auf Wunsch Kosovos eine Überprüfungsklausel vor. Auf Ersuchen einer Partei nehmen die Vertragsparteien eine Überprüfung der Bestimmungen zum Warenverkehr vor und untersuchen Möglichkeiten für eine weitere Liberalisierung. Dabei werden die jeweiligen Sensibilitäten berücksichtigt. Die Schweiz verpflichtet sich zu keinen zusätzlichen Zugeständnissen im Agrarbereich.
Das FHA setzt gemäss Artikel 2.26 einen Unterausschuss über Warenverkehr ein (Anhang VII). Die Aufgaben des Unterausschusses betreffen die Überwachung und Überprüfung der getroffenen Massnahmen sowie die Umsetzung der von den Vertragsparteien eingegangenen Verpflichtungen in Bezug auf den Warenverkehr. Der Unterausschuss ist zudem beauftragt, den Informationsaustausch über Zollfragen zu regeln und technische Anpassungen in Bezug auf den Warenverkehr, wie z. B. die Aktualisierung des HS, vorzubereiten.
5.3.1 Anhang I zu den Ursprungsregeln und der Zusammenarbeit der Verwaltungen
Die EFTA-Staaten haben sich mit Kosovo darauf geeinigt, in diesem Abkommen die Ursprungsregeln des Regionalen Übereinkommens vom 15. Juni 2011 ³4 über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln (PEM-Übereinkommen) anzuwenden. Anstelle ausführlicher Ursprungsregeln wird daher in Artikel 1 von Anhang I des FHA auf die anzuwendenden Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens verwiesen. Zur Anwendung kommen im FHA mit Kosovo insbesondere Ursprungsregeln (Appendix I des PEM-Übereinkommens) wie auch die produkte-spezifischen Regeln (Appendix II des PEM-Übereinkommens), einschliesslich der in diesen Appendizes enthaltenen Anhänge. Die produkte-spezifischen Regeln entsprechen damit denjenigen des Abkommens vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Als Ursprungsnachweise kommen entweder die Warenverkehrsbescheinigung oder die Ursprungserklärung zur Anwendung.
Artikel 2 legt fest, dass im Verkehr zwischen den Vertragsparteien eine genügende Be- oder Verarbeitung nicht im Zollgebiet einer einzigen Partei erfolgen muss. So können auch in einer Partei des Mitteleuropäischen Freihandelsabkommens (CEFTA) vorgenommene Herstellungsschritte angerechnet werden ( Vollkumulation ). Das im aktuellen sowie im revidierten PEM-Übereinkommen vorgesehene Verbot der Zollrückvergütung ( No-drawback rule ) ist im bilateralen Handel zwischen den Vertragsparteien nicht anwendbar (Art. 3).
Artikel 4 enthält die Vereinbarung der Vertragsparteien, dass die Bestimmungen des Kapitels 8 Streitbeilegung des FHA auf die Streitbeilegung bei Uneinigkeit zur Auslegung von Anhang I (Ursprungsregeln) des PEM-Übereinkommens anwendbar sind. Streitfälle können so direkt zwischen den Vertragsparteien behandelt werden.
In Artikel 5 wird das Vorgehen geregelt, wenn eine Vertragspartei den Austritt aus dem PEM-Übereinkommen vollzieht. In diesem Fall sind umgehend Neuverhandlungen der Ursprungsregeln einzuleiten. Bis zum Abschluss dieser Neuverhandlungen sind die Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens weiterhin auf bilateraler Basis anwendbar.
Als Alternative zur papierbasierten Variante bietet Artikel 6 den Vertragsparteien die Möglichkeit, eine elektronisch ausgestellte Warenverkehrsbescheinigung zu verwenden.
³4 SR 0.946.31
5.3.2 Anhang VI zur Handelserleichterung
Um den Handel zu erleichtern und dessen Entwicklung zu fördern, verpflichten sich die Vertragsparteien im Anhang VI in Artikel 1 über die allgemeinen Prinzipien Kontrollen effektiv und basierend auf Risikoanalysen durchzuführen.
Darüber hinaus vereinfachen die Vertragsparteien in Artikel 2 die Verfahren für den Warenhandel, indem die Bestimmungen des WTO-Übereinkommens für Handelserleichterungen ³5 übernommen werden.
In Artikel 3 schaffen die Vertragsparteien Transparenz , indem sie Gesetze, Verordnungen und generelle Entscheide im Internet und nach Möglichkeit auf Englisch publizieren.
Artikel 4 enthält Bestimmungen über die öffentliche Konsultation und Information vor dem Inkrafttreten von im grenzüberschreitenden Verkehr anwendbaren Vorschriften. Dadurch, dass sich die Vertragsparteien einerseits verpflichten, im grenzüberschreitenden Verkehr anwendbare Vorschriften im Internet zu publizieren, und andererseits eine verbindliche Auskunft verlangt werden kann, wird für die Wirtschaftsbeteiligten erhöhte Transparenz und Rechtssicherheit geschaffen.
In Artikel 5 regeln die Vertragsparteien, dass sie auf Anfrage verbindliche Vorabauskünfte (Art. 5) über Tarifeinreihungen und die anwendbaren Zollansätze, über den Zollwert, über die anwendbaren Ursprungsregeln sowie über weitere Anforderungen für den grenzüberschreitenden Warenverkehr geben.
Artikel 6 zu Beschwerdeverfahren behandelt die Bestimmung, dass die Zollbeteiligten Entscheide der Zollbehörden bei mindestens einer unabhängigen verwaltungsrechtlichen und einer unabhängigen gerichtlichen Beschwerdeinstanz anfechten können sollen.
In Artikel 7 über Kosten und Gebühren im Zusammenhang mit dem Import und Export sollen diese dem Wert der erbrachten Dienstleistung entsprechen und nicht auf dem Warenwert basieren. Die Ansätze sollen im Internet publiziert werden.
Im Falle einer Widerhandlung sollen Strafen laut Artikel 8 über die Strafbestimmungen verhältnismässig und transparent verhängt werden.
In Artikel 9 über die Freigabe und Abfertigung von Waren regeln die Vertragsparteien, dass sie Zoll-, Handels- und Grenzverfahren anwenden, die einfach, angemessen und objektiv sind. Durch die Möglichkeit, Informationen elektronisch und im Voraus zur Verfügung zu stellen und Abgaben elektronisch zu bezahlen, soll die Veranlagung beschleunigt werden. Verderbliche Waren sollen zudem bevorzugt behandelt werden.
Gemäss Artikel 10 wenden die Vertragsparteien eine Risikokontrolle an, die die Verzollung von Waren mit geringem Risiko vereinfacht. Damit wird bezweckt, dass der Grenzverkehr für einen Grossteil der Waren schnell vollzogen werden kann und Kontrollen auf ein Minimum beschränkt werden.
In Artikel 11 verpflichten sich die Vertragsparteien zur Vereinfachung der Formalitäten internationaler Handelsverfahren . Die Vertragsparteien beschränken Kontrollen, Formalitäten und benötigte Dokumente auf das Nötigste. Um Kosten und unnötige Verzögerungen des Handels zwischen den Vertragsparteien weiter zu reduzieren, sollen effiziente Handelsverfahren angewendet werden, die nach Möglichkeit auf internationalen Standards basieren.
Zudem legt Artikel 12 fest, dass die Zollverfahren so zu gestalten sind, dass die Exporteure und Importeure diese ohne Zollagenten vornehmen können.
Artikel 13 über die Vorübergehende Zulassung regelt in Übereinstimmung mit internationalen Standards die Zollverfahren, im Rahmen derer Waren vorübergehend ein- und wieder ausgeführt werden können, einschliesslich der Veredelung.
Die Kompetenzen der Zollstellen sollen gemäss Artikel 14 den Bedürfnissen der Wirtschaftsbeteiligten Rechnung tragen.
Artikel 15 sieht die Möglichkeit vor, ein Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung der zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten abzuschliessen.
Gemäss Artikel 16 darf die Einfuhrpartei keine Legalisierung von Dokumenten verlangen, z. B. ein Ursprungszeugnis einer Handelskammer oder die Beglaubigung von Rechnungen.
Laut Artikel 17 zur Vertraulichkeit müssen sämtliche im Rahmen der Anwendung dieses Anhangs übermittelten Informationen vertraulich behandelt werden.
Durch die in Artikel 18 vorgesehene Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsparteien sollen die internationalen Entwicklungen beobachtet werden. So können dem Unterausschuss Warenhandel bei Bedarf weitere handelserleichternde Massnahmen vorgelegt werden, um allenfalls den Anhang zu ergänzen.
³5 SR 0.632.20 , Anhang 1A.15
²8 Das GATT 1994 ist als Anhang 1A dem Abkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation beigefügt ( SR 0.632.20 ).
²9 Die Anhänge III und IV betreffen die Konzessionen, die Island bzw. Norwegen Kosovo gewähren.
3⁰ SR 0.632.20 , Anhang 1A.3
3¹ SR 0.632.11
3² SR 0.632.20 , Anhang 1A.4
3³ SR 0.632.20 , Anhang 1A.6
5.4 Kapitel 3: Handel mit Dienstleistungen (Art. 3.1-3.21)
Die grundlegenden Bestimmungen zum Dienstleistungshandel (insb. vier Erbringungsarten, Marktzugang, Inländerbehandlung und Ausnahmen) basieren auf dem Allgemeinen Abkommen der WTO über den Handel mit Dienstleistungen ³6 (GATS), wobei gewisse GATS-Bestimmungen präzisiert bzw. dem bilateralen Rahmen angepasst wurden.
Die Bestimmungen von Kapitel 3 werden in den Anhängen VIII-XII präzisiert bzw. durch sektorielle Bestimmungen ergänzt (s. Ziff. 5.4.1-5.4.4). Dies betrifft die spezifischen Verpflichtungen, die Ausnahmen von der Meistbegünstigung, die Finanzdienstleistungen, die Telekommunikationsdienstleistungen und die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Erbringung von Dienstleistungen.
In Artikel 3.1 werden der Anwendungs- und Geltungsbereich , in Artikel 3.2 die Übernahme von Bestimmungen des GATS und in Artikel 3.3 die Begriffsbestimmungen behandelt. Kapitel 3 verweist direkt auf das GATS, dessen Bestimmungen anwendbar sind und zum Bestandteil von Kapitel 3 erklärt werden, ausser die Vertragsparteien haben eine bestimmte GATS-Bestimmung präzisiert, vereinfacht oder verstärkt. Fast alle im GATS enthaltenen Begriffsbestimmungen werden in Kapitel 3 übernommen, meist durch Verweis. Die Begriffsbestimmungen von «natürliche Person einer anderen Vertragspartei» und «juristische Person einer anderen Vertragspartei» wurden angepasst. Neben juristischen und natürlichen Personen, die in einer Vertragspartei ansässig und tätig sind, sind auch jene Personen eingeschlossen, die in einem beliebigen anderen WTO-Mitgliedstaat ansässig und erwerbstätig sind. Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass die juristische Person im Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person einer Vertragspartei des FHA steht oder von einer solchen Person beherrscht wird. Dank dieser Klausel kann verhindert werden, dass Einheiten von Drittstaaten vom Abkommen profitieren.
Artikel 3.4 zur Meistbegünstigung folgt weitgehend der entsprechenden GATS-Bestimmung. Anhang IX führt jene Bereiche auf, die die Vertragsparteien von der Meistbegünstigungspflicht ausschliessen. Festgehalten wird zudem, dass FHA mit Drittstaaten, die im Einklang mit den Anforderungen von Artikel V des GATS stehen, von der Verpflichtung dieser Klausel ausgenommen sind. Die Vertragsparteien verpflichten sich jedoch dazu, auf Ersuchen einer Vertragspartei über die Vorteile zu verhandeln, die von einer Vertragspartei auf der Grundlage solcher Abkommen gewährt werden.
In Artikel 3.5 zum Marktzugang , Artikel 3.6 zur Inländerbehandlung und Artikel 3.7 zu zusätzlichen Verpflichtungen werden die entsprechenden Bestimmungen des GATS übernommen und unverändert inkorporiert.
Die in Artikel 3.8 erwähnten innerstaatlichen Regelungen basieren auf jenen des GATS. Die Tragweite dieser Regelungen wurde allerdings gegenüber dem GATS ausgeweitet. Die meisten Regelungen gelten nicht nur für die Sektoren mit spezifischen Verpflichtungen, sondern für alle unter Kapitel 3 fallenden Dienstleistungen.
Die Bestimmungen in Artikel 3.9 zur Anerkennung , in Artikel 3.10 zur Grenzüberschreitung natürlicher Personen , in Artikel 3.11 zur Transparenz , in Artikel 3.12 zu Monopolen und Dienstleistungserbringern mit ausschliesslichen Rechten und in Artikel 3.13 zu Geschäftspraktiken wurden aus dem GATS übernommen. Artikel 3.11 und 3.12 wurden jedoch an den bilateralen Kontext angepasst.
Artikel 3.14 zu Zahlungen und Überweisungen übernimmt mehrheitlich die Bestimmungen des GATS. Die Vertragsparteien verzichten jedoch auf eine Beschränkung von Zahlungen und Überweisungen nicht nur für laufende Geschäfte im Zusammenhang mit ihren spezifischen Verpflichtungen, sondern für alle laufenden Geschäfte mit einer anderen Vertragspartei, soweit diese Geschäfte keine allfälligen Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz verletzen.
Artikel 3.15 über Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz sieht vor, dass die Einführung oder Aufrechterhaltung solcher Beschränkungen mit dem entsprechenden GATS-Artikel im Einklang stehen muss.
Artikel 3.16 über Subventionen basiert auf dem Prinzip des GATS, wurde jedoch an den bilateralen Kontext angepasst. Artikel 3.17 zu den Ausnahmen wurde vom GATS übernommen und unverändert inkorporiert.
Artikel 3.18 zu den Listen der spezifischen Verpflichtungen und Artikel 3.19 zur Ä nderung der Verpflichtungslisten nehmen die Prinzipien des GATS auf, wurden jedoch an den bilateralen Kontext angepasst. Artikel 3.20 zur Überprüfung sieht vor, dass die Vertragsparteien im Hinblick auf eine weitergehende Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen ihre Listen der spezifischen Verpflichtungen (Anhang VIII) und die Liste der Ausnahmen von der Meistbegünstigung (Anhang IX) periodisch überprüfen. Artikel 3.21 ( Anhänge ) listet die zum Kapitel gehörigen Anhänge auf (Anhänge VIII-XII).
5.4.1 Spezifische Verpflichtungen (Art. 3.18 und Anhang VIII)
Die spezifischen Verpflichtungen bezüglich des Marktzugangs und der Inländerbehandlung im Bereich des Dienstleistungshandels sind in den von den Vertragsparteien jeweils einzeln erstellten Listen festgehalten. Ähnlich wie beim GATS sind die Vertragsparteien Verpflichtungen auf der Grundlage von Positivlisten eingegangen. Gemäss dieser Methode verpflichtet sich eine Vertragspartei, in diesen Sektoren, Teilsektoren oder Tätigkeiten den Marktzugang nicht zu beschränken sowie die Dienstleistungserbringer und Dienstleistungen der anderen Vertragspartei nicht zu benachteiligen bezüglich der Form der Dienstleistungserbringung und entsprechend den in ihrer Liste ausdrücklich und transparent aufgeführten Bedingungen und Einschränkungen. Somit bedeutet das Nichtaufführen eines Sektors in der Liste einer Vertragspartei, dass diese dort keine Verpflichtungen eingeht.
Da Kosovo nicht Mitglied der WTO ist, garantiert das Land durch seine Verpflichtungen gegenüber der Schweiz und den anderen EFTA-Staaten erstmals den Marktzugang und die Nichtdiskriminierung in allen aufgeführten Sektoren. Umgekehrt bieten die Verpflichtungen der Schweiz, einschliesslich der im Rahmen des GATS eingegangenen Verpflichtungen, Kosovo ebenfalls erstmals eine solche Garantie.
Das von Kosovo der Schweiz und den anderen EFTA-Staaten gewährte Verpflichtungsniveau entspricht weitgehend jenem, das Kosovo nach seiner Gesetzgebung garantieren kann. In für die Schweiz wichtigen Dienstleistungssektoren ist Kosovo im vorliegenden Abkommen substanzielle Verpflichtungen eingegangen, etwa bei den Unternehmensdienstleistungen, den Finanzdienstleistungen, den Transport- und Logistikdienstleistungen sowie beim Zugang für Installateurinnen und Installateure sowie Wartungsdienstleister für Maschinen und Anlagen. Das allgemein hohe Verpflichtungsniveau stellt sicher, dass die Schweizer Dienstleistungsexporteure gegenüber Konkurrentinnen und Konkurrenten aus anderen Staaten nicht diskriminiert werden, die mit Kosovo ein den Dienstleistungshandel umfassendes präferenzielles Abkommen unterzeichnet haben.
Die von der Schweiz eingegangenen Marktzugangsverpflichtungen entsprechen weitgehend dem im Rahmen von früheren FHA gewährten Marktzugangsniveau, insbesondere im Abkommen zwischen der EFTA und Georgien. Die Schweiz hat für entsandte Personen, die zur Erfüllung eines Auftrags bis zu 90 Tage pro Jahr in ihrem Hoheitsgebiet zugelassen sind, ihre Verpflichtungen jedoch auf weitere Sektoren ausgeweitet.
Das vorliegende Abkommen enthält ausserdem eine Überprüfungsklausel (Art. 3.20), gemäss der die Vertragsparteien die Listen der spezifischen Marktzugangsverpflichtungen regelmässig überprüfen müssen, um eine weitere Liberalisierung zu erreichen.
5.4.2 Anhang X zu den Finanzdienstleistungen
Um den Besonderheiten des Finanzsektors Rechnung zu tragen, werden in Anhang X die allgemeinen Bestimmungen von Kapitel 3 durch spezifische Bestimmungen zu diesem Sektor ergänzt.
Artikel 1 ( Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen ) enthält die Begriffsbestimmungen in Bezug auf die Finanztätigkeit (Bank-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungen) und die Ausnahmen bezüglich der Geldpolitik und des Sozialversicherungssystems. Die Begriffsbestimmungen und Ausnahmen werden aus dem entsprechenden Anhang des GATS übernommen.
Artikel 2 zum Marktzugang für neue Finanzdienstleistungen sieht vor, dass neue Finanzdienstleistungsprodukte, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei oder eines anderen WTO-Mitglieds angeboten werden, auch in allen anderen Vertragsparteien angeboten werden dürfen.
Artikel 3 zur Inländerbehandlung basiert auf der WTO-Vereinbarung über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen ( Understanding on Commitments in Financial Services ), wobei diese Vereinbarung innerhalb der WTO für deren Mitglieder nicht bindend ist. Die Vertragsparteien des vorliegenden Abkommens verpflichten sich somit insbesondere dazu, Anbieterinnen und Anbietern von Finanzdienstleistungen der anderen Vertragsparteien mit einer gewerblichen Niederlassung die Teilnahme an öffentlichen Zahlungs- und Clearingsystemen, an offiziellen Kreditfazilitäten, an Selbstregulierungsorganisationen, an Börsen oder anderen Organisationen sowie an Verbänden, die für die Erbringung von Finanzdienstleistungen nötig sind, auf nichtdiskriminierende Art und Weise zu ermöglichen.
Die Artikel 4 und 5 verpflichten die Vertragsparteien darüber hinaus zu weitergehenden Bestimmungen im Bereich der Transparenz (Art. 4) und der Abwicklung von raschen Antragsverfahren (Art. 5). In Bezug auf die Transparenz sind die zuständigen Behörden der Vertragsparteien beispielsweise gehalten, interessierten Personen auf Anfrage Auskunft über Zulassungsanforderungen und -verfahren zu geben. In Artikel 5 verpflichten sich die Vertragsparteien, die Antragsverfahren rasch abzuwickeln. Die Vertragsparteien sind auch dazu aufgefordert, eine Zulassung zu erteilen, sofern alle Anforderungen erfüllt sind. Eine solche Zulassung ist in der Regel spätestens sechs Monate nach Einreichen des Antrags zu erteilen.
Artikel 6 zu den Innerstaatlichen Regelungen und Artikel 7 über die Anerkennung a ufsichtsrechtlicher Massnahmen regeln aufsichtsrechtliche Massnahmen der Vertragsparteien. Sie sind im Vergleich zum Anhang über die Finanzdienstleistungen im GATS jedoch ausgewogener ausgestaltet, da sie nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit zur Anwendung gelangen und weder den Dienstleistungshandel einschränken noch als diskriminierende Handelsschranken wirken sollen.
Artikel 8 zum Informationsaustausch sieht wie die WTO-Vereinbarung über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen vor, dass Anbieterinnen und Anbietern von Finanzdienstleistungen die Bearbeitung und Weitergabe der für die Ausführung der laufenden Geschäfte erforderlichen Daten unter Vorbehalt der von den Vertragsparteien zum Schutz von Personendaten getroffenen Massnahmen erlaubt ist.
5.4.3 Anhang XI zu den Telekommunikationsdienstleistungen
Für die Telekommunikationsdienstleistungen sind in Anhang XI des Abkommens spezifische Regeln enthalten, die die allgemeinen Bestimmungen in Kapitel 3 ergänzen. Diese zusätzlichen Regeln stützen sich weitestgehend auf das einschlägige GATS-Referenzpapier für Telekommunikationsdienstleistungen.
Artikel 1 ( Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen ) übernimmt wesentliche Begriffsbestimmungen des GATS-Referenzpapiers.
Artikel 2 zu wettbewerbssichernden Schutzklauseln enthält Bestimmungen zur Vermeidung wettbewerbsbeschränkender Praktiken (z. B. unrechtmässige Quersubventionierungen).
Artikel 3 umfasst ebenfalls in Anlehnung an das GATS-Referenzpapier Mindeststandards für die Regulierung der Interkonnektion mit marktbeherrschenden Anbieterinnen und Anbietern. Diese Anbieterinnen und Anbieter sind zu verpflichten, den anderen Leistungserbringern die Interkonnektion in nichtdiskriminierender Weise und auf der Grundlage von kostenorientierten Preisen zu gewähren. Falls sich die Betreiberinnen und Betreiber nicht auf eine Interkonnektionsvereinbarung einigen können, sind die Regulierungsbehörden angehalten, zur Streitschlichtung beizutragen und nötigenfalls angemessene Bedingungen und Preise für die Interkonnektion festzulegen.
Artikel 4 enthält wie das GATS-Referenzpapier Bestimmungen zur Grundversorgung, gemäss denen jede Vertragspartei definiert, welche Art der Grundversorgung sie gewährleisten will. Weiter legt dieser Artikel auch fest, dass Massnahmen im Zusammenhang mit der Grundversorgung wettbewerbsneutral zu erfolgen haben.
Nach Artikel 5 zur Regulierungsbehörde sind die Vertragsparteien verpflichtet, die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden zu garantieren.
Artikel 6 sieht vor, dass die Zuteilung von knappen Ressourcen auf nichtdiskriminierende Art und Weise zu erfolgen hat.
5.4.4 Anhang XII zur Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Erbringung von Dienstleistungen
Artikel 1 zum Anwendungsbereich legt für die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung spezifische Bedingungen fest, die über die WTO-Regeln hinausgehen. Diese Bestimmungen gelten in Bezug auf nationale Massnahmen für die in der Verpflichtungsliste aufgeführten Personenkategorien.
Artikel 2 regelt die allgemeinen Grundsätze und sieht vor, dass die Einreise und der vorübergehende Aufenthalt von natürlichen Personen im Einklang mit den spezifischen Verpflichtungen der Vertragspartei erleichtert werden.
Artikel 3 enthält Bestimmungen für die Bereitstellung von Informationen, insbesondere zu den Voraussetzungen (z. B. Visa, Arbeitsbewilligungen, erforderliche Unterlagen, Anforderungen, Einreichungsmodalitäten), zum Verfahren und zu den Bewilligungen für die Einreise und den vorübergehenden Aufenthalt sowie zur Arbeitsbewilligung und zur Erneuerung der vorübergehenden Aufenthaltsbewilligung.
Artikel 4 regelt die Modalitäten für die möglichst rasche Abwicklung von Antragsverfahren im Hinblick auf die Erteilung von Bewilligungen für die Einreise oder den vorübergehenden Aufenthalt, z. B. Benachrichtigung der antragstellenden Person, Erteilung von Informationen zum Status des Antrags, schriftliche Begründung bei Aufhebung oder Ablehnung der Bewilligung und Gebühren.
³6 SR 0.632.20 , Anhang 1B
5.5 Kapitel 4: Schutz des geistigen Eigentums (Art. 4.1)
Artikel 4.1 verpflichtet die Vertragsparteien, einen angemessenen, wirksamen und nichtdiskriminierenden Schutz der Rechte an geistigem Eigentum zu gewährleisten.
Im Vergleich zu den multilateralen Mindeststandards des WTO-Abkommens vom 15. April 1994 ³7 über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Abkommen) enthält das FHA zum Teil höhere Schutzstandards und erhöht die Rechtssicherheit. Es macht den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum berechenbarer und trägt damit zu besseren Rahmenbedingungen für den Handel mit innovativen Produkten und Dienstleistungen bei.
Artikel 4.1 bestätigt, dass die Grundsätze der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des TRIPS-Abkommens auch im Rahmen von Freihandelsbeziehungen gelten. Dies ist insbesondere relevant im Hinblick auf einen allfälligen Ausbau des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens der EU mit Kosovo.
Ausserdem sieht der Artikel vor, dass die Bestimmungen des FHA über das geistige Eigentum zu einem späteren Zeitpunkt überprüft und weiterentwickelt werden können.
5.5.1 Anhang XIII zum Schutz des geistigen Eigentums
Anhang XIII regelt sämtliche materiellen Schutzstandards bezüglich der verschiedenen Bereiche des Immaterialgüterrechts (Art. 1-9). Diese Standards gehen punktuell über das Schutzniveau des TRIPS-Abkommens hinaus. Ebenso werden Mindeststandards für die Registrierungs- und Erteilungsverfahren (Art. 10) sowie Grundsätze der Rechtsdurchsetzung auf verwaltungs-, zivil- und strafrechtlichem Weg geregelt (Art. 11-19). Schliesslich wird eine bilaterale Zusammenarbeit im Bereich des geistigen Eigentums vereinbart (Art. 20).
Gemäss Artikel 1 über die Definition von geistigem Eigentum fallen insbesondere die folgenden Immaterialgüterrechte unter den Begriff «geistiges Eigentum»: Urheberrechte inklusive Schutz von Computerprogrammen und Datensammlungen, verwandte Schutzrechte (die Rechte ausübender Künstlerinnen und Künstler, der Hersteller von Tonaufnahmen und Tonbildträgern und der Sendeunternehmen), Waren- und Dienstleistungsmarken, geografische Angaben (Ursprungsbezeichnungen inbegriffen) für Waren und Herkunftsangaben für Waren und Dienstleistungen, Designs, Patente, Pflanzensorten, Layout-Designs (Topographien) integrierter Schaltkreise sowie vertrauliche Informationen.
Die Vertragsparteien verpflichten sich in Artikel 2, die folgenden Internationalen Abkommen im Bereich der Immaterialgüterrechte einzuhalten: das TRIPS-Abkommen, die Pariser Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 ³8 , die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, revidiert in Paris am 24. Juli 1971 ³9 , den Budapester Vertrag vom 28. April 1977 4⁰ über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren, das Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken, revidiert in Genf am 13. Mai 1977 4¹ , das Internationale Abkommen vom 26. Oktober 1961 4² über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen, den WIPO-Urheberrechtsvertrag vom 20. Dezember 1996 4³ , den WIPO-Vertrag vom 20. Dezember 1996 4⁴ über Darbietungen und Tonträger (WPPT), den Vertrag von Peking vom 24. Juni 2012 ⁴5 über den Schutz audiovisueller Darbietungen und den Vertrag von Marrakesch vom 27. Juni 2013 ⁴6 über die Erleichterung des Zugangs zu veröffentlichten Werken für blinde, sehbehinderte oder sonst lesebehinderte Menschen.
Weiter verpflichten sich die Vertragsparteien, die materiellen Bestimmungen folgender Abkommen einzuhalten: Genfer Akte vom 2. Juli 1999 ⁴7 des Haager Abkommens über die internationale Eintragung gewerblicher Muster und Modelle, Vertrag vom 19. Juni 1970 ⁴8 über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens, Protokoll vom 27. Juni 1989 ⁴9 zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken, internationales Übereinkommen vom 2. Dezember 1961 zum Schutz von Pflanzenzüchtungen, revidiert in Genf am 19. März 1991 5⁰ sowie Europäisches Patentübereinkommen, revidiert in München am 29. November 2000 5¹ (EPÜ).
Die Doha-Erklärung vom 14. November 2001 zum TRIPS-Abkommen und zur öffentlichen Gesundheit sowie die Änderung des TRIPS-Abkommens, die vom Allgemeinen Rat der WTO am 6. Dezember 2005 beschlossen wurde, bleiben gegenüber den Bestimmungen des Anhangs XIII vorbehalten.
Gemäss Artikel 3 ( Urheberrechte und verwandte Schutzrechte ) müssen die Vertragsparteien einen angemessenen und effektiven Schutz für Autorinnen und Autoren, Künstlerinnen und Künstler, Produzentinnen und Produzenten sowie Sendeunternehmen für ihre Werke, Aufführungen, Tonaufnahmen, Tonbildträger und Sendungen gewähren (Abs. 1). Sie wenden bestimmte Schutzverpflichtungen des WPPT analog auch auf Produzentinnen und Produzenten von Videogrammen an (Abs. 2). Geregelt werden weiter die Schutzrechte der Sendeunternehmen (Abs. 3), die Ausnahmen (Abs. 4) sowie die Mindestschutzfristen für die diversen Urheber- und verwandten Schutzrechte (Abs. 5-6).
In Artikel 4 über Marken erweitern die Vertragsparteien den Schutz gegenüber dem TRIPS-Abkommen auf Formmarken und akustische Marken (Abs. 1-2). Zum Schutz von berühmten und notorisch bekannten Marken definieren sie qualitative Kriterien entsprechend den Bestimmungen im Markenschutzgesetz vom 28. August 1992 5² und verweisen überdies auf die einschlägigen Empfehlungen der WIPO (Abs. 3-5). Schliesslich verpflichten sich die Vertragsparteien, den Markeninhaberinnen und Markeninhabern ein rechtliches Mittel zur Verfügung zu stellen, damit diese gegen Einträge ihrer Marke in Wörterbüchern, Enzyklopädien und ähnlichen Werken vorgehen können (Abs. 6).
Der materielle Schutzstandard des Artikels 5 zu Patenten orientiert sich an den Bestimmungen des EPÜ. Die Vertragsparteien anerkennen u. a., dass die Einfuhr von patentgeschützten Erzeugnissen der Ausübung des Patents gleichkommt (Abs. 1). Absatz 2 sieht vor, dass eine zweite medizinische Verwendung patentierbar sein muss, solange die Patentierungskriterien erfüllt sind. Die Absätze 3 und 4 regeln die Patentierungsausschlusskriterien gemäss EPÜ. Der Artikel enthält zudem gewisse Mindestanforderungen an das Patenterteilungsverfahren, namentlich die Möglichkeit, Änderungen und Korrekturen vorzunehmen (Abs. 5), eine zügige Publikation von hängigen Patentanmeldungen (Abs. 6 und 7) sowie die Möglichkeit, eine Publikation vor Ablauf der ersten achtzehn Monate ab Anmeldung zu verlangen (Abs. 8). Absatz 9 ermöglicht eine Ausnahmeregelung für die zulassungsrechtliche Prüfung. Absatz 10 sieht schliesslich eine Patentlaufzeitkompensation für pharmazeutische und Pflanzenschutzprodukte vor. Diese verlängert den Patentschutz um bis zu fünf Jahre und gleicht so teilweise den Zeitverlust bei der Nutzung des Patents aus, der aus dem obligatorischen Zulassungsverfahren resultiert.
Artikel 6 ( Vertrauliche Informationen ) sieht vor, dass Behörden, welchen im Zulassungsverfahren für pharmazeutische, Pflanzenschutz- und Biozidprodukte Testdaten vorgelegt werden, diese Daten gegen unlautere Verwendung schützen und vertraulich behandeln müssen (Abs. 1). Die Vertragsparteien gewähren gemäss Absatz 2 Unterlagenschutz von acht Jahren für pharmazeutische Produkte und zehn Jahren für Pflanzenschutz- und Biozidprodukte. Für pharmazeutische Produkte sind zudem zwei Jahre Marktexklusivität vorzusehen, während denen andere Antragstellerinnen und Antragsteller sich zwar auf die Daten berufen können, jedoch ihr Produkt noch nicht auf den Markt bringen dürfen. Schliesslich wird diese Marktexklusivität in Absatz 3 um mindestens ein weiteres Jahr verlängert, wenn während der Schutzfrist eine neue Indikation mit bedeutendem klinischem Nutzen bewilligt wird. Der Schutzstandard dieses Artikels geht somit über internationale Mindeststandards hinaus und entspricht der europäischen und der Schweizer Regelung.
Laut Artikel 7 sind gewerbliche Designs unter dem Abkommen mindestens 25 Jahre lang geschützt. Das TRIPS-Abkommen sieht hingegen lediglich einen Schutz von zehn Jahren vor. Der Artikel enthält ausserdem eine «Reparaturklausel», die einen kürzeren Schutz für Ersatzteile erlaubt, die zur Reparatur eines Erzeugnisses verwendet werden.
Artikel 8 verpflichtet die Vertragsparteien, einen angemessenen und wirksamen Schutz für geografische Angaben zu gewährleisten (Abs. 1). Sie müssen namentlich das höhere Schutzniveau, welches das TRIPS-Abkommen für geografische Angaben für Weine und Spirituosen reserviert, auch für landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel gewähren (Abs. 3). Der Artikel verweist zudem auf Appendix 1 ( Gegenseitige Anerkennung und Schutz der geografischen Angaben, Ursprungsbezeichnungen und Herkunftsangaben ), die geografische Angaben für Weine und Spirituosen, landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel sowie nichtlandwirtschaftliche Produkte spezifisch schützt. So werden 114 geografische Angaben der Schweiz und Liechtensteins geschützt, z. B. «Swiss» für Uhren, Kosmetika und Schokolade, oder «Gruyère», «Emmentaler» und «Sbrinz» für Käse. Die Schweiz schützt ihrerseits die zwei bislang bestehenden geografischen Angaben Kosovos, nämlich «Sharri» für Käse und «Rahoveci» für Wein. Appendix 1 sieht ein Verfahren vor, um künftig auf Antrag zusätzliche Angaben hinzuzufügen. Das Schutzniveau entspricht demjenigen der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens vom 20. Mai 2015 5³ über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben. Die Schweiz hat somit mit Kosovo einen Schutz für geografische Angaben ausgehandelt, der mit demjenigen unter dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen der EU mit Kosovo vergleichbar ist.
Artikel 9 schützt Herkunftsangaben und Ländernamen für Waren und Dienstleistungen, d. h. Bezeichnungen wie «Switzerland», «Schweiz» und «Swiss» oder die Namen von Regionen, z. B. Kantonsnamen wie «Luzern», wie auch Wappen und Flaggen, was sowohl das Schweizer Kreuz als auch die Hoheitszeichen der Kantone miteinschliesst. Absatz 2 definiert die Herkunftsangaben gemäss Markenschutzgesetz. Die Absätze 3-5 schützen diese Angaben gegen missbräuchliche, irreführende oder unlautere Verwendung generell, und spezifisch in Marken und Firmennamen. Gemäss Absatz 6 gilt dieser Schutz auch im Fall von abgeänderten Formen und in Übersetzungen. Wappen, Flaggen und andere staatliche Hoheitszeichen werden in Absatz 7 gemäss Pariser Übereinkunft geschützt, wobei dieser Schutz auch dann gilt, wenn ein Zeichen mit diesen verwechselt werden kann. Schliesslich verweist der Artikel auf Appendix 1 ( Gegenseitige Anerkennung und Schutz der geografischen Angaben, Ursprungsbezeichnungen und Herkunftsangaben ). Diese listet die Ländernamen und Namen der Kantone bzw., im Fall von Kosovo, der Gemeinden in den jeweiligen Landessprachen auf und schützt sie gemäss den im betroffenen Land anwendbaren Regeln (Ursprungslandprinzip). Was die Bezeichnungen der Schweiz anbelangt, dürfen diese in Kosovo nur mit expliziter Autorisierung der Schweiz verwendet werden. Der Appendix enthält zudem die Abbildungen der Wappen und Flaggen der Vertragsparteien, da Kosovo als Nichtmitglied der Pariser Übereinkunft seine Hoheitszeichen dort nicht notifizieren kann. Aus demselben Grund schützt der Appendix für die Schweiz zudem die amtliche Punze für Uhrgehäuse und andere Edelmetallwaren, den sog. «Bernhardinerkopf».
Die Vertragsparteien verpflichten sich in Artikel 10 über Erwerb und Aufrechterhaltung sicherzustellen, dass Verfahren zur Registrierung und Erteilung von Immaterialgüterrechten den Anforderungen des TRIPS-Abkommens genügen.
Gemäss Artikel 11 haben die Vertragsparteien allgemein Durchsetzungsmassnahmen für den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum zu gewährleisten, die mindestens dem TRIPS-Abkommen entsprechen.
Die Artikel 12 und 13 regeln die Zollhilfemassnahmen. Laut Artikel 12 über die Aussetzung der Freigabe von Waren sind solche nicht nur für Marken- und Urheberrechte wie im TRIPS-Abkommen, sondern für alle Immaterialgüterrechte vorzusehen, und dies nicht nur bei der Einfuhr, sondern auch bei der Ausfuhr. Den Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern muss die Möglichkeit gegeben werden, Anträge auf Hilfeleistung bei den zuständigen Behörden zu stellen (Abs. 1) und ihre Rechte bei den Zollbehörden zu registrieren (Abs. 2). Zudem sind die Zollbehörden verpflichtet, Waren von Amtes wegen zurückzuhalten, wenn der begründete Verdacht auf eine Verletzung von Immaterialgüterrechten besteht (Abs. 4). Sie müssen die Rechteinhaberinnen oder Rechteinhaber über die Aussetzung der Freigabe von Waren informieren und diesen die Informationen zur Verfügung stellen, welche für die Durchsetzung ihrer Rechte notwendig sind (Abs. 8). Wenn eine Verletzung von Immaterialgüterrechten festgestellt wurde, müssen die Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber die Möglichkeit haben, die ihnen entstandenen Unkosten zurückzufordern (Abs. 10). Nach Artikel 13 über das Recht auf Beschau erhalten sie die Möglichkeit, die zurückgehaltenen Waren zu besichtigen und zu untersuchen.
Die vorsorglichen und superprovisorischen Massnahmen in Artikel 14 sollen Rechte-inhaberinnen und Rechteinhabern vor Gericht ermöglichen, Schaden frühzeitig abzuwenden.
Die Justizbehörden müssen laut Artikel 15 über die Entfernung aus dem Handel befugt sein, auf Antrag der Rechteinhaberin oder des Rechteinhabers anzuordnen, dass Waren, die Immaterialgüterrechte verletzen, aus dem Verkehr gezogen oder zerstört werden. Dasselbe gilt auch für Materialien und Werkzeuge, die vorwiegend zur Herstellung dieser Waren verwendet wurden.
Artikel 16 ( Zivilrechtliche Abhilfemassnahmen ) verlangt, dass die Justizbehörden der Vertragsparteien befugt sind, bei Verletzung von Rechten am geistigen Eigentum Schadenersatz anzuordnen, der den tatsächlich erlittenen Schaden kompensiert (Abs. 2 Bst. a). Absatz 2 Buchstabe b legt Kriterien für die Schadensberechnung fest. Gemäss Absatz 3 sollen zumindest im Fall von Marken- und Urheberrechtsverletzungen die Justizbehörden die Befugnis haben, die Herausgabe der mit der Verletzung erzielten Gewinne anzuordnen.
Gemäss Artikel 17 müssen die Vertragsparteien strafrechtliche Massnahmen und Sanktionen für vorsätzliche gewerbsmässige Verletzungen von Immaterialgüterrechten nicht nur, wie im TRIPS-Abkommen, für Marken und Urheberrechte vorsehen, sondern für alle Immaterialgüterrechte.
Gemäss Artikel 18 müssen die Vertragsparteien sicherstellen, dass ihre zuständigen Behörden von Antragstellerinnen und Antragstellern angemessene Garantien oder gleichwertige Sicherheiten verlangen können.
Artikel 19 enthält grundlegende Bestimmungen für endgültige Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen , u. a. dass diese schriftlich ergehen und öffentlich zugänglich gemacht werden müssen.
Im abschliessenden Artikel 20 stimmen die Partien überein, die Zusammenarbeit im Bereich des geistigen Eigentums zu vertiefen.
³8 SR 0.232.04
³9 SR 0.231.15
4⁰ SR 0.232.145.1
4¹ SR 0.232.112.9
4² SR 0.231.171
4³ SR 0.231.151
4⁴ SR 0.231.171.1
⁴5 SR 0.231.174
⁴6 SR 0.231.175
⁴7 SR 0.232.121.4
⁴8 SR 0.232.141.1
⁴9 SR 0.232.112.4
5⁰ SR 0.232.163 . Fassung vom 19. März 1991, es sei denn, eine Vertragspartei sei bereits Mitglied der Fassung 23. Oktober 1978.
5¹ SR 0.232.142.2
5² SR 232.11
5³ SR 0.232.111.14
³7 SR 0.632.20 , Anhang 1C
5.6 Kapitel 5: Wettbewerb (Art. 5.1-5.4)
Die Liberalisierung des Warenverkehrs und des Dienstleistungshandels sowie der Auslandsinvestitionen kann durch wettbewerbswidrige Praktiken von Unternehmen beeinträchtigt werden. Daher beinhaltet das FHA mit Kosovo Bestimmungen zum Schutz des Wettbewerbs vor wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen und Praktiken. Sie bezwecken indes keine Harmonisierung der Wettbewerbspolitik der einzelnen Vertragsparteien.
In Artikel 5.1 über die Wettbewerbsregeln anerkennen die Vertragsparteien, dass wettbewerbswidrige Unternehmenspraktiken oder andere abgestimmte Verhaltensweisen mit dem guten Funktionieren des FHA unvereinbar sind. Staatliche Unternehmen werden von diesen Bestimmungen ebenfalls erfasst (Abs. 2). Dennoch begründen diese Regeln keine direkten Verpflichtungen für die Unternehmen (Abs. 4).
Um entsprechenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen ein Ende zu setzen, ist in Artikel 5.2 über die Zusammenarbeit namentlich vorgesehen, dass die Vertragsparteien sachdienliche Informationen austauschen können. Für diesen Informationsaustausch gelten die nationalen Vertraulichkeitsbestimmungen.
In Artikel 5.3 ist ebenfalls vorgesehen, dass Konsultationen im Gemischten Ausschuss durchgeführt werden können, falls die besagten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen andauern. Der Gemischte Ausschuss muss innerhalb von 60 Tagen nach Empfang des Konsultationsgesuchs die von den Vertragsparteien erhaltenen Informationen untersuchen, um eine für die beteiligten Vertragsparteien annehmbare Lösung der Angelegenheit zu erleichtern.
Artikel 5.4 schliesst Kapitel 5 vom Streitbeilegungsmechanismus in Kapitel 8 aus.
5.7 Kapitel 6: Handel und nachhaltige Entwicklung (Art. 6.1-6.17)
Im Rahmen einer kohärenten Aussenpolitik ist die Schweiz bestrebt, den Zielen der nachhaltigen Entwicklung auch in der Aussenwirtschaftspolitik gerecht zu werden. Der Bundesrat strebt eine Situation an, die sowohl in der Schweiz wie auch in den Partnerländern ein mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung kohärentes Wachstum ermöglicht. Die nachhaltige Entwicklung umfasst die wirtschaftliche und die soziale Entwicklung sowie den Schutz der Umwelt. Deshalb setzt sich die Schweiz bei der Aushandlung von Freihandelsabkommen für die Aufnahme handelsrelevanter Bestimmungen zu handelsbezogenen Sozial- und Umweltaspekten ein.
Diese Bestimmungen bekräftigen die massgeblichen materiellen internationalen Standards - im Bereich der Menschenrechte jene der UNO, im Bereich der Arbeit jene der IAO und im Bereich der Umwelt jene der multilateralen Umweltabkommen. Die Vertragsparteien verpflichten sich, den so festgelegten Referenzrahmen in ihren präferenziellen Wirtschaftsbeziehungen so einzuhalten, dass die mit den Freihandelsabkommen verfolgten wirtschaftlichen Ziele mit den Zielen der Vertragsparteien in den Bereichen Umweltschutz und Arbeitsrechte im Einklang sind.
Das Kapitel 6 ( Handel und nachhaltige Entwicklung) deckt die umwelt- und arbeitsbezogenen Aspekte von Handel und Investitionen ab. Artikel 6.1 legt Hintergrund und Ziele des Kapitels dar. Die EFTA-Staaten und Kosovo halten in Absatz 2 die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung fest, basierend auf dem Grundsatz, dass die wirtschaftliche und die soziale Entwicklung sowie der Umweltschutz voneinander abhängige Elemente der nachhaltigen Entwicklung sind, die sich gegenseitig verstärken. Die Vertragsparteien verpflichten sich, den internationalen Handel und Investitionen sowie ihre wirtschaftliche Partnerschaft in einer Weise zu fördern, die für alle förderlich ist und zur nachhaltigen Entwicklung beiträgt (Abs. 3). In diesem Zusammenhang werden auch die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sowie weitere internationale Instrumente in den Bereichen Umweltschutz und Arbeitsrechte bekräftigt (Abs. 1).
In Artikel 6.2 legen die Vertragsparteien die grundsätzlichen Prinzipien von Recht auf Regulierungstätigkeit und Schutzniveaus fest. Absatz 1 anerkennt das Recht der Vertragsparteien, ihre innerstaatliche Gesetzgebung in Bezug auf Umweltschutz und Arbeitsrecht selbst festzulegen, wobei übereinstimmend mit den jeweiligen internationalen Abkommen möglichst hohe Umwelt- und Arbeitsschutzniveaus anzustreben sind. Die Vertragsparteien halten in Absatz 2 zudem fest, dass zur Vorbereitung und Umsetzung von regulatorischen Massnahmen im Umwelt- oder Arbeitsbereich wissenschaftliche, technische oder anderweitige Informationen sowie relevante internationale Standards in Betracht gezogen werden.
Die Vertragsparteien verpflichten sich in Artikel 6.3 über die Aufrechterhaltung der Schutzniveaus bei der Anwendung und Durchsetzung von Gesetzen, Regelungen oder Normen dazu, ihre nationalen Gesetzgebungen über den Umweltschutz und Arbeitsrechte wirksam umzusetzen (Abs. 1). Darüber hinaus verpflichten sich die Vertragsparteien in Absatz 2, das festgelegte Schutzniveau nicht zu senken, um Investitionen anzuziehen oder einen Wettbewerbsvorteil auf kommerzieller Ebene zu erlangen. Auch sollen den Unternehmen diesbezüglich keine Abweichungen von der bestehenden Gesetzgebung im Bereich Umwelt- und Arbeitsstandards angeboten werden (Abs. 3).
Die Vertragsparteien verpflichten sich in Artikel 6.4 zu Internationalen Arbeitsnormen und Arbeitsübereinkommen zur Förderung der Entwicklung von internationalem Handel und Investitionen auf eine Weise, die zu einer vollen und produktiven Beschäftigung sowie menschenwürdiger Arbeit («decent work») für alle führt (Abs. 1). In Absatz 2 bekräftigen die Vertragsparteien die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit - Vereinigungsfreiheit, Abschaffung der Zwangsarbeit, Beseitigung der Kinderarbeit, Gleichberechtigung sowie sichere und gesunde Arbeitsumgebung. Zudem bekräftigen sie ihre Verpflichtungen, die von ihnen ratifizierten IAO-Übereinkommen wirksam umzusetzen und sich kontinuierlich um die Ratifikation der von der IAO als «up to date» qualifizierten Übereinkommen zu bemühen (Abs. 3).
Weiter erkennen die Vertragsparteien in Artikel 6.4 die Bedeutung der strategischen Ziele der «Decent Work»-Agenda der IAO an, wie es in der IAO-Erklärung von 2008 über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung (und der Ergänzung von 2022) zum Ausdruck kommt (Abs. 4). In Absatz 5 verpflichten sich die Vertragsparteien zusätzlich, Massnahmen für den sozialen Schutz und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für alle zu entwickeln und zu verbessern, den sozialen Dialog und den Tripartismus zu fördern sowie ein funktionierendes Arbeitsinspektionssystem aufzubauen und zu unterhalten. Absatz 6 hält zudem fest, dass die Vertragsparteien gewährleisten, dass Verwaltungs- und Gerichtsverfahren innerstaatlich verfügbar und zugänglich sind, um wirksam gegen mögliche Verletzungen der Arbeitnehmerrechte vorzugehen. Die Vertragsparteien bekräftigen schliesslich in Absatz 7, dass die Verletzung grundlegender Prinzipien und Rechte bei der Arbeit nicht als legitimer Wettbewerbsvorteil geltend gemacht werden darf und dass Arbeitsnormen nicht für protektionistische Handelszwecke verwendet werden dürfen.
In Artikel 6.5 anerkennen die Vertragsparteien die Bedeutung des Einbezugs einer geschlechterspezifischen Perspektive bei der Förderung der inklusiven Wirtschafts-entwicklung und Chancengleichheit für alle (Abs. 1). In Absatz 2 bekräftigen die Vertragsparteien ausserdem ihre Verpflichtung, die für sie geltenden internationalen Instrumente über die Gleichstellung und Nichtdiskriminierung der Geschlechter umzusetzen.
In Artikel 6.6 anerkennen die Vertragsparteien die Bedeutung von multilateralen Umweltübereinkommen und internationaler Umweltgouvernanz als Antwort auf die globalen und regionalen Umweltherausforderungen und betonen die Notwendigkeit, die gegenseitige Unterstützung zwischen Handels- und Umweltpolitik zu verstärken. In Absatz 2 bekräftigen die Vertragsparteien die Befolgung der Prinzipien aus den Umweltinstrumenten, die in Artikel 6.1 erwähnt werden, und in Absatz 3 bekräftigen sie ihre Verpflichtung zur effektiven Umsetzung der jeweils von ihnen ratifizierten multilateralen Umweltabkommen in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung.
Die Vertragsparteien anerkennen in Artikel 6.7 die Bedeutung von Nachhaltiger Waldbewirtschaftung und damit verbundenem Handel , um Treibhausgasemissionen und Biodiversitätsverlust durch Abholzung und Abwertung von natürlichen Wäldern und ähnlichen Ökosystemen zu vermeiden (Abs. 1). Die Vertragsparteien verpflichten sich in Absatz 2 dazu, eine wirksame Rechtsdurchsetzung und Politikgestaltung im Forstwesen zu gewährleisten, den Handel mit Produkten aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und Ökosystemen zu fördern, Massnahmen zur Bekämpfung des illegalen Holzschlags umzusetzen und Instrumente zur Vermeidung von Handel mit illegal produzierten Holzprodukten (sog. «timber legality assurance instruments») anzuwenden und zu fördern, die effektive Umsetzung des Übereinkommens vom 3. März 1973 5⁴ über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES) zu fördern sowie im Bereich der nachhaltigen Nutzung von Wäldern, Mangroven und Torfmooren zusammenzuarbeiten, besonders im Zusammenhang mit der UNO-Initiative zur Vermeidung des Emissionsausstosses aus Rodungen und Waldzerstörung ( Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation, REDD+), wie es im Klimaübereinkommen von Paris vom 12. Dezember 2015 5⁵ betont wird (Abs. 3).
In Artikel 6.8 ( Handel und Klimawandel) betonen die Vertragsparteien die Wichtigkeit der Verfolgung der Ziele des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen vom 9. Mai 1992 ⁵6 über Klimaänderungen (UNFCCC) und des Pariser Abkommens sowie die Rolle von Handel und Investitionen, um der Bedrohung durch den Klimawandel entgegenzuwirken (Abs. 1). Die Vertragsparteien verpflichten sich in Absatz 2, ihre jeweiligen Verpflichtungen unter dem UNFCCC und dem Pariser Abkommen wirksam umzusetzen, den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und den Beitrag von Handel und Investitionen dafür zu fördern sowie international auf mehreren Ebenen zu handelsbezogenen Themen zum Klimawandel zusammenzuarbeiten.
In Artikel 6.9 (Handel und Artenvielfalt) anerkennen die Vertragsparteien die Bedeutung der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt sowie die Rolle des Handels beim Verfolgen dieser Ziele (Abs. 1). In Absatz 2 verpflichten sich die Vertragsparteien zur Förderung des Einbezugs gefährdeter Arten in CITES, zur Ergreifung von wirksamen Massnahmen, um die grenzüberschreitende Wildtierkriminalität entlang der Wertschöpfungsketten zu bekämpfen, zur Verstärkung der Bemühungen im Hinblick auf die Bekämpfung der Verbreitung invasiver gebietsfremder Arten im Zusammenhang mit Handelsaktivitäten sowie gegebenenfalls in Fragen des Handels und der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt zusammenzuarbeiten.
In Artikel 6.10 zu Handel und nachhaltiger Bewirtschaftung von Fischerei sowie Aquakultur erkennen die Vertragsparteien die Bedeutung des Erhalts und der nachhaltigen Bewirtschaftung von Meeresressourcen und aquatischen Ökosystemen sowie die Rolle des Handels beim Verfolgen dieser Ziele an (Abs. 1). Die Vertragsparteien verpflichten sich in Absatz 2, Massnahmen und Gesetze zur Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und nicht regulierten Fischerei (IUU-Fischerei) auf wirksame und transparente Weise umzusetzen und den Handel mit Produkten aus IUU-Fischerei zu verhindern, die Verwendung der Voluntary Guidelines for Catch Documentation Schemes der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO) zu fördern, im Rahmen internationaler Foren unter anderem zur Bekämpfung der IUU-Fischerei zusammenzuarbeiten, die Ziele der Agenda 2030 bezüglich Fischereisubventionen zu erfüllen sowie die Entwicklung von nachhaltiger und verantwortlicher Aquakultur zu fördern.
In Artikel 6.11 anerkennen die Vertragsparteien die Bedeutung von Handel sowie nachhaltigen Agrar- und Ernährungssystemen und bekräftigen ihre gemeinsame Verpflichtung, die Ziele der Agenda 2030 zu erreichen (Abs. 1). Die Vertragsparteien verpflichten sich in Absatz 2 zur Förderung von nachhaltiger Landwirtschaft und des damit verbundenen Handels, zur Förderung von nachhaltigen Ernährungssystemen sowie zu einer allfälligen Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch zu diesen Themen. Dies beinhaltet die Etablierung eines Dialogs über bewährte Praktiken für nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme, in dem sich die Vertragsparteien über die erzielten Fortschritte austauschen.
In Artikel 6.12 anerkennen die Vertragsparteien die Bedeutung der Förderung eines nachhaltigen Handels und nachhaltiger Investitionen (Abs. 1). In Absatz 2 verpflichten sich die Vertragsparteien zur Förderung des Handels und der Verbreitung von Waren, Dienstleistungen und Technologien, die einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten, einschliesslich Waren und Dienstleistungen, die Bestandteil von Programmen oder Labels zur Förderung umweltfreundlicher Produktionsmethoden und Sozialstandards sind. Zudem verpflichten sich die Vertragsparteien zur Förderung der Entwicklung und Anwendung von Nachhaltigkeitszertifizierungsregelungen für Lieferketten nichttarifäre Hemmnisse für den Handel mit Waren und Dienstleistungen anzugehen, die zur nachhaltigen Entwicklung beitragen, den Beitrag von Handel und Investitionen zu einer ressourcenarmen Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Beschaffungspraktiken sowie die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen in Bezug auf Waren, Dienstleistungen und Technologien zu fördern, die zur nachhaltigen Entwicklung beitragen.
In Artikel 6.13 verpflichten sich die Vertragsparteien, verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln zu fördern, einschliesslich der nachhaltigen Bewirtschaftung von Lieferketten. In diesem Zusammenhang unterstreichen die Vertragsparteien die Bedeutung international anerkannter Instrumente in diesem Bereich: der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, der dreigliedrigen Grundsatzerklärung der IAO über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik, des UN Global Compact und der UN-Leitsätze für Unternehmen und Menschenrechte.
Wie in Artikel 6.14 festgehalten, bemühen sich die Vertragsparteien, ihre Zusammenarbeit zu verstärken (Abs. 1). Absatz 2 hält zudem fest, dass jede Vertragspartei gegebenenfalls Sozialpartner oder andere relevante Interessengruppen einladen kann, um mögliche Bereiche der Zusammenarbeit zu identifizieren.
Artikel 6.15 zu Umsetzung und Konsultationen sieht vor, dass die Vertragsparteien Kontaktpunkte für die Zwecke dieses Kapitels bestimmen (Abs. 1). Im Falle von Unstimmigkeiten bezüglich der Auslegung und Anwendung der Bestimmungen des Kapitels zu Handel und nachhaltiger Entwicklung können die Vertragsparteien Konsultationen beantragen, entweder im Gemischten Ausschuss (Abs. 2) oder unter dem Streitbeilegungskapitel des Abkommens. Die Verfahren der guten Dienste, der Vermittlung oder der Mediation unter dem Streitbeilegungskapitel des Abkommens stehen ebenfalls zur Verfügung (Abs. 3). Das Schiedsgerichtsverfahren des Abkommens darf allerdings für dieses Kapitel nicht in Anspruch genommen werden (Abs. 4). Schliesslich verpflichten sich die Vertragsparteien, ihren jeweiligen Anspruchsgruppen die Möglichkeit zu geben, Kommentare und Empfehlungen zur Umsetzung dieses Kapitels zu formulieren (Abs. 5).
Sollte eine mögliche Streitigkeit bezüglich der Auslegung und Anwendung der Bestimmungen des Kapitels zu Handel und nachhaltiger Entwicklung nicht im Rahmen von Konsultationen gelöst werden können, kann eine Vertragspartei die Schaffung eines Expertenpanels gemäss Artikel 6.16 beantragen. Die Artikel 8.4 ( Einsetzung eines Schiedsgerichts) und 8.5 ( Verfahren des Schiedsgerichts) des Streitbeilegungskapitels finden auch auf das Verfahren eines Expertenpanels Anwendung. Ein Expertenpanel besteht aus drei Mitgliedern, diese müssen über anerkannte Fachkenntnisse auf dem betreffenden Gebiet verfügen und von den Regierungen der Vertragsparteien unabhängig sein. Das Expertenpanel hat die Aufgabe, einen Bericht mit Empfehlungen zur Lösung der Streitigkeit zu erstellen. Dieser Bericht und die Empfehlungen werden veröffentlicht. Die Vertragsparteien einigen sich über die Schritte, die zur Umsetzung dieser Empfehlungen notwendig sind. Der Gemischte Ausschuss ist für die Überwachung der Umsetzung dieser Empfehlungen verantwortlich.
Artikel 6.17 sieht schliesslich vor, dass die Umsetzung dieses Kapitels einer regelmässigen Überprüfung unterzogen wird. Für die Überwachung der Einhaltung aller Nachhaltigkeitsbestimmungen im FHA mit Kosovo ist der Gemischte Ausschuss des Abkommens zuständig. Zivilgesellschaft und wirtschaftliche Akteure in der Schweiz werden an der Überwachung der Nachhaltigkeitsbestimmungen beteiligt, unter anderem durch die Verbindungsgruppe Aussenwirtschaft-NGO.
5.7.1 Verständigungsprotokoll zu Kapitel 6 (Handel und nachhaltige Entwicklung)
Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Kosovo zurzeit weder Mitglied der IAO ist noch die weiteren im Kapitel 6 (Handel und nachhaltige Entwicklung) referenzierten internationalen Übereinkommen ratifiziert hat, halten die beiden Seiten in einem Verständigungsprotokoll fest, dass Kosovo sich bei der Weiterentwicklung seiner nationalen Gesetzgebung trotzdem an diesen internationalen Standards ausrichten wird. Das Verständigungsprotokoll ist integraler Bestandteil des FHA.
In Artikel 1 ( Internationale Arbeitsnormen und Arbeitsübereinkommen) des Verständigungsprotokolls halten die Vertragsparteien fest, dass Kosovo dem Ziel der menschenwürdigen Arbeit folgt und sich verpflichtet, seine innerstaatlichen Gesetze und Regelungen an den internationalen Arbeitsnormen und Arbeitsübereinkommen auszurichten, die in Artikel 6.4 des FHA erwähnt werden.
Artikel 2 ( Inklusive Wirtschaftsentwicklung und Chancengleichheit für alle) hält fest, dass gemäss Artikel 22 der Verfassung Kosovos die folgenden internationalen Übereinkommen und Instrumente durch die Verfassung Kosovos garantiert und in der Republik Kosovo direkt anwendbar sind: die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Europäische Konvention vom 4. November 1950 ⁵7 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), der Internationale Pakt vom 16. Dezember 1966 ⁵8 über bürgerliche und politische Rechte, das Rahmenübereinkommen vom 1. Februar 1995 ⁵9 zum Schutz nationaler Minderheiten, das Internationale Übereinkommen vom 21. Dezember 1965 6⁰ zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, das Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 6¹ zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, das Übereinkommen vom 20. November 1989 6² über die Rechte des Kindes, das Übereinkommen vom 10. Dezember 1984 6³ gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe sowie das Übereinkommen des Europarats vom 11. Mai 2011 6⁴ zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
Artikel 3 ( Handel und Klimawandel) hält fest, dass das Gesetz Nr. 08/L-250 über den Klimawandel die Grundlage für die nationale Klimapolitik Kosovos darstellt. Der Artikel legt ebenso dar, dass das Gesetz über den Klimawandel ein Mandat an die Behörden Kosovos formuliere, eine langfristige Strategie für die Dekarbonisierung der Wirtschaft, eine Strategie sowie einen Aktionsplan zur Anpassung an den Klimawandel, einen nationalen Energie- und Klimaplan sowie ein nationales Verminderungsziel zu definieren und umzusetzen.
In Artikel 4 ( Handel und Artenvielfalt ) unterstreichen die Vertragsparteien ihr Verständnis, dass Kosovo sich verpflichtet, seine innerstaatliche Gesetzgebung und Regulierung in Bezug auf den Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt in Übereinstimmung mit den relevanten internationalen Instrumenten, wie dem Übereinkommen vom 5. Juni 1992 6⁵ über die Biologische Vielfalt oder CITES zu bringen.
⁵7 SR 0.101
⁵8 SR 0.103.2
⁵9 SR 0.441.1
6⁰ SR 0.104
6¹ SR 0.108
6² SR 0.107
6³ SR 0.105
6⁴ SR 0.311.35
6⁵ SR 0.451.43
5⁴ SR 0.453
5⁵ SR 0.814.012
⁵6 SR 0.814.01
5.8 Kapitel 7: Institutionelle Bestimmungen (Art. 7.1)
Um das einwandfreie Funktionieren des FHA sowie die ordnungsgemässe Anwendung von dessen Bestimmungen sicherzustellen, wird gemäss Artikel 7.1 der Gemischte Ausschuss eingesetzt. Dieser Ausschuss setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern aller Vertragsparteien zusammen und hat insbesondere die Aufgabe, die Durchführung des Abkommens zu beaufsichtigen und zu überprüfen (Abs. 2 Bst. a), die Möglichkeit der Beseitigung von noch bestehenden Handelshemmnissen und anderen restriktiven Massnahmen, die den Handel zwischen den Vertragsparteien einschränken, zu überprüfen (Abs. 2 Bst. b) und im Falle von Problemen in Bezug auf die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens Konsultationen abzuhalten (Abs. 2 Bst. e).
Der Gemischte Ausschuss verfügt ausserdem über die Kompetenz, neben dem Unterausschuss über Warenverkehr weitere Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen einzusetzen, um ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen (Abs. 3). Diese Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen arbeiten im Auftrag des Gemischten Ausschusses (oder im Falle des Unterausschusses über Warenverkehr auf der Grundlage des in Anhang VII festgelegten Mandats).
Ausserdem kann der Gemischte Ausschuss den Vertragsparteien Änderungen des Hauptabkommens empfehlen (Abs. 5 Bst. a) und Änderungen der Anhänge und Appendizes zu diesem Abkommen beschliessen (Abs. 5 Bst. b).
Als paritätisches Organ fasst der Gemischte Ausschuss seine Beschlüsse im gegenseitigen Einvernehmen (Abs. 6). Für bindende Beschlüsse ist somit die Zustimmung aller Vertragsparteien erforderlich.
5.9 Kapitel 8: Streitbeilegung (Art. 8.1-8.11)
Kapitel 8 des FHA sieht ein detailliertes Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Auslegung oder Anwendung des Abkommens vor.
Falls die Streitigkeit sowohl Bestimmungen des Abkommens als auch WTO-Bestimmungen betrifft, kann sie gemäss Artikel 8.1 zu Anwendungs- und Geltungsbereich nach Wahl der beschwerdeführenden Partei entweder dem Streitbeilegungsverfahren des FHA oder demjenigen der WTO unterstellt werden (Abs. 2). Ein späterer Wechsel des Verfahrens ist jedoch ausgeschlossen.
Gemäss Artikel 8.2 können die Streitparteien einvernehmlich auch auf Verfahren wie gute Dienste, Vergleich und Vermittlung zurückgreifen, einschliesslich während eines laufenden Streitbeilegungsverfahrens. Sie können entsprechende Verfahren jederzeit aufnehmen und beenden. Diese Verfahren sind vertraulich und lassen die Rechte der Vertragsparteien in allen weiteren Verfahren unberührt.
Artikel 8.3 regelt die formellen Konsultationen , die die Streitparteien vor dem Gemischten Ausschuss abhalten müssen, bevor sie die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen können. Die Vertragspartei, die um Konsultationen ersucht, unterrichtet auch die am Streit nicht beteiligten Vertragsparteien über ihr Gesuch (Abs. 2). Im Falle einer einvernehmlichen Lösung der Angelegenheit werden die anderen Vertragsparteien informiert (Abs. 6).
Falls der Streitpunkt nicht innerhalb von 60 Tagen (in dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 30 Tagen) mittels des oben erwähnten Konsultationsverfahrens bereinigt werden kann oder falls die Konsultationen nicht innerhalb der im Abkommen festgelegten Fristen abgehalten werden (bei dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 15 Tagen, für alle anderen Angelegenheiten innerhalb von 30 Tagen, sofern die Vertragsparteien keine andere Frist vereinbart haben) oder aber falls die um Konsultationen ersuchte Vertragspartei nicht innerhalb von 10 Tagen nach Erhalt des Gesuchs geantwortet hat, kann die beschwerdeführende Vertragspartei gemäss Artikel 8.4 die Einsetzung eines Schiedsgerichts beantragen (Abs. 1). Das Schiedsgericht besteht aus drei Mitgliedern, wobei die beschwerdeführende Partei und die Partei, gegen die Beschwerde erhoben wurde, je ein Mitglied ernennen. Die freiwilligen Regeln des vom Abkommen vom 18. Oktober 1907 6⁶ zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle vorgesehenen ständigen Schiedshofes ( Permanent Court of Arbitration ) sind für die Einsetzung des Schiedsgerichts anwendbar (Abs. 3). Die Vertragsparteien, die nicht am Streit beteiligt sind, können unter gewissen Bedingungen am Schiedsverfahren teilnehmen (Abs. 6).
Die freiwilligen Regeln des ständigen Schiedshofes gelten gemäss Artikel 8.5 über die Verfahren des Schiedsgerichts auch für das Schiedsverfahren.
Wie in Artikel 8.6 zu den Berichten des Schiedsgerichts festgehalten, legt das Schiedsgericht spätestens 90 Tage nach seiner Einsetzung seinen ersten Bericht vor, zu dem die Streitparteien innerhalb von 14 Tagen Stellung nehmen können (Abs. 1). Das Schiedsgericht legt innerhalb von 30 Tagen, nachdem die Streitparteien den ersten Bericht erhalten haben, den Schlussbericht vor (Abs. 1). Jedes Urteil des Schiedsgerichts ist endgültig und für die Streitparteien bindend (Abs. 3). Der Schlussbericht wird veröffentlicht, sofern die Streitparteien nichts anderes beschliessen (Abs. 2).
Artikel 8.7 nennt die Bedingungen für die Aussetzung oder Beendigung des Schiedsgerichtsverfahrens.
Die Streitparteien treffen gemäss Artikel 8.8 geeignete Massnahmen zur Umsetzung des Schlussberichts und des darin enthaltenen Urteils (Abs. 1). Ist eine unverzügliche Umsetzung undurchführbar, so versuchen die Streitparteien, sich auf eine angemessene Umsetzungsfrist zu einigen. Kommt keine Einigung zustande, so kann jede Streitpartei das ursprüngliche Schiedsgericht ersuchen, die Frist festzusetzen (Abs. 1). Besteht Uneinigkeit über eine Massnahme zur Umsetzung des Urteils, so kann sich die andere Streitpartei an das Schiedsgericht wenden, das dieses Urteil gefällt hat (Abs. 3).
Artikel 8.9 Ausgleich und Aussetzung von Vorteilen regelt, dass die beschwerdeführende Partei gegenüber der Partei, gegen die Beschwerde erhoben wurde, gemäss dem Abkommen gewährte Vorteile vorübergehend aussetzen kann, wenn keine Einigung erzielt wird (Abs. 1). In diesem Fall muss die vorübergehende Aussetzung von im FHA gewährten Zugeständnissen dem Ausmass der Vorteile entsprechen, die laut dem Schiedsgericht von den mit dem FHA unvereinbaren Massnahmen betroffen sind.
Artikel 8.10 regelt die Fristen des Schiedsgerichts und hält fest, dass diese im gegenseitigen Einvernehmen der Streitparteien oder auf Antrag einer Streitpartei durch das Schiedsgericht geändert werden können (Abs. 1) und wie vorzugehen ist, wenn das Schiedsgericht der Auffassung ist, dass es eine von diesem Kapitel vorgegebene Frist nicht einhalten kann (Abs. 2).
Artikel 8.11 hält fest, dass im Falle eines Streitbeilegungsverfahrens jede Streitpartei ihre eigenen rechtlichen und sonstigen Kosten trägt, die ihr im Zusammenhang mit dem Verfahren entstehen, sowie dass Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens von den Streitparteien zu gleichen Teilen getragen werden.
6⁶ SR 0.193.212
5.10 Kapitel 9: Schlussbestimmungen (Art. 9.1-9.6)
Kapitel 9 regelt das Inkrafttreten des Abkommens (Art. 9.5), Änderungen des Abkommens (Art. 9.2), den Rücktritt einer Vertragspartei oder die Beendigung des Abkommens (Art. 9.4) sowie den Beitritt neuer EFTA-Staaten (Art. 9.3). Jeder Staat, der Mitglied der EFTA wird, kann unter der Voraussetzung, dass der Gemischte Ausschuss den Beitritt gutheisst, diesem Abkommen zu den zwischen den Vertragsparteien auszuhandelnden Bedingungen beitreten.
In Artikel 9.1 wird festgehalten, dass die Anhänge und ihre Appendizes integrale Bestandteile des FHA sind.
Die Regierung Norwegens handelt als Depositar des Abkommens (Art. 9.6).
Gemäss Artikel 9.2 Änderungen können die Vertragsparteien dem Gemischten Ausschuss Änderungsvorschläge zu Bestimmungen des Hauptabkommens (exkl. Anhänge und Appendizes, siehe folgender Absatz) zur Überprüfung und Empfehlung vorlegen (Abs. 1). Die Änderungen unterliegen den jeweiligen innerstaatlichen Verfahren der Vertragsparteien zur Genehmigung und Ratifizierung (Abs. 2). Änderungen des Hauptabkommens beeinflussen in der Regel die grundlegenden völkerrechtlichen Verpflichtungen und bedürfen in der Schweiz daher grundsätzlich der Genehmigung durch die Bundesversammlung, es sei denn, sie seien von geringer Tragweite im Sinne von Artikel 7 a Absatz 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 ⁶7 (RVOG). Änderungen der Anhänge und Appendizes des Abkommens kann der Gemischte Ausschuss grundsätzlich selbstständig beschliessen (Art. 7.1 Abs. 5 Bst. b). Diese Grundregel dient der Vereinfachung des Verfahrens für technische Anpassungen und somit der Erleichterung der Verwaltung des Abkommens.
Auch solche Änderungen bedürfen aber grundsätzlich der Genehmigung durch die Bundesversammlung. Auf der Grundlage und nach Massgabe von Artikel 7 a Absatz 2 RVOG darf der Bundesrat selbstständig solchen Beschlüssen des Gemischten Ausschusses die Zustimmung für die Schweiz erteilen, wenn diese Beschlüsse von beschränkter Tragweite sind, was sich anhand der Kriterien von Artikel 7 a Absatz 3 RVOG beurteilt. Zudem darf keine Gegenausnahme gemäss Artikel 7 a Absatz 4 RVOG vorliegen. Dies wird in jedem Einzelfall geprüft. Beschlüsse des Gemischten Ausschusses betreffen häufig technische und systemimmanente Aktualisierungen (z. B. betreffend die präferenziellen Ursprungsregeln und die Handelserleichterungen). Verschiedene Anhänge der EFTA-Freihandelsabkommen werden regelmässig aktualisiert, insbesondere um Entwicklungen im internationalen Handelssystem Rechnung zu tragen (z. B. WTO, Weltzollorganisation, andere Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten und ihrer Partner). Über solche vom Bundesrat gestützt auf Artikel 7 a Absatz 2 RVOG genehmigten Änderungen informiert der Bundesrat die Bundesversammlung im Rahmen seiner jährlichen Berichterstattung über die von ihm abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge (Art. 48 a Abs. 2 RVOG).
⁶7 SR 172.010
6 Auswirkungen
6.1 Auswirkungen auf den Bund
6.1.1 Finanzielle Auswirkungen
Die zu erwartenden finanziellen Auswirkungen des FHA EFTA-Kosovo beschränken sich auf einen teilweisen Ausfall der Zollerträge auf Einfuhren aus Kosovo. Aufgrund der Aufhebung der Industriezölle per 1. Januar 2024 ⁶8 wird sich nur der Teilverlust der Zolleinnahmen auf landwirtschaftliche Importe aus Kosovo auf den Bundeshaushalt auswirken. Die Zollmindereinnahmen aufgrund der in diesem Abkommen vorgesehenen Zollkonzessionen hätten sich auf etwas mehr als 125 000 Franken belaufen, wenn das Abkommen im Jahr 2023 in Kraft gewesen wäre.
Die möglichen finanziellen Auswirkungen halten sich somit in Grenzen und sind in Beziehung zu den positiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen zu setzen, die sich für die Schweiz insbesondere aufgrund der erhöhten Rechtssicherheit und aus dem verbesserten Zugang für Schweizer Waren und Dienstleistungen auf dem kosovarischen Markt ergeben.
⁶8 BBl 2021 2330
6.1.2 Personelle Auswirkungen
Das vorliegende Abkommen kann mit den bestehenden personellen Ressourcen des SECO umgesetzt werden. Personelle Auswirkungen beim BAZG können sich aus der steigenden Gesamtzahl umzusetzender und weiterzuentwickelnder Freihandelsabkommen ergeben. Ein allfälliger Ressourcenbedarf wird im Rahmen der Auslegeordnung zur Umsetzung des Transformationsprogramms DaziT geprüft und dem Bundesrat zu gegebener Zeit beantragt. Über den allfälligen Ressourcenbedarf würde der Bundesrat im Rahmen des Entwicklungsrahmens entscheiden.
6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete
Das FHA EFTA-Kosovo hat auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete keine finanziellen oder personellen Auswirkungen. Demgegenüber werden von den in Ziffer 6.3 erwähnten volkswirtschaftlichen Auswirkungen grundsätzlich alle Landesteile profitieren.
6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
Indem das FHA EFTA-Kosovo den gegenseitigen Marktzugang für Waren und Dienstleistungen verbessert sowie die Rechtssicherheit für die Investitionen und den Schutz des geistigen Eigentums und allgemein für den bilateralen wirtschaftlichen Austausch erhöht, stärkt es den Wirtschaftsstandort Schweiz und erhöht dessen Fähigkeit, Wertschöpfung zu generieren und Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten.
Konkret werden durch das Abkommen im Einklang mit der Aussenwirtschafts- und der Agrarpolitik der Schweiz effizienzsenkende tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und Kosovo beseitigt oder reduziert. Die Verbesserung des Markzugangs für Schweizer Waren und Dienstleistungen auf dem kosovarischen Markt erhöht die Wettbewerbsfähigkeit in diesem Land. Gleichzeitig reduziert das Abkommen das Diskriminierungspotenzial gegenüber Wirtschaftsakteuren aus der EU, die über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Kosovo verfügt, mit welchem zwischen der EU und Kosovo eine bilaterale Freihandelszone errichtet wurde. (s. Ziff. 5.3 und 5.4). Der Wegfall oder die Reduktion von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen sowie die Erleichterung des Dienstleistungshandels im beiderseitigen Wirtschaftsverkehr verringern zudem die Beschaffungskosten für Unternehmen in der Schweiz und entlasten die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Ähnliches gilt umgekehrt für Kosovo.
6.4 Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt
Das FHA EFTA-Kosovo ist wie alle Freihandelsabkommen in erster Linie ein Wirtschaftsabkommen, das die Rahmenbedingungen und die Rechtssicherheit für den wirtschaftlichen Austausch mit diesem Partner verstärken wird. Dies wird sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte Schweiz und Kosovo sowie auf die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen auswirken. Generell tragen die Freihandelsabkommen aufgrund der Stärkung des bilateralen und multilateralen Engagements und der völkerrechtlich abgesicherten und verbesserten Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Austausch zur Förderung des Rechtsstaates, zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand bei, dies insbesondere durch die Unterstützung des Privatsektors und der freien Wirtschaftstätigkeit.
Wirtschaftliche Tätigkeit benötigt Ressourcen und Arbeitskräfte und ist mit entsprechenden Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt verbunden. Im Sinne des Nachhaltigkeitskonzepts gilt es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu stärken sowie den Wohlstand zu steigern und gleichzeitig die Umweltbelastung und den Ressourcenverbrauch auf ein dauerhaft tragbares Niveau zu senken sowie den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten und zu verbessern. Entsprechend sind im Abkommen eine Reihe von Bestimmungen verankert, welche die bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen im Einklang mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung fördern, insbesondere im umfassenden Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung (s. Ziff. 5.7).
Des Weiteren enthält das FHA eine Bestimmung, in der die Vertragsparteien ihre Rechte und Pflichten unter anderen internationalen Abkommen bestätigen (Art. 1.4), worunter insbesondere Abkommen und Vereinbarungen im Handels-, Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsbereich fallen. Für die Kohärenz besonders relevant sind auch die Ausnahmebestimmungen in den Kapiteln zum Warenverkehr und zum Handel mit Dienstleistungen (Art. 2.21 und Art. 3.17). Die gemäss den WTO-Regeln und den Bestimmungen multilateraler Umweltabkommen bestehenden Möglichkeiten, den Handel mit besonders gefährlichen oder umweltschädlichen Gütern zu beschränken, werden durch das FHA somit nicht beeinträchtigt. Dessen Bestimmungen räumen den Vertragsparteien analog zu den WTO-Regeln explizit die Möglichkeit ein, Massnahmen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen sowie zur Bewahrung nichterneuerbarer natürlicher Ressourcen zu treffen. Entsprechende nationale Produktevorschriften werden von den Umweltabkommen nicht beeinträchtigt. Die erwähnten Bestimmungen des Abkommens sollen sicherstellen, dass im Zusammenhang mit dem Abkommen weder die Umwelt- und Arbeitsgesetzgebungen der Partnerstaaten noch das internationale Umwelt- und Sozialrecht verletzt werden.
7 Rechtliche Aspekte
7.1 Verfassungsmässigkeit
Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV) ⁶9 , wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 24 Abs. 2 ParlG; Art. 7 a Abs. 1 RVOG).
⁶9 SR 101
7.2 Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz
Die Schweiz und die anderen EFTA-Staaten, nicht aber Kosovo, gehören der WTO an. Die EFTA-Staaten sind der Auffassung, dass das vorliegende Abkommen im Einklang mit den aus der WTO-Mitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen steht. Freihandelsabkommen unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe und können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens in der WTO sein.
Der Abschluss von FHA mit Drittstaaten steht weder mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz, einschliesslich ihrer Verpflichtungen gegenüber der EU, noch mit den Zielen der schweizerischen Europapolitik im Widerspruch. Insbesondere sind die Bestimmungen des vorliegenden Abkommens mit den handelsrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz gegenüber der EU sowie den übrigen bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der EU vereinbar.
7.3 Geltung für Liechtenstein
Liechtenstein ist als EFTA-Mitglied Vertragsstaat des FHA EFTA-Kosovo. Dies ist in Übereinstimmung mit dem Vertrag vom 29. März 1923 7⁰ zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss Liechtensteins an das schweizerische Zollgebiet. Gemäss diesem Zollvertrag handelt die Schweiz in den vom Zollvertrag erfassten Bereichen und im darin vorgesehenen Umfang ebenfalls für Liechtenstein. Gemäss Artikel 1.3 Absatz 2 des FHA vertritt die Schweiz Liechtenstein in den vom Zollvertrag abgedeckten Bereichen.
7⁰ SR 0.631.112.514
7.4 Erlassform
Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 ParlG sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.
Das vorliegende Abkommen enthält wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 BV und Artikel 22 Absatz 4 ParlG, z. B. Zollkonzessionen und Gleichbehandlungsgebote. Diese Bestimmungen bewegen sich grundsätzlich im Rahmen anderer von der Schweiz abgeschlossener internationaler Abkommen und sind von ähnlichem rechtlichem, wirtschaftlichem und politischem Gehalt. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens ist deshalb dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.
Das Abkommen kann jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden (Art. 9.4). Der Beitritt zu einer internationalen Organisation ist nicht vorgesehen. Für die Umsetzung des Abkommens sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.
7.5 Inkrafttreten
Gemäss Artikel 9.5 über das Inkrafttreten des Abkommens tritt dieses am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde beim Depositar durch Kosovo und mindestens einen EFTA-Staat in Kraft. Für einen EFTA-Staat, der seine Ratifikationsurkunde nach Inkrafttreten des Abkommens hinterlegt, tritt es am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung von dessen Ratifikationsurkunde in Kraft (Abs. 3).
Bundesrecht
Botschaft zur Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Kosovo
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