BBl 2025 501
CH - Bundesblatt

Parlamentarische Initiative Bei Ausfall der Abstimmungsanlage im Nationalrat: Abstimmen ohne Namensaufruf wieder ermöglichen

Parlamentarische Initiative Bei Ausfall der Abstimmungsanlage im Nationalrat: Abstimmen ohne Namensaufruf wieder ermöglichen

Bericht des Büros des Nationalrates

vom 14. Februar 2025
Sehr geehrte Damen und Herren
Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Geschäftsreglementes des Nationalrates ¹ .
Das Büro beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.
14. Februar 2025 Im Namen des Büros Die Präsidentin: Maja Riniker
Bericht
¹ BBl 2025 502

1 Entstehungsgeschichte

Seit 1994 wird im Nationalrat mit der elektronischen Abstimmungsanlage abgestimmt, seit 2007 werden alle Abstimmungsergebnisse im Nationalrat veröffentlicht. Bei Ausfall der Abstimmungsanlage war das Abstimmen bis zur Wintersession 2018 mit Aufstehen oder unter Namensaufruf möglich.
Das Abstimmen mit Aufstehen wurde mit der pa. Iv. der SPK-N 16.457 «Verschiedene Änderungen des Parlamentsrechtes» aus Transparenzgründen aus dem Geschäftsreglement des Nationalrates (GRN; SR 171.13 ) gestrichen. Gemäss Artikel 57 Absatz 3 GRN wird das Abstimmungsergebnis im Nationalrat nämlich in Form einer Namensliste veröffentlicht. Nicht davon ausgegangen wurde bei dieser Anpassung im Jahre 2018, dass die Abstimmungsanlage für eine längere Zeit ausfallen könnte und dass eine Abstimmung per Namensaufruf gemäss Artikel 60 GRN im Nationalrat ca. 20 Minuten dauert. Der Nationalrat hatte im Jahr 2023 durchschnittlich ca. 28 Abstimmungen pro Sessionstag durchgeführt, allein diese Abstimmungen würden mit Namensaufruf über neun Stunden dauern. Im Ständerat besteht weiterhin die Möglichkeit, in bestimmten Fällen eine Abstimmung ohne Namensaufruf durchzuführen, wenn das Abstimmungssystem ausfällt (Art. 44 Abs. 2 Geschäftsreglement des Ständerates [GRS; SR 171.14 ]).
Bei der Beratung des Geschäftes 23.082 Legislaturplanung 2023-2027 während der Sondersession 2024 ist im Nationalrat die elektronische Abstimmungsanlage ausgefallen. Nach dem Ausfall hätte der Rat noch mehr als 30 Abstimmungen durchführen sollen. Gemäss geltenden Recht hat bei Ausfall der elektronischen Abstimmungsanlage die Stimmabgabe unter Namensaufruf zu erfolgen. Die elektronische Abstimmungsanlage konnte über Nacht repariert und die Beratung am nächsten Tag damit fortgesetzt werden. Hätte der Ausfall der Abstimmungsanlage länger gedauert, wäre der Nationalrat nicht in der Lage gewesen, das Geschäft zu Ende zu beraten und die Sondersession wie geplant abzuschliessen.
Das Büro des Nationalrates hat deshalb an seiner Sitzung vom 22./23. August 2024 beschlossen, eine Kommissionsinitiative zu ergreifen. Das Geschäftsreglement des Nationalrates soll revidiert werden, damit die Stimmabgabe bei Ausfall der elektronischen Abstimmungsanlage wieder ohne Namensaufruf durchgeführt werden kann, wie dies bis zur Wintersession 2018 möglich war. Dies gilt sowohl für den Nationalrat als auch für Abstimmungen in der Vereinigten Bundesversammlung, da die Bestimmungen des GRN sinngemäss für das Verfahren in der Vereinigten Bundesversammlung gelten (Art. 41 Abs. 1 Parlamentsgesetz [ParlG, SR 171.10 ]). Mit dieser Regelung kann zum Beispiel künftig bei Wahlen in der Vereinigten Bundesversammlung über einen Ordnungsantrag ohne Namensaufruf der Ständerätinnen und Ständeräte abgestimmt werden.
Das Büro hat am 14. Februar 2025 diesen Bericht und den Erlassentwurf zuhanden des Rates verabschiedet. Gemäss Artikel 112 Absatz 3 ParlG verzichtet das Büro darauf, seinen Bericht und den Erlassentwurf dem Bundesrat zur Stellungnahme weiterzuleiten, weil es sich um Bestimmungen über die Organisation der Bundesversammlung handelt, die nicht im Gesetz festgelegt sind und die den Bundesrat nicht unmittelbar betreffen.

1.1 Grundzüge der Vorlage

Um das Funktionieren des Ratsbetriebes auch bei einem längerfristigen Ausfall der elektronischen Abstimmungsanlage gewährleisten zu können, beantragt das Büro des Nationalrates, auch das Abstimmen ohne Namensaufruf, und zwar durch Aufstehen oder Zeichen geben, wieder zu ermöglichen. Dabei sind die Stimmenzahlen zu ermitteln und das Ergebnis der Abstimmung zu veröffentlichen. Im Weiteren sollen, um die Transparenz der Abstimmungen im Nationalrat im Einzelfalls zu gewährleisten, dreissig Ratsmitglieder mittels Ordnungsantrag eine Abstimmung unter Namensaufruf verlangen können, wie dies bis zur Wintersession 2018 möglich war.

2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

2.1 Geschäftsreglement des Nationalrates

Art. 58
Der Artikel zu den Ausnahmen von der elektronischen Stimmabgabe wird ergänzt. In Absatz 1 wird die Stimmabgabe durch Aufstehen bzw. Zeichen geben wieder ermöglicht. Ratsmitglieder, die nicht aufstehen können, stimmen via Zeichen geben ab. Die Möglichkeit der Abstimmung unter Namensaufruf bleibt bestehen.
Bei der Revision 2018 wurde die geheime Beratung aus Artikel 58 GRN gestrichen. Da diese gemäss Artikel 4 Absätze 2-4 ParlG weiterhin möglich ist, nutzt das Büro die Gelegenheit, um sie wieder ins GRN aufzunehmen. Im Ständerat ist die geheime Beratung ebenfalls auf Stufe Geschäftsreglement (Art. 44 Abs. 2 und Art. 46 Abs. 5 GRS) geregelt.
Das Büro schlägt im neuen Absatz 2 vor, die Stimmenzahlen und Enthaltungen bei den Abstimmungen durch Aufstehen bzw. Zeichen geben zu ermitteln und das Ergebnis der Abstimmung zu veröffentlichen. Bis zur Wintersession 2018 war es möglich, auf die Auszählung zu verzichten, wenn das Ergebnis klar war. Zu dieser Regelung möchte das Büro nicht mehr zurückkehren.
Art. 60 Abs. 1
Die 2018 aufgehobene Regelung wird erneut ins GRN aufgenommen und ermöglicht, dass die Abstimmung bei Ausfall der Abstimmungsanlage unter Namensaufruf stattfindet, wenn mindestens 30 Ratsmitglieder einem entsprechenden Ordnungsantrag zustimmen. In der Vereinigten Bundesversammlung erhöht sich dieses Quorum auf 40 Ratsmitglieder.
Ausser bei geheimer Beratung wird das Abstimmungsergebnis gemäss Artikel 57 GRN veröffentlicht. Damit kann auch bei Ausfall der Abstimmungsanlage Transparenz über das Abstimmungsverhalten der einzelnen Ratsmitglieder geschaffen werden, wenn dies von 30 Ratsmitgliedern im Nationalrat, und von 40 Ratsmitgliedern in der Vereinigten Bundesversammlung, gefordert wird.
Inkrafttreten
Diese Anpassung des GRN kann ohne Vorbereitungen umgesetzt werden. Das Büro beantragt dem Rat deshalb in Ziffer II, diese Änderung bereits auf den Start der Sondersession 5. Mai 2025 in Kraft zu setzen.

3 Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Vorlage betrifft einzig das Abstimmen im Nationalrat und in der Vereinigten Bundesversammlung, sie hat keine finanziellen und personellen Auswirkungen.

4 Erlassform

Gemäss Artikel 82 ParlG regeln die Ratsreglemente, in welchen Fällen das Abstimmungsergebnis in Form einer Namensliste zu veröffentlichen ist. Jeder Rat erlässt gestützt auf Artikel 36 ParlG ein Geschäftsreglement mit den Ausführungsbestimmungen über seine Organisation und sein Verfahren. Diese Änderung wird dem Nationalrat mittels einer Anpassung des GRN vorgelegt.
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