BBl 2025 1262
CH - Bundesblatt

Botschaft zur Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)»

Botschaft zur Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)»
vom 21. März 2025
Sehr geehrter Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)» Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, die Initiative abzulehnen.
Wir versichern Sie, sehr geehrter Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
21. März 2025 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Karin Keller-Sutter Der Bundeskanzler: Viktor Rossi
Übersicht
Die Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)» verlangt, dass die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz die Zehn-Millionen-Grenze vor dem Jahr 2050 nicht überschreitet. Die Initiative würde den Wohlstand in der Schweiz gefährden, das Funktionieren der Gesellschaft beeinträchtigen und den bilateralen Weg mit der EU aufs Spiel setzen. Der Bundesrat beantragt deshalb der Bundesversammlung, die Initiative ohne direkten Gegenentwurf und ohne indirekten Gegenvorschlag Volk und Ständen mit der Empfehlung zu unterbreiten, sie abzulehnen.
Inhalt der Initiative
Die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)» wurde am 3. April 2024 bei der Bundeskanzlei eingereicht. Die Initiative zielt darauf ab, die Wohnbevölkerung der Schweiz bis 2050 auf unter zehn Millionen zu begrenzen, um eine nachhaltige Entwicklung der Schweiz zu gewährleisten. Es sind schrittweise Massnahmen vorgesehen. Bund und Kantone müssen nach Annahme der Initiative Massnahmen ergreifen für eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung insbesondere zum Schutz der Umwelt und im Interesse der dauerhaften Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Leistungsfähigkeit der Infrastrukturen, der Gesundheitsversorgung und der Sozialversicherungen. Bei einem Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze vor 2050 müssen der Bundesrat und die Bundesversammlung Massnahmen ergreifen, damit die Zehn-Millionen-Grenze nicht erreicht wird; dies gilt insbesondere im Asylbereich und beim Familiennachzug. Enthalten bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen Ausnahme- oder Schutzklauseln, so muss der Bundesrat diese anrufen oder aushandeln. Ebenso muss er die Neuverhandlung bevölkerungswachstumstreibender internationaler Übereinkommen anstreben, seien sie rechtsverbindlich oder nicht. Bei einem Überschreiten der Zehn-Millionen-Grenze vor oder nach 2050 müssen die bereits ergriffenen Massnahmen weitergeführt werden. Zusätzlich sind bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen auf den nächstmöglichen Termin zu kündigen. Nach zweijähriger Überschreitung der Zehn-Millionen-Grenze ist das Freizügigkeitsabkommen mit der EU (FZA) zu kündigen.
Mängel der Initiative
Die Initiative verlangt explizit, dass das FZA mit der EU gekündigt wird, sofern die Bevölkerung nicht mit anderen Massnahmen - wie etwa der Kündigung von Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte - auf zehn Millionen begrenzt werden kann und bis dahin keine Ausnahme- oder Schutzklauseln ausgehandelt oder angerufen werden konnten. Eine Annahme der Initiative hätte folglich eine grundlegende Neuausrichtung der schweizerischen Migrationspolitik und der Beziehungen Schweiz-EU mit weitreichenden Konsequenzen zur Folge.
Der Bundesrat will den bilateralen Weg mit der EU stabilisieren und weiterentwickeln. Die Verhandlungen mit der EU wurden am 20. Dezember 2024 materiell abgeschlossen. Im Zuwanderungsbereich wurde im Schutzdispositiv neben mehreren Absicherungen und Ausnahmen die Konkretisierung der Schutzklausel im FZA ausgehandelt. Eine gänzliche Neuverhandlung des FZA mit zahlenmässigen Beschränkungen ist aus Sicht des Bundesrates unrealistisch. Auch die Aushandlung von Ausnahmen, welche die Ziele der Initiative dauerhaft garantieren würden, oder eine Neuverhandlung der internationalen Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte wird als unrealistisch angesehen und würde darüber hinaus die Glaubwürdigkeit der Schweiz gefährden. Hingegen bietet die konkretisierte Schutzklausel die Möglichkeit, in begründeten Fällen die Zuwanderung aus dem EU-Raum zu beschränken, ohne das FZA und damit den gesamten bilateralen Weg in Frage zu stellen.
Die Zuwanderung in die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz erfolgt mehrheitlich aus dem EU/EFTA-Raum und im Rahmen des FZA. Die Ursache dafür ist in erster Linie die Nachfrage der Schweizer Wirtschaft nach Arbeitskräften. Das FZA ermöglicht den Unternehmen, flexibel und unbürokratisch auf einen grossen Arbeitskräftepool in der EU zurückzugreifen; sie hat damit in der Vergangenheit zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs und damit zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zu einer gesamthaft günstigen wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen. Aufgrund der fortschreitenden demografischen Alterung, die zu einem Ersatzbedarf auf dem Arbeitsmarkt führt, wird die Schweiz in Ergänzung zum inländischen Arbeitskräftepotenzial auch zukünftig auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen sein. Eine bedarfsgerechte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt bleibt deshalb zur Sicherung von Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft oder zur Aufrechterhaltung des Gesundheitswesens bedeutsam.
Bei einer Zunahme der ständigen Wohnbevölkerung könnte die Kündigung einer grösseren, noch nicht abschliessend feststellbaren Anzahl von völkerrechtlichen Verträgen notwendig werden. Dies könnte das Ansehen der Schweiz als verlässliche internationale Vertragspartnerin erheblich beeinträchtigen.
Mit der Kündigung des FZA würde der bilaterale Weg grundsätzlich in Frage gestellt. Aufgrund der Guillotine-Klausel würden bei einer Kündigung des FZA die anderen Binnenmarktabkommen wegfallen und die Schengen- und Dublin-Assoziierungsabkommen in Frage gestellt. Die EU hat wiederholt einen politischen Zusammenhang zwischen dem FZA, dessen Erweiterung auf die osteuropäischen Staaten und den Schengen- und Dublin-Assoziierungsabkommen hergestellt. Die negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen auf die Schweiz wären sehr gross. Für die innere Sicherheit bietet insbesondere die Assoziierung an Schengen einen Mehrwert, der sich monetär nicht erfassen lässt. Als Teil des europäischen Sicherheitsraums profitiert die Schweiz von der gegenseitigen Vernetzung der Schengen-Staaten, dem automatischen Austausch von Daten und der Integration in den europäischen Fahndungsraum.
Die Verankerung eines starren Grenzwerts in der Bundesverfassung würde in erster Linie die notwendige Flexibilität zur Bewältigung zukünftiger Herausforderungen verringern, während insbesondere der demografisch bedingte Bedarf an ausländischen Arbeitskräften unabhängig von einer Begrenzung der Bevölkerungszahl weiterbestehen wird.
Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass die Kündigung des FZA, der damit verbundene Wegfall weiterer bilateraler Abkommen sowie die Kündigung zahlreicher internationaler Übereinkommen erhebliche finanzielle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen hätte und dass ein möglicher Austritt aus dem europäischen Sicherheitsraum die Gewährleistung der inneren Sicherheit erheblich erschweren würde. Auch das Schweizerische Asylwesen müsste ausgebaut werden und würde teurer, weil die Schweiz keine Dublin-Rücküberstellungen mehr vornehmen könnte und mit einer beträchtlichen Anzahl Zweitgesuchen gerechnet werden müsste.
Strategien und Massnahmen in Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum
Anstatt die stabilen Beziehungen der Schweiz zu ihrer wichtigsten Partnerin, der EU, in Frage zu stellen und Arbeitsplätze, Wohlstand und Sicherheit aufs Spiel zu setzen, will der Bundesrat an seinen bewährten migrationspolitischen und humanitären Grundsätzen festhalten. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass Zuwanderung und Bevölkerungswachstum auch mit Herausforderungen verbunden sind. In Ergänzung zu den bestehenden Strategien und Massnahmen in verschiedenen Bereichen, welche die Bevölkerungsentwicklung bereits mitberücksichtigen, wurden weitere gezielte Schritte definiert, um die Zuwanderung zu reduzieren und die Herausforderungen der Zuwanderung zu adressieren. Diese betreffen insbesondere den Asylbereich, die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und das Wohnungswesen.
Antrag des Bundesrates
Der Bundesrat beantragt den eidgenössischen Räten mit dieser Botschaft, die eidgenössische Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Er stellt ihr keinen direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag gegenüber.
Botschaft

1 Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

1.1 Wortlaut der Initiative

Die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)» hat den folgenden Wortlaut:
Die Bundesverfassung ¹ wird wie folgt geändert:
Art. 73a
Nachhaltige
Bevölkerungsentwicklung
¹ Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz darf zehn Millionen Menschen vor dem Jahr 2050 nicht überschreiten. Ab 2050 kann der Bundesrat den Grenzwert jährlich durch Verordnung um den Geburtenüberschuss anpassen. Der Bund stellt sicher, dass der Grenzwert eingehalten wird.
² Bund und Kantone treffen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Massnahmen für eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung, insbesondere zum Schutz der Umwelt und im Interesse der dauerhaften Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Leistungsfähigkeit der Infrastrukturen, der Gesundheitsversorgung und der schweizerischen Sozialversicherungen.
³ Die ständige Wohnbevölkerung umfasst alle schweizerischen Staatsangehörigen mit einem Hauptwohnsitz in der Schweiz sowie alle ausländischen Staatsangehörigen mit einem Aufenthaltstitel für mindestens zwölf Monate oder mit einer Aufenthaltsdauer in der Schweiz von mindestens zwölf Monaten.
Art. 197 Ziff. 15
²
15. Übergangsbestimmungen zu Art. 73a (Nachhaltige Bevölkerungsentwicklung)
¹ Überschreitet die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz vor dem Jahr 2050 neuneinhalb Millionen Menschen, so treffen der Bundesrat und die Bundesversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Massnahmen im Hinblick auf die Einhaltung des Grenzwertes gemäss Artikel 73 a Absatz 1, insbesondere im Asylbereich und beim Familiennachzug. Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung einen entsprechenden Gesetzesentwurf. Ab dem Zeitpunkt der Überschreitung erhalten vorläufig Aufgenommene keine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung, kein Schweizer Bürgerrecht und kein anderweitiges Bleiberecht. Vorbehalten sind die zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts. Der Bundesrat strebt ausserdem im Hinblick auf die Einhaltung des Grenzwertes gemäss Artikel 73 a Absatz 1 die Neuverhandlung bevölkerungswachstumstreibender internationaler Übereinkommen, seien sie rechtsverbindlich oder nicht, oder die Aushandlung von Ausnahme- oder Schutzklauseln an. Sehen Übereinkommen solche Klauseln vor, so ruft der Bundesrat sie an.
² Überschreitet die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz den Grenzwert gemäss Artikel 73 a Absatz 1, so treffen der Bundesrat und die Bundesversammlung alle ihnen zur Verfügung stehenden Massnahmen zur Einhaltung des Grenzwertes. Absatz 1 gilt entsprechend. Jedoch sind internationale Übereinkommen im Sinn von Absatz 1 auf den nächstmöglichen Termin zu kündigen, insbesondere der Globale Pakt vom 19. Dezember 2018 für eine sichere, geordnete und reguläre Migration (UNO-Migrationspakt), falls die Schweiz diesen unterzeichnet hat. Ist der Grenzwert gemäss Artikel 73 a Absatz 1 nach Ablauf von zwei Jahren seit seiner erstmaligen Überschreitung noch nicht wieder eingehalten und konnten bis dahin keine Ausnahme- oder Schutzklauseln ausgehandelt oder angerufen werden, mit denen die Einhaltung des Grenzwertes gemäss Artikel 73 a Absatz 1 erreicht wird, so ist auch das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Personenfreizügigkeitsabkommen) auf den nächstmöglichen Termin zu kündigen.
³ Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen in Form einer Verordnung innerhalb eines Jahres nach Annahme von Artikel 73 a durch Volk und Stände. Die Verordnung gilt bis zum Inkrafttreten der von der Bundesversammlung erlassenen Ausführungsbestimmungen.
² Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmungen wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.
¹ SR 101

1.2 Zustandekommen und Behandlungsfristen

Die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)» wurde am 20. Juni 2023 ³ von der Bundeskanzlei vorgeprüft und am 3. April 2024 mit den nötigen Unterschriften eingereicht.
Mit Verfügung vom 8. Mai 2024 ⁴ stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 114 430 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist.
Die Initiative hat die Form des ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu weder einen direkten Gegenentwurf noch einen indirekten Gegenvorschlag. Nach Artikel 97 Absatz 1 Buchstabe a ParlG hat der Bundesrat somit spätestens bis zum 3. April 2025 einen Beschlussentwurf und eine Botschaft zu unterbreiten. Die Bundesversammlung hat nach Artikel 100 ParlG bis zum 3. Oktober 2026 über die Abstimmungsempfehlung zu beschliessen.
³ BBl 2023 1588
⁴ BBl 2024 1036

1.3 Gültigkeit

1.3.1 Anforderungen an die Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 BV:
a.
Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Form.
b.
Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.
c.
Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts. Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 1.3.2).

1.3.2 Vereinbarkeit mit den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts

Die Verfassung definiert den Begriff der «zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts» selber nicht, doch haben Bundesrat und Parlament dazu eine Praxis entwickelt. ⁵ Demnach zählen zum (landesrechtlichen) Begriff der «zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts» vorab die Normen des zwingenden Völkerrechts ( ius cogens ), wie es Artikel 53 zweiter Satz WVK allgemein umschreibt. Das ius cogens umfasst die fundamentalen Normen des Völkerrechts, von denen keine Abweichung zulässig ist. ⁶ Auch wenn eine autoritative Auflistung des ius cogens nicht existiert, so ergeben sich doch aus der Staatenpraxis und aus Staatsverträgen des humanitären Völkerrechts Anhaltspunkte dafür, welche Normen ius-cogens -Charakter aufweisen. Dem ius cogens zugerechnet werden namentlich die Grundzüge des humanitären Völkerrechts («Recht im Krieg») sowie die Gleichheit der Staaten und das Gewaltverbot der UNO-Charta, das Verbot von Völkermord, Folter, Sklaverei sowie das Verbot der Ausschaffung in einen Staat, in dem der betroffenen Person Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht (sog. «Non-Refoulement-Prinzip»). Darüber hinaus werden dem (verfassungsrechtlichen) Begriff der zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts auch die notstandsfesten Garantien der EMRK und des UNO-Pakts II zugerechnet. ⁷
Der Bundesrat hat in seinem Bericht zur Abschreibung der Motion Regazzi vom 13. Dezember 2016 (16.3982 «Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht») ausführlich das Non-Refoulement-Prinzip dargestellt, weshalb hier nur ein kurzer Überblick erfolgt. ⁸ Zum zwingenden Völkerrecht gehört auch das sogenannte relative bzw. flüchtlingsrechtliche Non-Refoulement-Prinzip, auf das sich Flüchtlinge berufen können. Ebenfalls dazu zählt das sogenannte absolute bzw. menschenrechtliche Non-Refoulement-Prinzip, auf das sich alle Personen berufen können, unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status. Weitere Normen des zwingenden Völkerrechts sind durch die Initiative nicht betroffen.
Das Non-Refoulement-Prinzip will Menschenrechtsverletzungen dadurch verhindern, dass es jedem Staat verbietet, Personen in ihren Herkunftsstaat auszuweisen, abzuschieben und auszuliefern, wenn der Herkunftsstaat die fundamentalen Rechte dieser Personen missachtet. Es wird durch ein Geflecht von völkerrechtlichen Normen garantiert. Die Schweiz hat verschiedene internationale Menschenrechtsübereinkommen ratifiziert, die das Non-Refoulement-Prinzip gewährleisten. Dazu gehören namentlich die FK (Art. 33), die EMRK (Art. 3), das UN-Antifolterübereinkommen (Art. 3), das UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen (Art. 16) und der UNO-Pakt II (Art. 7). Nicht nur internationale Menschenrechtsübereinkommen, sondern auch die BV enthält Non-Refoulement-Bestimmungen (Art. 25 Abs. 2 und 3 BV). Das Non-Refoulement-Prinzip nach Artikel 25 Absatz 3 BV stellt den Kerngehalt von Artikel 25 BV dar. Kerngehalte sind derart grundlegend, dass sie unter keinen Umständen angetastet werden dürfen (Art. 36 Abs. 4 BV). ⁹ Dementsprechend gelten die zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts als materielle Schranke sowohl für Verfassungsvorlagen, die von Behörden vorbereitet werden, als auch für solche, die auf dem Weg der Volksinitiative entstehen. 1⁰
Der Initiativtext und die Übergangsbestimmung verlangen nicht ausdrücklich, dass nach der Annahme der Initiative Ausländerinnen und Ausländer in jedem Fall in ihren Herkunftsstaat zurückgeführt werden müssen, selbst wenn ihnen dort Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. Die Übergangsbestimmungen sehen unter Vorbehalt des zwingenden Völkerrechts die Verpflichtung vor, vorläufig Aufgenommenen keine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung, kein Schweizer Bürgerrecht und kein anderweitiges Bleiberecht zu erteilen (Art. 197 Ziff. 15 Abs. 1 vierter Satz und Abs. 2 zweiter Satz, der präzisiert, dass Abs. 1 entsprechend gilt). Sie regeln hingegen nicht die Folgen des fehlenden Aufenthaltsrechts. Sie können daher im Einklang mit den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts ausgelegt und angewendet werden um zu verhindern, dass bei einer Überschreitung der Zehn-Millionen-Grenze vor 2050 vorläufig Aufgenommene in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden, selbst wenn ihnen dort Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht.
Darüber hinaus verlangt die Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 15 Abs. 1), dass der Bundesrat die Neuverhandlung bevölkerungswachstumstreibender internationaler Übereinkommen anstrebt, seien sie rechtsverbindlich oder nicht, oder die Aushandlung von Ausnahme- oder Schutzklauseln anruft, wenn die Neuneinhalb-Millionen-Grenze vor 2050 überschreitet wird. Diese Übergangsbestimmung verlangt zudem (Art. 197 Ziff. 15 Abs. 2), dass diese internationalen Übereinkommen auf den nächstmöglichen Termin zu kündigen sind, wenn die Zehn-Millionen-Grenze vor 2050 (Art. 73 a Abs. 1) erreicht wird.
Zu den bevölkerungswachstumstreibenden internationalen Übereinkommen könnten solche gehören, die eine oder mehrere zwingende Bestimmungen des Völkerrechts enthalten, beispielsweise die EMRK (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 3.3.3). An das zwingende Völkerrecht sind die Staaten auch ausserhalb von vertraglichen Vereinbarungen zwingend und ausnahmslos gebunden. Es ist für jeden Rechtsstaat bindend, unabhängig davon, ob das Übereinkommen, in dem es verankert ist, ratifiziert oder gekündigt wird. 1¹ Selbst wenn solche Übereinkommen aufgrund der neuen Verfassungsbestimmung gekündigt werden müssten, hätte dies nicht zur Folge, dass Ausländerinnen und Ausländer in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden dürften, obwohl ihnen dort Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. Die Initiative und die Übergangsbestimmungen können daher so umgesetzt werden, dass die zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts eingehalten werden. Das Gültigkeitskriterium, wonach Volksinitiativen zwingende Bestimmungen des Völkerrechts nicht verletzen dürfen (Art. 139 Abs. 3 BV), ist aus Sicht des Bundesrates folglich erfüllt.
⁵ Grundlegend Zusatzbericht des Bundesrates «Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht», BBl 2011 3613 S. 3625 ff.; vgl. ferner Botschaft «neue Bundesverfassung», BBl 1997 I 1 S. 362 und 433-434. Aus der neueren Vergangenheit Botschaft «Durchsetzungsinitiative», BBl 2013 9459 S. 9467 ff. und Botschaft «Selbstbestimmungsinitiative», BBl 2017 5355 S. 5364-5365.
⁶ Ziegler 2020, S. 69 ff.
⁷ Für eine Auflistung der einzelnen Garantien: Botschaft «Durchsetzungsinitiative», BBl 2013 9459 S. 9468-9469.
⁸ Bericht des Bundesrates «Abschreibung der Motion Regazzi», BBl 2022 1229 .
⁹ Malinverni Hottelier, Hertig Randall, Flückiger 2021, S. 127.
1⁰ Bericht des Bundesrates «Abschreibung der Motion Regazzi», BBl 2022 1229 Ziff. 2. 1 .
1¹ Ehrenzeller, Gertsch 2023, N 46-50.

2 Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

2.1 Migrationspolitik der Schweiz

2.1.1 Ziele und Herausforderungen

Die Ziele der Migrationspolitik können wie folgt zusammengefasst werden:
-
Steuerung der Migration: Durch das duale Zulassungssystem der Schweiz, das bei der Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften zwischen EU/EFTA- und Drittstaatsangehörigen unterscheidet, werden die Bedürfnisse der Wirtschaft berücksichtigt und Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand gefördert. Die Steuerung der Migration stellt sicher, dass die Schweiz auch bei einer alternden Bevölkerung über genügend Arbeitskräfte in essenziellen Sektoren wie etwa dem Gesundheitswesen verfügt.
-
Humanitäre Verpflichtungen erfüllen: Die humanitäre Tradition wird weitergeführt, indem Verfolgten der notwendige Schutz gewährt wird.
-
Missbrauch verhindern: Die illegale Migration, der Menschenhandel und -schmuggel sowie der Missbrauch im Asyl- und Ausländerrecht werden konsequent verfolgt, um die innere Sicherheit und den sozialen Frieden zu gewährleisten.
-
Integration fördern: Die Integration der Ausländerinnen und Ausländer in die Gesellschaft wird erwartet und gefördert. Dies umfasst den Zugang zur Bildung, zum Arbeitsmarkt und zum gesellschaftlichen Leben, um die Chancengleichheit zu gewährleisten und soziale Spannungen zu vermeiden.
-
Internationale Zusammenarbeit stärken: Die Schweiz wirkt aktiv in internationalen Gremien mit und kooperiert mit anderen Ländern, um gemeinsame Herausforderungen wie die Rückkehr und die Wiedereingliederung der betroffenen Personen in ihren Heimat- oder Herkunftsstaat zu erleichtern und den Schutz der Grenzen zu gewährleisten. Im Rahmen der internationalen Migrationspolitik sollen Personen in Krisensituationen vor Ort unterstützt werden. Zudem soll den Grundursachen für Flucht und Vertreibung wirksam entgegengetreten werden.
Herausforderungen der Migrationspolitik
Die Migrationspolitik enthält komplexe Herausforderungen, die sowohl innenpolitische als auch internationale Aspekte betreffen. Dabei sind die Bedürfnisse der Wirtschaft und der ansässigen Wohnbevölkerung, die humanitären Verpflichtungen und Herausforderungen wie die gesellschaftliche Akzeptanz in Einklang zu bringen. In einer zunehmend vernetzten Welt, die von wirtschaftlichen Umbrüchen, geopolitischen Krisen und demografischen Veränderungen geprägt ist, muss die Migrationspolitik regelmässig überprüft werden.
Die Schweiz ist ergänzend zum inländischen Arbeitskräftepotenzial auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen, um wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand sowie die Versorgung mit wichtigen Gütern und Dienstleistungen zu sichern. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass die Zuwanderung nicht zu sozialen Spannungen führt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Integration. Die wachsende Vielfalt der Bevölkerung stellt hohe Anforderungen an die Integrationspolitik, die soziale Kohäsion und den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern soll. Eine erfolgreiche Integration ist ein Schlüsselfaktor, um die positive Wirkung der Migration voll auszuschöpfen und Konflikte zu vermeiden.
Zudem sieht sich die Schweiz durch die anhaltenden globalen Krisen, beispielsweise durch bewaffnete Konflikte und den Klimawandel, einer gestiegenen Zahl von Flüchtlingsbewegungen gegenüber. Hier ist die Herausforderung, einerseits humanitäre Hilfe zu leisten und andererseits die eigenen Kapazitäten und Ressourcen effizient einzusetzen. Nicht zuletzt ist das Verhältnis zur EU ein zentrales Element der Migrationspolitik. Die Debatten um die Personenfreizügigkeit und die daraus resultierenden Regelungen prägen die bilateralen Beziehungen und erfordern ein kontinuierliches Austarieren von nationalen Interessen und internationalen Verpflichtungen.
Der Bundesrat strebt somit eine ausgewogene Migrationspolitik an, die den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes und der ansässigen Wohnbevölkerung gerecht wird, humanitäre Verpflichtungen erfüllt und die Integration fördert, während sie gleichzeitig die gesellschaftlichen Herausforderungen und sicherheitspolitischen Aspekte im Blick behält.

2.1.2 Laufende Umsetzung der Migrationspolitik

Die Migrationspolitik der Schweiz unterscheidet zwischen dem sogenannten Ausländerbereich einerseits und dem Asylbereich andererseits; für jeden der Bereiche gelten jeweils unterschiedliche Rechtsgrundlagen. Die im Ausländerbereich geltenden Einreise-, Zulassungs- und Aufenthaltsbedingungen sind im AIG, im FZA und in weiteren von der Schweiz abgeschlossenen internationalen Abkommen geregelt (z. B. EFTA-Übereinkommen). Die Verweise in der vorliegenden Botschaft auf das FZA beziehen sich auf die seit 1999 geltende Fassung, die Verweise auf das EFTA-Übereinkommen auf die seit 2001 geltende Fassung. Die Asylpolitik der Schweiz basiert auf dem AsylG und auf Verpflichtungen aus dem internationalen Recht.
Zur Stärkung der inneren Sicherheit und der Grenzen sowie zur Verhinderung von Missbrauch im Asyl- und Ausländerrecht werden sowohl vom Bundesrat als auch von der Bundesversammlung laufend Massnahmen ergriffen. Dazu gehören unter anderem:
-
Auswertung von elektronischen Datenträgern zur Abklärung der Identität, der Nationalität und des Reisewegs einer asylsuchenden Person: Die Pa. Iv. Rutz Gregor vom 17. März 2017 (17.423 «Mitwirkungspflicht im Asylverfahren. Überprüfungsmöglichkeit bei Mobiltelefonen») wird per 1. April 2025 umgesetzt.
-
Lebensmittelpunkt bei der Bewilligungserteilung und Anwesenheitspflicht in der zugewiesenen Unterkunft: Bei der Erteilung einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung soll der Lebensmittelpunkt in der Schweiz liegen. Wird der Lebensmittelpunkt verlegt, soll die Bewilligung erlöschen. Damit wird die Motion Marchesi Piero vom 23. September 2021 (21.4076 «Aufenthaltsbewilligungen für Ausländerinnen und Ausländer. Der Grundsatz des Lebensmittelpunkts soll wieder eindeutig anwendbar sein») umgesetzt. Zudem soll im Rahmen des Wegweisungsvollzugs eine rechtliche Grundlage für die Anwesenheitspflicht in der zugewiesenen Unterkunft geschaffen werden. Der Bundesrat eröffnete am 15. Dezember 2023 die Vernehmlassung. Sie dauerte bis zum 29. März 2024. ¹2
-
Tieferer Unterstützungsansatz bei der Sozialhilfe bei der Ersterteilung von Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligungen im Anschluss an die Einreise: Der Bundesrat eröffnete am 26. Januar 2022 die Vernehmlassung. Sie dauerte bis am 3. Mai 2022. ¹3
In der laufenden Legislaturperiode wurden weitere gesetzgeberische Massnahmen vorgeschlagen und beschlossen (Stand: 20.12.2024):
-
Das Postulat Bellaiche vom 1. März 2023 (23.3042 «Positiv geprägte Vision einer 10-Millionen-Schweiz») verlangt, dass das Zukunftsbild einer 10-Millionen-Schweiz konkretisiert wird. Der entsprechende Bericht soll darlegen, wie der Bundesrat die Auswirkungen sowie Chancen und Herausforderungen der demografischen Entwicklung in seinen Planungsinstrumenten und Massnahmen berücksichtigt.
-
Die Motion Salzmann vom 8. März 2023 (23.3082 «Rückführungsoffensive und konsequente Ausweisung von Straftätern und Gefährdern») beauftragt den Bundesrat, ein Konzept vorzulegen, wie die Zahl der Rückführungen und Ausweisungen in den kommenden Jahren deutlich erhöht werden kann (überwiesen an den Bundesrat).
-
Das Postulat Müller Damian vom 15. Juni 2023 (23.3837 «Wiederermöglichung der unbürokratischen Anordnung der Administrativhaft durch die Bundesasylzentren») beauftragt den Bundesrat, die Wiedereinführung der Möglichkeit für die BAZ zu prüfen und direkte Administrativhaft anzuordnen (überwiesen an den Bundesrat).
-
Die Motion de Quattro vom 16. Juni 2023 (23.3886 «Die Schweiz braucht eine Taskforce ‹Asyl›») (angenommen NR).
-
Das Postulat Caroni vom 7. Dezember 2023 (23.4365 «Zuwanderungsabgabe. Vor- und Nachteile, mögliche Ausgestaltungen sowie Einbettung») beauftragt den Bundesrat, die Vor- und Nachteile, die möglichen Ausgestaltungen sowie die verfassungsrechtliche und internationale Einbettung einer Zuwanderungsabgabe und verwandter Steuerungsinstrumente zu prüfen. Das EJPD (SEM) erarbeitet derzeit einen entsprechenden Bericht, der dem Bundesrat bis im Frühjahr 2026 vorgelegt wird.
-
Die Motion Caroni vom 21. Dezember 2023 (23.4447 «Massnahmen gegen Ausländer, die gewaltsam dasjenige Regime unterstützen, vor dem sie angeblich geflohen sind») beauftragt den Bundesrat, eine Reform des Ausländerrechts zu erarbeiten, damit gegen Personen vorgegangen werden kann, die sich wegen angeblicher Verfolgung durch das Regime in ihrem Herkunftsland in der Schweiz aufhalten, hierzulande aber ebendieses Regime namentlich gewaltsam unterstützen (überwiesen an den Bundesrat).
-
Die Motion Gössi vom 21. Dezember 2023 (23.4440 «Rückführung von Eritreern, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Abschluss eines Transitabkommens mit einem Drittstaat») verlangt, dass der Bundesrat einen Drittstaat identifiziert, der bereit ist, ein Transitabkommen abzuschliessen. Das abzuschliessende Transitabkommen soll zunächst nur für eritreische Staatsangehörige gelten, deren Asylantrag abgelehnt wurde (überwiesen an den Bundesrat).
-
Das Postulat Caroni vom 22. Dezember 2023 (23.4490 «Auslegeordnung zu Asylverfahren und zum Wegweisungsvollzug im Ausland») beauftragt den Bundesrat, in einem Bericht eine Auslegeordnung zu Asylverfahren und Wegweisungsvollzug im Ausland (insbesondere in Drittstaaten) zu machen (überwiesen an den Bundesrat).
-
Die Motion Würth vom 26. Februar 2024 (24.3022 «Für die Akzeptanz des Schutzstatus S braucht es Anpassungen») beauftragt den Bundesrat, Anpassungen beim Schutzstatus S vorzunehmen (überwiesen an den Bundesrat) sowie die gleichlautende Motion Paganini vom 27. Februar 2024 (24.3035 «Für die Akzeptanz des Schutzstatus S braucht es Anpassungen») (überwiesen an den Bundesrat).
-
Die Motion der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 28. Februar 2024 (24.3059 «Datenaustausch bei illegalen Migranten systematisieren») (angenommen NR) sowie die gleichlautende Motion Salzmann vom 29. Mai 2024 (24.3498 «Datenaustausch bei illegalen Migranten systematisieren»).
-
Die Motion der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 28. Februar 2024 (24.3057 «Kein Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene») sowie die gleichlautende Motion Friedli Esther vom 30. Mai 2024 (24.3511 «Kein Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene») (erledigt).
-
Das Postulat Friedli Esther vom 13. März 2024 (24.3165 «Wäre die Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende auch in der Schweiz eine Möglichkeit?») beauftragt den Bundesrat, in einem Bericht aufzuzeigen, was die Vor- und Nachteile von Bezahlkarten für Asylsuchende bringen, welche Gesetzesbestimmungen geändert werden müssten und ob und wie sie auch in der Schweiz eingeführt werden könnten (überwiesen an den Bundesrat).
-
Die Motion Müller Damian vom 15. März 2024 (24.3373 «Migrationsabkommen mit Marokko anstreben») beauftragt den Bundesrat, mit Marokko Verhandlungen zu einem Migrationsabkommen aufzunehmen. Das Abkommen muss eine Klausel enthalten, die die Organisation von zwangsweisen Rückführungen per Sonderflug sowie die Möglichkeit von Rückführungen auf dem Seeweg ermöglicht (überwiesen an den Bundesrat).
-
Die Motion Friedli Esther vom 15. März 2024 (24.3378 «Schutzstatus S auf wirklich Schutzbedürftige beschränken») beauftragt den Bundesrat, den am 1. November 2023 erneut verlängerten Schutzstatus S zu beschränken (überwiesen an den Bundesrat).
-
Die Motion Gredig vom 17. April 2024 (24.3456 «Schutzstatus S. Erwerbsanreize und Perspektiven schaffen») (erledigt).
-
Die Motion de Quattro vom 4. Dezember 2024 (24.4292 «Asylgesuchen, die nur aufgrund einer medizinischen Behandlung in der Schweiz eingereicht werden, ein Ende setzen»).
-
Die Motion der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 9. Dezember 2024 (24.4321 «Wer über sichere Drittstaaten einreist, wird an der Grenze zurückgewiesen») sowie die gleichlautende Motion Chiesa vom 9. Dezember 2024 (24.4318 «Wer über sichere Drittstaaten einreist, wird an der Grenze zurückgewiesen»).
-
Die Motion der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 9. Dezember 2024 (24.4322 «Volkswille achten: Art. 121 a der Bundesverfassung endlich umsetzen»).
-
Die Motion Friedli Esther vom 18. Dezember 2024 (24.4429 «Kein Asylverfahren und kein Bleiberecht für Verbrecher - Bevölkerung endlich schützen!»).
-
Die Motion Stark vom 18. Dezember 2024 (24.4444 «Von Dänemark und Schweden lernen: Familiennachzug auf die Interessen der Schweiz ausrichten»).
-
Die Motion Golay Roger vom 19. Dezember 2024 (24.4483 «Die medizinische Versorgung von Asylsuchenden allein durch öffentliche Spitäler gewährleisten»).
-
Die Motion Wasserfallen Christian vom 19. Dezember 2024 (24.4481 «Förderung der freiwilligen Ausreise straffälliger Asylsuchender»).
-
Die Motion Schwander vom 19. Dezember 2024 (24.4495 «Bevölkerung schützen. Bewegungsfreiheit von Asylkriminellen konsequent einschränken»).
-
Die Motion der FDP-Liberale Fraktion vom 19. Dezember 2024 (24.4508 «Unterstützung der Kantone beim Wegweisungsvollzug»).
-
Die Motion der FDP-Liberale Fraktion vom 19. Dezember 2024 («24.4507 «Verschärfung der Landesverweisung für straffällige Drittstaatsangehörige»).
-
Die Motion Schmid Pascal vom 20. Dezember 2024 (24.4588 «Von Schweden und Dänemark lernen: Asyl nicht mehr unbefristet gewähren. Zurück zum Kerngehalt des Asylrechts.»).
-
Die Motion Pahud vom 20. Dezember 2024 (24.4584 «Krankenkassenprämien senken, indem Asylsuchende aus dem KVG entlassen werden»).
-
Die Motion Gianini vom 20. Dezember 2024 (24.4677 «Effizientere Kontrolle der Migrationsströme dank neuer Technologien»).
Durch verschiedene Massnahmen werden die Kontrollen und die Sicherheit an den Aussengrenzen des Schengen-Raums kontinuierlich verbessert:
-
EU-Migrations- und Asylpakt: Der Pakt enthält verschiedene EU-Verordnungen, die die bestehenden Rechtsgrundlagen zum Migrations- und Asylsystem reformieren und der Schaffung eines gerechteren, effizienteren und krisenresistenteren Migrations- und Asylsystems für den Schengen-/Dublin-Raum dienen. Mit dieser Reform soll insbesondere die irreguläre Migration nach und die Sekundärmigration innerhalb Europas verringert werden.
-
Geplante Inbetriebnahme des Entry/Exit-System EES im Schengen-Raum: Mit der elektronischen Erfassung der Ein- und Ausreisen von Drittstaatsangehörigen sowie der automatischen Berechnung der Aufenthaltsdauer im Schengen-Raum trägt das EES dazu bei, die Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen weiter zu verstärken. Es erhöht damit nicht nur die Übersicht darüber, wer sich zu welchem Zeitpunkt im Schengen-Raum aufhält, sondern auch die Sicherheit im Schengen-Raum. Mit der Automatisierung zahlreicher Prozesse durch den Einsatz weiterer moderner Technologien soll die Grenzkontrolle zudem effizienter gestaltet werden.
-
Geplante Inbetriebnahme des Europäischen Reiseinformations- und ge nehmigungssystems ETIAS: Visumbefreite Drittstaatsangehörige, die in den Schengen-Raum einreisen wollen, werden - mit wenigen Ausnahmen - verpflichtet, vor Antritt ihrer Reise in den Schengen-Raum online eine gebührenpflichtige Reisegenehmigung zu beantragen. Auch diese Massnahme verbessert die Kontrolle über die Anwesenheit im Schengen-Raum und trägt zur Gewährleistung der inneren Sicherheit bei. Mit diesem System wird ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mobilität und Sicherheit gewährleistet.
-
Interoperabilität: Die Interoperabilität wird verschiedene EU-Informationssysteme miteinander vernetzen. Mit einer Abfrage erhalten Grenzkontroll-, Migrations- und Strafverfolgungsbehörden künftig umfassende Informationen aus allen für sie relevanten Informationssystemen. Damit wird die Identifizierung von Personen erleichtert, und Mehrfachidentitäten sowie Identitätsbetrug können aufgedeckt werden. Die Umsetzung der Interoperabilität ermöglicht zudem effizientere Kontrollen an den Aussengrenzen und leistet somit einen Beitrag zur Migrationssteuerung und Gewährleistung der Sicherheit im Schengen-Raum.
Freizügigkeitsabkommen
Die ausländerrechtlichen und arbeitsmarktlichen Steuerungsmöglichkeiten sind im Rahmen der Personenfreizügigkeit beschränkt. Die bestehenden Instrumente im Bereich der flankierenden Massnahmen sowie im Ausländerbereich werden deshalb konsequent genutzt: ¹4
-
Flankierende Massnahmen: Mit der schrittweisen Einführung des freien Personenverkehrs ging der Verzicht auf die vorgängige Kontrolle der Einhaltung der üblichen Arbeits- und Lohnbedingungen als Voraussetzung zur Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung einher. Wegen der Befürchtung, die einheimischen Arbeitskräfte könnten verdrängt werden und die Löhne unter Druck kommen, wurden flankierende Massnahmen eingeführt und mehrfach weiterentwickelt. Deren Ziel ist es, einerseits die missbräuchliche Unterbietung der Schweizer Arbeits- und Lohnbedingungen zu verhindern und andererseits faire Wettbewerbsbedingungen für die in- und ausländischen Unternehmen zu gewährleisten.
-
Zulassungsbeschränkungen im Rahmen des FZA: Beim Beitritt neuer Staaten zur EU wird das FZA durch Protokolle ergänzt, welche als Übergangsregelung die Möglichkeit zur Anrufung einer Ventilklausel gegenüber jedem neuen Mitgliedstaat vorsehen (Art. 10 FZA). Diese Ventilklausel kann angerufen werden, wenn die Zuwanderung von Arbeitskräften in einem bestimmten Jahr das Mittel der letzten drei Jahre um mehr als 10 Prozent überschreitet. In diesem Fall kann die Zuwanderung von Arbeitskräften für die nächsten zwei Jahre auf den Durchschnitt der letzten drei Jahre plus 5 Prozent beschränkt werden. Der Bundesrat hat mehrmals von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, zuletzt gegenüber Kroatien, für das die Übergangsfrist am 31. Dezember 2026 endet. Vorbehaltlich einer weiteren Erweiterung der Europäischen Union wird es danach nicht mehr möglich sein, eine solche Ventilklausel gegenüber einem EU-Staat anzuwenden.
«Gesamtstrategie Asyl»
Im Rahmen der sogenannten «Gesamtstrategie Asyl» ist das EJPD seit 2024 zusammen mit den Kantonen, Gemeinden und Städten dabei, fünf Jahre nach Einführung der Neustrukturierung des Asylbereichs eine umfassende Soll-Ist-Analyse des Asylsystems zu vollziehen. Die Entwicklungen der letzten Jahre (Covid-19-Pandemie, Anwendung des S-Status, hohe Asylgesuche Herbst 2022) haben das System, das sich im Grundsatz bewährt hat, an die Belastungsgrenze gebracht. Aus diesem Grund muss die Strategie mit den gemachten Erfahrungen überprüft und geschärft werden. Mit der «Gesamtstrategie Asyl» sollen deshalb jene Handlungsfelder benannt werden, die für ein erfolgreich funktionierendes Asylsystem in der Schweiz massgeblich sind. Der Lenkungsausschuss der Gesamtstrategie, bestehend aus dem Vorsteher des EJPD und den Präsidien von SODK, KKJPD, SGV und des SSV, hat bisher insbesondere die Bereiche «Asylverfahren», «Schwankungstauglichkeit» und «Gesellschaftliche Akzeptanz, Sicherheit und Integration» als prioritäre Handlungsfelder definiert. Diese können auch Einfluss auf die Einwanderung haben, indem etwa Massnahmen zur Entlastung des Asylsystems von nicht schutzbedürftigen Personen erarbeitet werden können oder indem mit gezielten Massnahmen gegenüber derelinquierenden Wiederholungstäterinnen und -tätern nicht nur die Sicherheitslage verbessert, sondern auch präventiv Wirkung entfaltet werden soll.
Im Rahmen einer Asylkonferenz im Herbst 2025 sollen eine Analyse des bestehenden Systems sowie dessen Schwächen und Stärken vorgestellt werden. Daraus werden dann die nächsten konkreten Handlungsschritte im Verbund definiert, etwa Massnahmen wie ein vorgelagertes Verfahren, damit nicht schutzbedürftige Personen gar nicht erst ein Asylgesuch stellen.
¹2 BK: «Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes: Erleichterung der selbstständigen Erwerbstätigkeit, Berücksichtigung des Lebensmittelpunkts und Zugriffe auf Informationssysteme».
¹3 BK: «Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes: Einschränkung der Sozialhilfeleistungen für Ausländerinnen und Ausländer aus Drittstaaten».
¹4 Botschaft «Begrenzungsinitiative», BBl 2019 5027 .

2.1.3 Zulassungssystem im Ausländerbereich

Die Schweiz kennt heute ein duales Zulassungssystem, das zwischen Personen aus den EU/EFTA-Staaten und aus Drittstaaten unterscheidet.
Zulassung im Rahmen der Personenfreizügigkeit
Das FZA wurde am 21. Juni 1999 als Teil der Bilateralen Abkommen I (Bilaterale I) abgeschlossen und trat am 1. Juni 2002 in Kraft. Mit der Einführung der Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und den EU/EFTA-Staaten wurde der Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt für EU/EFTA-Staatsangehörige erleichtert. Erwerbstätige aller Qualifikationsstufen aus den EU/EFTA-Staaten haben einen vereinfachten Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Gleichzeitig haben auch Schweizer Staatsangehörige das Recht erhalten, ihren Arbeitsplatz beziehungsweise ihren Aufenthaltsort innerhalb der Staatsgebiete der Vertragsparteien frei zu wählen. Ergänzt wird das Freizügigkeitsrecht durch die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen und die Koordinierung der sozialen Systeme. Das FZA regelt auch das Aufenthaltsrecht von Personen ohne Erwerbstätigkeit, beispielsweise Studierende oder Rentnerinnen und Rentner.
Die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und den EU/EFTA-Staaten gilt dabei nicht bedingungslos: Voraussetzung ist, dass ein gültiger Arbeitsvertrag vorliegt oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit nachgewiesen werden kann; bei einem Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit muss nachgewiesen werden, dass ausreichende finanzielle Mittel sowie eine umfassende Krankenversicherung vorhanden sind.
EU/EFTA-Staatsangehörige, die in der Schweiz das Aufenthaltsrecht erworben haben, haben gestützt auf das FZA auch das Recht, ihre Familienangehörigen nachzuziehen. EU/EFTA-Staatsangehörige mit einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA oder einer Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA (Arbeitnehmende, selbstständig Erwerbende, Nichterwerbstätige) können ihre Ehegattin oder ihren Ehegatten und die Verwandten in absteigender Linie (oder diejenigen der Ehegattin oder des Ehegatten), die jünger sind als 21 Jahre oder denen Unterhalt gewährt wird, nachziehen. Zudem besteht - ausser für Studierende - auch das Recht auf den Nachzug von eigenen Verwandten oder den Verwandten der Ehegattin oder des Ehegatten in aufsteigender Linie, denen Unterhalt gewährt wird. Wer seine Familie nachziehen will, muss über eine angemessene Wohnung verfügen. Selbstständig Erwerbende und Personen ohne Erwerbstätigkeit müssen darüber hinaus nachweisen, dass sie über die nötigen finanziellen Mittel für den Unterhalt der nachgezogenen Familienangehörigen verfügen.
Die Personenfreizügigkeit löste das vorherige Kontingentsystem für EU/EFTA-Staatsangehörige und insbesondere auch das sogenannte Saisonnierstatut ab. Seit den 1930er-Jahren basierte die schweizerische Migrationspolitik im Wesentlichen auf dem sogenannten Rotationsprinzip: Ausländische Arbeitskräfte - sogenannte Saisonniers - wurden nach wirtschaftlichem Bedarf in die Schweiz geholt. Sie durften während höchstens neun Monaten in der Schweiz arbeiten und mussten dann das Land für mindestens drei Monate verlassen, bevor sie erneut zurückkommen konnten. Ab Mitte der 1960er-Jahre wurden zudem verschiedene Kontingentierungsmodelle eingeführt.
Die Einführung der Personenfreizügigkeit erfolgte schrittweise:
-
Im Juni 2002 trat das FZA für die damals 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Kraft. Der Zugang zum Arbeitsmarkt war während einer Übergangsfrist in quantitativer und qualitativer Hinsicht beschränkt.
-
Mit der Aufnahme weiterer Staaten in die EU wurde die Personenfreizügigkeit nach und nach auf 27 Mitgliedstaaten ausgeweitet.
-
Nach der EU-Erweiterung am 1. Mai 2004 wurde das FZA durch das Protokoll I ergänzt. Dieses regelt die schrittweise Einführung der Personenfreizügigkeit für folgende zehn EU-Staaten: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern. Am 25. September 2005 nahm das Schweizer Stimmvolk das Protokoll I mit 56 Prozent der Stimmen an. ¹5 Dieses trat am 1. April 2006 in Kraft.
-
Am 8. Februar 2009 sprachen sich 59,6 Prozent der Stimmberechtigten für die Weiterführung des FZA und das Protokoll II zur Ausdehnung des FZA auf Rumänien und Bulgarien aus. Das Protokoll II trat am 1. Juni 2009 in Kraft. ¹6
-
Kroatien wurde am 1. Juli 2013 Mitglied der EU. Die Erweiterung des FZA auf Kroatien wurde im Protokoll III ausgehandelt. Am 17. Juni 2016 genehmigte die Bundesversammlung das Protokoll III, das am 1. Januar 2017 in Kraft trat. ¹7
-
Das Vereinigte Königreich hat die EU am 31. Januar 2020 verlassen. Bis 31. Dezember 2020 blieb das FZA gegenüber diesem Staat in einer Übergangsphase anwendbar. Seit dem 1. Januar 2021 gelten Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs als Drittstaatsangehörige; sie unterliegen seit diesem Datum grundsätzlich den Bestimmungen des AIG. ¹8
Zur Stabilisierung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs siehe dazu die Erläuterungen unter Ziffer 5.
Zulassung von Personen aus Drittstaaten
Die Zulassung von erwerbstätigen Personen aus Drittstaaten wird im AIG geregelt. Sie erfolgt komplementär zum FZA und beschränkt sich auf benötigte, gut qualifizierte Arbeitskräfte, deren nachhaltige berufliche und soziale Integration gesichert erscheint. Die Zulassung von erwerbstätigen Drittstaatsangehörigen muss dem gesamtwirtschaftlichen Interesse entsprechen, und es bestehen Höchstzahlen (sogenannte Kontingente), die vom Bundesrat jährlich festgelegt werden (Art. 20 AIG); für das Jahr 2024 sind es 4500 Aufenthaltsbewilligungen und 4000 Kurzaufenthaltsbewilligungen. Zusätzlich stehen für das Jahr 2024 für Erwerbstätige aus dem Vereinigten Königreich im Sinne einer Übergangslösung ein separates Kontingent von 1400 Kurzaufenthaltsbewilligungen und 2100 Aufenthaltsbewilligungen B zur Verfügung (Anhänge 1 und 2 der VZAE).
Neben der quantitativen Beschränkung gilt bei der Zulassung von Erwerbstätigen aus Drittstaaten ein Vorrang der inländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Angehörigen der Staaten, mit denen ein Freizügigkeitsabkommen abgeschlossen wurde (Art. 21 AIG). Des Weiteren müssen die orts-, berufs- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen eingehalten werden (Art. 22 AIG). Eine Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit kann gestützt auf das AIG nur erfolgen, wenn diese dem gesamtwirtschaftlichen Interesse der Schweiz entspricht (Art. 18 und 19 AIG) und entsprechend qualifiziertes Personal nicht im Inland oder in den EU/EFTA-Staaten gefunden werden kann.
Neben der Zulassung von Arbeitskräften aus Drittstaaten regelt das AIG die Zulassung von nicht erwerbstätigen Drittstaatsangehörigen (Art. 27-29 a AIG), die insbesondere zur Aus- oder Weiterbildung, medizinischen Behandlung oder Familienzusammenführung oder als Rentnerinnen und Rentner in die Schweiz kommen, oder um schwerwiegenden persönlichen Härtefällen oder wichtigen öffentlichen Interessen Rechnung zu tragen. Artikel 30 Absatz 1 Buchstaben a-l AIG sieht die Möglichkeit vor, von den Zulassungsvoraussetzungen abzuweichen, um insbesondere den Aufenthalt von Pflegekindern (Art. 30 Abs. 1 Bst. c AIG) und von Opfern sowie Zeuginnen und Zeugen von Menschenhandel (Art. 30 Abs. 1 Bst. e AIG) zu regeln oder um schwerwiegenden persönlichen Härtefällen oder wichtigen öffentlichen Interessen Rechnung zu tragen (Art. 30 Abs. 1 Bst. b AIG).
Härtefälle
Gemäss dem AIG kann von den Zulassungsvoraussetzungen abgewichen werden, um schwerwiegenden persönlichen Härtefällen Rechnung zu tragen (Art. 30 Abs. 1 Bst. b AIG). Die Annahme eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalls setzt voraus, dass sich die betroffene Person in einer persönlichen Notlage befindet. Zudem müssen ihre Lebens- und Daseinsbedingungen gemessen am durchschnittlichen Schicksal von anderen ausländischen Personen in gesteigertem Mass in Frage gestellt sein. Die Härtefallregelung bezweckt nicht den Schutz vor kriegerischen Ereignissen und staatlichen Übergriffen oder ähnlichen Situationen, die den Vollzug der Wegweisung unzulässig, unzumutbar oder unmöglich machen. In diesen Fällen ist die Anordnung einer vorläufigen Aufnahme zu prüfen.
Für die Beurteilung, ob ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vorliegt, sind die in Artikel 31 VZAE genannten Kriterien zu beachten. Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Die wichtigsten Kriterien, die erfüllt sein müssen, sind die Integration der ausländischen Person, die Familienverhältnisse, die finanziellen Verhältnisse, die Dauer der Anwesenheit in der Schweiz, der Gesundheitszustand, die Möglichkeiten für eine Wiedereingliederung im Herkunftsstaat und die Pflicht zur Offenlegung der Identität (Art. 31 VZAE).
¹5 Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 25. September 2005 (Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Staaten und Revision der flankierenden Massnahmen), BBl 2005 6903 .
¹6 Bundesbeschluss über die Genehmigung der Weiterführung des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten sowie über die Genehmigung und die Umsetzung des Protokolls über die Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens auf Bulgarien und Rumänien, AS 2009 2411 .
¹7 Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Protokolls zum Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft sowie ihren Mitgliedstaaten andererseits betreffend die Ausdehnung auf die Republik Kroatien, AS 2016 5233 .
¹8 Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die wohlerworbenen Rechte.

2.1.4 Die Schweizer Asylpolitik

Die Schweizer Asylpolitik richtet sich nach den Grundsätzen der FK. Das AsylG definiert, wer als Flüchtling anerkannt wird. Nach Massgabe dieser rechtlichen Grundlagen sind Flüchtlinge Personen, die in ihrem Heimatstaat wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauung ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind. Flüchtling kann somit nur sein, wer:
-
aktuell ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder solche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zeit zu befürchten hat;
-
aus einem bestimmten Motiv heraus gezielt verfolgt wird;
-
keinen Schutz durch den Heimatstaat erhält; und
-
keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung hat.
Im Asylverfahren wird geklärt, ob Anspruch auf Schutz besteht. Dabei unterzieht das SEM jedes Asylgesuch einer sorgfältigen und individuellen Prüfung. Mit der Revision des Asylgesetzes, die seit dem 1. März 2019 in Kraft ist, wird ein Grossteil der Asylverfahren innerhalb von 140 Tagen durchgeführt und abgeschlossen. Diese beschleunigten Verfahren folgen einem strikten Ablauf und sind zeitlich über alle Stufen getaktet. In einem der sechs Bundesasylzentren mit Verfahrensfunktion werden die Asylsuchenden registriert, die Asylgesuche geprüft und die meisten Asylverfahren abgeschlossen.
Bei den Asylverfahren gilt es zu prüfen, ob die Asylgründe glaubhaft sind und - falls dies zutrifft - ob die Flüchtlingseigenschaft gemäss AsylG erfüllt ist. Anerkannte Flüchtlinge erhalten meist Asyl. Dies ist aber nicht der Fall, wenn sie beispielsweise verwerfliche Handlungen begangen haben oder die Sicherheit der Schweiz gefährden. Asylsuchende, deren Gesuch abgelehnt wird, haben die Schweiz in der Regel zu verlassen. In diesen Fällen muss jedoch geprüft werden, ob Wegweisungshindernisse bestehen. Sind solche vorhanden, verfügt das SEM eine vorläufige Aufnahme in der Schweiz. Andernfalls sind die kantonalen Migrationsbehörden - oftmals in Zusammenarbeit mit den zuständigen Bundesstellen - für den Vollzug der Wegweisung verantwortlich. Asylsuchende haben die Möglichkeit, gegen ablehnende Entscheide des SEM Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzureichen.
Auch Ehegattinnen und Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder werden als Flüchtlinge in der Schweiz anerkannt, sofern keine besonderen Umstände dagegen sprechen (Art. 51 Abs. 1 AsylG). Wurden die Familienangehörigen durch die Flucht getrennt und befinden sie sich im Ausland, so ist ihnen die Einreise zu bewilligen (Art. 51 Abs. 4 AsylG). Ebenso können vorläufig aufgenommene Personen und vorläufig aufgenommene Flüchtlinge nach drei Jahren, und sofern weitere Voraussetzungen erfüllt sind, ihre Familienangehörigen im Rahmen der Familienzusammenführung in die Schweiz holen (Art. 85 c AIG). Die bestehende Nachzugsfrist von drei Jahren soll im AIG auf zwei Jahre verkürzt werden. Siehe dazu die Erläuterungen unter Ziffer 3.3.2 «Massnahmen nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze vor 2050».
Die Schweiz wendet seit dem 12. Dezember 2008 auch das Dublin-Verfahren an. Das Dublin-Assoziierungsabkommen regelt die Zuständigkeit eines bestimmten Dublin-Staates für die Durchführung des Asylverfahrens. Grundsätzlich ist derjenige Staat für die Behandlung eines Asylgesuchs zuständig, in dem das erste Gesuch eingereicht wurde.
Für notleidende Menschen in Kriegs- oder Katastrophengebieten bemüht sich die Schweiz vor Ort, rasch Hilfe zu leisten. Sie beteiligt sich an internationalen Gemeinschaftsaktionen, die zum Schutz und zur Unterstützung von notleidenden Bevölkerungsgruppen organisiert werden. Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit bemüht sich der Bundesrat um nachhaltig wirksame Massnahmen zur Eindämmung der Ursachen von Flucht und unfreiwilliger Migration.

2.1.5 Integrationspolitik der Schweiz

Ziel der Integration ist das Zusammenleben der einheimischen und ausländischen Wohnbevölkerung auf der Grundlage der Werte der BV und gegenseitiger Achtung und Toleranz (Art. 4 Abs. 1 AIG). Die Integration soll längerfristig und rechtmässig anwesenden Ausländerinnen und Ausländern ermöglichen, am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben der Gesellschaft teilzuhaben (Art. 4 Abs. 2 AIG). Die Integration setzt sowohl den entsprechenden Willen der Ausländerinnen und Ausländer als auch die Offenheit der schweizerischen Bevölkerung voraus (Art. 4 Abs. 3 AIG). Es ist erforderlich, dass sich Ausländerinnen und Ausländer mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und Lebensbedingungen in der Schweiz auseinandersetzen und insbesondere eine Landessprache erlernen (Art. 4 Abs. 4 AIG).
Umsetzung der Integrationspolitik
Die Umsetzung der Integrationspolitik stützt sich auf das Konzept von «fördern» und «fordern». Die Integrationsförderung ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie der Bevölkerung und der Wirtschaft (Art. 53 AIG). Sie erfolgt in erster Linie in den bestehenden Regelstrukturen auf Ebene des Bundes, der Kantone und der Gemeinden (Art. 54 AIG). Es bestehen jedoch auch Anforderungen an die Integration. Seit 2019 sind diese in Form von Integrationskriterien konkretisiert (Art. 58 a AIG). Die Kantone haben die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen die Erteilung oder Verlängerung von Aufenthaltstiteln mit dem Nachweis zu verknüpfen, dass bestimmte Integrationskriterien erfüllt werden. Zu diesem Zweck können sie Integrationsvereinbarungen abschliessen (Art. 58 b AIG).
Im Rahmen der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (Art. 56 AIG) unterstützt der Bund seit 2014 die Umsetzung von kantonalen Integrationsprogrammen finanziell, einschliesslich der Integrationsagenda Schweiz seit 2019; darüber hinaus fördert der Bund weitere Programme und Projekte von nationaler Bedeutung. Diese zielen insbesondere darauf ab, die Beteiligung von Ausländerinnen und Ausländern am Wirtschaftsleben zu fördern und damit das inländische Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen. Die kantonalen Integrationsprogramme bestehen seit 2014.
Im Rahmen der spezifischen Integrationsförderung kann der Bund auch Programme von nationaler Bedeutung unterstützen, die zur besseren Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials beitragen. Zu diesen gehören unter anderem die Bundesprogramme «Integrationsvorlehre» und «Finanzielle Zuschüsse». Die Integrationsvorlehre wurde im Rahmen der Begleitmassnahmen zur Umsetzung der Eidgenössischen Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» eingeführt. Zielgruppe sind Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Asylbereich wie auch spät Eingereiste aus EU/EFTA-Staaten und Drittstaaten. Gestützt auf die Motion der WBK-S vom 24. Juni 2021 (21.3964 «Lücken in der Integrationsagenda schliessen. Chancengerechtigkeit für alle Jugendlichen in der Schweiz») wurde die Integrationsvorlehre ab 2024 etabliert. Das Pilotprogramm «Finanzielle Zuschüsse» wurde im Rahmen eines vom Bundesrat 2019 verabschiedeten Massnahmenpakets zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials eingeführt.
Programm S
Am 13. April 2022 hat der Bundesrat das Programm S beschlossen. Es ermöglicht Personen aus der Ukraine mit Schutzstatus S den Zugang zu allen Integrationsmassnahmen der Kantone. Die Kantone erhalten einen finanziellen Bundesbeitrag von 250 Franken pro Person mit Schutzstatus S und Monat (d. h. 3000 Franken pro Person und Jahr). Am 1. November 2023 gab der Bundesrat das Ziel bekannt, bis Ende 2024 eine Erwerbstätigenquote von 40 Prozent bei Personen mit Schutzstatus S anzustreben. Mit den Massnahmen des Programms S, den Angeboten der Bildung und öffentlichen Arbeitsvermittlung sowie den Aktivitäten der Wirtschaft und Gesellschaft in den Kantonen und Gemeinden ist die Schweiz grundsätzlich gut aufgestellt und auf dem richtigen Weg. Das EJPD (SEM) hat gemeinsam mit dem WBF (SECO, SBFI) ein Bündel zusätzlicher Massnahmen erarbeitet, mit denen die Abläufe, die Kommunikation und die Zusammenarbeit zwischen staatlichen, kantonalen und wirtschaftlichen Akteuren und mit den betroffenen Personen verbessert und verbindlicher ausgestaltet werden.
Gemessen an der Arbeitsmarktintegration, der Bildungsbeteiligung oder der räumlichen Segregation lässt sich festhalten, dass die Integrationsleistung der schweizerischen Gesellschaft und Wirtschaft im Vergleich mit anderen europäischen Staaten und trotz hohem Ausländeranteil im Grossen und Ganzen als erfolgreich bewertet werden kann. Dies zeigen die vom BFS regelmässig publizierten Integrationsindikatoren ¹9 . Vertiefte Analysen zeigen, dass bei gewissen Gruppen von Ausländerinnen und Ausländern die berufliche Integration noch verbessert werden könnte. Dies betrifft insbesondere Frauen im Familiennachzug und Frauen mit einem Fluchthintergrund (siehe unter anderem Bericht des Bundesrates «Gesamtschau zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials»).
¹9 SEM: Kennzahlen KIP/IAS.

2.1.6 Rückkehrpolitik der Schweiz

Die Rückkehrpolitik des Bundes fördert in erster Linie die selbstständige Ausreise. Personen, welche die Schweiz verlassen müssen, erhalten die Gelegenheit, freiwillig und - falls dies gesetzlich möglich ist - mit Rückkehrhilfe in ihren Herkunftsstaat auszureisen. Erfolgt die Ausreise nicht selbstständig, wird die Wegweisung zwangsweise vollzogen. In der konkreten Ausgestaltung des Rückkehrverfahrens respektiert die Schweiz die verfahrensrechtlichen Standards, die sich aus den EU-rechtlichen Bestimmungen für den Schengen-Bereich ergeben und zu deren Einhaltung die Schweiz aufgrund ihrer Schengen-Assoziierung gehalten ist.
Die im Rahmen der Rückkehrhilfe (Art. 93 ff. AsylG) vorgesehenen Massnahmen zielen darauf ab, die Rückkehr und die Wiedereingliederung der betroffenen Personen in ihren Heimat- oder Herkunftsstaat zu erleichtern und eine erneute Migration zu verhindern. Es steht ein gut ausgebautes und bewährtes Rückkehrhilfeangebot zur Verfügung. Über die möglichen Leistungen werden Asylsuchende für den Fall einer Rückkehrpflicht ab Beginn des Aufenthalts in den Bundesasylzentren fortlaufend informiert. Die Förderung der freiwilligen Rückkehr soll bei den Behörden der Herkunftsstaaten der ausreisepflichtigen Personen auch die Akzeptanz der zwangsweisen Rückführungen erhöhen.
Für den Vollzug der Wegweisungen im Asyl- und Ausländerbereich - wie auch für den Vollzug der Ausweisungen und Landesverweisungen - sind die Kantone zuständig (Art. 46 AsylG und Art. 69 AIG). Der Bund unterstützt die mit dem Vollzug beauftragten Kantone. Dies betrifft namentlich die Beschaffung von Reisedokumenten und die Organisation der Ausreise (Art. 71 AIG). Dabei koordiniert das SEM auch die Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten der ausreisepflichtigen Personen.
Die Schweiz verfolgt eine konsequente Rückkehrpolitik; sie zählt zu den vollzugsstärksten Staaten Europas. Auch 2024 konnte die Schweiz ihre konsequente Rückkehrpolitik fortsetzen und die Zahl der Ausreisen um gut 16 Prozent steigern. Im vergangenen Jahr waren insgesamt 6669 Ausreisen und Rückführungen zu verzeichnen (ohne Ukraine).

2.1.7 Migrationsaussenpolitik der Schweiz

Die Zahl der Personen, die weltweit vor Krieg, Konflikten und Verfolgung auf der Flucht sind, war mit mindestens 110 Millionen noch nie grösser als 2023. Die Schweizer Migrationsaussenpolitik ist in dieser Ausgangslage besonders gefordert, um Partnerstaaten bei der Aufnahme von Geflüchteten zu unterstützen, die Perspektiven vor Ort zu verbessern und Alternativen zur irregulären Migration zu schaffen, die Rückkehr nicht schutzbedürftiger Personen zu beschleunigen und das Potenzial der regulären Migration für die nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Mit ihrem migrationsaussenpolitischen Engagement und partnerschaftlichen Kooperationsansatz ist die Schweiz bemüht, die Zusammenarbeit mit den Herkunfts-, Transit- und Zielstaaten sowie mit anderen, multilateralen Akteuren stetig zu intensivieren. Insgesamt hat die Schweiz mit 67 Staaten Vereinbarungen abgeschlossen, welche auch die Rückkehrzusammenarbeit regeln - mehr als jeder andere europäische Staat. Auch mit zahlreichen Herkunftsstaaten ohne spezifisches Abkommen funktioniert die Zusammenarbeit im Rückkehrbereich gut.
Auf europäischer Ebene beteiligte sich die Schweiz im Rahmen ihrer Assoziierung an Schengen und Dublin aktiv an der Ausarbeitung des im Mai 2024 verabschiedeten Migrations- und Asylpakts. Besonders geforderte Länder an der EU-Aussengrenze unterstützt die Schweiz mit der Finanzierung von Projekten im Rahmen des zweiten Schweizer Erweiterungsbeitrags. Auf die im Jahr 2022 mit Österreich und Deutschland vereinbarten Aktionspläne mit grenzpolizeilichen und migrationspolitischen Massnahmen folgte 2023 ein weiterer Aktionsplan mit Frankreich.
Um die verschiedenen Instrumente der schweizerischen Migrationsaussenpolitik effizient und konsequent umzusetzen und die Kohärenz sicherzustellen, ist schliesslich eine enge interdepartementale Zusammenarbeit unerlässlich. Hierzu arbeiten verschiedene Bundesstellen innerhalb der interdepartementalen Struktur zur Koordination der Migrationszusammenarbeit (IMZ-Struktur) eng zusammen. Sie setzen gemeinsam die strategische Verknüpfung von internationaler Zusammenarbeit und Migrationspolitik um.

2.2 Entwicklung der Zuwanderung und des Bevölkerungswachstums

2.2.1 Entwicklung der Zuwanderung

Entwicklung der Zuwanderung im Ausländerbereich
Die Zuwanderung in die Schweiz war über die letzten Jahrzehnte stark durch die wirtschaftliche Entwicklung geprägt. Die günstige Wirtschaftsentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg löste in der Schweiz eine starke Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften aus. Diese konnte nicht vollständig durch die inländische Bevölkerung gedeckt werden. Deshalb wurden Arbeitskräfte vor allem in Italien rekrutiert. Sie fanden insbesondere in saisonalen Branchen wie der Landwirtschaft und dem Bau sowie in der Industrie eine Beschäftigung. Trotz der Wirtschaftsrezession Mitte der 1970er-Jahre und kantonaler Kontingente für Jahresaufenthalter und Saisonniers, die ab Mitte der 1960er-Jahre auf das sogenannte Rotationsprinzip (siehe Ziff. 2.1.1) folgten, nahm die ausländische Bevölkerung im Lauf der Jahre weiter zu.
Zwischen 1960 und 1974 wanderten pro Jahr durchschnittlich 108 000 erwerbstätige Ausländerinnen und Ausländer sowie zusätzlich 205 000 Saisonniers in die ständige Wohnbevölkerung 2⁰ der Schweiz ein. 2¹ In den folgenden Jahrzehnten verzeichnete die Schweiz tiefere Einwanderungszahlen. Zwischen 1975 und 2001 belief sich die Einwanderung von erwerbstätigen Ausländerinnen und Ausländern (ständige Wohnbevölkerung) auf 37 900 Personen sowie 110 000 Saisonniers pro Jahr. Während die Einwanderung von Erwerbstätigen in den 1980er-Jahren aufgrund der günstigen Wirtschaftslage zwischenzeitlich einen Aufschwung erlebte, nahm sie in den 1990er-Jahren vor dem Hintergrund der grossen Wirtschaftskrise markant ab. 2²
Grafik 1 zeigt die Bruttoeinwanderung von Erwerbstätigen in die ständige und nicht ständige (ab 2002) ²3 Wohnbevölkerung, die gesamte Einwanderung in die ständige Wohnbevölkerung, die Einwanderung von Saisonarbeiterinnen und -arbeitern (bis 2002) sowie die jährliche Veränderung des BIP für den Zeitraum 1960-2024.
Grafik 1
Bruttoeinwanderung von Erwerbstätigen (ständige und nicht ständige Wohnbevölkerung, Saisonniers) und total (ständige Wohnbevölkerung) (linke Achse) sowie jährliche Veränderungsrate des BIP zu Preisen des Vorjahres (rechte Achse), 1960-2024
[Bild bitte in Originalquelle ansehen]
Quelle: ZEMIS, BFS «Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung».
In den 1990er-Jahren wurde die Schweizer Ausländerpolitik grundlegend neu ausgerichtet. Im Jahr 1999 wurde das FZA mit der EU unterzeichnet und im Jahr 2001 das EFTA-Übereinkommen erneuert. Beide Abkommen sind am 1. Juni 2002 in Kraft getreten. Seither ist die Rekrutierung von Arbeitskräften aus Drittstaaten auf hochqualifizierte und spezialisierte Arbeitskräfte beschränkt, und das Saisonnierstatut wurde abgeschafft.
Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des FZA befand sich die Schweizer Volkswirtschaft infolge der geplatzten sogenannten Dotcom-Blase in einer Phase mit rückläufiger BIP- und Beschäftigungsentwicklung sowie steigender Arbeitslosigkeit. Dementsprechend blieben die Zuwanderungsbewegungen aus dem EU/EFTA-Raum in den ersten Jahren nach Einführung des FZA auf relativ tiefem Niveau. 2005 setzte eine Arbeitsmarkterholung mit sinkender Arbeitslosigkeit ein. Der wirtschaftliche Aufschwung setzte sich bis 2008 fort, wobei die Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften sukzessive anstieg. Diese Phase mit starkem Arbeitskräftebedarf fiel mit dem Übergang zur vollen Personenfreizügigkeit mit den EU-17/EFTA-Staaten im Juni 2007 zusammen. Die höchste Nettozuwanderung von EU/EFTA-Staatsangehörigen seit Inkrafttreten des FZA wurde mit 73 200 Personen im Jahr 2008 verzeichnet.
Grafik 2 zeigt die Entwicklung des Wanderungssaldos der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung zwischen 2002 und 2024, unterteilt nach EU/EFTA- und Drittstaatsangehörigen sowie gesamthaft.
Grafik 2
Wanderungssaldo ständige ausländische Wohnbevölkerung 2002-2024
[Bild bitte in Originalquelle ansehen]
Quelle: ZEMIS.
Die Finanzkrise führte dann in den Jahren 2009 und 2010 zu einer deutlichen Verringerung des Wanderungssaldos. Da sich die Wirtschaft relativ rasch erholte, ging der Wanderungssaldo allerdings nicht auf das Vorkrisenniveau zurück und stieg bis 2013 vorübergehend wieder an, bevor sich eine erneute Verlangsamung der Wirtschafts-entwicklung wieder in einem Rückgang des Wanderungssaldos von 81 100 Personen im Jahr 2013 auf 53 200 Personen im Jahr 2017 niederschlug.
Ab dem Jahr 2017 verzeichnete die Schweiz einen erneuten wirtschaftlichen Aufschwung, der sich in deutlich sinkenden Arbeitslosenzahlen bemerkbar machte und zur Folge hatte, dass der Wanderungssaldo in den Folgejahren bis auf 61 400 im Jahr 2020 anstieg. Die 2020 beginnende Covid-19-Krise bewirkte in erster Linie bei Kurzaufenthaltsbewilligungen einen vorübergehenden starken Rückgang, während der Wanderungssaldo der ständigen Wohnbevölkerung in den Jahren 2020 und 2021 leicht höher ausfiel als in den Vorjahren. Vom wirtschaftlichen Einbruch während der Coronapandemie erholte sich die Schweiz vergleichsweise schnell. Bereits im zweiten Quartal 2021 lag die am BIP gemessene Wertschöpfung wieder über dem Vorkrisenniveau. Die Erholung setzte sich danach fort und war von einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit und einem starken Beschäftigungswachstum begleitet. Die Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften nahm in diesem Zuge erneut stark zu. Der Wanderungssaldo der EU/EFTA-Staatsangehörigen stieg im Jahr 2022 auf 52 900 Personen und erreichte im Jahr 2023 68 000 Personen. Im Jahr 2024 nahm er vor dem Hintergrund einer Konjunkturabschwächung auf 53 700 Personen ab.
Die hohen Wanderungssaldi der jüngsten Vergangenheit sind auch Ausdruck davon, dass sich das inländische Arbeitskräfteangebot aufgrund der demografischen Alterung zusehends verknappt. Zur Besetzung offener Stellen waren Schweizer Unternehmen deshalb in jüngeren Jahren in noch stärkerem Masse auf die Rekrutierung im Ausland angewiesen.
Insgesamt wies die Schweiz über die letzten zwei Jahrzehnte trotz mehrerer wirtschaftlicher Krisen und Herausforderungen eine sehr robuste Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung auf. Hierzu trugen vor allem gute und stabile wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen bei. Über die Zeitspanne von 2002 bis 2022 betrachtet belief sich das durchschnittliche jährliche Wachstum des BIP auf 1,75 Prozent. Pro Kopf betrachtet wuchs das BIP um 0,82 Prozent pro Jahr. Trotz starkem Bevölkerungswachstum hat die reale Wertschöpfung in der Schweiz über die vergangenen gut 20 Jahre also nicht nur insgesamt, sondern auch pro Kopf deutlich zugenommen. Das Qualifikationsniveau der inländischen Erwerbsbevölkerung konnte über die Jahre laufend erhöht und die im internationalen Vergleich bereits hohe Erwerbsbeteiligung von 81,3 Prozent im Jahr 2002 auf 83,5 Prozent im Jahr 2022 weiter gesteigert werden. Ergänzend dazu trug die Zuwanderung - insbesondere aus dem EU/EFTA-Raum - wesentlich dazu bei, die wachsende Arbeitskräftenachfrage zu decken. ²4
Der Wanderungssaldo der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung im Jahr 2024 setzt sich zusammen aus 64 Prozent EU/EFTA-Staatsangehörigen und 36 Prozent Drittstaatsangehörigen.
Wie in den Vorjahren ist auch im Jahr 2024 die überwiegende Mehrheit der EU/EFTA-Staatsangehörigen (71 %) zur direkten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in die Schweiz eingewandert. Weitere 18 Prozent sind im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz gezogen, 7 Prozent zur Aufnahme einer Aus- oder Weiterbildung, und 3 Prozent haben als Nichterwerbstätige eine Aufenthaltsbewilligung erhalten.
Im Vergleich zur Einwanderung von EU/EFTA-Staatsangehörigen ist die Einwanderung von Drittstaatsangehörigen weniger durch die Nachfrage der Schweizer Wirtschaft nach Arbeitskräften geprägt. Dies ist primär darauf zurückzuführen, dass aufgrund des dualen Zulassungssystems der Schweiz die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zum Arbeitsmarkt nur erteilt wird, falls die Rekrutierung im Inland sowie im Rahmen des FZA erfolglos war (vgl. Ziff. 2.1.1).
Die Erwerbstätigkeit machte folglich zwischen 2008 und 2024 jeweils nur zwischen 8,5 und 11,3 Prozent der gesamten Zuwanderung von Drittstaatsangehörigen in die ständige ausländische Wohnbevölkerung aus. Der häufigste Einwanderungsgrund in diesem Zeitraum war der Familiennachzug mit Anteilen zwischen 41,6 und 51,6 Prozent, gefolgt von Aus- und Weiterbildung mit Anteilen zwischen 18,1 und 21,7 Prozent. Übertritte aus dem Asylbereich machten im Zeitraum 2008-2024 zwischen 6,5 und 22,8 Prozent der Einwanderung von Drittstaatsangehörigen in die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz aus. Der Wanderungssaldo von Drittstaatsangehörigen blieb im Vergleich zu jenem von EU/EFTA-Staatsangehörigen zwischen 2002 und 2024 mehrheitlich stabil (vgl. Grafik 2). Zwischen 2002 und 2024 betrug die jährliche Nettozuwanderung von Drittstaatsangehörigen im Durchschnitt 23 600 Personen.
Entwicklung der Zuwanderung im Asylbereich
Die Zuwanderung im Asylbereich war in den letzten Jahren stark durch das Auftreten von internationalen Krisen geprägt. Die Entwicklung der Asylgesuchszahlen in der Schweiz entsprach in weiten Teilen den Entwicklungen auf europäischer Ebene.
Infolge des Bürgerkriegs in Syrien stiegen ab 2014 die Asylzahlen in Europa stark an. Im Sommer 2015 kam es zur sogenannten Flüchtlingskrise. Insgesamt kamen damals rund zwei bis drei Millionen Menschen nach Europa. In der Schweiz wurden in den Jahren 2015 und 2016 so viele Asylgesuche gestellt wie seit den Balkankriegen nicht mehr. Seit 2014 hat die Anzahl Personen, die pro Jahr Asyl erhalten haben oder vorläufig aufgenommen worden sind, im Vergleich zu den früheren Jahren zugenommen. Diese Personen verfügen zudem über einen höheren Schutzbedarf als früher. Entsprechend ist die Schutzquote seit 2014 merklich gestiegen und seither konstant hoch geblieben. Unbegründete Asylgesuche sind also seltener geworden.
Im Jahr 2024 wurden in der Schweiz 27 740 Asylgesuche gestellt, was einen Rückgang um 8,2 Prozent gegenüber 2023 darstellt (30 223 Asylgesuche). Hauptgrund für diese Entwicklung in der Schweiz war der allgemeine Rückgang der Asylgesuche in Europa. Die wichtigsten Herkunftsländer in der Schweiz waren Afghanistan, die Türkei, Algerien, Eritrea und Syrien. Die Schutzquote (Anteil Asylgewährungen plus vorläufige Aufnahmen aufgrund erstinstanzlicher Entscheide) lag mit 54 Prozent etwas tiefer als in den Vorjahren.
Im Jahr 2022 kam es in Europa wegen des Kriegs in der Ukraine zur grössten Flüchtlingsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg. Mehr als 6,8 Millionen Personen aus der Ukraine haben Zuflucht im Ausland gefunden. Davon sind rund 6,4 Millionen Personen in europäischen Staaten als Schutzsuchende registriert. Der Krieg dauert immer noch an. Für die Geflüchteten aus der Ukraine hat die Schweiz erstmals den Schutzstatus S aktiviert. Dadurch erhalten die Geflüchteten rasch ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz, ohne dass sie ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen müssen. Seit 2022 haben über 100 000 Personen einen Schutzstatus erhalten, Ende 2024 befanden sich 68 000 Personen mit aktivem Schutzstatus in der Schweiz.
Von den Ende 2024 in der Schweiz lebenden 200 224 vorläufig Aufgenommenen, anerkannten Flüchtlingen und Schutzbedürftigen waren 125 332 im erwerbsfähigen Alter (18-64 Jahre). Diese Personen zählen zum inländischen Arbeitskräftepotenzial und werden durch die Integrationsförderung dabei unterstützt, in den Schweizer Arbeitsmarkt einzutreten. ²5
2⁰ Ständige ausländische Wohnbevölkerung gemäss Definition des SEM (siehe SEM: «Jahresstatistik Zuwanderung 2023»). Diese basiert auf den erteilten Bewilligungen und unterscheidet sich von jener des BFS, das eine weiter gefasste Definition als jene des SEM verwendet (siehe BFS: «Ausländische Bevölkerung»). Für das Erreichen der im Initiativtext festgelegten Grenzwerte (siehe Ziffer 1.1.) ist die Definition der ständigen Wohnbevölkerung des BFS auschlaggebend.
2¹ Es handelt sich hierbei um Bruttozahlen, da aus dieser Zeit keine Nettozahlen existieren.
2² Botschaft «Begrenzungsinitiative»; ZEMIS (sämtliche Zuwanderungszahlen in diesem Kapitel).
²3 Die Zuordnung der erteilten kurzzeitigen Aufenthaltsbewilligungen hat sich im Zeitraum 1960-2024 verändert. Bis 2002 wurden Erwerbstätige mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung (kurzfristige Erwerbstätigkeit bis zu sechs Monate, Cabaret-Tänzerinnen bis zu acht Monate, Au-Pair-Angestellte, Ausländerinnen und Ausländer für einen dem Erwerbszweck dienenden Weiterbildungsaufenthalt von höchstens 18 Monaten) zur ständigen ausländischen Wohnbevölkerung gezählt. Zwischen 2002 und 2009 wurden alle Inhaberinnen und Inhaber einer Kurzaufenthaltsbewilligung (inklusive Personen mit ehemaliger und noch gültiger Saisonnier-Bewilligung) zur nicht ständigen Bevölkerung gezählt - auch wenn die Gültigkeitsdauer ihrer Bewilligung 12 Monate oder mehr betrug. Deshalb kommt es 2002 zu einem Sprung zwischen den Kurven der eingewanderten Saisonarbeiterinnen und -arbeiter und der in die nicht ständige Wohnbevölkerung eingewanderten Erwerbstätigen. Seit 2010 gelten die aktuell gültigen Definitionen der ständigen und nicht ständigen Wohnbevölkerung des SEM.
²4 Botschaft «Begrenzungsinitiative»; Bericht des SECO «18. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU»; Bericht des SECO «19. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU».
²5 SEM: «Kommentierte Asylstatistik 2024»; ZEMIS.

2.2.2 Entwicklung des Bevölkerungswachstums

Die Bevölkerung der Schweiz hat zwischen Anfang des 20. Jahrhunderts und Ende 2023 kontinuierlich von 3,3 auf 9,0 Millionen Menschen zugenommen. Negative Wachstumsraten wurden lediglich in den Jahren 1918 und 1975-1977 verzeichnet. Am höchsten waren die Wachstumsraten zu Beginn der 1960er-Jahre, was unter anderem mit der damaligen hohen Zuwanderung insbesondere von ausländischen Arbeitskräften zusammenhängt (siehe Ziff. 2.1.1). Grafik 3 zeigt die Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum 1900-2023 sowie die jährlichen Wachstumsraten in Prozent.
Grafik 3
Bevölkerungswachstum und -bestand, ständige Wohnbevölkerung, 1900-2023
[Bild bitte in Originalquelle ansehen]
Quelle: BFS: ESPOP, STATPOP, VZ.
Seit der Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU im Jahr 2002 ist die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz um insgesamt rund 1,7 Millionen Personen gewachsen (bis 31.12.2023; EU/EFTA- und Drittstaatsangehörige).
Zwischen Ende 2001 und Ende 2023 hat die Bevölkerung pro Jahr um rund 77 600 Personen zugenommen. Von der Bevölkerungszunahme in diesem Zeitraum sind 20 Prozent auf natürliche Bevölkerungsbewegungen, das heisst einen Geburtenüberschuss (Geburten minus Todesfälle), zurückzuführen und 80 Prozent auf den positiven Wanderungssaldo (Einwanderungen minus Auswanderungen). Der Wanderungssaldo von insgesamt 1,41 Millionen Personen von 2002 bis 2023 setzt sich zusammen aus einem Wanderungssaldo der ausländischen Staatsangehörigen von 1,54 Millionen und einem Wanderungssaldo von Schweizer Staatsangehörigen von -0,13 Millionen Personen. Der Wanderungssaldo der ausländischen Staatsangehörigen zwischen 2002 und 2023 betrug durchschnittlich 69 800 Personen pro Jahr und setzt sich aus 62 Prozent EU/EFTA-Staatsangehörigen (945 000 Personen) und 38 Prozent Drittstaatsangehörigen (506 000 Personen) zusammen. ²6
Gleichzeitig hatten Ende 2023 mehr als 10 Prozent der Schweizer Bürgerinnen und Bürger (813 400 Personen) ihren Wohnsitz im Ausland, davon 64 Prozent in der EU. ²7 Zwischen 2002 und 2023 sind pro Jahr im Schnitt 28 900 Schweizerinnen und Schweizer ins Ausland gezogen und 23 000 in die Schweiz zurückgekehrt. ²8
Ende Dezember 2023 betrug die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz 8,96 Millionen Personen. Gemäss Referenzszenario (mittlere Schätzung) des BFS aus dem Jahr 2025 ²9 steigt die Schweizer Bevölkerung bis 2030 voraussichtlich auf 9,5 Millionen Personen an und überschreitet erstmals im Jahr 2041 die Zehn-Millionen-Grenze.
²6 BFS: ESPOP, STATPOP, PETRA.
²7 EDA: «Auslandschweizerstatistik».
²8 BFS: ESPOP, STATPOP, PETRA.
²9 Die Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz und der Kantone 2025-2055 werden am 15. April 2025 durch das BFS veröffentlicht.

2.3 Volksinitiativen im Bereich der Zuwanderung

In den letzten 25 Jahren wurden im Rahmen von Volksinitiativen im Bereich der Zuwanderung folgende Themen behandelt:
-
Am 24. November 2002 lehnte die Schweizer Stimmbevölkerung die Volksinitiative «gegen Asylrechtsmissbrauch» 3⁰ mit 50,1 Prozent der Stimmen ab. Diese verlangte, dass der Bund im Asylbereich unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verpflichtungen neue verfahrens-, straf- und fürsorgerechtliche Grund-sätze anwendet und dadurch die Attraktivität der Schweiz als Asylland verringert.
-
Am 2. November 2012 wurde die Volksinitiative «Stopp der Überbevölkerung - zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen» (ECOPOP-Initiative) 3¹ bei der Bundeskanzlei eingereicht. Diese Initiative sollte sicherstellen, dass die ständige Wohnbevölkerung in der Schweiz infolge Zuwanderung im dreijährigen Durchschnitt nicht um mehr als 0,2 Prozent pro Jahr wächst. Sie verlangte zudem, dass der Bund mindestens 10 Prozent seiner in die internationale Entwicklungszusammenarbeit fliessenden Mittel in Massnahmen zur Förderung der freiwilligen Familienplanung investiert. Die Initiative wurde im November 2014 mit 74,1 Prozent Nein-Stimmen und von allen Ständen abgelehnt.
-
Die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» 3² wurde am 9. Februar 2014 vom Volk mit 1 463 854 Ja gegen 1 444 552 Nein angenommen. Die Initiative forderte, dass die Schweiz mit der Einführung des neuen Verfassungsartikels 121 a die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig steuert. Zu diesem Zweck sollte namentlich die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente (für sämtliche Bewilligungen des Ausländerrechts) begrenzt werden. Am 16. Dezember 2016 hat das Parlament das Ausführungsgesetz zu Artikel 121 a BV verabschiedet; es ist am 1. Juli 2018 in Kraft getreten. Das Parlament hat sich bei der Umsetzung von Artikel 121 a BV für eine Steuerung entschieden, die darauf abzielt, das inländische Arbeitskräftepotenzial besser zu nutzen. Die Stellenmeldepflicht ist eine der umgesetzten Massnahmen. Es handelt sich dabei um eine Lösung, die mit dem FZA vereinbar ist und eine Weiterführung des bilateralen Wegs sicherstellt. 3³
-
Die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» ³4 wurde am 27. September 2020 vom Volk mit 1 988 349 Nein gegen 1 233 995 Ja abgelehnt. Die Initiative verlangte eine eigenständige Regelung der Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern in die Schweiz ohne Personenfreizügigkeit. Sie verlangte vom Bundesrat, das FZA mit der EU zu kündigen, falls es der Schweiz nicht gelingt, das Abkommen innert Jahresfrist auf dem Verhandlungsweg ausser Kraft zu setzen. ³5
3⁰ BBl 2001 4725 (Botschaft des Bundesrates) und BBl 2003 726 (Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung).
3¹ BBl 2013 8693 (Botschaft des Bundesrates) und BBl 2015 1813 (Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung).
3² BBl 2013 291 (Botschaft des Bundesrates) und BBI 2014 4117 (Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung).
3³ Stellungnahme des Bundesrates vom 24. September 2021 zur dringlichen Interpellation vom 15. September 2021 zur Fraktion der Schweizerischen Volkspartei (21.4005 «Welche Massnahmen trifft der Bundesrat zur Umsetzung von Artikel 121 a der Bundesverfassung?»); Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Mai 2023 zum Postulat Minder vom 17. März 2023 (23.3434 «Artikel 121 a der Bundesverfassung. Wie weiter mit dem toten Buchstaben der Verfassung?»; Stellungnahme des Bundesrates vom 30. August 2023 zur Motion Chiesa vom 15. Juni 2023 (23.3832 «Keine 10-Millionen-Schweiz!»); Stellungnahme des Bundesrates vom 30. August 2023 zur Motion der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 15. Juni 2023 (23.3777 «Keine 10-Millionen-Schweiz!»).
³4 BBl 2019 5027 (Botschaft des Bundesrates) und BBl 2020 8773 (Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung).
³5 Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Mai 2023 zum Postulat Minder vom 17. März 2023 (23.3434 «Artikel 121 a der Bundesverfassung. Wie weiter mit dem toten Buchstaben der Verfassung?).

2.4 Auswirkungen der Zuwanderung

Arbeitsmarkt
Die Zuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit erfolgt in erster Linie in den Arbeitsmarkt (vgl. Ziff. 2.2.1). Die Auswirkungen der Zuwanderung auf den Schweizer Arbeitsmarkt und die Sozialversicherungen werden seit Inkrafttreten des FZA laufend beobachtet und in jährlichen Berichten des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU dargelegt.
Zwischen 2002 und 2022 nahm die Zahl der Erwerbstätigen in der Schweiz jährlich um durchschnittlich 1,1 Prozent zu, von 4,1 auf 5,2 Millionen. Dabei machten ausländische Staatsangehörige 65 Prozent und Schweizerinnen und Schweizer 35 Prozent aus. Die grenzüberschreitende Erwerbstätigkeit nahm mit jährlich 4,3 Prozent besonders stark zu. Auch die Zahl der in der Schweiz lebenden ausländischen Erwerbstätigen verzeichnete einen überdurchschnittlichen Anstieg (+2,2 % pro Jahr). Die Zahl der Schweizer Erwerbstätigen nahm ebenfalls zu, wenn auch unterdurchschnittlich (+0,6 %). Dieses im Vergleich deutlich geringere Wachstum ist im Lichte der demografischen Entwicklung zu betrachten: Die Schweizer Bevölkerung im Alter von 15 bis 64 Jahren nahm zwischen 2001 und 2022 durchschnittlich um nur 0,3 Prozent pro Jahr zu.
Im Jahr 2023 kamen 71 Prozent der neu zugewanderten EU/EFTA-Staatsangehörigen für eine Erwerbstätigkeit in die Schweiz. Mit zunehmender Aufenthaltsdauer steigt die Erwerbstätigenquote. Da sich der Arbeits- und Fachkräftemangel weiter verschärfen wird, werden auch künftig zusätzliche Erwerbstätige benötigt, um den Wohlstand und die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig zu sichern.
Nationale Wirtschaft
Die Zuwanderung im Rahmen des FZA hat die Alterung der Gesellschaft verlangsamt und zum Wohlstand des Landes beigetragen. Das Wirtschaftswachstum verstärkte sich zwischen 2002 und 2022 (vgl. Ziff. 2.2.1). Die Zunahme des BIP war dabei zu ähnlich hohen Anteilen auf einen grösseren Arbeitseinsatz und eine Steigerung der Arbeitsproduktivität zurückzuführen.
Die Produktivitätsfortschritte haben sich dabei auch in höheren Löhnen für die Arbeitnehmenden niedergeschlagen: Das durchschnittliche Reallohnwachstum belief sich zwischen 2002 und 2022 gemäss Lohnindex des BFS auf 0,50 Prozent pro Jahr. Der Anteil des Arbeitnehmerentgelts am BIP sank zwischen 2002 und 2008 von 58 Prozent auf 54 Prozent, stieg dann in den Folgejahren mehrheitlich an und erreichte 2022 mit 59 Prozent einen gegenüber 2002 leicht höheren Wert. Im Vergleich zu den zehn Jahren vor Inkrafttreten des FZA (55,7 %) lag er im Durchschnitt der Jahre 2002-2022 mit 57,1 Prozent leicht höher (+1,4 Prozentpunkte).
Im internationalen Quervergleich fiel das Wachstum des BIP pro Kopf mit 0,82 Prozent pro Jahr zwischen 2002 und 2022 in der Schweiz ähnlich hoch aus wie in anderen Ländern mit vergleichbarem Wohlstandsniveau, beispielsweise in Norwegen, Österreich, Dänemark, die Niederlande oder Deutschland, welche im selben Zeitraum durchschnittliche Wachstumsraten zwischen 0,7 Prozent und 1,0 Prozent verzeichneten. ³6
Im Jahr 2023 ist das reale BIP pro Kopf konjunkturbedingt und aufgrund einer hohen Nettozuwanderung in die ständige Wohnbevölkerung, insbesondere auch von Personen mit Status S, im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Prozent zurückgegangen. Da das reale BIP pro Kopf jedoch in den beiden Jahren zuvor überdurchschnittliche Wachstumsraten aufwies, lag es im Jahr 2023 insgesamt 2,4 Prozent über dem Vor-Covid-19-Niveau im Jahr 2019. ³7
Sozialversicherungen
Die Zuwanderung im Rahmen des FZA hat insgesamt nicht zu einer stärkeren Inanspruchnahme von Sozialleistungen geführt. Arbeitnehmende aus EU/EFTA-Staaten leisten heute deutlich mehr Beiträge an die Sozialversicherungen, als sie daraus beziehen. Die Zuwanderung wirkt sich auch in langfristiger Perspektive positiv auf die AHV, IV und EO aus. Hauptgrund dafür ist die durch die Zuwanderung verjüngte Bevölkerungsstruktur. Obwohl diese verjüngende Wirkung sich bis 2070 abschwächen wird, werden bei fortlaufender Zuwanderung die Zugewanderten auch künftig verhältnismässig mehr zu den Sozialversicherungen beitragen, als sie an Leistungen erhalten. Die Beiträge von EU/EFTA-Staatsangehörigen übersteigen deren Leistungsbezug besonders stark, weil sie im Vergleich zu anderen Zuwanderungsgruppen höhere Einkommen erzielen und ihre Erwerbsbeteiligung höher ist. ³8
Staatsangehörige der EU oder der EFTA beziehen hingegen mehr Leistungen der Arbeitslosenversicherung (ALV), als sie Beiträge bezahlen. Dies erklärt sich dadurch, dass sie eher in Branchen mit höherem Erwerbslosenrisiko arbeiten. Unter dem FZA zugewanderte Personen weisen ein höheres Arbeitslosenrisiko auf als Schweizerinnen und Schweizer, gleichzeitig liegt deren Arbeitslosenquote deutlich unter jener der Drittstaatsangehörigen. An diesen Relationen hat sich seit Einführung des FZA nichts geändert. ³9
Gemäss Artikel 61 a AIG, der seit dem 1. Juli 2018 in Kraft ist, haben EU/EFTA-Staatsangehörige bei unfreiwilliger Beendigung der Erwerbstätigkeit während der ersten zwölf Monate des Aufenthalts als Arbeitnehmende in der Schweiz keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Der gleichzeitig und auf der gleichen Grundlage eingeführte Artikel 29 a AIG bestimmt, dass Ausländerinnen und Ausländer, die sich lediglich zum Zweck der Stellensuche in der Schweiz aufhalten, sowie deren Familienangehörige keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben. Die Sozialhilfequote von EU/EFTA-Staatsangehörigen (2,3 % im Jahr 2022) liegt unter dem gesamtschweizerischen Durchschnitt (2,9 % im Jahr 2022), aber über jener von Schweizerinnen und Schweizern (1,9 % im Jahr 2022). 4⁰
Wohnungsmarkt
Die Zuwanderung, die hauptsächlich auf den Bedarf an Arbeitskräften zurückzuführen ist, hat zu einem Bevölkerungswachstum geführt, das für den Wohnungsmarkt eine Herausforderung darstellt. Auf dem Wohnungsmarkt entwickeln sich Angebot und Nachfrage weiterhin in unterschiedliche Richtungen: Eine aufgrund der Bevölkerungsentwicklung stark ansteigende Nachfrage trifft auf ein nur schwach wachsendes Angebot. Seit 2020 haben die Wohnungsleerstände deshalb stark abgenommen, weitere Rückgänge sind zu erwarten. Bei Mietwohnungen dürfte sich der Preisanstieg vorderhand sowohl im Bestand als auch bei Neuvermietungen weiter verstärken. Beim Wohneigentum dürften die Preise in den nächsten Quartalen wieder deutlicher anziehen. 4¹ Neben der Tendenz zu kleineren Haushalten ist die Zuwanderung der Haupttreiber für die steigende Nachfrage nach Wohnraum. Da sich in den kommenden Jahren keine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt abzeichnet und diese Entwicklung für die Bevölkerung zunehmend spürbar wird, werden Massnahmen entwickelt, welche die Probleme in diesem Bereich wirksam und umfassend lösen sollen.
Weitere Bereiche
Zuwanderung und Bevölkerungswachstum beeinflussen aufgrund ihrer wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Auswirkungen eine Vielzahl von Politikfeldern. Die staatliche Politik muss die Ziele der wirtschaftlichen und sozialen Integration der ausländischen Bevölkerung und die Bewältigung der strukturellen Herausforderungen, die in Zusammenhang mit Migrationsströmen und dem Bevölkerungswachstum stehen, in Einklang bringen. Eine verstärkte Urbanisierung, die Entwicklung städtischer und ländlicher Gebiete, zunehmender Transportbedarf und die Notwendigkeit, natürliche Lebensräume zu erhalten, sind Folgen der Zuwanderung bzw. des Bevölkerungswachstums in der Schweiz. Die Verkehrsnachfrage steigt mit dem Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, insbesondere in und zwischen Ballungsräumen. Dies bringt Herausforderungen in Bezug auf Flächenmanagement, staatliche Koordination und Fachkräftemangel mit sich, bietet aber auch Möglichkeiten zur Förderung nachhaltigerer Verkehrsmittel. Die Verkehrsperspektiven 2050 4² analysieren diese Entwicklungen anhand verschiedener Szenarien, die auf demografischen Daten basieren.
Der zunehmende Bedarf an Wohn- und Arbeitsraum sowie der Anstieg der Mobilität führen beispielsweise zur verstärkten Zerschneidung der Landschaft und zu Bodenversiegelungen, wodurch der Druck auf die Biodiversität verstärkt wird. Zudem sinken die verfügbaren Flächen für die landwirtschaftliche Produktion, was sich potenziell auf den Selbstversorgungsgrad auswirkt.
Im Gesundheitsbereich üben die Zunahme und Alterung der Bevölkerung einen gewissen Druck auf die öffentlichen Finanzen und die obligatorische Krankenpflegeversicherung aus. Da jedoch grossmehrheitlich Personen im Erwerbsalter in die Schweiz einwandern, hat die Zuwanderung gleichzeitig den Effekt, dass das durchschnittliche Alter der Bevölkerung weniger stark steigt, als dies ohne Zuwanderung der Fall wäre. Dies wirkt dämpfend auf die Entwicklung der Gesundheitskosten.
In vielen Bereichen wie Raumplanung, Verkehrsinfrastruktur oder Energie- und Umweltpolitik stellt die Zuwanderung einen von mehreren Einflussfaktoren dar. Die Bevölkerungsentwicklung wird daher in die bestehenden Strategien und Massnahmen einbezogen. Weitergehende Informationen hierzu finden sich im Bericht in Erfüllung des Postulats Gössi vom 28. September 2023 (23.4171 «Aktualisierter Bericht zur Personenfreizügigkeit und Zuwanderung in die Schweiz), der voraussichtlich im Dezember 2025 veröffentlicht wird.
Massnahmen
Mit einer Reihe zusätzlicher Massnahmen greift der Bundesrat zudem in Bereichen ein, in denen noch Handlungsbedarf besteht. Die bestehenden und zusätzlichen Massnahmen, mit denen die Herausforderungen der Zuwanderung und des Bevölkerungswachstums bewältigt werden sollen, werden in Ziffer 5 dargelegt.
³6 SECO: «19. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU».
³7 SECO: «Konjunkturtendenzen Frühjahr 2024».
³8 Favre, Föllmi, Zweimüller 2023: S. XV.
³9 SECO: «19. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU».
4⁰ SECO: «19. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU».
4¹ BWO: Wohnungsmarkt, «Der Wohnungsmarkt auf einen Blick III/2024».
4² ARE: «Verkehrsperspektiven 2050».

3 Ziele und Inhalt der Initiative

3.1 Ziele der Initiative

Der Initiativtext und die Übergangsbestimmungen haben zum Ziel, die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz bis ins Jahr 2050 auf unter zehn Millionen zu begrenzen, um eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und der Leistungsfähigkeit von Infrastruktur, Gesundheitswesen und Sozialversicherungen zu gewährleisten.

3.2 Inhalt der vorgeschlagenen Regelung

Erforderliche Massnahmen
Der Initiativtext und die Übergangsbestimmungen sehen vor, dass schrittweise Massnahmen für eine Beschränkung der Bevölkerungsentwicklung zu ergreifen sind - jeweils nach der Annahme der Initiative, nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze, nach Überschreiten der Zehn-Millionen-Grenze und nach einer zweijährigen Überschreitung der Zehn-Millionen-Grenze. Mit zunehmender Höhe der ständigen Wohnbevölkerung sind die erforderlichen Massnahmen konkreter festgelegt und der Handlungsspielraum bei der Umsetzung wird zunehmend eingeschränkt. Solange ein Spielraum für die Umsetzung der Initiative besteht, können alle Massnahmen schon früher ergriffen werden, auch wenn sie gemäss den Übergangsbestimmungen erst bei Überschreiten der festgelegten Grenzwerte vorgeschrieben sind. Ab 2050 kann der Bundesrat den Zehn-Millionen-Grenzwert jährlich um den Geburtenüberschuss anpassen.
Nach Annahme der Initiative
Bund und Kantone müssen nach Annahme der Initiative Massnahmen ergreifen für eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung insbesondere zum Schutz der Umwelt und im Interesse der dauerhaften Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Leistungsfähigkeit der Infrastrukturen, der Gesundheitsversorgung und der Sozialversicherungen. Der Bundesrat erlässt innerhalb eines Jahres Ausführungsbestimmungen in Form einer Verordnung. Die Verordnung gilt bis zum Inkrafttreten der von der Bundesversammlung erlassenen Ausführungsbestimmungen.
Nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze vor 2050
Der Bundesrat und die Bundesversammlung müssen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze vor 2050 Massnahmen ergreifen, damit die Zehn-Millionen-Grenze nicht erreicht wird; dies gilt insbesondere im Asylbereich und beim Familiennachzug. Vorläufig Aufgenommene erhalten vorbehältlich der zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts keine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung, kein Schweizer Bürgerrecht und kein anderweitiges Bleiberecht. Enthalten bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen Ausnahme- oder Schutzklauseln, so muss der Bundesrat diese anrufen oder aushandeln. Ebenso muss er die Neuverhandlung bevölkerungswachstumstreibender internationaler Übereinkommen anstreben, seien sie rechtsverbindlich oder nicht.
Nach Überschreiten der Zehn-Millionen-Grenze vor oder nach 2050
Der Bundesrat und die Bundesversammlung müssen alle ihnen zur Verfügung stehenden Massnahmen ergreifen, damit die Zehn-Millionen-Grenze wieder unterschritten wird. Die Bestimmung über die Massnahmen, die nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen bereits ergriffen werden müssen, gilt weiterhin auch nach Überschreiten der Zehn-Millionen-Grenze. Bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen sind auf den nächstmöglichen Termin zu kündigen. Falls die Schweiz bis dahin dem UNO-Migrationspakt beigetreten ist, muss sie den Rücktritt erklären. Ab 2050 kann der Bundesrat den Grenzwert jährlich durch Verordnung um den Geburtenüberschuss anpassen.
Nach einer zweijährigen Überschreitung der Zehn-Millionen-Grenze
Wird die Zehn-Millionen-Grenze nach Ablauf von zwei Jahren seit ihrer erstmaligen Überschreitung nicht wieder eingehalten und konnte der Bundesrat bis dahin keine Ausnahme- oder Schutzklauseln aushandeln oder anrufen, um die Einhaltung der Zehn-Millionen-Grenze zu erreichen, muss auch das FZA gekündigt werden.

3.3 Erläuterung und Auslegung des Initiativtextes

3.3.1 Massnahmen nach der Annahme der Initiative

Die Initiative sieht vor, in der BV einen neuen Artikel 73 a (Nachhaltige Bevölkerungsentwicklung) sowie eine Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 15) einzufügen.
Art. 73a Abs. 1
Begrenzung der ständigen Wohnbevölkerung auf maximal zehn Millionen
Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz darf die Zehn-Millionen-Grenze vor dem Jahr 2050 nicht überschreiten. Damit ist ein exakter Grenzwert im Initiativtext festgelegt. Ab 2050 kann der Bundesrat den Grenzwert jährlich durch Verordnung um den Geburtenüberschuss erhöhen. Der Geburtenüberschuss ergibt sich aus der Differenz zwischen der Anzahl der Lebendgeburten und der Anzahl der Todesfälle. 4³ Damit erhält der Bundesrat die Kompetenz, nach 2050 auf dem Verordnungsweg einen anderen als den im Initiativtext genannten Grenzwert vorzusehen. Die Anpassung des Grenzwerts ist nur in Zusammenhang mit dem Geburtenüberschuss möglich. Andere Gründe, die heute nicht absehbar sind (etwa bei einer akuten humanitären Krise), sind auch bei einer zeitgemässen Auslegung ausgeschlossen.
4³ BFS: «Komponenten der Bevölkerungsentwicklung».
Art. 73a Abs. 2
Allgemeine Massnahmen zur Sicherstellung einer nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung
Die Initiative strebt eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung an, insbesondere zum Schutz der Umwelt und im Interesse der dauerhaften Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie der Leistungsfähigkeit der Infrastrukturen, der Gesundheitsversorgung und der schweizerischen Sozialversicherungen. Der Initiativtext verlangt, dass Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Massnahmen ergreifen, um eine solche nachhaltige Bevölkerungsentwicklung sicherzustellen. Die bisherige Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen bleibt auch nach der Annahme der Initiative bestehen (Art. 3 i. V. m. Art. 42 Abs. 1 BV).
Bei den verwendeten Begriffen «Schutz der Umwelt», «Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen», «Infrastruktur», «Gesundheitsversorgung» und «Sozialversicherungen» handelt es sich um geläufige Begriffe. In der BV werden diese Begriffe in zahlreichen Bestimmungen aufgegriffen, oder sie werden durch andere Verfassungsnormen konkretisiert:
-
Schutz der Umwelt: Artikel 74 BV enthält den umweltpolitischen Hauptauftrag der BV. Der Umweltbegriff von Artikel 74 BV beschränkt sich auf die natürliche Umwelt des Menschen. 4⁴ Nach Artikel 74 Absatz 1 BV erlässt der Bund Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen. Nach Artikel 78 Absatz 1 BV sind die Kantone für den Natur- und Heimatschutz zuständig. Der Bund hat im Bereich des Landschaftsschutzes und des Schutzes des baukulturellen Erbes eine entsprechende Schutzpflicht wahrzunehmen, sofern es um die Erfüllung von Bundesaufgaben geht (Art. 78 Abs. 2 BV). Er muss die Natur auch ausserhalb von Schutzgebieten umfassend schonen und dementsprechend Vorschriften erlassen (Art. 78 Abs. 4 BV). ⁴5
-
Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen: Der Bund ist verpflichtet, die nachhaltige Entwicklung und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen zu fördern (Art. 2, 54 und 73 BV). Angestrebt werden soll eine Entwicklung, welche die Bedürfnisse der heutigen Generationen befriedigt, ohne diejenigen von künftigen Generationen zu gefährden. ⁴6
-
Infrastruktur: Der Begriff «Infrastruktur» kann in die Bereiche Wasser, Abwasser, Abfallbeseitigung, Energie, Verkehr und Raumplanung unterteilt werden: ⁴7
-
Wasser und Abwasser: Nach Artikel 76 Absatz 1 BV sorgt der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeiten für die haushälterische Nutzung und den Schutz der Wasservorkommen sowie für die Abwehr schädigender Einwirkungen des Wassers.
-
Abfallbeseitigung: Nach Artikel 74 Absatz 2 BV sorgt der Bund dafür, dass schädliche oder lästige Einwirkungen vermieden werden und die Kosten der Vermeidung und Beseitigung die Verursacher tragen.
-
Energie: Artikel 89 BV regelt die Aufgaben und Zuständigkeiten in der Energiepolitik. Bund und Kantone setzen sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine ausreichende, breit gefächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung sowie für einen sparsamen und rationellen Energieverbrauch ein. Artikel 89 Absatz 2 überträgt dem Bund die Kompetenz, Grundsätze über den sparsamen und rationellen Energieverbrauch festzulegen.
-
Verkehr: Die BV befasst sich in einem besonderen Abschnitt mit öffentlichen Werken und Verkehr (Art. 81-88 BV). Nach Artikel 81 a BV sorgen Bund und Kantone in allen Landesgegenden für ein ausreichendes Angebot an öffentlichem Verkehr auf Schiene, Strasse, Wasser und mit Seilbahnen.
-
Raumplanung: Alle planenden Behörden sind den verfassungsrechtlichen Zielen der zweckmässigen und haushälterischen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedlung des Landes verpflichtet (Art. 75 BV). ⁴8
-
Gesundheitsversorgung: Gemäss der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsordnung obliegt der Gesundheitsbereich und insbesondere die Gesundheitsversorgung grundsätzlich den Kantonen. Eine Verpflichtung des Bundes und der Kantone, die Versorgung im Gesundheitsbereich sicherzustellen, ergibt sich namentlich aus Artikel 117 a Absatz 1 BV. Dieser hält fest, dass Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität zu sorgen haben. Die Nachhaltigkeit der Grundversorgung ist ein wichtiger Aspekt von Artikel 117 a Absatz 1 BV. ⁴9 Auch wenn der Begriff der Grundversorgung weit zu fassen ist, deckt er nicht alle Leistungen der Gesundheitsversorgung ab. Der Begriff der Gesundheitsversorgung wird nur in Artikel 117 b Absatz 1 BV verwendet, wonach Bund und Kantone die Pflege als wichtigen Bestandteil der Gesundheitsversorgung anerkennen und fördern. Die Pflege ist sowohl Teil der Grundversorgung als auch Teil der darüber hinausgehenden Gesundheitsversorgung.
-
Sozialversicherungen: Gemäss den Sozialzielen der BV (Art. 41 BV) haben sich Bund und Kantone unter anderem dafür einzusetzen, dass jede Person gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Verwaisung und Verwitwung gesichert ist. Der Bund hat Massnahmen für eine ausreichende Alters- und Hinterlassenenvorsorge zu treffen (Art. 111 Abs. 2 BV). Die AHV-Renten sollen den Existenzbedarf angemessen decken (Art. 112 Abs. 2 Bst. b BV). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Bund und Kantone an Personen, deren Existenzbedarf durch die AHV nicht gedeckt ist, Ergänzungsleistungen ausrichten (Art. 112 a BV). Die berufliche Vorsorge soll zusammen mit der AHV die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen (Art. 113 Abs. 2 Bst. a. BV). 5⁰
Auch das Prinzip der Nachhaltigkeit ist an mehreren Stellen in der BV eingebettet. 5¹ Die Schwerpunkte für eine nachhaltige Entwicklung in der Schweiz hat der Bundesrat in seiner Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 festgelegt. 5² Artikel 73 a Absatz 2 ist harmonisierend auszulegen, wobei man sich am Normsinn der genannten Bestimmungen zu orientieren hat. 5³
Die in Absatz 2 verlangten Massnahmen müssen in einem Zusammenhang mit dem in Absatz 1 gesetzten Ziel der Begrenzung der ständigen Wohnbevölkerung auf maximal zehn Millionen bis 2050 stehen. Welche Massnahmen im Hinblick auf dieses Ziel zu ergreifen sind, werden in Artikel 73 a nicht näher ausgeführt. Sie müssen jedoch geeignet sein, bei Bedarf das Bevölkerungswachstum zu senken. Die Übergangsbestimmungen enthalten in der Folge Massnahmen, die mit zunehmender Höhe der ständigen Wohnbevölkerung konkreter werden. Unter Wahrung der Personenfreizügigkeit für die EU- und die EFTA-Mitgliedstaaten besteht eine Möglichkeit zur Steuerung der Einwanderung mittels Höchstzahlen weitgehend nur gegenüber Drittstaatsangehörigen. Denkbar wären etwa strengere Zulassungsvoraussetzungen für Drittstaatsangehörige durch die Senkung der bestehenden Höchstzahlen für erwerbstätige Drittstaatsangehörige durch den Bundesrat (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 2.1.3). Denkbar ist ferner der schnellere Entzug des Aufenthaltsrechts, wenn die Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt werden oder der rasche Vollzug von Wegweisungen. Grundsätzlich möglich wären aber auch Massnahmen des Bundes und der Kantone im Rahmen der bestehenden Kompetenzen zur Steuerung der Bevölkerungsentwicklung ausserhalb des eigentlichen Migrationsrechts, wie etwa im Bereich des Steuerrechts oder der Familienpolitik.
Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen bleibt nach der Annahme der Initiative unverändert. Nach Artikel 3 BV gilt bei dieser Aufgabenteilung ein Verfassungsvorbehalt zulasten des Bundes; das heisst, der Bund darf Aufgaben einzig gestützt auf konkrete Einzelermächtigungen in der BV übernehmen. Der Bundesgesetzgeber hat beispielsweise für die Einschränkung der Sozialhilfe nicht generell die Kompetenz zum Erlass von Bestimmungen. 5⁴
Nach einer Annahme der Initiative können verbindliche gesetzliche Massnahmen des Bundes und der Kantone notwendig werden. Unverbindliche Massnahmen im Rahmen von Empfehlungen wären zusätzlich ebenfalls möglich. Die Übergangsbestimmung sieht auf Bundesebene bei Bedarf eine einstweilige Umsetzung durch Verordnungen des Bundesrats vor (siehe Erläuterungen zu Art. 197 Ziff. 15 Abs. 3).
4⁴ Morel, Vallender, Hettich 2023, N 7 und N 9.
⁴5 Botschaft «Biodiversitätsinitiative», BBl 2022 737 Ziff. 3. 3 und 6.8.1 .
⁴6 Botschaft «Für verantwortungsvolle Unternehmen», BBl 2017 6335 Ziff. 2. 5 .
⁴7 Stellungnahme des Bundesrates vom 15. August 2012 zur Ip. Aebi Andreas vom 13. Juni 2012 (12.3504 «Infrastrukturkosten durch Bevölkerungswachstum zulasten von Bund, Kantonen und Gemeinden»).
⁴8 Botschaft «gegen masslosen Bau umwelt- und landschaftsbelastender Anlagen», BBl 2008 8773 Ziff. 2.
⁴9 Botschaft «Ja zur Hausarztmedizin», BBl 2011 7553 S. 7570.
5⁰ Materialien zum Bericht «Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat», Ziff. 1.1.
5¹ Errass, Hettich 2023, N 34.
5² ARE: «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030».
5³ Botschaft «Stopp der Überbevölkerung», BBl 2013 8693 Ziff. 3. 2 .
5⁴ Bericht des Bundesrates «Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer aus Drittstaaten», S. 8-14.
Art. 73a Abs. 3
Ständige Wohnbevölkerung
Nach Artikel 73 a Absatz 3 setzt sich die ständige Wohnbevölkerung aus schweizerischen Staatsangehörigen mit einem Hauptwohnsitz in der Schweiz und aus ausländischen Staatsangehörigen mit einem Aufenthaltstitel für mindestens zwölf Monate oder mit einer Aufenthaltsdauer in der Schweiz von mindestens zwölf Monaten zusammen.
Der in Artikel 73 a Absatz 3 verwendete Begriff «Hauptwohnsitz» kann zwar der Definition entsprechen, die zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Initiativtextes und der Unterschriftensammlung bereits in der Gesetzgebung und in der Praxis besteht. Der Gesetzgeber ist jedoch bei der Umsetzung der Initiative an diese Definitionen nicht gebunden. Nach Artikel 2 Buchstabe a der Volkszählungsverordnung vom 19. Dezember 2008 5⁵ (in der seit 1. Februar 2009 in Kraft stehenden Fassung) ⁵6 ist unter dem Begriff «Hauptwohnsitz» die Niederlassungsgemeinde zu verstehen. Nach der Definition von Artikel 3 Buchstabe b des Registerharmonisierungsgesetzes vom 23. Juni 2006 ⁵7 (in der seit 1. November 2006 in Kraft stehenden Fassung) ⁵8 ist die Niederlassungsgemeinde die Gemeinde, in der sich eine Person in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält, um dort den Mittelpunkt ihres Lebens zu begründen, welcher für Dritte erkennbar sein muss. Eine Person wird in derjenigen Gemeinde als niedergelassen betrachtet, in der sie das erforderliche Dokument hinterlegt hat, und sie kann nur eine Niederlassungsgemeinde haben.
Die ständige ausländische Wohnbevölkerung wird in Artikel 2 Buchstabe d Ziffern 2-3 der Volkszählungsverordnung (in der seit 1. Februar 2009 in Kraft stehenden Fassung) ⁵9 definiert. Dazu gehören folgende Personenkategorien: Aufenthalter (Ausweis B), Niedergelassene (Ausweis C), Kurzaufenthalter mit einer kumulierten Aufenthaltsdauer von mindestens zwölf Monaten (Ausweis L) sowie Asylsuchende (Ausweis N), vorläufig Aufgenommene (Ausweis F) mit einer Gesamtaufenthaltsdauer von mindestens zwölf Monaten. Personen mit vorübergehendem Schutz (Ausweis S) mit einer Gesamtaufenthaltsdauer von mindestens zwölf Monaten werden nach geltender Praxis - analog zu Personen mit Ausweis N oder F - der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz zugerechnet.
Die in Artikel 73 a Absatz 3 festgelegte Zählweise der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung entspricht demnach der geltenden Gesetzgebung und Praxis zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Initiativtextes und der Unterschriftensammlung. Massgebend für die Zählweise betreffend die ständige ausländische Wohnbevölkerung bleibt jedoch in jedem Fall die in Artikel 73 a Absatz 3 vorgesehene Zählweise.
5⁵ SR 431.112.1
⁵6 AS 2009 241
⁵7 SR 431.02
⁵8 AS 2006 4165
⁵9 AS 2009 241

3.3.2 Massnahmen nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze vor 2050

Art. 197 Ziff. 15 Abs. 1 erster Satz
Endgültige Ergebnisse zum Bevölkerungsstand
Der Bundesrat und die Bundesversammlung müssen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze Massnahmen ergreifen. Damit wird der Zeitpunkt der Überschreitung des Grenzwerts rechtlich relevant. Nach geltendem Recht wird die ständige Wohnbevölkerung quartalsweise und jährlich vom BFS berechnet und publiziert. Das BFS veröffentlicht zu einem Statistikjahr fünfmal Bevölkerungszahlen: 6⁰
-
Bevölkerungsbestand Ende 1. Quartal des Statistikjahrs (Datenstand am 31. März): Veröffentlichung Mitte Juni;
-
Bevölkerungsbestand Ende 2. Quartal des Statistikjahrs (Datenstand am 30. Juni): Veröffentlichung Mitte September;
-
Bevölkerungsbestand Ende 3. Quartal des Statistikjahrs (Datenstand am 30. September): Veröffentlichung Anfang Dezember;
-
provisorische Ergebnisse zum Bevölkerungsbestand am Ende des Statistikjahres (Datenstand am 31. Dezember): Veröffentlichung Anfang April des Folgejahres;
-
endgültige Ergebnisse zum Bevölkerungsbestand am Ende des Statistikjahres (Datenstand am 31. Dezember): Veröffentlichung Mitte August des Folgejahres.
Die zeitliche Differenz zwischen den Stichtagen und den Veröffentlichungen ergibt sich aus den gesetzlichen Fristen für die Datenlieferung und den Bearbeitungszeiten für die Veröffentlichung. Die endgültige Zahl der ständigen Wohnbevölkerung zum Jahresende wird im August des Folgejahres vom BFS veröffentlicht, sodass erst dann endgültig feststeht, ob der Grenzwert tatsächlich überschritten wird.
Massnahmen des Bundesrates und der Bundesversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeiten
Die Aufgaben der Bundesversammlung und die Kompetenzverteilung zwischen Bundesversammlung und Bundesrat werden in der BV geregelt und im ParlG konkretisiert. Die entsprechenden Massnahmen sind im Rahmen der geltenden Kompetenzverteilung zwischen Bundesversammlung und Bundesrat zu treffen. Der Bundesrat und die Bundesversammlung haben bei der Auswahl der Massnahmen und deren Umsetzung einen grossen Ermessensspielraum. Auch Massnahmen ausserhalb des Migrationsbereichs sind möglich.
Einschränkungen im Asylbereich
Diese Übergangsbestimmung verlangt, dass nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze Einschränkungen im Asylbereich zu treffen sind. Sie lässt jedoch offen, um welche konkreten Massnahmen es sich dabei handeln soll.
Bei Einschränkungen im Asylbereich sind die völkerrechtlichen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte zu beachten. Der Bundesrat ist deshalb bei der Beantwortung von verschiedenen parlamentarischen Vorstössen zu Einschränkungen im Asylbereich zum Schluss gekommen, dass diese mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht vereinbar sind; Beispiele dafür sind die Festlegung einer zahlenmässigen Obergrenze für die Annahme von Asylgesuchen, die dem Mittel der Jahre 2020 und 2021 entspricht, 6¹ die Schaffung von Transitzonen zur Durchführung sämtlicher Asylverfahren gemäss Artikel 22 AsylG, 6² das Nichteintreten auf Asylgesuche von straffälligen Asylsuchenden, 6³ die Feststellung, dass Asylsuchende, die ein sicheres Land durchqueren, keine Flüchtlinge sind, 6⁴ sowie die Forderung, den Flüchtlingsbegriff einzuschränken 6⁵ .
Einschränkungen beim Familiennachzug
Diese Übergangsbestimmung verlangt, dass nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze Einschränkungen beim Familiennachzug zu treffen sind. Sie lässt ebenfalls offen, um welche konkreten Massnahmen es sich dabei handeln soll. Die Voraussetzungen des Familiennachzugs werden für EU/EFTA-Staatsangehörige durch das FZA sowie das EFTA-Übereinkommen abschliessend geregelt. Einschränkungen beim Familiennachzug für EU/EFTA-Staatsangehörige würden folglich diese Übereinkommen verletzen. Der Familiennachzug von Drittstaatenangehörigen richtet sich nach den Bestimmungen des nationalen Ausländerrechts unter Berücksichtigung der völkerrechtlichen Verpflichtungen. Die Bestimmungen im AIG gehen grundsätzlich nicht über die völkerrechtlichen Verpflichtungen hinaus. 6⁶ Die Anforderungen für den Familiennachzug zu Schweizerinnen und Schweizern und für den Familiennachzug durch ausländische Personen mit Niederlassungsbewilligung oder mit einer Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung sind in den Artikeln 42-52 AIG geregelt. Im Rahmen der Parlamentarischen Initiative Barrile vom 21. Juni 2019 (19.464 «Beseitigung und Verhinderung der Inländerinnen- und Inländerdiskriminierung beim Familiennachzug») soll der Familiennachzug von Familienangehörigen aus Drittstaaten zu Schweizerinnen und Schweizern über die völkerrechtlichen Verpflichtungen hinaus geregelt werden. Am 10. Juni 2024 hiess der Nationalrat die Vorlage mit 104 zu 86 Stimmen gut. Demgegenüber trat am 10. September 2024 der Ständerat mit 27 zu 14 Stimmen und mit zwei Enthaltungen nicht auf die Vorlage ein. Abgesehen von diesem erweiterten Familiennachzug zu Schweizerinnen und Schweizern würden Einschränkungen beim Familiennachzug grundsätzliche völkerrechtliche Verpflichtungen tangieren (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 3.3.4).
Vorläufig Aufgenommene können drei Jahre nach der Anordnung dieser Ersatzmassnahme ihre Familienangehörigen nachziehen (Ehegatte und ledige, minderjährige Kinder), sofern sie beabsichtigen, zusammenzuwohnen, eine bedarfsgerechte Wohnung vorhanden ist und die so in der Schweiz vereinte Familie nicht auf Sozialhilfe angewiesen sein wird. Zudem darf die nachziehende Person keine jährlichen Ergänzungsleistungen beziehen oder aufgrund des Familiennachzugs erhalten. Die nachzuziehende Person - ausgenommen Kinder - muss sich in der am Wohnort gesprochenen Landessprache verständigen können, oder sie muss sich zumindest zu einem Sprachförderungsangebot angemeldet haben (Art. 85 c AIG).
Das Bundesverwaltungsgericht ⁶7 hat in einem Urteil aus dem Jahr 2022 die Wartefrist von drei Jahren für den Familiennachzug angepasst. Wenn vorläufig aufgenommene Personen einen Antrag auf Nachzug von Familienangehörigen stellen, ist die gesetzliche Wartefrist von drei Jahren nicht mehr strikt und automatisch anzuwenden. Das Bundesverwaltungsgericht passte damit seine Rechtsprechung an ein Urteil des EGMR an, wonach die strikte und automatische Anwendung einer Wartefrist von mehr als zwei Jahren als unvereinbar mit dem Recht auf Achtung des Familienlebens eingestuft wurde. ⁶8 Die bestehende Nachzugsfrist von drei Jahren soll daher im AIG auf zwei Jahre reduziert werden. Dazu wurde ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt.
Der EGMR kam in Zusammenhang mit dem Familiennachzug von vorläufig Aufgenommenen ferner zum Schluss, dass die Verweigerung des beantragten Familiennachzugs bei drei Gesuchen gegen Artikel 8 EMRK verstösst - und zwar im Fall von zwei Beschwerdeführenden, die einer bezahlten Arbeit nachgingen, sowie im Fall einer Beschwerdeführerin, die später aus medizinischen Gründen für arbeitsunfähig erklärt wurde. Das Gericht stellte insbesondere fest, dass die Behörden bei der Anwendung der Voraussetzung der fehlenden Sozialhilfeabhängigkeit das Interesse der Beschwerdeführer, mit ihren engsten Familienangehörigen in der Schweiz vereint zu werden, einerseits und das Interesse der Allgemeinheit an der Kontrolle der Einwanderung zum Schutz des wirtschaftlichen Wohlstands des Landes andererseits nicht angemessen gegeneinander abgewogen hatten. ⁶9 Eine generelle Verweigerung des Familiennachzugs von vorläufig Aufgenommenen wäre somit unter anderem nicht vereinbar mit dem Recht auf Achtung des Familienlebens gemäss Artikel 8 EMRK. 7⁰
Ausländerinnen und Ausländer, die ihre Familienangehörigen im Rahmen des asylrechtlichen Familiennachzugs nachziehen wollen, müssen als Flüchtlinge anerkannt worden sein und Asyl erhalten haben (Art. 51 AsylG). Zudem muss die Beziehung bereits zum Zeitpunkt der Flucht aus dem Heimatstaat bestanden haben, und es dürfen keine besonderen Umstände gegen den Familiennachzug sprechen. Die FK enthält keine Vorgaben für den Familiennachzug. Wenn die Voraussetzungen des asylrechtlichen Familiennachzugs nicht erfüllt sind, können in Verfahren vor den Asylbehörden weder Artikel 8 EMRK noch die Bestimmungen des UNO-Pakts II ergänzend angewendet werden. Bei einer Einschränkung des Rechts auf Familienasyl wäre die Frage nach einem allfälligen Anspruch auf einen Aufenthalt eines Familienangehörigen in der Schweiz im Rahmen des ausländerrechtlichen Familiennachzugsverfahrens zu beurteilen, in dem wiederum Artikel 8 EMRK Rechnung zu tragen wäre. 7¹
6⁰ BFS: «Stand und Entwicklung der Bevölkerung der Schweiz».
6¹ Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Februar 2023 zur Motion Egger Mike vom 16. Dezember 2022 (22.4547 «Asylnotstand. Einführung einer Obergrenze für Asylgesuche»).
6² Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Mai 2024 zur Motion Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 28. Februar 2024 (24.3058 «Schaffung von Transitzonen zur Durchführung sämtlicher Asylverfahren gemäss Artikel 22 AsylG»).
6³ Stellungnahme des Bundesrates vom 14. Juni 2024 zur Motion Buffat Michaël vom 17. April 2024 (24.3431 «Nichteintreten auf Asylgesuche von straffälligen Asylsuchenden»).
6⁴ Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Mai 2024 zur Motion Addor Jean-Luc vom 28. Februar 2024 (24.3056 «Asylsuchende, die ein sicheres Land durchqueren, sind keine Flüchtlinge»).
6⁵ Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Februar 2023 zur Motion Burgherr Thomas vom 15. Dezember 2022 (22.4437 «Neuausrichtung des Asylwesens»).
6⁶ Stellungnahmen des Bundesrates vom 7. September 2011 zur Motion Wobmann Walter vom 15. Juni 2011 (11.3544 «Anspruch auf Familiennachzug und Sozialleistungen auf Mindestmass senken») und vom 26. Mai 2010 zur Motion Philipp Müller vom 17. März 2010 (10.3175 «Reduktion der Einwanderung aus Drittstaaten»).
⁶7 Urteil des BVGer F-2739/2022 vom 24. November 2022.
⁶8 Urteil des BVGer F-2739/2022 vom 24. November 2022; Urteil des EGMR M. A. gegen Dänemark vom 9. Juli 2021, Nr. 6697/18.
⁶9 Urteil des BGer 13258/18 vom 4. Juli 2023.
7⁰ Stellungnahmen des Bundesrates vom 1. Mai 2024 zur Motion der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 28. Februar 2024 (24.3057 «Kein Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene») und vom 21. August 2024 zur Motion Friedli Esther vom 30. Mai 2024 (24.3511 «Kein Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene»).
7¹ Urteile des BVGer D-3819/2020 vom 17. März 2022 E. 6.4, D-3572/2021 vom 30. August 2021 E. 6.3, D-239/2021 vom 16. Juni 2021 E. 6.3, D-5588/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.2, D-150/2016 vom 25. Oktober 2017 E. 5.3 und D-7400/2015 vom 28. Juni 2017 E. 7.3.1.
Art. 197 Ziff. 15 Abs. 1 zweiter Satz
Gesetzesentwurf mit Massnahmen
Diese Übergangsbestimmung sieht vor, dass nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze der Bundesrat der Bundesversammlung einen entsprechenden Gesetzentwurf mit Massnahmen vorlegen muss. Dem Bundesrat werden bei Überschreitung der Neuneinhalb-Millionen-Grenze keine neuen Kompetenzen übertragen. Sobald die endgültige Zahl der ständigen Wohnbevölkerung durch das BFS veröffentlicht wird, ist ein entsprechender Gesetzesentwurf auszuarbeiten und dem Parlament zu unterbreiten.
Art. 197 Ziff. 15 Abs. 1 dritter und vierter Satz
Massnahmen im Bereich der vorläufigen Aufnahme
Diese Übergangsbestimmung sieht vor, dass unter Vorbehalt der zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts nach Überschreitung der Neuneinhalb-Millionen-Grenze vorläufig Aufgenommene keine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung, kein Schweizer Bürgerrecht und kein anderweitiges Bleiberecht erhalten. Die zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts wären auch ohne ausdrückliche Erwähnung in dieser Übergangsbestimmung vorbehalten, weil die Staaten auch ausserhalb von innerstaatlichen Regelungen zwingend und ausnahmslos daran gebunden sind. Diese Übergangsbestimmung enthält keinen allgemeinen Vorbehalt bezüglich der Vereinbarkeit mit dem Verfassungs- und Völkerrecht. Der Status der vorläufigen Aufnahme selbst ist nicht betroffen. Er soll auch nach Überschreitung der Neuneinhalb-Millionen-Grenze weiterhin bestehen bleiben.
Die vorläufige Aufnahme ist eine Ersatzmassnahme für eine nicht vollziehbare, rechtskräftige Wegweisungsverfügung. Ausländerinnen und Ausländer mit einer vorläufigen Aufnahme müssen die Schweiz grundsätzlich verlassen. Aufgrund der Unmöglichkeit, der Unzulässigkeit oder der Unzumutbarkeit des Vollzugs wird die Wegweisung jedoch auf unbestimmte Zeit aufgeschoben, bis diese Vollzugshindernisse weggefallen sind. Es handelt sich somit nicht um eine ausländerrechtliche Bewilligung. Es gibt zwei Formen der vorläufigen Aufnahme: einerseits die vorläufige Aufnahme von Ausländerinnen und Ausländern ausserhalb eines Asylverfahrens und von abgewiesenen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern ohne Flüchtlingseigenschaft (vorläufig aufgenommene Personen) sowie andererseits die vorläufige Aufnahme als Flüchtling (vorläufig aufgenommene Flüchtlinge). 7² Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge erfüllen zwar die Flüchtlingseigenschaft, jedoch erhalten sie aus verschiedenen Gründen kein Asyl. Das AsylG kennt zwei solche Asylausschlussgründe: die Asylunwürdigkeit (Art. 53 AsylG) und die subjektiven Nachfluchtgründe (Art. 54 AsylG). Asylunwürdig ist eine Person, die verwerfliche Handlungen begangen hat, die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz verletzt hat oder gefährdet oder gegen die eine Landesverweisung ausgesprochen wurde. Subjektive Nachfluchtgründe liegen vor, wenn eine Person erst durch ihre Ausreise aus dem Heimat- oder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise Flüchtling wurde.
Keine Umwandlung der vorläufigen Aufnahme in eine Aufenthaltsbewilligung oder in ein anderweitiges Bleiberecht
Nach geltendem Recht kann in schwerwiegenden persönlichen Härtefällen vorläufig Aufgenommenen unter Berücksichtigung der Integration, der familiären Verhältnisse und der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Herkunftsstaat eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. Nach einem Aufenthalt in der Schweiz von fünf Jahren wird ein solches Gesuch vertieft geprüft (Art. 30 Abs. 1 Bst. b und 84 Abs. 5 AIG).
Die Unmöglichkeit der Umwandlung der vorläufigen Aufnahme in eine Aufenthaltsbewilligung im Rahmen eines Härtefalls könnte im Einzelfall in den Schutzbereich von Artikel 8 EMRK fallen. Das Bundesgericht hat sich lange Zeit nicht abschliessend zu einem allfälligen konventionsrechtlichen Anspruch auf Umwandlung des Status der vorläufigen Aufnahme in eine Aufenthaltsbewilligung geäussert. 7³ Das Bundesgericht kommt in einem neuen Urteil zum Schluss, dass eine heute 15 Jahre junge Frau aus Syrien, die vor zehn Jahren zusammen mit ihrer Familie vorläufig in der Schweiz aufgenommen wurde, gestützt auf Artikel 8 EMRK einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung hat. Das Bundesgericht führt aus, die junge Frau sei aufgrund ihres Alters stärker von den Nachteilen der vorläufigen Aufnahme betroffen als jüngere Kinder. Mit der Annäherung an die Volljährigkeit wachse ihr Interesse an der Bestätigung ihres Aufenthaltsrechts in der Schweiz. Ihre internationale Mobilität sei eingeschränkt, was in Bezug auf Ausbildungen oder Schulausflüge problematisch sein könne. Zudem stehe sie vor dem Ende der Schulpflicht und der Suche nach einer Lehrstelle, wobei die vorläufige Aufnahme ein Hindernis darstellen könnte. Die junge Frau habe sodann alles für ihre Integration getan, was von ihr erwartet werden könne. 7⁴
Die Unmöglichkeit der Umwandlung der vorläufigen Aufnahme in eine Aufenthaltsbewilligung könnte ferner Artikel 11 UNO-Pakt I tangieren. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Vertragsstaaten das Recht eines jeden auf einen angemessenen Lebensstandard für sich und seine Familie zu gewährleisten haben, unter anderem die Anerkennung einer stetigen Verbesserung der Lebensbedingungen. Das Bundesgericht ist allerdings in mehreren Fällen zu dem Schluss gekommen, dass Artikel 11 UNO-Pakt I sich an den Gesetzgeber richtet und grundsätzlich Privatpersonen keine subjektiven Rechte einräumt, die sie gerichtlich durchsetzen könnten. 7⁵
Diese Übergangsbestimmung sieht weiter vor, dass nach Überschreitung der Neuneinhalb-Millionen-Grenze vorläufig Aufgenommene auch kein anderweitiges Bleiberecht erhalten. Diese Massnahme könnte wiederum Artikel 8 EMRK und Artikel 11 UNO-Pakt I tangieren.
Eine von der Schweiz als staatenlos anerkannte Person hat Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung (Art. 31 Abs. 1 AIG). Ein Verfahren um Anerkennung der Staatenlosigkeit und ein Asylverfahren können gleichzeitig hängig sein. Das Gesuch um Anerkennung der Staatenlosigkeit wird in der Regel bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens sistiert. Das Asylverfahren kann mit der Erteilung der vorläufigen Aufnahme abgeschlossen und die Behandlung des Gesuchs um Anerkennung der Staatenlosigkeit wieder aufgenommen werden. Da in diesen Fällen zunächst eine vorläufige Aufnahme erteilt wurde, ist unklar, ob die Aufenthaltsbewilligung nach dem Wortlaut dieser Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 15 Abs. 1 dritter Satz) erteilt werden kann. Mit der Einführung von Artikel 31 AIG wurde die Gleichstellung der Staatenlosen mit den Flüchtlingen im Bereich Aufenthalt beabsichtigt. 7⁶ Die Gleichstellung erfolgte aus nationalen Erwägungen und nicht aufgrund von Verpflichtungen aus internationalen Übereinkommen.
Keine Umwandlung der vorläufigen Aufnahme in eine Niederlassungsbewilligung
Eine Umwandlung der vorläufigen Aufnahme in eine Niederlassungsbewilligung ist nach geltendem Recht nicht möglich. Diese vorgeschlagene Massnahme ist mit dem Verfassungs- und Völkerrecht vereinbar.
Keine Einbürgerung mit dem Status der vorläufigen Aufnahme
Diese Übergangsbestimmung sieht vor, dass nach Überschreitung der Neuneinhalb-Millionen-Grenze vorläufig Aufgenommene kein Schweizer Bürgerrecht erhalten. Seit der Inkraftsetzung der Totalrevision des BüG können sich vorläufig Aufgenommene nicht mehr direkt ordentlich einbürgern lassen. Seither wird die vorgängige Erlangung der Niederlassungsbewilligung verlangt. 7⁷
Ein dauerhafter Ausschluss von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen von der Einbürgerung könnte mit der FK kollidieren. Die FK verpflichtet die Staaten, die Integration und Einbürgerung von Flüchtlingen so weit als möglich zu erleichtern (Art. 34 FK). Gemäss dem Bundesgericht besteht zwar gestützt auf Artikel 34 FK kein individualrechtlicher Anspruch auf Einbürgerung, doch ist die FK bei der Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen als Auslegungs- und Beurteilungshilfe beizuziehen. ⁷8
Ein dauerhafter Ausschluss der Einbürgerung von staatenlosen Personen, die zuerst vorläufig aufgenommen und später als staatenlos anerkannt wurden, könnte das Staatenlosenübereinkommen tangieren. Mit der Ratifizierung des Übereinkommens hat sich die Schweiz verpflichtet, die Einbürgerung staatenloser Personen zu erleichtern. ⁷9 Im Jahr 1982 unterbreitete der Bundesrat der Bundesversammlung eine Vorlage, die einen neuen Verfassungsartikel vorsah, wonach der Bund unter der Voraussetzung einer erfolgreichen Integration die Einbürgerung junger, in der Schweiz aufgewachsener Ausländerinnen und Ausländer sowie von Flüchtlingen und Staatenlosen hätte erleichtern können. 8⁰ Die Vorlage wurde jedoch am 4. Dezember 1983 durch die Stimmbevölkerung abgelehnt.
Ein dauerhafter Ausschluss von Kindern, die zuerst vorläufig aufgenommen und später als staatenlos anerkannt wurden, könnte die KRK und die BV tangieren. Die KRK stellt die Verhinderung der Staatenlosigkeit in den Vordergrund (Art. 7 Abs. 2 KRK). Die Vertragsstaaten sollen die Verwirklichung dieses Rechts in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht und ihren internationalen Verpflichtungen sicherstellen, insbesondere wenn das Kind sonst staatenlos wäre. 8¹ Mit der Totalrevision der BV wurde dem Bund die Zuständigkeit für die erleichterte Einbürgerung von staatenlosen Kindern übertragen (Art. 38 Abs. 3 Bst b BV). 8² Mit der Revision des BüG vom 3. Oktober 2003, in Kraft seit 1. Januar 2006, setzte der Bund die Verfassungsbestimmung um. 8³ Nach geltendem Recht kann ein staatenloses minderjähriges Kind ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn es insgesamt fünf Jahre in der Schweiz gewohnt hat, wovon ein Jahr unmittelbar vor Einreichung des Gesuchs (Art. 23 BüG). Ist das staatenlose Kind in der Schweiz geboren, so kann es - über seine gesetzliche Vertreterin oder seinen gesetzlichen Vertreter - ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn es fünf Jahre alt ist. 8⁴
Ausführungsgesetzgebung und hängige Bewilligungs- und Beschwerdeverfahren
Auch wenn die in der Übergangsbestimmung verlangten Massnahmen gegenüber vorläufig Aufgenommenen konkret formuliert sind, bedürfen sie einer Ausführungsgesetzgebung, die sich an der verfassungsrechtlichen Auslegung orientiert. Ob das neue Recht auch auf bereits hängige Bewilligungs- und Beschwerdeverfahren anzuwenden ist, wird vom Gesetzgeber geregelt werden müssen. Er hat insbesondere zu regeln, wie mit sistierten Verfahren um Zuerkennung der Staatenlosigkeit, mit hängigen kantonalen Verfahren zur Umwandlung in eine Aufenthaltsbewilligung und mit Beschwerdeverfahren in Zusammenhang mit der Umwandlung umzugehen ist.
7² BGE 121 V 251 E. 3
7³ Urteil des BGer 2C_689/2017 vom 1. Februar 2018 E. 1.2.2.
7⁴ Urteil des BGer 2C_157/2023 vom 23. Juli 2024.
7⁵ Vierter Bericht der Schweiz «Umsetzung UNO-Pakt I», S. 87; BGE 136 I 290 E. 2.3.1.
7⁶ BVGE 2014 /5 E. 9.1; Botschaft «Änderung des Asylgesetzes», BBl 2002 6845 Ziff. 2. 2 .
7⁷ Botschaft «Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes», BBl 2011 2825 Ziff. 1. 4.6 .
⁷8 Bericht des Bundesrates «Aktualität und Bedeutung der Flüchtlingskonvention», S. 16; Urteil des BGer 1D_7/2017 vom 13. Juli 2018 E. 4.2.
⁷9 Urteil des BGer 5A.18/2003 vom 19. November 2003 E. 3.2.
8⁰ Botschaft «Revision der Bürgerrechtsregelung in der Bundesverfassung», BBl 1982 II 125 ; Bundesbeschluss vom 24. Juni 1983 über die Erleichterung gewisser Einbürgerungen, BBl 1983 II 705 .
8¹ Botschaft «Beitritt zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes», BBl 1994 V 1 S. 27.
8² Bundesbeschluss vom 28. September 1999 über das Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung vom 18. April 1999, AS 1999 2555 .
8³ Botschaft «Revision des Bürgerrechtsgesetzes», BBl 2002 1911 ; AS 2005 5233 .
8⁴ Botschaft «Revision des Bürgerrechtsgesetzes», BBl 2002 1911 Ziff. 2. 5.3.2 .
Art. 197 Ziff. 15 Abs. 1 fünfter und sechster Satz
Anrufung bestehender und Aushandlung neuer Ausnahme- oder Schutzklauseln
Nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze sieht diese Übergangsbestimmung vor, dass für bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen Ausnahme- oder Schutzklauseln ausgehandelt oder bestehende Ausnahme- oder Schutzklauseln aktiviert werden müssen. Schutzklauseln sind völkerrechtliche Regeln für eine Ausnahmesituation. Sie beschreiben Massnahmen zum Schutz der Interessen einzelner Vertragsparteien und sind Bestandteil vieler internationaler Übereinkommen. Sie können so formuliert werden, dass sie zeitlich begrenzt oder dauerhaft aktiviert werden können. Auslöser können im wirtschaftlichen Kontext eine besondere wirtschaftliche Situation oder im menschenrechtlichen Kontext Krisen oder Unruhen sein. Die Auslösung kann einseitig oder gemeinsam oder nach Ermächtigung, Mitteilung oder Konsultation der anderen Vertragspartei erfolgen. 8⁵ Die Anrufung einer Schutzklausel ist daher an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, wobei allein die Überschreitung einer bestimmen Bevölkerungszahl diese Voraussetzungen in der Regel nicht erfüllen dürfte.
Die Menschenrechtsgarantien gelten grundsätzlich auch während eines staatlichen Notstands, können jedoch angesichts überwiegender öffentlicher Interessen sehr weitgehend eingeschränkt werden (Art. 36 BV). Eine eigentliche Derogation, das heisst die vorübergehende Ausserkraftsetzung menschenrechtlicher Verträge oder einzelner Garantien dieser Verträge, ist nur erlaubt, wenn verschiedene Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Zu diesen zählt insbesondere das Vorliegen einer Notstandssituation, mithin einer vorliegenden oder unmittelbar drohenden schweren Störung der öffentlichen Ordnung oder der inneren oder äusseren Sicherheit, die in ihren Auswirkungen die gesamte Bevölkerung oder zumindest einen Teil des Staatsgebietes betrifft. Die völkerrechtlichen Derogationsklauseln (Art. 15 EMRK und Art. 4 Abs. 2 UNO-Pakt II) erklären gewisse Garantien für notstandsfest, die zu keinem Zeitpunkt ausser Kraft gesetzt werden können. 8⁶ Im Fall eines Kriegs oder eines anderen allgemeinen Notstands kann ein Staat Massnahmen treffen, die von den in der EMRK vorgesehenen Verpflichtungen abweichen. Beispielsweise haben mehrere Staaten Derogationen gemäss Artikel 15 EMRK verfügt, um in Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie angeordnete Einschränkungen abzusichern. Als «notstandsfest» gelten das Folterverbot, einschliesslich des Non-Refoulement-Prinzips oder des Verbots der Todesstrafe. 8⁷ Neben den völkerrechtlichen Derogationsklauseln bilden auch die verfassungsrechtlich verankerten Kerngehalte aller Grundrechte (Art. 36 Abs. 4 BV) notstandsfeste Garantien.
Das FZA sieht in Artikel 14 Absatz 2 die Möglichkeit vor, dass bei schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen und auf Verlangen einer Vertragspartei der Gemischte Ausschuss einvernehmlich geeignete Abhilfemassnahmen prüft. Dabei sind Massnahmen zu wählen, die das Funktionieren des FZA so wenig wie möglich einschränken. Alleine das Erreichen eines bestimmten und von der Schweiz einseitig festgelegten Grenzwerts der ständigen Wohnbevölkerung genügt den Anforderungen im FZA zur Anrufung der Schutzklausel deshalb nicht.
Bei rechtlich nicht verbindlichen internationalen Instrumenten (z. B. UNO-Migrationspakt, siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 3.3.5) erübrigt sich die Aushandlung von Ausnahme- oder Schutzklauseln, da keine rechtlichen Verpflichtungen aus solchen Instrumenten bestehen, die Anlass für eine Ausnahme- oder Schutzklausel geben würden. In Bezug auf multilaterale Übereinkommen können keine neuen Ausnahmeklauseln geschaffen werden, indem die Schweiz nachträglich einen Vorbehalt anbringt. Vorbehalte sind grundsätzlich bei der «Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Genehmigung eines Vertrags oder beim Beitritt» (Art. 19 VRK) anzubringen. 8⁸
Neuverhandlung von internationalen Übereinkommen
Nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze sieht diese Übergangsbestimmung die Neuverhandlung bevölkerungswachstumstreibender internationaler Übereinkommen vor, seien sie rechtsverbindlich oder nicht. Der Bundesrat hat in seiner Botschaft zur Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» ⁸9 ausführlich den Mechanismus bei Anpassungen von völkerrechtlichen Verpflichtungen dargestellt, weshalb hier nur ein kurzer Überblick erfolgt. Die Anpassungspflicht bezüglich internationaler Übereinkommen liegt zunächst beim Bundesrat, der für die Aushandlung dieser Übereinkommen zuständig ist (Art. 184 Abs. 1 BV). Bei der Genehmigung von Änderungen gelten die allgemeinen Zuständigkeiten von Bundesrat, Parlament und Stimmvolk. Die Zuständigkeit zur Änderung solcher Verträge richtet sich nach der Tragweite der Änderung und folgt denselben Regeln wie der Abschluss der Übereinkommen. Neuverhandlungen und die Einigung über eine Änderung erfordern in jedem Fall die Zustimmung aller Vertragsparteien. Bei rechtlich nicht verbindlichen internationalen Instrumenten ist eine Neuverhandlung nicht erforderlich, da daraus keine Verpflichtungen bestehen, die Anlass zu Neuverhandlung geben würden.
Gemäss Artikel 197 Ziffer 15 Absatz 1 fünfter und sechster Satz ist der Bundesrat zuständig für die Anrufung bestehender und Aushandlung neuer Ausnahme- oder Schutzklauseln und die Neuverhandlung von internationalen Übereinkommen. Diese Übergangsbestimmung richtet sich nicht an den Gesetzgeber. Dieser Auftrag an den Bundesrat bedarf keiner Umsetzung. Die Rechte des Parlaments im Bereich der Aussenpolitik müssen jedoch gewahrt werden.
8⁵ Tobler 2015, S. 3 und Anhang mit Tabelle zu den unterschiedlichen Arten von Schutzklauseln; Voelcker 2019, S. 27-28.
8⁶ Gonin 2018, S. 728.
8⁷ Haefliger, Schürmann 2023, S. 97-98.
8⁸ Botschaft «Selbstbestimmungsinitiative», BBl 2017 5355 Ziff. 5. 2.3 .
⁸9 Botschaft «Selbstbestimmungsinitiative», BBl 2017 5355 Ziff. 5. 2.3 .

3.3.3 Bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen

Art. 197 Ziff. 15 Abs. 1 fünfter Satz
Die Rechtsstellung von Ausländerinnen und Ausländern ist zwar grundsätzlich im nationalen Ausländerrecht geregelt, wird aber durch völkerrechtliche Verpflichtungen überlagert. 9⁰ Internationale Übereinkommen haben daher einen grossen Einfluss auf die Rechtsstellung von Ausländerinnen und Ausländern. Diese Übergangsbestimmung äussert sich nicht näher zur Definition des neu geschaffenen Begriffs «bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen». Die Auslegung dieses Begriffs obliegt den für die Umsetzung der Initiative zuständigen Behörden. Dieser Begriff lässt allerdings einen grossen Interpretationsspielraum für die Analyse zu.
Ein erster Ansatz wäre, diesen Begriff so zu interpretieren, dass er sich nur auf Übereinkommen bezieht, die Freizügigkeitsrechte gewähren, da diese die weitestgehenden Rechte im Bereich der Zuwanderung vorsehen. Dazu würde insbesondere das FZA gehören.
Es wäre auch denkbar, Übereinkommen als «bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen» einzustufen, wenn sie unmittelbare Ansprüche im Bereich der Zuwanderung - und nicht nur Freizügigkeitsrechte - gewähren. Diese Auslegung hätte zur Folge, dass eine grosse Anzahl von Übereinkommen - wie etwa die Übereinkommen im Bereich der Migration - nicht unter die Definition dieses Begriffs fallen würde.
Nach dieser Übergangsbestimmung sind sowohl rechtsverbindliche als auch nicht rechtsverbindliche internationale Übereinkommen erfasst. Nicht rechtsverbindliche internationale Übereinkommen verleihen jedoch kein Recht auf Aufenthalt und tragen nicht direkt zu einem Anstieg der ständigen Wohnbevölkerung bei. Die Erwähnung der nicht rechtsverbindlichen internationalen Instrumente könnte zu einer sehr umfassenden Auslegung führen, wonach alle internationalen Instrumente betroffen sind, die direkt oder indirekt dazu beitragen können, dass das geltende Recht in einem Sinn angewendet oder ausgelegt wird, der die Zunahme der Wohnbevölkerung fördert.
Zudem stellt sich die Frage, ob - unabhängig von der Art der internationalen Instrumente und der darin verankerten Rechte - der Begriff «bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen» nach dem Massstab eines quantitativen Kriteriums auszulegen ist. Mit anderen Worten könnte man sagen, dass der Begriff impliziert, dass diese internationalen Instrumente zu einem erheblichen Anstieg der ständigen Wohnbevölkerung führen:
-
Dies ist nicht der Fall, wenn die Zuwanderung gestützt auf solche Übereinkommen im Verhältnis zur gesamten Zuwanderung geringfügig ist. Dies wäre zum Beispiel beim ÜBM, der Istanbul-Konvention, dem UN-Antifolterübereinkommen, dem UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen und dem UN-Rassendiskriminierungsübereinkommen der Fall.
-
Dies könnte auch dann nicht der Fall sein, wenn die Übereinkommen Rechte im Bereich der Einwanderung oder des Aufenthalts garantieren, die weitgehend den verfassungsmässigen Grundrechten entsprechen. Denn bei einer Neuverhandlung oder Kündigung von Übereinkommen wie der EMRK würde der in der Verfassung enthaltene Katalog der Grundrechte in Kraft bleiben. Eine Neuverhandlung oder Kündigung solcher Übereinkommen würde sich kaum oder nur in begrenztem Umfang auf die Grösse der ständigen Wohnbevölkerung auswirken. Hinzu kommt, dass einige dieser Übereinkommen eine Vielzahl von Rechten und Garantien beinhalten, die nicht in Zusammenhang mit der Einwanderung und dem Aufenthalt in der Schweiz stehen und daher keinen Einfluss auf die Grösse der ständigen Wohnbevölkerung haben.
Zum Schluss ist festzuhalten, dass die Neuverhandlung oder die Kündigung von internationalen Übereinkommen nur ein Mittel ist, um das Ziel der Initiative, die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz auf unter zehn Millionen zu begrenzen, zu erreichen. In der Übergangsbestimmung wird nur die Kündigung des FZA als zu ergreifende Massnahme erwähnt. Die Neuverhandlung oder Kündigung der anderen Übereinkommen dürfte also eine angemessene und verhältnismässige Massnahme im Hinblick auf das Ziel der Initiative sein. Dies ist bei der Auslegung des Begriffs «bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen» zu berücksichtigen.
Kategorisierung der betroffenen Übereinkommen
Im Rahmen der vorliegenden Botschaft wird eine erste, nicht abschliessende Kategorisierung der verschiedenen betroffenen völkerrechtlichen Verpflichtungen aufgrund der denkbaren Varianten vorgenommen (siehe oben). Die Frage, ob und in welchem Umfang diese Übergangsbestimmung mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz im Konflikt steht, kann aufgrund des grossen Interpretationsspielraums des Begriffs «bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen» unterschiedlich beurteilt werden. Eine definitive Beurteilung erfordert von den Behörden, die die Initiative umzusetzen hätten, eine vertiefte und umfassende Analyse, die im Rahmen dieser Botschaft nicht möglich ist.
Betroffene Übereinkommen
Die Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 15 Abs. 2 vierter Satz) verlangt explizit, dass das FZA gekündigt wird (die Initiative legt nicht fest, welche Behörde das FZA kündigen muss, und die Kompetenzverteilung bleibt unverändert), sofern die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz vor oder nach dem Jahr 2050 erstmalig die Zehn-Millionen-Grenze (oder den vom Bundesrat um den Geburtenüberschuss angepassten Grenzwert) zwei Jahre lang überschreitet und bis dahin keine Ausnahme- oder Schutzklauseln ausgehandelt oder angerufen werden konnten, die die Einhaltung der Zehn-Millionen-Grenze ermöglicht. Das FZA und das EFTA-Übereinkommen Anhang K vermitteln mit ihren Freizügigkeitsrechten den von den Übereinkommen begünstigten Personen direkt anwendbare, individuelle, ausländerrechtliche Ansprüche auf Einreise, Ausreise, Aufenthalt, Erwerbstätigkeit und Verbleib. 9¹ Sie sehen Ansprüche vor, die nicht durch die BV garantiert werden. Die Zuwanderung in die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz erfolgt mehrheitlich im Rahmen des FZA (siehe weitere Erläuterungen in Ziff. 2.2.1). Das FZA und das EFTA-Übereinkommen Anhang K fallen daher unter die denkbaren Auslegungsvarianten.
Voraussichtlich betroffene Übereinkommen
Je nach Auslegung des Begriffs «bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen» könnten folgende Übereinkommen von der Umsetzung der Massnahmen gemäss dieser Übergangsbestimmung betroffen sein, da sie individuelle Ansprüche im Bereich der Zuwanderung und des Aufenthalts in der Schweiz begründen und ihre Auswirkungen auf die Zuwanderung auch im Verhältnis zur gesamten Zuwanderung als erheblich betrachtet werden könnten:
-
EMRK;
-
Flüchtlingskonvention und Zusatzprotokoll;
-
Kinderrechtskonvention (vorausgesetzt, die EMRK wurde gekündigt);
-
UNO-Pakt II.
Jedes Gesuch wird individuell und unter Berücksichtigung der individuellen Situation der entsprechenden Person geprüft. Eine allgemeine Aussage, wie viele Personen in Zukunft unmittelbar Ansprüche im Bereich der Zuwanderung geltend machen können, ist daher nicht möglich. Nach einer groben Schätzung können aus heutiger Sicht jährlich rund 16 000 Ausländerinnen und Ausländer gestützt auf das Recht auf Achtung des Familienlebens (EMRK, UNO-Pakt II) und rund 3500 auf das Non-Refoulement-Prinzip (EMRK, FK, UNO-Pakt II) unmittelbar Ansprüche geltend machen. Grundlage für die Schätzung sind die Planzahlen der Vorjahre, die in Anhang 2 dargestellt sind.
EMRK
Die EMRK wurde von der Bundesversammlung am 3. Oktober 1974 genehmigt und trat am 28. November 1974 für die Schweiz in Kraft. Der Grundrechtskatalog der BV ist inhaltlich weitgehend deckungsgleich mit den Garantien der EMRK (siehe Ziff. 4.2.2). Das Recht auf Achtung des Familienlebens hat einen grossen Einfluss auf die Rechtsprechung und Rechtsentwicklung im nationalen Ausländerrecht. 9² Ein Anwendungsfall von Artikel 8 EMRK betrifft den Familiennachzug. 9³ Artikel 8 Ziffer 1 EMRK verschafft grundsätzlich kein Recht auf Einreise und Aufenthalt, kein Recht auf einen Aufenthaltstitel und kein Recht auf Wahl des Familiendomizils oder Familienzusammenführung in einem bestimmten Staat. 9⁴ Der EGMR anerkennt das Recht der Staaten, die Einwanderung und den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern auf ihrem Territorium zu regeln. 9⁵ Im Bereich des ausländerrechtlichen Familiennachzugs kann sich aus Artikel 8 EMRK eine Verpflichtung des Staates ergeben, Familienangehörigen Einreise und Aufenthalt zu gewähren. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. 9⁶
Verletzungen der EMRK können mittels Beschwerde beim Bundesgericht gerügt werden (Art. 95 Bst. b BGG). Die betroffenen Personen können nach Ausschöpfung der innerstaatlichen Rechtsmittel mittels Individualbeschwerde an den EGMR gelangen. Die Staaten sind verpflichtet, in allen Beschwerdesachen, in denen sie beteiligt sind, das Urteil zu befolgen (Art. 46 Abs. 1 EMRK). 9⁷ Die Schweiz hat daher mit dem Beitritt zur EMRK die Pflicht übernommen, im Nachgang zu den Urteilen des EGMR die jeweils erforderlichen individuellen und allgemeinen Massnahmen zu treffen, um künftige ähnliche Konventionsverletzungen - nötigenfalls auch durch eine Anpassung des nationalen Rechts - zu verhindern. 9⁸ Auch die nicht an einem konkreten Verfahren beteiligten Mitgliedstaaten müssen Urteile des EGMR berücksichtigen. 9⁹ Die EMRK verbietet nachträgliche Vorbehalte (Art. 57 EMRK); sie ist jedoch kündbar (Art. 58 EMRK). Die Non-Refoulement-Bestimmung in der EMRK wird unter Ziffer 1.3.2 erläutert.
Der Bundesrat hat am 4. September 2024 beantragt, die Motion Caroni vom 27. Mai 2024 (24.3485 «Der EGMR soll sich an seine Kernaufgabe erinnern») anzunehmen. Der Bundesrat soll beauftragt werden, zusammen mit den andern Vertragsstaaten der EMRK darauf hinzuwirken, dass sich der EGMR an seine Kernaufgabe erinnert. Namentlich soll der EGMR keine ideelle Verbandsbeschwerde zulassen (vgl. Art. 34 EMRK) und nicht mittels ausufernder Auslegung der Grundrechte den legitimen Ermessensspielraum der Staaten einschränken (vgl. Präambel bzw. 15. Protokoll). Als Massnahme im Vordergrund steht die Aushandlung eines entsprechend verbindlichen (17.) Protokolls zur EMRK. 10⁰
Der Bundesrat hat ebenfalls am 4. September 2024 in der Stellungnahme zur Motion Rechsteiner Thomas vom 17. April 2024 (24.3449 «EMRK. Austritt der Schweiz») anerkannt, dass die Entwicklung der Rechtsprechung des EGMR naturgemäss nicht in jeder Hinsicht vorhersehbar war. Er kritisiert jedoch die weite Auslegung der EMRK durch den Gerichtshof im Urteil zu den Klimaseniorinnen. Die Rechtsprechung darf nicht zu einer Ausweitung des Geltungsbereichs der EMRK führen. Der Bundesrat nimmt die Kritik an der Rechtsprechung deshalb ernst. Gleichwohl erinnert er daran, dass verschiedene Urteile, die seinerzeit kontrovers aufgenommen wurden, heute unbestrittenen rechtsstaatlichen Verbesserungen zum Durchbruch verholfen haben und den Schutz der Individualrechte und Grundfreiheiten der Menschen in der Schweiz gestärkt haben. 1⁰1
Flüchtlingskonvention und Zusatzprotokoll
Die FK wurde von der Bundesversammlung am 14. Dezember 1954 genehmigt und trat am 21. Januar 1955 für die Schweiz in Kraft. Sie war vorerst auf Geschehnisse, hauptsächlich in Europa, vor 1951 beschränkt. Diese zeitliche und geografische Begrenzung wurde im Jahr 1967 durch das Zusatzprotokoll aufgehoben. 1⁰2 Die FK in der Fassung gemäss dem Zusatzprotokoll regelt im Wesentlichen den Begriff des Flüchtlings und welche Rechte den Flüchtlingen zustehen. Anerkannte Flüchtlinge erhalten in der Schweiz grundsätzlich Asyl (Art. 2 Abs. 1 AsylG). Personen, die in der Schweiz Asyl erhalten, haben Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (Art. 60 Abs. 1 AsylG). Liegen Ausschlussgründe in Bezug auf das Asyl in der Schweiz vor, so wird eine Person mit Flüchtlingseigenschaft vorläufig aufgenommen (Art. 53 und 54 AsylG). Während die Flüchtlingseigenschaft nach den Bestimmungen der FK gewährt wird, richtet sich der Asylstatus nach den Kriterien des nationalen Rechts. Im Rahmen der FK besteht kein Anspruch auf Asyl. Mitglieder der Kernfamilie werden in die Flüchtlingseigenschaft eingeschlossen und erhalten Asyl, sofern sie nicht originär die Flüchtlingseigenschaft erfüllen (Art. 51 Abs. 1 und 4 AsylG). In der Schweiz geborene Kinder von Flüchtlingen werden auch als Flüchtlinge anerkannt, sofern keine besonderen Umstände dagegen sprechen (Art. 51 Abs. 3 AsylG). Die FK selber enthält keine Verpflichtung der Vertragsstaaten, die Familienzusammenführung von Flüchtlingen in ihrem Hoheitsgebiet vorzusehen. In der Schlussakte zur FK haben die beteiligten Staaten indes in einer Empfehlung festgehalten, dass die Regierungen sicherzustellen hätten, dass die Einheit der Familie des Flüchtlings aufrechterhalten werde. 1⁰3 Die FK ist kündbar (Art. 44). Die Non-Refoulement-Bestimmung in der FK wird unter Ziffer 1.3.2 erläutert.
Kinderrechtskonvention
Die KRK wurde von der Bundesversammlung am 13. Dezember 1996 genehmigt und am 26. März 1997 für die Schweiz in Kraft gesetzt. Sie bietet Gewähr für die Menschenrechte der Kinder und Jugendlichen bis zum Alter von 18 Jahren. 1⁰4 Die KRK verpflichtet die Vertragsstaaten unter anderem, ihren eigenen Staatsangehörigen die Ein- und Ausreise zur Ausübung regelmässiger Beziehungen zu gestatten (Art. 10 Abs. 2). Die Schweiz hat zwar einen Vorbehalt bezüglich Ein- und Ausreise von Eltern und Kind zwecks Familienzusammenführung angebracht (Art. 10 Abs. 1 KRK). 1⁰5 Das Wohl des Kindes ist gemäss Artikel 3 KRK jedoch bei ausländerrechtlichen Entscheiden im Rahmen der Interessenabwägung von Artikel 16 KRK, Artikel 8 Absatz 2 EMRK bzw. Artikel 13 Absatz 1 BV vorrangig zu berücksichtigen. Die KRK vermittelt jedoch keine eigenständigen, über die Garantien von Artikel 8 EMRK bzw. Artikel 13 Absatz 1 BV hinausgehenden Bewilligungsansprüche. 1⁰6
Das dritte Fakultativprotokoll zur KRK betreffend ein Mitteilungsverfahren wurde von der Bundesversammlung am 16. Dezember 2016 genehmigt und trat am 24. Juli 2017 für die Schweiz in Kraft. Es ergänzt die KRK und ermöglicht Personen, die eine Verletzung ihrer Rechte aus der KRK durch die Schweiz geltend machen, nach Ausschöpfung der innerstaatlichen Rechtsmittel mittels Individualmitteilung an den UN-Kinderrechtsausschuss zu gelangen. Die Auffassungen und gegebenenfalls Empfehlungen, die der UN-Kinderrechtsausschuss nach Prüfung der Mitteilung den Parteien übermittelt, sind jedoch rechtlich nicht verbindlich. 1⁰7 Die KRK ist kündbar (Art. 52).
UNO-Pakt II
Der UNO-Pakt II wurde von der Bundesversammlung am 13. Dezember 1991 genehmigt und trat am 18. September 1992 für die Schweiz in Kraft. Der Inhalt des UNO-Pakts II ist weitgehend deckungsgleich mit den Garantien der EMRK 1⁰8 und ebenso inhaltlich weitgehend deckungsgleich mit dem Grundrechtskatalog der BV (siehe Ziff. 4.2.2). Wie die EMRK enthält auch der UNO-Pakt II materiellrechtliche Schranken bei der Regelung des Aufenthalts von Ausländerinnen und Ausländern. Sie ergeben sich insbesondere aus Artikel 17 des UNO-Pakts II, der willkürliche oder rechtswidrige Eingriffe in das Familienleben verbietet und ebenfalls eine Verhältnismässigkeitsprüfung der entscheidenden Behörden verlangt. 1⁰9 Die Non-Refoulement-Bestimmung im UNO-Pakt II wird unter Ziffer 1.3.2 erläutert. Der UNO-Pakt II ist direkt anwendbar. Die Grundrechte des UNO-Pakts II werden verfahrensrechtlich wie die Grundrechte der BV behandelt. Ihre Verletzung kann mittels Beschwerde beim Bundesgericht gerügt werden (Art. 95 Bst. b BGG). Der UNO-Pakt II enthält keine Kündigungsklausel.
Möglicherweise betroffene Übereinkommen
Je nach Auslegung des Begriffs «bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen» könnten folgende Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte von der Umsetzung der Massnahmen gemäss dieser Übergangsbestimmung betroffen sein, da sie unmittelbare Ansprüche im Bereich der Zuwanderung und des Aufenthalts in der Schweiz begründen, auch wenn ihre Auswirkungen auf die Zuwanderung als geringfügig zu betrachten sind:
-
Istanbul-Konvention;
-
Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels;
-
UN-Antifolterübereinkommen;
-
UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen;
-
UN-Rassendiskriminierungsübereinkommen.
Istanbul-Konvention
Die Istanbul-Konvention wurde von der Bundesversammlung am 16. Juni 2017 genehmigt und trat am 1. April 2018 für die Schweiz in Kraft. Sie sieht unter anderem vor, dass ein Opfer, dessen Aufenthaltsstatus vom Aufenthaltsstatus seiner Ehefrau oder Partnerin beziehungsweise seines Ehemanns oder Partners abhängt, im Fall der Auflösung der Ehe oder Beziehung bei besonders schwierigen Umständen auf Antrag einen eigenständigen Aufenthaltstitel unabhängig von der Dauer der Ehe oder Beziehung erhält.
Die Bedingungen für die Bewilligung und die Dauer des eigenständigen Aufenthaltstitels werden durch das interne Recht festgelegt (Art. 59 Istanbul-Konvention). Die Schweiz hat zu Artikel 59 der Istanbul-Konvention einen Vorbehalt angebracht, weil bisher nicht alle Gruppen von ausländischen Personen über einen gesetzlichen Anspruch verfügen. 11⁰ Die Bundesversammlung hat am 14. Juni 2024 eine Änderung des AIG angenommen (Art 50). 11¹ Mit der Änderung von Artikel 50 AIG erhalten auch Ehegattinnen und Ehegatten von Personen mit einer Aufenthalts- oder Kurzaufenthaltsbewilligung, von vorläufig aufgenommenen Personen sowie Konkubinatspartnerinnen und Konkubinatspartner neu einen Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der bisherigen Aufenthaltsregelung, wenn sie Opfer von häuslicher Gewalt wurden. Der Bundesrat hat am 27. November 2024 beschlossen, die Änderungen auf den 1. Januar 2025 in Kraft zu setzen und den Vorbehalt zu Artikel 59 der Istanbul-Konvention auf den 1. Januar 2025 zurückzuziehen. Rund 50 Personen berufen sich jährlich auf die Verpflichtung zum Schutz der Opfer von häuslicher Gewalt. Grundlage für die Schätzung sind die Planzahlen der Vorjahre, die in Anhang 2 dargestellt sind.
UN-Antifolterübereinkommen
Das UN-Antifolterübereinkommen wurde von der Bundesversammlung am 6. Oktober 1986 genehmigt und trat am 26. Juni 1987 für die Schweiz in Kraft. Es konkretisiert das allgemeine Folterverbot, indem es die Vertragsstaaten verpflichtet, eine Reihe von geeigneten Massnahmen zu ergreifen, um die Verhinderung bzw. Ahndung von Folterungen sicherzustellen und Personen, denen die Freiheit entzogen ist, vor Angriffen auf ihre körperliche und seelische Integrität zu schützen. Mit dem Beitritt zum UN-Antifolterübereinkommen hat die Schweiz anerkannt (Art. 22 Abs. 1), dass der UN-Ausschuss gegen Folter Individualbeschwerden entgegennehmen kann. 1¹2 Die Non-Refoulement-Bestimmung im UN-Antifolterübereinkommen wird unter Ziffer 1.3.2 erläutert.
UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen
Das UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen wurde von der Bundesversammlung am 18. Dezember 2015 genehmigt und trat am 1. Januar 2017 für die Schweiz in Kraft. Es hat zum Ziel, die Menschenrechtsverletzung des Verschwindenlassens zu ahnden und zu bekämpfen. Es versteht unter «Verschwindenlassen» jeden Freiheitsentzug, der durch Vertreter oder mit Billigung eines Staates geschieht und gefolgt ist von der Weigerung, den Freiheitsentzug anzuerkennen sowie den Aufenthaltsort der betroffenen Person bekannt zu geben. 1¹3 Bei der Ratifikation erklärte die Schweiz, dass betroffene Personen nach Ausschöpfung der innerstaatlichen Rechtsmittel mittels Individualbeschwerde an den UN-Ausschuss gegen das Verschwindenlassen gelangen können (Art. 31). 1¹4 Die Non-Refoulement-Bestimmung im UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen wird unter Ziffer 1.3.2 erläutert.
Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels
Das ÜBM wurde von der Bundesversammlung am 23. Dezember 2011 genehmigt und trat am 1. April 2013 für die Schweiz in Kraft. Es bezweckt die Bekämpfung aller Formen von Menschenhandel auf inner- und zwischenstaatlicher Ebene. 1¹5 Gemäss Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a ÜBM haben Opfer von Menschenhandel Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wenn die zuständige Behörde der Auffassung ist, dass deren Aufenthalt aufgrund ihrer persönlichen Situation erforderlich ist. 1¹6 Rund 20 Personen berufen sich jährlich auf die Verpflichtung zum Schutz der Opfer von Menschenhandel. Grundlage für die Schätzung sind die Planzahlen der Vorjahre, die in Anhang 2 dargestellt sind.
UN-Rassendiskriminierungsübereinkommen
Das UN-Rassendiskriminierungsübereinkommen wurde von der Bundesversammlung am 9. März 1993 genehmigt und trat am 29. Dezember 1994 für die Schweiz in Kraft. Die Schweiz hat das Individualbeschwerdeverfahren zum UN-Rassendiskriminierungsübereinkommen am 19. Juni 2003 anerkannt. Damit können Personen, die sich als Opfer von Rassendiskriminierung fühlen, an den UN-Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung gelangen (Art. 14). 1¹7 Der UN-Ausschuss prüft Individualmitteilungen, in welchen Betroffenen geltend machen, im Falle einer Ausschaffung in ihren Heimatstaat seien sie rassistischer Diskriminierung ausgesetzt. Hierbei handelt sich um sehr wenige Fälle.
Grundsätzlich nicht betroffene Übereinkommen
Je nach Auslegung des Begriffs «bevölkerungswachstumstreibende internationale Übereinkommen» könnte man davon ausgehen, dass gewisse Übereinkommen grundsätzlich nicht von der Umsetzung der Massnahmen gemäss dieser Übergangsbestimmung betroffen sind, da sie entweder keine individuellen Ansprüche im Bereich der Zuwanderung und des Aufenthalts in der Schweiz begründen oder ihre Auswirkungen auf die Zuwanderung in jedem Fall als geringfügig einzustufen sind, selbst wenn sie individuelle Rechte im Bereich der Zuwanderung und des Aufenthalts in der Schweiz begründen (was eine vertiefte Analyse erfordern würde). Diese Übereinkommen sind im Anhang 3 näher beschrieben:
-
Übereinkommen betreffend Vorrechte und Immunitäten und Sitzabkommen mit internationalen Organisationen;
-
Verpflichtungen im Rahmen des GATS, der bilateralen Freihandelsabkommen und der Investitionsschutzabkommen;
-
Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die Mobilität von Dienstleistungserbringern;
-
Übereinkommen im Bereich der Migration (siehe Anhang 4):
-
Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die wohlerworbenen Rechte,
-
Dublin-Assoziierungsabkommen (siehe Erläuterungen in Ziff. 4.2.1; Gefährdung der Bilateralen II),
-
Grenzgängerabkommen,
-
Migrationspartnerschaften,
-
Niederlassungsverträge,
-
Niederlassungsvereinbarungen,
-
Rahmenvertrag mit dem Fürstentum Liechtenstein,
-
Rekrutierungsabkommen,
-
Rückübernahmeabkommen und Abkommen über die Zusammenarbeit im Migrationsbereich,
-
Schengen-Assoziierungsabkommen (siehe Erläuterungen in Ziff. 4.2.1; Gefährdung der Bilateralen II),
-
Stagiaires-Abkommen,
-
Visumbefreiungs- und Visumerleichterungsabkommen;
-
Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte:
-
Staatenlosenübereinkommen,
-
Übereinkommen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit,
-
UN-Frauenrechtsübereinkommen,
-
UNO-Pakt I.
9⁰ Zink 2024, S. 24-25; Achermann, Caroni 2022, N 7. ff.
9¹ Botschaft «Durchsetzungsinitiative», BBl 2013 9459 Ziff. 4. 4.3 .
9² Achermann, Caroni 2022, N 7.81 und N 7.84.
9³ Haefliger, Schürmann 2023, S. 64.
9⁴ Urteil des EGMR B.F. gegen die Schweiz vom 4. Juli 2023, Nr. 13258/18; Urteil des BGer 2C_273/2023 vom 30. Mai 2024 E. 5.2.1.
9⁵ BGE 144 I 266 E. 3.2; Botschaft «Durchsetzungsinitiative», BBl 2013 9459 Ziff. 4. 4.1 .
9⁶ Urteile des EGMR Gül gegen die Schweiz vom 19. Februar 1996, Nr. 23218/94; Ahmut gegen Holland vom 28. November 1996, Nr. 21702/93; B.F. und andere gegen die Schweiz vom 4. Juli 2023, Nr. 13258/18; I.M. gegen die Schweiz vom 9. April 2019, Nr. 23887/16.
9⁷ Haefliger, Schürmann 2023, S. 127.
9⁸ Botschaft «Selbstbestimmungsinitiative», BBl 2017 5355 Ziff. 4. 2.3 und 6.3.2 ; BGE 139 I 16 E. 5.2.3.
9⁹ BGE 139 I 16 E. 5.2.3
10⁰ Stellungnahme des Bundesrates vom 4. September 2024 zur Motion Caroni vom 27. Mai 2024 (24.3485 «Der EGMR soll sich an seine Kernaufgabe erinnern»).
1⁰1 Stellungnahme des Bundesrates vom 4. September 2024 zur Motion Rechsteiner Thomas vom 17. April 2024 (24.3449 «EMRK. Austritt der Schweiz»).
1⁰2 Bericht des Bundesrates «Aktualität und Bedeutung der Flüchtlingskonvention», S. 12.
1⁰3 Bericht des Bundesrates «Aktualität und Bedeutung der Flüchtlingskonvention», S. 18; BGE 139 I 330 E. 1.3.1.
1⁰4 Bericht des Bundesrates «Das Recht des Kindes auf Anhörung», Ziff. 1.1.
1⁰5 Botschaft «Beitritt zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes», BBl 1994 V 1 S. 33-36.
1⁰6 BGE 143 I 21 E. 5.5.2
1⁰7 Bericht des Bundesrates «Massnahmen zum Schliessen von Lücken bei der Umsetzung der Kinderrechtskonvention», S. 1.
1⁰8 Bericht des Bundesrates «40 Jahre EMRK-Beitritt der Schweiz», BBl 2015 357 Ziff. 7. 3 ; Botschaft «Durchsetzungsinitiative», BBl 2013 9459 Ziff. 4. 4.1 .
1⁰9 Botschaft «Gegen Masseneinwanderung», BBl 2013 291 Ziff. 4. 4.6 .
11⁰ Bericht der SPK-N «Bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Artikel 50 AIG garantieren», BBl 2023 2418 Ziff. 5. 2 .
11¹ Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) (Härtefallregelung bei häuslicher Gewalt), BBl 2024 1449 .
1¹2 Schweizer 2023, S. 86.
1¹3 Botschaft «UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen», BBl 2014 453 .
1¹4 Bericht der Schweiz «Umsetzung UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen», S. 5.
1¹5 Botschaft «Bekämpfung des Menschenhandels», BBl 2011 1 S. 1.
1¹6 Urteil des BGer 2C_483/2021 vom 14. Dezember 2021 E. 4.3.
1¹7 Botschaft «Ausschuss UN-Rassendiskriminierungskonvention», BBl 2001 5927 .

3.3.4 Massnahmen nach Überschreiten der Zehn-Millionen-Grenze vor oder nach 2050

Art. 197 Ziff. 15 Abs. 2 erster und zweiter Satz
Allgemeine Massnahmen
Diese Übergangsbestimmung verlangt, dass nach Überschreiten der Zehn-Millionen-Grenze vor oder nach 2050 der Bundesrat und die Bundesversammlung alle ihnen zur Verfügung stehenden Massnahmen zur Einhaltung dieses Grenzwerts treffen müssen. Absatz 1 der Übergangsbestimmung gilt entsprechend auch für Absatz 2. Die Erläuterungen in Ziffer 3.3.2 gelten deshalb ebenfalls entsprechend für die Erläuterungen in Ziffer 3.3.4.
Art. 197 Ziff. 15 Abs. 2 dritter Satz
Kündigung bevölkerungswachstumstreibender internationaler Übereinkommen
Internationale Übereinkommen sind zum nächstmöglichen Termin zu kündigen, wenn die Analyse zu dem Ergebnis führt, dass sie als bevölkerungswachstumstreibend einzustufen sind (siehe Erläuterungen in Ziff. 3.3.3). Die in den jeweiligen Übereinkommen vereinbarten Kündigungsfristen und -modalitäten können zwar eingehalten werden, jedoch darf der nächstmögliche vorgesehene Kündigungstermin nicht ungenutzt verstreichen.
Aufgrund einer parlamentarischen Initiative ist im Dezember 2019 mit dem Bundesgesetz über die Zuständigkeiten für den Abschluss, die Änderung und die Kündigung völkerrechtlicher Verträge 1¹8 eine Revision des RVOG (Art. 7 a RVOG) in Kraft getreten, welche die innerstaatliche Zuständigkeit für die Beschlussfassung über die Kündigung von völkerrechtlichen Verträgen präzisiert. Die Zuständigkeitsregel lässt sich wie folgt zusammenfassen: Ist die Kündigung eines völkerrechtlichen Vertrags von geringer Tragweite, so liegt die Kündigungskompetenz beim Bundesrat. Hat die Kündigung eines völkerrechtlichen Vertrags hingegen wichtige Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Schweiz oder ihrer Bevölkerung, so muss sie von der Bundesversammlung genehmigt werden. Dieser Genehmigungsbeschluss untersteht dem fakultativen Referendum. Die Kündigung völkerrechtlicher Verträge, die im Zeitpunkt der Kündigung als wichtig eingestuft werden, bedarf der Genehmigung durch die Bundesversammlung, auch wenn der betroffene Vertrag im Zeitpunkt des Abschlusses nicht durch die Bundesversammlung genehmigt worden ist. Umgekehrt kann ein von der Bundesversammlung genehmigter völkerrechtlicher Vertrag, der im Laufe der Zeit an Bedeutung verloren hat, wegen seiner beschränkten Tragweite vom Bundesrat selbstständig gekündigt werden. 1¹9 Fehlen Rücktritts- oder Kündigungsbestimmung, ist ein Rücktritt oder eine Kündigung vom Vertrag nur möglich, sofern feststeht, dass die Vertragsparteien beabsichtigten, diese Möglichkeit zuzulassen oder ein solches Recht sich aus der Natur des Vertrags herleiten lässt (Art. 56 Abs. 1 VRK). 12⁰
Rücktritt vom UNO-Migrationspakt
Gemäss dem Wortlaut der Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 15 Abs. 2 dritter Satz) soll der UNO-Migrationspakt «gekündigt» werden, wenn die Bevölkerung die Zehn-Millionen-Grenze überschreitet, sofern die Schweiz diesen unterzeichnet hat.
Der UNO-Migrationspakt ist eine multilaterale Vereinbarung, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 2018 angenommen wurde, um auf den weltweiten Migrationsdruck zu reagieren. Es handelt sich dabei um ein rechtlich nicht verbindliches multilaterales Instrument. 12¹ Die Schweiz ist bislang dem UNO-Migrationspakt nicht beigetreten, um dem Wunsch des Parlaments nach einer vertieften Debatte darüber nachzukommen. Ein zentraler Diskussionspunkt war die Befürchtung, dass der UNO-Migrationspakt die nationale Souveränität beeinträchtigen und indirekt verbindlich wirken könnte. Befürworter sahen im UNO-Migrationspakt eine Chance, Migration besser zu steuern und die Rechte von Migrantinnen und Migranten zu schützen, während Gegner befürchteten, dass er zu einer Aufweichung der Schweizer Migrationspolitik und zu einer Überlastung der Sozialsysteme führen könnte. Ein weiterer Schwerpunkt der Debatte war die Frage, inwieweit das Parlament in Entscheidungen über internationale Vereinbarungen, insbesondere im Bereich des Soft Law, eingebunden werden sollte. ¹22
Die Bundesversammlung hat am 20. Dezember 2024 Kenntnis genommen von den Leitprinzipien und Zielen des UNO-Migrationspakts. Sie unterstützt die internationale Migrationszusammenarbeit, namentlich auch im Rahmen der Internationalen Organisation für Migration. Die Bundesversammlung unterstützt es zudem, entgegen dem Antrag des Bundesrates, dass die Schweiz dem UNO-Migrationspakt nicht zustimmt und sich weiterhin der Stimme enthält.
1¹8 Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über die Zuständigkeiten für den Abschluss, die Änderung und die Kündigung völkerrechtlicher Verträge, AS 2019 3119 .
1¹9 Chiariello 2020, S. 2-3.
12⁰ Stellungnahme des Bundesrates vom 18. August 2021 zur Motion Steinemann Barbara vom 4. Mai 2021 (21.3489 «Massnahmen gegen die illegale Migration (5/9). Vorbehalt im UNO-Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte anbringen!»).
12¹ Botschaft «UNO-Migrationspakt», BBl 2021 359 Ziff. 8. 3 .
¹22 Bericht des Bundesrates «Konsultation und Mitwirkung des Parlaments im Bereich von Soft Law».

3.3.5 Massnahmen nach einer zweijährigen Überschreitung der Zehn-Millionen-Grenze vor oder nach 2050

Art. 197 Ziff. 15 Abs. 2 vierter Satz
Kann die Zehn-Millionen-Grenze nach Ablauf von zwei Jahren seit ihrer erstmaligen Überschreitung nicht wieder eingehalten werden und konnten bis dahin keine Ausnahme- oder Schutzklauseln ausgehandelt oder angerufen werden, mit denen die Einhaltung der Zehn-Millionen-Grenze erreicht wird, so ist das FZA auf den nächstmöglichen Termin zu kündigen.
Wird die Zehn-Millionen-Grenze erstmalig überschritten und gelingt es, innerhalb der zweijährigen Frist eine Ausnahme- oder Schutzklausel auszuhandeln oder anzurufen, wäre zu prüfen, ob die Aushandlung oder Anrufung der Ausnahme- oder Schutzklausel die Einhaltung der Zehn-Millionen-Grenze ermöglicht. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Ausnahme- oder Schutzklausel innerhalb der zweijährigen Frist wirksam wird. Es genügt, wenn die von der Ausnahme- oder Schutzklausel erwarteten Wirkungen innerhalb eines bestimmten, noch festzulegenden Zeitraums eintreten. Nach Ablauf der zweijährigen Frist wäre zu prüfen, ob die mit der Aushandlung oder Anrufung der Ausnahme- oder Schutzklausel erwarteten Wirkungen eingetreten sind oder eintreten werden und ob das FZA gekündigt werden muss. Wenn die ausgehandelte oder angerufene Ausnahme- oder Schutzklausel die Einhaltung der Zehn-Millionen-Grenze ermöglicht, findet die Übergangsbestimmung keine Anwendung und das FZA muss nicht gekündigt werden. Kann die Zehn-Millionen-Grenze trotz der ausgehandelten oder angerufenen Ausnahme- oder Schutzklausel nicht eingehalten werden, muss das FZA gekündigt werden.

3.3.6 Einstweilige Umsetzung der Massnahmen auf Verordnungsebene nach der Annahme

Art. 197 Ziff. 15 Abs. 3
Diese Übergangsbestimmung sieht nach der Annahme einen verfassungsrechtlichen Umsetzungsauftrag an den Bundesrat auf dem Verordnungsweg vor. Die Verordnungsbestimmungen gelten bis zum Inkrafttreten der von der Bundesversammlung erlassenen Ausführungsbestimmungen auf Gesetzesstufe. Die Vorgabe zur vorläufigen Umsetzung führt zu einem beschleunigten Erlass von Ausführungsbestimmungen. Der Bundesrat verfügt in dieser Phase über einen grossen Ermessensspielraum bei der Entscheidung, welche Massnahmen er ergreifen will. ¹23
¹23 Wyss 2019, S. 23-25.

4 Würdigung der Initiative

4.1 Würdigung der Anliegen der Initiative

Durch die Begrenzung der Schweizer Wohnbevölkerung auf zehn Millionen möchte die Initiative die Umwelt schützen sowie die natürlichen Lebensgrundlagen, die Leistungsfähigkeit der Infrastrukturen, der Gesundheitsversorgung und der schweizerischen Sozialversicherungen dauerhaft erhalten. Durch die Verankerung starrer Grenzwerte in der BV und ohne die Weiterführung bestehender internationaler Abkommen und Verpflichtungen zu gewährleisten, hätte die Annahme der Volksinitiative eine grundlegende Neuausrichtung der schweizerischen Migrations- und Zulassungspolitik mit weitreichenden Konsequenzen zur Folge.
Die Initiantinnen und Initianten wiederholen die bereits in Artikel 121 a BV enthaltene Forderung nach einem Verzicht auf die Personenfreizügigkeit mit der EU, sollte die Bevölkerung nicht mit anderen Massnahmen - wie etwa der Kündigung von Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte - auf zehn Millionen begrenzt werden. Das FZA ist für die Schweizer Wirtschaft und für die Sicherung der Arbeitsplätze von zentraler Bedeutung. Es ermöglicht den Unternehmen, flexibel und unbürokratisch auf einen grossen Arbeitskräftepool in Europa zurückzugreifen, und hat damit in der Vergangenheit zur Deckung des wachsenden und sich wandelnden Fachkräftebedarfs beigetragen. Aufgrund des demografischen Wandels, der zu einem Ersatzbedarf auf dem Arbeitsmarkt führt, wird die Zuwanderung insbesondere aus dem EU/EFTA-Raum auch in Zukunft zur Deckung der Arbeitskräftenachfrage von grosser Bedeutung sein. Das FZA weist den grössten wirtschaftlichen Effekt aller sieben Bilateralen Abkommen I mit der EU auf; ein Wegfall wäre daher mit beträchtlichen Kosten verbunden. Bei einer Kündigung des FZA werden zudem auch die Schengen- und Dublin-Assoziierungsabkommen der Schweiz gefährdet. Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen dieser beiden Abkommen bewegen sich in der gleichen Grössenordnung wie der Wegfall des FZA. Die Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung der Schweiz wären somit doppelt negativ (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 4.2.1).
Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die hohe Zuwanderung und das damit zusammenhängende Bevölkerungswachstum Herausforderungen mit sich bringen. Gemäss dem Chancenbarometer 2024 nimmt die Bevölkerung die Zuwanderung zunehmend skeptisch wahr. Während die wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen der Zuwanderung positiv gesehen werden, werden die Auswirkungen auf Infrastruktur, Wohnungsangebot und Umwelt negativ bewertet. ¹24 Die mit dem Anliegen der Initiantinnen und Initianten verbundene Kündigung von Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte sowie der Verzicht auf die Personenfreizügigkeit für den Fall, dass die definierten Grenzwerte überschritten werden, sind aber keine angemessenen Antworten auf diese Herausforderungen. Die bestehenden sowie zusätzliche Strategien und Massnahmen sind aus Sicht des Bundesrates zielführender, um den sich stellenden Herausforderungen zu begegnen (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 5).
¹24 Strategiedialog21 «Chancenbarometer 2024»

4.2 Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

4.2.1 Auswirkungen im Bereich der Freizügigkeit

Das FZA fällt unter den Anwendungsbereich der Übergangsbestimmung, da es zu einem dauerhaften Aufenthaltsrecht führt und einen erheblichen Teil der Zuwanderung ausmacht. Die Initiative verlangt explizit, dass der Bundesrat das FZA kündigen müsste, sofern die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz vor oder nach dem Jahr 2050 erstmalig die Zehn-Millionen-Grenze (oder den vom Bundesrat um den Geburtenüberschuss angepassten Grenzwert) zwei Jahre lang überschreitet und bis dahin keine Ausnahme- oder Schutzklauseln ausgehandelt oder angerufen werden konnten, welche die Einhaltung der Zehn-Millionen-Grenze ermöglichen (siehe Ziff. 1.1).
Wegfall des FZA
In den Jahren seit Einführung der Personenfreizügigkeit konnte die Schweiz ihre Wirtschaftsleistung kontinuierlich steigern und mehreren Krisen zum Trotz beträchtlichen Wohlstand schaffen. Dies war primär auf die guten und stabilen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zurückzuführen. Auch das FZA hat die günstige Wirtschaftsentwicklung massgeblich gestützt. ¹25 Die Rekrutierungsmöglichkeiten im EU-Raum spielten - ergänzend zum inländischen Arbeitskräftepotenzial - eine wichtige Rolle zur Deckung der starken Arbeitskräftenachfrage; sie ermöglichten ein Beschäftigungswachstum, welches das demografische Potenzial des Schweizer Arbeitsmarkts deutlich überstieg.
Im Rahmen der Personenfreizügigkeit wird die Zuwanderung von Arbeitskräften aus EU/EFTA-Staaten, sowohl in Bezug auf das Ausmass als auch die berufs- bzw. qualifikationsspezifische Zusammensetzung, von der Entwicklung der Arbeitskräftenachfrage der Unternehmen in der Schweiz bestimmt und gesteuert. Die Zuwanderung von nicht erwerbstätigen Personen war demgegenüber gering. Besonders stark war die Beschäftigungszunahme im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte im Bereich anspruchsvoller, bildungsintensiver Tätigkeiten. Viele der heute in der Schweiz tätigen EU-Arbeitskräfte sind entsprechend in diesen stark wachsenden Wirtschaftszweigen beschäftigt, etwa im Bereich der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen, der Branche Information und Kommunikation oder im Gesundheitswesen. Diese hochqualifizierten ausländischen Arbeitskräfte trugen wesentlich dazu bei, dass sich die Schweizer Wirtschaft in den vergangenen Jahren erfolgreich auf eine wissensintensive Wertschöpfungserbringung spezialisieren und damit ihre Resilienz und ihre Positionierung im internationalen Wettbewerb stärken konnte. Schweizer Unternehmen greifen aber auch bei der Rekrutierung von Arbeitskräften für einfachere Tätigkeiten in Gastgewerbe, Bau und Industrie auf Zuwanderinnen und Zuwanderer aus dem EU-Raum zurück, da sich diese Stellen im Inland unter anderem aufgrund der Höherqualifizierung der inländischen Bevölkerung nicht mehr vollständig besetzen lassen.
Im Zuge der fortschreitenden demografischen Alterung gewinnt die Auslandrekrutierung zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs in den nächsten Jahren zusätzlich an Bedeutung. Gemäss den BFS-Szenarien zur demografischen Entwicklung wird ein weiteres Wachstum der Bevölkerung im Erwerbsalter in Zukunft noch stärker als bisher von der Zuwanderung abhängen. Zugleich ist der Spielraum für eine noch bessere Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials begrenzt; die Erwerbsbeteiligung der einheimischen Bevölkerung ist heute sehr hoch und die Arbeitslosigkeit anhaltend tief - Ergebnisse, die auch dafürsprechen, dass die Zuwanderung die Beschäftigungschancen der einheimischen Arbeitskräfte nicht beeinträchtigt hat.
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass ein Wegfall des FZA und die Einführung eines stärker administrierten Zuwanderungsregimes mit einer quantitativen Begrenzung der Zuwanderung das Wachstumspotenzial der Schweizer Wirtschaft deutlich schmälern und die Herausforderungen in Zusammenhang mit dem demografischen Wandel zusätzlich akzentuieren würden.
Ein Wegfall des FZA würde sich mit Sicherheit auch auf die rund 520 000 Schweizerinnen und Schweizer auswirken, die in den Staaten der EU leben (siehe Ziff. 2.2.2).
Gefährdung der Bilateralen I
Eine Kündigung des FZA würde wegen der Guillotine-Klausel (Art. 25 Abs. 4 FZA) zum Wegfall der Bilateralen I führen. ¹26 Durch die Guillotine-Klausel treten bei einer Kündigung des FZA sechs Monate nach der Notifikation alle von dieser Klausel betroffenen Abkommen der Bilateralen I automatisch ausser Kraft. So würden mit dem FZA auch die Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen, den Abbau technischer Handelshemmnisse, den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie den Land- und Luftverkehr hinfällig. ¹27 Das SECO hat im Jahr 2015 im Auftrag des Bundesrates zwei Studien erstellen lassen, welche die gesamtwirtschaftlichen Effekte eines Wegfalls der Bilateralen I untersuchten. Die Analysen wurden von den unabhängigen Forschungsinstituten BAK Basel Economics ¹28 und Ecoplan ¹29 durchgeführt. Die Analysen zeigen, dass ein solcher Wegfall zu einem deutlich schwächeren Wirtschaftswachstum in der Schweiz führen würde. Hinzu kämen Einbussen wie der Verlust an Rechtssicherheit und die Minderung der Standortattraktivität. 13⁰ Eine Aktualisierung der Ergebnisse aus dem Jahr 2015 wurde vom SECO beauftragt. Die Ergebnisse dazu werden in einer Vernehmlassung zum Gesamtpaket mit der EU voraussichtlich im zweiten Quartal 2025 veröffentlicht.
Gefährdung der Bilateralen II
Zusätzlich besteht die Möglichkeit und damit das Risiko, dass die EU weitere Abkommen mit der Schweiz, die sie als mit dem FZA verbunden erachtet, ebenfalls in Frage stellt. Betroffen könnten insbesondere das SAA und das DAA sein. 13¹ Diese beiden Abkommen sind formell nicht mit dem FZA verknüpft (keine Guillotine-Klausel). Dies bedeutet, dass eine Kündigung des FZA nicht automatisch zu einer Beendigung des SAA und des DAA führen würde. Die EU hatte in der Vergangenheit wiederholt zwischen diesen Abkommen einen politischen Zusammenhang hergestellt, so beispielsweise anlässlich der Abstimmung zur Assoziierung der Schweiz an Schengen/Dublin und die Erweiterung des FZA auf die osteuropäischen Staaten sowie in Zusammenhang mit der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung». ¹32 Eine weitere Teilnahme der Schweiz am Schengen- und Dublin-System wäre mit der Kündigung des FZA demnach gefährdet.
Der Bundesrat hat sich in seinem Bericht aus dem Jahr 2018 zum Postulat 15.3896 «Die volkswirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Schengen-Assoziierung der Schweiz» ausführlich zu den Auswirkungen eines Wegfalls der Beteiligung am Schengen- und Dublin-System geäussert, weshalb hier nur ein kurzer Überblick erfolgt. ¹33 Die Schweiz profitiert sowohl wirtschaftlich als auch finanziell vom DAA und vom SAA. Ein Wegfall dieser Assoziierungsabkommen würde negative Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung und Mehrkosten bedeuten. Bis 2030 könnte das Bruttoinlandprodukt gemäss Schätzungen von 2018 um 1,6-3,7 Prozent tiefer ausfallen. Das Pro-Kopf-Einkommen könnte je nach Szenario um 700-1600 Franken zurückgehen. Besonders betroffen vom Wegfall der Erleichterungen im Reiseverkehr und von den systematischen Grenzkontrollen wären die Grenzregionen und der Tourismussektor. ¹34
Im Jahr 2023 konnten 2021 Personen in einen Dublin-Staat zurückgeführt werden, während gleichzeitig 694 Personen in die Schweiz überstellt wurden. ¹35 Bei Wegfall des DAA könnte die Schweiz keine Dublin-Rücküberstellungen mehr vollziehen. In den Jahren 2012-2016 hat das Dublin-System zu Einsparungen von 1,3 Milliarden Franken geführt. ¹36 Die durchschnittlichen Einsparungen im Asylbereich beliefen sich auf rund 270 Millionen Franken pro Jahr. Bei einem Ausstieg aus dem Dublin-System könnte zudem jede asylsuchende Person, deren Gesuch in einem Staat des Dublin-Raumes abgewiesen wurde, in der Schweiz erneut ein Asylgesuch stellen. Dieses müsste die Schweiz im ordentlichen Asylverfahren materiell prüfen. Wegen eines mutmasslichen Anstiegs von Zweitgesuchen müsste das schweizerische Asylwesen mit weiteren Mehrkosten in der Grössenordnung von 109 Millionen Franken bis zu 1,1 Milliarden Franken pro Jahr rechnen. ¹37 Insgesamt wäre bei einem Wegfall der Schengen/Dublin-Assoziierung mit jährlichen Mehrkosten von rund 220 Millionen Franken zu rechnen, hauptsächlich im Asylbereich. ¹38
Im Bereich der inneren Sicherheit wären mit zusätzlichen jährlichen Kosten von bis zu 500 Millionen Franken zu rechnen, um den Wegfall des DAA und des SAA zu kompensieren. Allerdings wäre eine vollständige Kompensation selbst mit unbeschränktem Mitteleinsatz nicht möglich, da viele der unter Schengen ausgetauschten Daten mit einer rein nationalen Lösung gar nicht beschafft werden könnten. ¹39 Zudem bietet die Assoziierung einen Mehrwert für die innere Sicherheit, der sich monetär nicht erfassen lässt. Als Teil des europäischen Sicherheitsraums profitiert die Schweiz insbesondere vom automatischen Datenaustausch im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit und von der Integration in den europäischen Fahndungsraum. 14⁰
Gefährdung des EFTA-Übereinkommens
Bei einer Kündigung des FZA kann das EFTA-Übereinkommen nicht unverändert weitergeführt werden. 14¹ Es basiert seit dem 1. Juni 2002 auf den bilateralen Verträgen der Schweiz mit der EU. Die Personenfreizügigkeit (inkl. grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung) zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweiz wird primär durch das EFTA-Übereinkommen geregelt. Die Annahme der Initiative hätte somit auch Auswirkungen auf die Regelungen der Schweiz mit dem Fürstentum Liechtenstein. ¹42
¹25 Die Aussagen im vorliegenden Abschnitt stützen sich auf die jährliche Berichterstattung des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU und dabei insbesondere auf den 19. Bericht von 2023, der einen Rückblick auf 20 Jahre FZA beinhaltet.
¹26 Botschaft «Steuerung der Zuwanderung», BBl 2016 3007 Ziff. 1. 2.3 .
¹27 Botschaft «Begrenzungsinitiative», BBl 2019 5027 Ziff. 4. 2.4 .
¹28 Studie BAK Basel Economics vom November 2015 «Die mittel- und langfristigen Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I auf die Schweizerische Volkswirtschaft».
¹29 Studie Ecoplan vom 12. November 2015 «Volkswirtschaftliche Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I, Analyse mit einem Mehrländergleichgewichtsmodell».
13⁰ Bericht des SECO «Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I», S. 4.
13¹ Botschaft «Begrenzungsinitiative», BBl 2019 5027 Ziff. 4. 2.3 .
¹32 Rat der EU: «Beratungsergebnisse betreffend Schlussfolgerungen des Rates zu einem homogenen erweiterten Binnenmarkt und den Beziehungen der EU zu nicht der EU angehörenden westeuropäischen Ländern», E. 45.
¹33 Bericht des Bundesrates «Auswirkungen der Schengen-Assoziierung».
¹34 Bericht des Bundesrates «Auswirkungen der Schengen-Assoziierung», S. 113.
¹35 SEM «Kommentierte Asylstatistik 2023».
¹36 Bericht des Bundesrates «Auswirkungen der Schengen-Assoziierung», S. 95.
¹37 Bericht des Bundesrates «Auswirkungen der Schengen-Assoziierung», S. V.
¹38 Bericht des Bundesrates «Auswirkungen der Schengen-Assoziierung», S. 112.
¹39 Bericht des Bundesrates «Auswirkungen der Schengen-Assoziierung», S. 113.
14⁰ Stellungnahme des Bundesrates vom 1. September 2021 zum Postulat Büchel Roland vom 4. Mai 2021 (21.3523 «Kosten der bilateralen Beziehungen mit der EU für die Schweiz»).
14¹ Botschaft «Begrenzungsinitiative», BBl 2019 5027 Ziff. 4. 2.4 .
¹42 Botschaft «Begrenzungsinitiative», BBl 2019 5027 Ziff. 4. 2.4 .

4.2.2 Auswirkungen im Bereich der Menschenrechte

Vorbemerkung
Beim Wegfall der EMRK bliebe der Grundrechtskatalog der BV dennoch in Kraft. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass sich die Garantien des UNO-Pakts II weitgehend mit den Garantien der EMRK decken ¹43 und dass die Garantien der EMRK im Rahmen der Nachführung der BV in die geltende BV übernommen wurden. ¹44 Der Grundrechtskatalog der BV ist damit inhaltlich weitgehend deckungsgleich mit den Garantien der EMRK und des UNO-Pakts II. ¹45 Daher würde die Neuverhandlung oder Kündigung dieser Übereinkommen unweigerlich Fragen zur Auslegung der verfassungsmässigen Grundrechte aufwerfen.
Gefährdung der EMRK
Auf internationaler Ebene hätte eine Kündigung der EMRK gravierende Nachteile für die politische Glaubwürdigkeit und den Ruf der Schweiz. Sie würde zum Ausscheiden der Schweiz aus dem Europarat und zu einer aussenpolitischen Isolierung führen. Die Kündigung der EMRK stellt aus politischen und juristischen Gründen keine Option dar. ¹46
Gefährdung der Kinderrechtskonvention
Im Fall einer mit der KRK unvereinbaren Regelung wäre davon auszugehen, dass der UN-Kinderrechtsausschuss die Schweiz im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens auffordern würde, ihre Position zu erklären und die Regelung zu ändern oder aufzuheben. Die Kündigung der KRK würde zu einer Verschlechterung des Rechtsschutzes von Kindern führen.
Gefährdung des UNO-Pakts I
Der UNO-Pakt I enthält keine Kündigungsklausel, weshalb sich die Frage einer Kündigung gar nicht stellt. Der Beitritt zum UNO-Pakt I wurde gerade wegen dessen Unkündbarkeit dem fakultativen Referendum unterstellt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Schweiz in Erwägung ziehen sollte, ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht weiter zu erfüllen. Der UNO-Pakt I ist ein grundlegendes Instrument der Vereinten Nationen im Bereich der Menschenrechte.
Gefährdung des UNO-Pakts II
Der UNO-Pakt II enthält keine Kündigungsklausel, weshalb sich die Frage einer Kündigung gar nicht stellt. Der Beitritt zum UNO-Pakt II wurde gerade wegen dessen Unkündbarkeit dem fakultativen Referendum unterstellt. Wie beim UNO-Pakt I stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Schweiz in Erwägung ziehen sollte, ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht weiter zu erfüllen. ¹47 Im Falle einer mit dem UNO-Pakt II unvereinbaren Regelung wäre damit zu rechnen, dass die Schweiz im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens vom Menschenrechtsausschuss aufgefordert wird, ihre Position zu erklären und die entsprechenden Bestimmungen zu ändern oder aufzuheben. Die Empfehlungen des Ausschusses sind rechtlich nicht verbindlich. Im Nachtrag zur Berichtsprüfung oder im nächsten Staatenbericht müsste die Schweiz jedoch über die Umsetzung der Empfehlungen Rechenschaft ablegen. ¹48 Der Beitritt der Schweiz zu den beiden UNO-Pakten I und II ist schliesslich für die Schweizer Aussenpolitik von grosser Bedeutung: Die beiden Pakte gelten als die ersten internationalen Instrumente im Bereich der Menschenrechte und sind damit ein grundlegendes Element für die internationalen Beziehungen. Die Nichtbeachtung der entsprechenden Verpflichtungen würde die Glaubwürdigkeit der Schweiz erheblich beeinträchtigen.
Gefährdung der Flüchtlingskonvention
Die FK ist ein wichtiges internationales Rechtsinstrument für den Flüchtlingsschutz. Die grössten Herausforderungen bestehen darin, die geltenden Regeln vollständig umzusetzen und einer möglichen Erosion entgegenzuwirken. Die Schweiz setzt sich deshalb auf multi- und bilateraler Ebene für die Achtung des Flüchtlingsrechts sowie insbesondere für die Umsetzung und Förderung der FK ein. Sie appelliert an alle Staaten, die der FK noch nicht beigetreten sind, dies nachzuholen. ¹49 Eine Kündigung der FK würde das internationale Ansehen der Schweiz beeinträchtigen und ihre Glaubwürdigkeit in Frage stellen.
Gefährdung der Beschwerdemöglichkeit an den EGMR und der Individualmitteilungsverfahren vor UN-Menschenrechtsausschüssen
Mit dem Wegfall der EMRK wäre den Bewohnerinnen und Bewohnern der Schweiz der Zugang zum EGMR zur Geltendmachung ihrer Rechte inskünftig verwehrt. Mit dem Wegfall der KRK (drittes Fakultativprotokoll zur KRK), des UN-Antifolterübereinkommens (Art. 22 Abs. 1), des UN-Rassendiskriminierungsüberein-kommens (Art. 14) und des UN-Übereinkommens gegen Verschwindenlassen (Art. 31) fallen auch die Individualmitteilungsverfahren weg. Diese erlauben es den betroffenen Personen, nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzuges an den UN-Ausschuss für das jeweilige internationale Übereinkommen zu gelangen und so die Einhaltung des betreffenden Übereinkommens überprüfen zu lassen. Die Entscheidungen der UN-Menschenrechtsausschüsse sind zwar im Gegensatz zu den Urteilen des EGMR rechtlich nicht verbindlich, haben aber dennoch eine grosse Bedeutung. 15⁰
¹43 Bericht des Bundesrates «40 Jahre EMRK-Beitritt der Schweiz», BBl 2015 357 Ziff. 7. 3 ; Botschaft «Durchsetzungsinitiative», BBl 2013 9459 Ziff. 4. 4.1 .
¹44 Botschaft «Neue Bundesverfassung», BBl 1997 I 1 Kapitel (Grundreche); Botschaft «Selbstbestimmungsinitiative», BBl 2017 5355 Ziff. 5. 3.4 .
¹45 Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Mai 2013 zur Interpellation Brunner Toni vom 22. März 2016 (13.3237 «Kündigung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten)»; Stellungnahme des Bundesrates vom 4. September 2024 zur Motion Rechsteiner Thomas vom 17. April 2024 (24.3449 «EMRK. Austritt der Schweiz).
¹46 Stellungnahmen des Bundesrates vom 12. Mai 2012 zur Motion der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 19. März 2021 (21.3397 «EMRK. Die Schweiz nicht länger Verurteilungen aufgrund einer exorbitanten Auslegung von Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) aussetzen», vom 18. Februar 2015 zur Motion Stamm Luzi vom 12. Dezember 2014 (14.4248 «Kündigung der EMRK und sofortiger Wiederbeitritt mit Vorbehalt» und vom 15. Mai 2013 zur Interpellation Brunner Toni vom 22. März 2013 (13.3237 «Kündigung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)»; Bericht des Bundesrates «40 Jahre EMRK-Beitritt der Schweiz», BBl 2015 357 Ziff. 8. 3 ; Bericht des Bundesrates «Abschreibung der Motion Regazzi», BBl 2022 1229 Ziff. 2. 1 (Schlussfolgerungen); Medienmitteilung vom 28. August 2024 «Bundesrat klärt seine Haltung zum EGMR-Urteil über den Klimaschutz»; Stellungnahme des Bundesrates vom 4. September 2024 zur Motion Rechsteiner Thomas vom 17. April 2024 (24.3449 «EMRK. Austritt der Schweiz»).
¹47 Bericht des Bundesrates «Abschreibung der Motion Regazzi», BBl 2022 1229 Ziff. 2. 1 (Schlussfolgerungen).
¹48 Botschaft «Durchsetzungsinitiative», BBl 2013 9459 Ziff. 4. 4.1 .
¹49 Stellungnahme des Bundesrates vom 18. Mai 2016 zur Interpellation Guldimann Tim vom 18. März 2016 (16.3232 «Bekräftigung der Genfer Flüchtlingskonvention»).
15⁰ Achermann, Caroni 2022, N 7.47.

4.2.3 Weitere Auswirkungen

Auswirkungen auf die Beziehungen Schweiz-EU
Da bei einer Annahme der Initiative das FZA direkt tangiert ist, werden mit der Initiative die stabilen Beziehungen der Schweiz zu ihrer wichtigsten Partnerin, der EU, in Frage gestellt. Damit würde die Schweiz Arbeitsplätze, Wohlstand, Sicherheit und politischen Einfluss in Europa und weltweit aufs Spiel setzen, denn die Schweiz profitiert in hohem Masse von engen, soliden und vertrauensvollen Beziehungen mit der EU. Die Annahme der Initiative würde die Interessenvertretung der Schweiz gegenüber der EU erheblich schwächen und stünde im Widerspruch zum europapolitischen Ziel des Bundesrates, bestmögliche Bedingungen für die Beziehungen mit der EU zu schaffen. Mit den Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU, welche materiell abgeschlossen sind, verfolgt er das Ziel, den bewährten bilateralen Weg zu stabilisieren und weiterzuentwickeln. Der Ausgang der Volksabstimmung zur vorliegenden Initiative könnte wichtige Implikationen auf das Verhandlungspaket Schweiz-EU haben. Eine Annahme der Initiative würde entsprechend die vom Bundesrat angestrebte Zielsetzung mit Blick auf die Beziehungen zur EU im Kern gefährden.
Auswirkungen auf das Völkerrecht
Die Kündigung einer grösseren, noch nicht abschliessend feststellbaren Anzahl von völkerrechtlichen Verträgen könnte das Ansehen der Schweiz als verlässliche internationale Vertragspartnerin erheblich beeinträchtigen. Dies könnte nicht nur das Vertrauen in die Schweiz auf der internationalen Ebene schwächen, sondern auch eine negative völkerrechtliche Entwicklung darstellen, die langfristige Folgen für die Position der Schweiz nach sich ziehen könnte. Solche Massnahmen könnten Zweifel an der Verlässlichkeit und Stabilität der schweizerischen Aussenpolitik wecken und die diplomatischen Beziehungen der Schweiz nachhaltig schwächen.
Auswirkungen im Bereich der Migration
Bei einer Annahme der Initiative ist der Spielraum für Massnahmen im Asylbereich, beim Familiennachzug und bei der vorläufigen Aufnahme aufgrund der in der BV enthaltenen Grundrechte begrenzt. Ein grösserer Handlungsspielraum besteht bei der Zulassung von erwerbstätigen Ausländerinnen und Ausländern aus Drittstaaten. Allerdings ist der schweizerische Arbeitsmarkt auf diese Fachkräfte angewiesen. Das schweizerische Asylwesen müsste ausgebaut werden und würde teurer, wenn bei einem allfälligen Wegfall der Bilateralen II die Schweiz keine Dublin-Rücküberstellungen mehr vornehmen könnte und mit einer beträchtlichen Anzahl Zweitgesuchen gerechnet werden müsste (siehe Auswirkungen in Ziff. 4.2.1; Gefährdung der Bilateralen II).
Auswirkungen auf die Gesellschaft
Die bei einer Annahme der Initiative zu ergreifenden Massnahmen zur Beschränkung des Bevölkerungswachstums im Hinblick auf die Einhaltung der Grenzwerte könnten negative Auswirkungen auf das Funktionieren der Gesellschaft als Ganzes (z. B. im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft oder in der Gastronomie) haben. Durch starre Grenzwerte mit weitreichenden Massnahmen würde die Schweiz die Möglichkeit verlieren, mit ihrer Migrationspolitik flexibel auf künftige und insbesondere auch unvorhergesehene gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren.
Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Personen- und Warenverkehr
Der Wegfall des FZA könnte vor allem in der Anfangsphase zu erheblichen Verzögerungen im Personen- und Warenverkehr führen. Die Zollkontrollen könnten aufgrund der umfassenderen Einreisevoraussetzungen sowie Arbeits- und Aufenthaltsregelungen deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Für grenzüberschreitende Transportdienstleister und Dienstleistungsunternehmen mit Sitz in der EU würde dies zu einer Reihe von neuen Herausforderungen führen. Insgesamt führte der Wegfall des FZA zu einer Erhöhung der Komplexität und Unsicherheit im grenzüberschreitenden Warenverkehr, was sich insbesondere auf Unternehmen, die stark auf effiziente Lieferketten angewiesen sind, negativ auswirken könnte.

4.3 Mängel der Initiative

Die Initiative verlangt, dass die Bevölkerung der Schweiz auf zehn Millionen begrenzt wird, und will dies insbesondere durch eine Reduktion der Zuwanderung bewirken. Da die Zuwanderung mehrheitlich im Rahmen des FZA geschieht und dabei insbesondere der Nachfrage der Schweizer Wirtschaft nach Arbeitskräften folgt, ist davon auszugehen, dass die Initiative das Ziel, eine Zehn-Millionen-Schweiz zu vermeiden, ohne eine Ausserkraftsetzung des FZA kaum erreichen kann.
Aufgrund der demografischen Alterung wird die Schweiz auch in Zukunft auf die Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften angewiesen sein, um die Arbeitsnachfrage zu decken. Der Arbeitskräftebedarf wandelt sich unter anderem auch aufgrund des Strukturwandels der Schweizer Wirtschaft, der Digitalisierung und des demografischen Wandels stetig. Mit einer starr festgelegten Bevölkerungsgrenze von zehn Millionen würde die Schweiz die notwendige Flexibilität verlieren, um auf die künftigen Herausforderungen in Zusammenhang mit der Demografie und dem Arbeitsmarkt reagieren zu können. Die Übergangsbestimmung verlangt im Ergebnis eine eigenständige Regelung der Zuwanderung ohne Personenfreizügigkeit, sofern die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz vor oder nach dem Jahr 2050 den festgelegten Grenzwert zwei Jahre lang überschreitet und bis dahin keine Ausnahme- oder Schutzklauseln ausgehandelt oder angerufen werden konnte.
Die Aushandlung bzw. die Anwendung von Ausnahme- oder Schutzklauseln, welche die Ziele der Initiative dauerhaft garantieren würde, oder eine Neuverhandlung der internationalen Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte scheint nicht realistisch. Es ist davon auszugehen, dass ein entsprechender Antrag der Schweiz abgelehnt würde und der Glaubwürdigkeit der Schweiz im internationalen Kontext schaden würde.
Der Wegfall des FZA, die Einführung eines restriktiven ausländerrechtlichen Zulassungsmechanismus und der Verzicht auf völkerrechtliche Verpflichtungen, welche die Schweiz in der Vergangenheit freiwillig eingegangen ist, sind mit erheblichen finanziellen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und aussenpolitischen Auswirkungen verbunden.

4.4 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Mögliche Massnahmen zur Beschränkung des Bevölkerungswachstums nach der Annahme der Initiative, nach Überschreiten der Neuneinhalb-Millionen-Grenze und nach Überschreiten der Zehn-Millionen-Grenze müssen mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar sein. Einschränkungen im Asylbereich und beim Familiennachzug, die Verweigerung der Umwandlung einer vorläufigen Aufnahme in eine Aufenthaltsbewilligung und der generelle Ausschluss von Einbürgerungen von vorläufig Aufgenommenen könnten im Widerspruch zu den entsprechenden Garantien der EMRK, der FK, der KRK, des UNO-Pakts I, des UNO-Pakts II und des Staatenlosenübereinkommens stehen (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 3.3.2).
Betroffene Ausländerinnen und Ausländer können nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzuges an den EGMR oder - soweit vorhanden - an den UN-Ausschuss für das jeweilige internationale Übereinkommen gelangen (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 4.2.2). Die Verpflichtung zur Umsetzung eines Urteils des EGMR hätte zur Folge, dass die tatsächlichen und rechtlichen Folgen der festgestellten Konventionsverletzung so weit als möglich zu beseitigen wären. Die Schweiz hätte demnach allgemeine Vorkehrungen zu treffen, um gleichartige Konventionsverletzungen künftig zu vermeiden. Mit der Annahme der Initiative wären derartige Vorkehrungen jedoch kaum vorstellbar. 15¹ Diese Übereinkommen müssten folglich angepasst oder gekündigt werden.
Einige der von der Schweiz abgeschlossenen internationalen Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte enthalten Verpflichtungen, aus denen Ansprüche im Bereich Zuwanderung oder Aufenthalt geltend gemacht werden können. Je nachdem, wie sie ausgelegt werden, können sie als «bevölkerungswachstumstreibend» gelten. Diese internationalen Übereinkommen müssten aufgrund der Übergangsbestimmungen neuverhandelt oder gekündigt werden (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 3.3.3).
Die mit der Initiative angestrebte zahlenmässige Beschränkung der Zuwanderung widerspricht insbesondere den zentralen Grundsätzen des FZA und des EFTA-Übereinkommens (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 3.3.2). Sowohl das FZA als auch das EFTA-Übereinkommen lassen eine Beschränkung der darin vermittelten Ansprüche auf Einreise und Aufenthalt nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit zu. ¹52 Die Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 15 Abs. 2 vierter Satz) verlangt auch explizit, dass der Bundesrat das FZA kündigen müsste, sofern die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz die Zehn-Millionen-Grenze erstmalig zwei Jahre überschreitet und bis dahin keine Ausnahme- oder Schutzklausel ausgehandelt oder angerufen werden kann, die die Einhaltung der Zehn-Millionen-Grenze ermöglicht (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 3.3.5).
Bei einer Kündigung des FZA ist fraglich, ob die EU zu einer Weiterführung der Schengen-/Dublin-Assoziierungen Hand bieten würde. Eine weitere Teilnahme der Schweiz am Schengen- und Dublin-System wäre demnach mit der Kündigung des FZA deutlich erschwert, und die Fortführung wäre demnach gefährdet (siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 4.2.1).
15¹ Botschaft «Stopp der Überbevölkerung», BBl 2013 8693 Ziff. 4. 4.1 .
¹52 Botschaft «Stopp der Überbevölkerung», BBl 2013 8693 Ziff. 4. 4.1 .

5 Strategien und Massnahmen in Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Zuwanderung und das damit verbundene Bevölkerungswachstum Herausforderungen mit sich bringen. Zahlreiche Strategien und Massnahmen sind bereits vorhanden oder werden entwickelt, um den Herausforderungen in verschiedenen Bereichen zu begegnen (siehe weiter unten im Abschnitt «Bestehende Strategien und Massnahmen»). Im Rahmen des Berichts in Erfüllung des Postulats Gössi vom 28. September 2023 (23.4171 «Aktualisierter Bericht zur Personenfreizügigkeit und Zuwanderung in die Schweiz)» wird eine umfassende Analyse der Auswirkungen der Zuwanderung auf verschiedene Politikbereiche vorgenommen.
Darüber hinaus hat der Bundesrat am 29. Januar 2025 weitere Massnahmen im Asylbereich, bei der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und im Wohnungswesen definiert, um die Zuwanderung zu reduzieren und die Herausforderungen der Zuwanderung zu adressieren. Bei diesen Begleitmassnahmen handelt es sich nicht um einen direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Initiative.
Zusätzliche Strategien und Massnahmen im Asylbereich, bei der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und im Wohnungswesen
Asylbereich
Im Asylbereich sollen im Rahmen der «Gesamtstrategie Asyl», welche das EJPD seit 2024 zusammen mit den Kantonen und Gemeinden entwickelt, verschiedene Massnahmen zur Reduktion der Asylgesuche und Beschleunigung der Asylverfahren geprüft und erarbeitet werden. Das EJPD wurde beauftragt, dem Bundesrat bis Ende 2025 Bericht zu erstatten.
Gemäss dem aktuellen Recht wird die Frage, ob ein Asylgesuch im Sinne von Artikel 18 AsylG vorliegt oder nicht, nicht im Vorfeld des Asylverfahrens geklärt, sondern im Rahmen des erstinstanzlichen Entscheides des SEM, sodass auch bei einem Nichteintretensentscheid zuerst sämtliche Verfahrensschritte eines Asylverfahrens durchgeführt werden müssen und dabei auch die Asylstrukturen in Anspruch genommen werden. Mit einem vorgelagerten Verfahren zur Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Prüfung eines Asylgesuchs erfüllt sind, könnte vermieden werden, dass Personen mit asylfremden Motiven die Asylstrukturen in Anspruch nehmen. Eine solche Massnahme hätte auch eine präventive Wirkung, indem Personen davon abhalten würden, in die Schweiz einzureisen, wenn sie unter Umständen nicht ins Asylverfahren gelangen und stattdessen ein zeitnaher und konsequenter Wegweisungsvollzug erfolgt.
Weiter soll geprüft werden, ob Asylgesuche bei Verletzung der Mitwirkungspflicht schneller abgeschrieben werden können. Gemäss Artikel 8 Absatz 3bis AsylG verzichten Asylsuchende, die ohne triftigen Grund ihre Mitwirkungspflicht verletzen, auf eine Weiterführung des Verfahrens. Das Gleiche gilt für Asylsuchende, die ohne triftigen Grund den Asylbehörden während mehr als fünf Tagen in einem Bundeszentrum oder während mehr als 20 Tagen nach erfolgter Zuweisung an einen Kanton nicht zur Verfügung stehen. Im Jahr 2023 wurden mehr als 3000 Abschreibungen vorgenommen, davon fast 1800 für Staatsangehörige aus Staaten mit einer sehr niedrigen Schutzquote (insbesondere Algerien, Marokko, Tunesien oder Georgien).
Ebenfalls sollen Verschärfungen bei Mehrfachgesuchen geprüft werden. Dabei handelt es sich gemäss Artikel 111 c AsylG um Gesuche, welche innert fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Asyl- und Wegweisungsentscheids eingereicht werden. Wer ein Asylgesuch bzw. Mehrfachgesuch gestellt hat, darf sich gemäss Artikel 42 AsylG bis zum Abschluss des Asylverfahrens in der Schweiz aufhalten. Während das Einreichen eines Wiedererwägungsgesuch keine aufschiebende Wirkung auf den Wegweisungsvollzug hat (Art. 111 b Abs. 3 AsylG), gibt es für Mehrfachgesuche im nationalen Verfahren zurzeit keine gesetzliche Regelung, die es erlaubt, in Bezug auf die rechtskräftige Wegweisungsentscheidung bezüglich eines früheren Asylantrags eine aufschiebende Wirkung systematisch zu entziehen. Bei der Prüfung der Umsetzung dieser Massnahmen ist insbesondere das Non-Refoulement-Prinzip zu beachten.
Darüber hinaus hat der Bundesrat das EJPD beauftragt, ein Konzept für eine regelmässige und verstärkte Überprüfung von vorläufigen Aufnahmen anhand von Schwerpunkten auf bestimmte Herkunftsländer zu erarbeiten und dem Bundesrat bis Ende 2025 Bericht zu erstatten.
Arbeitsmarkt
Wichtigster Treiber der Zuwanderung ist der Arbeitsmarkt. Aufgrund des demografischen Wandels und des zunehmenden Arbeitskräftebedarfs sind auch in Zukunft zusätzliche Arbeitskräfte nötig, um den Wohlstand und eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung längerfristig sicherstellen zu können. Damit die Schweizer Unternehmen ihre Arbeitskräfte bestmöglich im Inland rekrutieren, will der Bundesrat die Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials weiter vorantreiben. Dafür hat er gemeinsam mit den Sozialpartnern Massnahmen erarbeitet. Die Massnahmen knüpfen insbesondere an die Erkenntnisse aus der vom Bundesrat am 15. März 2024 verabschiedeten Gesamtschau zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials an. ¹53
Bei den Massnahmen handelt es sich insbesondere um folgende:
-
Programm «Nutzung Potenzial Familiennachzug» : Mit einem Programm soll das Potenzial von gut qualifizierten Personen im Familiennachzug besser ausgeschöpft werden, indem diese Personen, insbesondere Frauen, bei der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen (Diplomanerkennung) und bei der beruflichen Integration gezielt und effektiv unterstützt werden. Das EJPD wurde beauftragt, ein solches Programm umzusetzen und dem Bundesrat bis Ende 2027 Bericht zu erstatten. Zudem soll bis Ende Juni 2025 die Einführung einer verbindlichen Meldung an die Berufsberatung geprüft werden, wenn bei einer zugewanderten Person nach der Einreise Beratungsbedarf für die berufliche Integration besteht.
-
Einführung wirksamer Pilotprojekte aus dem «Impulsprogramm zur Wiedereingliederung von schwer vermittelbaren und älteren Arbeitslosen» und dem «Pilotversuch Supported Employment» in die Regelstrukturen der ALV und der öffentlichen Arbeitsvermittlung (öAV): Das Ziel ist es, ältere Stellensuchende beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt noch gezielter zu unterstützen, insbesondere durch Job-Coachings. Diese haben sich als zentraler Ansatz für die Wiedereingliederung von Stellensuchenden mit Bedarf an intensiverer Begleitung herausgestellt. Bei den Pilotprojekten handelt es sich um Massnahmen aus dem vom Bundesrat im Mai 2019 verabschiedeten Massnahmenpaket zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials. ¹54 Das WBF wurde beauftragt, dem Bundesrat bis Ende Juni 2025 einen Antrag über das weitere Vorgehen vorzulegen.
-
Innovationszuschüsse an Kantone prüfen : Mit Innovationszuschüssen könnten die kantonalen Durchführungsstellen der ALV und der öAV bei der Entwicklung und Evaluation neuer Ansätze unterstützt werden (z. B. neue Ansätze zur Wiedereingliederung von Stellensuchenden in den Arbeitsmarkt). Das WBF wurde beauftragt, dem Bundesrat bis Ende Juni 2025 einen Antrag über das weitere Vorgehen vorzulegen.
-
Einarbeitungszuschüsse der ALV für Stellensuchende ohne Taggeldbezug prüfen : Stellensuchende ohne Taggeldbezug sind heute von Einarbeitungszuschüssen der ALV ausgeschlossen. Deshalb soll geprüft werden, ob auch diese Personen Zugang erhalten sollen, ohne dass Personen mit Taggeldbezug schlechter gestellt oder Fehlanreize geschaffen würden. Das WBF wurde beauftragt, dem Bundesrat bis Ende Juni 2025 einen Antrag über das weitere Vorgehen vorzulegen.
-
Strategie öffentliche Arbeitsvermittlung 2030: Die im Jahr 2023 entwickelte «Strategie öAV 2030» definiert anhand 12 strategischer Ziele Leitplanken für die Weiterentwicklung. In Zukunft sollen die Leistungen der öAV sich noch konsequenter am Bedarf des Arbeitsmarkts ausrichten. Parallel zum Ziel der raschen Wiedereingliederung soll das Ziel der dauerhaften Wiedereingliederung stets im Fokus bleiben. Die persönliche Beratung der Stellensuchenden soll noch stärker ins Zentrum rücken. Die Wirksamkeit der Vermittlung soll gestärkt werden, unter anderem durch einen Ausbau der Kontakte zu Arbeitgebenden, den Einsatz von Job Coaching, eine intensiv genutzte Stellenplattform und ein effizientes Stellen-Matching. Das WBF wurde beauftragt, die Umsetzung dieser Strategie voranzutreiben und dafür die Regelstrukturen und Gremien der ALV und der öAV zu nutzen und dem Bundesrat bis Ende 2027 Bericht zum Zwischenstand der Umsetzung zu erstatten.
-
Massnahmen zur Information und Sensibilisierung im Bereich «Familie und Beruf» : Ein besseres Bewusstsein über die finanziellen Risiken von Erwerbsunterbrüchen und Teilzeitarbeit kann zu einer Erhöhung des Beschäftigungsgrads führen. Deshalb sollen Massnahmen zur Information und Sensibilisierung von Arbeitgebenden, Teilzeiterwerbstätigen und Nichterwerbspersonen über die Auswirkungen von Änderungen des Beschäftigungsgrads sowie die verstärkte Umsetzung von familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen und Arbeitsbedingungen in der Praxis geprüft werden. Das WBF und das EDI wurden beauftragt, dem Bundesrat bis Ende Juni 2025 Bericht zu erstatten.
-
Einsetzung einer tripartiten Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretungen der Bundesverwaltung, der Arbeitnehmenden und der Arbeitgebenden zur Datenerhebung und Analyse im Bereich Krankentaggeldversicherung: Die tripartite Arbeitsgruppe soll insbesondere vertieft prüfen, ob die bestehenden Regelungen in diesem Bereich negative Anreize für die Anstellung von älteren Arbeitnehmenden zur Folge haben könnte. In diesem Zusammenhang soll auch die Situation von Personen mit Vorerkrankungen und Frauen eingehend untersucht werden. Das EDI wurde beauftragt, dem Bundesrat bis Ende 2025 Bericht zu erstatten.
Eine weitere Massnahme betrifft die Standortförderung des Bundes. Sie trägt mit ihren Massnahmen und Instrumenten zur Stärkung der schweizerischen KMU und der Regionen bei. Um den Effekt der Standortförderung des Bundes auf die Zuwanderung zu messen, aktualisiert das WBF die Studie «Standortförderung und Zuwanderung: Hintergrundbericht (Aktualisierung)» aus dem Jahr 2017 ¹55 und erstattet dem Bundesrat bis Ende 2025 darüber Bericht. Gestützt darauf sollen in einem zweiten Schritt Massnahmen geprüft werden, die einen Beitrag zur Reduktion der Zuwanderung leisten können. Das WBF wurde beauftragt, die Resultate dieser Prüfung in die Botschaft des Bundesrates zur Standortförderung 2028-2031 aufzunehmen.
Schliesslich will der Bundesrat prüfen, ob es beim Personalverleih Optimierungsmöglichkeiten in Bezug auf die kantonale Praxis bei der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen L und B EU/EFTA gibt, um unberechtigte Aufenthaltsansprüche und Sozialleistungsbezüge zu vermeiden. Das EJPD wurde beauftragt, dem Bundesrat bis Ende Juni 2025 einen Antrag über das weitere Vorgehen vorzulegen.
Wohnungswesen
Um dem zunehmend knappen Wohnungsangebot zu begegnen, will der Bundesrat den Fonds zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus (sog. «Fonds de roulement») ab 2030 während fünf Jahren um insgesamt 150 Millionen Franken aufstocken. Zwischen 2004 und 2024 wurden mit dem Fonds im Durchschnitt 1378 Wohnungen pro Jahr gefördert. Mit Ablehnung der eidgenössischen Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» durch Volk und Stände am 9. Februar 2020 trat der indirekte Gegenvorschlag in Kraft, der eine Aufstockung des Fonds um 250 Millionen Franken über zehn Jahre vorsieht. Ohne zusätzliche Aufstockung müsste die Förderung voraussichtlich ab 2030 reduziert werden. Die mit dem Fonds vergebenen Darlehen sind rückzahlbar und verzinslich. Das WBF wird dem Bundesrat bis Ende September 2025 den Entwurf für eine Botschaft über einen Verpflichtungskredit für eine Aufstockung des Fonds unterbreiten.
Zudem will der Bundesrat mit verschiedenen Anpassungen der «Lex Koller» (BewG) die Bedingungen verschärfen, unter welchen ausländische Staatsangehörige Grundstücke in der Schweiz oder Rechte daran erwerben können. Im Sinne einer Rückbesinnung auf den ursprünglichen Gesetzeszweck sollen wieder strengere Regeln gelten für den Erwerb von Betriebsstätte-Grundstücken (Verbot der Vermietung oder Verpachtung von Betriebsstätte-Grundstücken) und für den Erwerb von Hauptwohnungen durch Angehörige von Staaten, die nicht der EU oder der EFTA angehören. Die Bewilligung für den Erwerb einer Hauptwohnung soll dabei stets mit der Pflicht verknüpft werden, die Hauptwohnung wieder zu verkaufen, sobald der Wohnsitz aufgegeben wird. Ebenfalls grundsätzlich wieder der Bewilligungspflicht unterstellt werden soll der Erwerb von an einer Schweizer Börse kotierten Anteilen von Wohnimmobiliengesellschaften. Das EJPD wird dem Bundesrat bis Ende Juni 2025 eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage unterbreiten. Zudem wird ebenfalls bis Ende Juni 2025 geprüft, inwiefern eine Einschränkung des Erwerbs von Ferienwohnungen und Wohneinheiten in Apparthotels durch Personen im Ausland zur Entspannung des Wohnungsmarktes beitragen kann. Die Anpassungen erfolgen im Rahmen der geltenden völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz, und damit namentlich auch des FZA.
Bestehende Strategien und Massnahmen
Zahlreiche Strategien und Massnahmen sind bereits vorhanden oder werden entwickelt, um den Herausforderungen in Zusammenhang mit Zuwanderung und Bevölkerungswachstum in verschiedenen Bereichen zu begegnen:
-
Arbeitsmarkt: Erwerbstätige werden durch die flankierenden Massnahmen vor missbräuchlichen Unterschreitungen der Schweizer Lohn- und Arbeitsbedingungen geschützt. In Bezug auf die öAV wurden mit der «Strategie öAV 2030» verbindliche Ziele festgelegt, um die öAV weiterzuentwickeln und dem sich verändernden Bedarf von Stellensuchenden sowie Arbeitgebenden zu begegnen.
-
Bildung und Weiterbildung : Mit der BFI-Botschaft ¹56 werden die Bundesmittel für die Regelstrukturen im Bildungsbereich beantragt. Kantone und Organisationen der Arbeitswelt haben in den letzten Jahren verschiedene Anstrengungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen unternommen. Das Instrumentarium besteht, und die einzelnen Instrumente sind aufeinander abgestimmt. Je nach Bedarf kann das System im Rahmen der etablierten Strukturen und Prozesse verstärkt oder ausgeweitet werden.
-
Soziale Sicherheit: Mit den 2019 und 2022 erfolgten Revisionen des ATSG wurden Verfahren gestrafft und neue Instrumente zur Missbrauchsbekämpfung eingeführt (z. B. verbesserter Informationsaustausch zwischen den Behörden und Einführung von Observationen bei begründetem Verdacht auf Missbrauch).
-
Raumplanung: Die Herausforderungen und Risiken einer Zehn-Millionen-Schweiz sollen insbesondere mit der qualitätsvollen Innenentwicklung nach dem revidierten RPG (1. Etappe; RPG 1) ¹57 gemeistert werden. Dessen konsequente Umsetzung schafft nicht nur den benötigten zusätzlichen Wohn- und Arbeitsraum, sondern fördert gleichzeitig die Nachhaltigkeit und die Klimaresilienz der Siedlungen.
-
Wohnungswesen: Kantone, Städte und Gemeinden sowie Bau- und Immobilienwirtschaft haben sich im Februar 2024 auf einen «Aktionsplan gegen die Wohnungsknappheit» mit über 30 Massnahmen verständigt. ¹58
-
Verkehrsinfrastruktur: Unterhalt und Weiterentwicklung des Nationalstrassen- und Eisenbahnnetzes erfolgen im Rahmen von strategischen Entwicklungsprogrammen, welche unter anderem auf den Verkehrsperspektiven des Bundes ¹59 basieren, die auch die Bevölkerungsentwicklung berücksichtigen. Im Rahmen des Programms Agglomerationsverkehr fördert der Bund eine kohärente Verkehrs- und Siedlungsplanung in den Agglomerationen und hilft dabei, die Herausforderungen des Verkehrs- und Siedlungswachstums zu meistern und zu finanzieren.
-
Energie: Bei der Energiepolitik wird die demografische Entwicklung in den energiepolitischen Grundlagen berücksichtigt. Mit den am 1. Januar 2025 in Kraft getretenen Revisionen des EnG und des StromVG wurde die bestehende Energiestrategie 2050 16⁰ umfassend weiterentwickelt.
-
Umwelt: Um den Druck auf die natürlichen Ressourcen wirksam zu reduzieren, sind Massnahmen erforderlich, die unabhängig vom Bevölkerungswachstum greifen. Dazu zählen die Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums, eine ressourcenschonende Produktion und ein ressourcenschonender Konsum sowie eine gerechte Verteilung der Umweltlasten. Im Bereich der Treibhausgasemissionen sind insbesondere die Massnahmen des CO
2
-Gesetzes und des KIG zu nennen. Zudem hat das Parlament eine Revision des USG zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft verabschiedet, und mit dem Aktionsplan Biodiversität werden weitere Ziele und Massnahmen zur Förderung von Landschaft, Biodiversität und Boden umgesetzt.
-
Gesundheit: Im Gesundheitswesen wurden mit der Strategie Gesundheit 2030 neue Prioritäten gesetzt. 16¹ Dabei erklärte der Bundesrat eine finanziell tragbare Gesundheitsversorgung zu einem seiner Hauptziele, und er hat bereits mehrere Ziele und Massnahmen definiert, welche die Gesundheitskosten um einige hundert Millionen Franken pro Jahr senken. Zudem läuft die Umsetzung der von Volk und Ständen angenommenen eidgenössischen Volksinitiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)».
-
Innere Sicherheit: Für die Kriminalitätsbekämpfung sind primär die Kantone zuständig. Auf Bundesebene bestehen Aktionspläne gegen Radikalisierung und Menschenhandel sowie die Möglichkeit, zur Gewährleistung der inneren und äusseren Sicherheit der Schweiz Ausweisungen und Einreiseverbote anzuordnen.
-
Landwirtschaft: Der Bundesrat hat sich in einem Bericht zur zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik (Zukunftsbild 2050) ¹62 zum Ziel gesetzt, dass der Netto-Selbstversorgungsgrad mit Lebensmitteln unabhängig von der wachsenden Bevölkerung mindestens 50 Prozent betragen und gleichzeitig der ökologische Fussabdruck reduziert werden soll. Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, basierend auf diesem Bericht bis 2027 eine Botschaft für die Zeit ab 2030 vorzulegen und darin konkrete Massnahmen vorzuschlagen.
-
Nachhaltige Entwicklung: In seiner Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 ¹63 legt der Bundesrat die Schwerpunkte der Umsetzung Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in der Schweiz fest. Die Strategie umfasst drei Schwerpunktthemen: nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion, Klima, Energie und Biodiversität, Chancengleichheit und sozialer Zusammenhalt. Die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 wird von der gesamten Bundesverwaltung über die Sektorpolitiken der einzelnen Bundesämter umgesetzt und von Aktionsplänen begleitet, die komplementäre Massnahmen zu ihren verschiedenen Herausforderungen enthalten.
Stabilisierung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs
Der Bundesrat will den bilateralen Weg mit der EU stabilisieren und weiterentwickeln. In einer von geopolitischer Instabilität und globalen Krisen geprägten Welt sind stabile und vorhersehbare Beziehungen mit der EU - insbesondere mit unseren Nachbarländern - von strategischer Notwendigkeit. Der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen, die wissenschaftliche Zusammenarbeit und die gemeinsame Bewältigung aktueller Herausforderungen sind unerlässlich, um die Sicherheit und den Wohlstand der Schweiz zu gewährleisten. Der bilaterale Weg trägt seit 25 Jahren massgeblich zum Erfolg der Schweiz bei. Es ist von entscheidender Bedeutung, diesen Weg auf der Grundlage spannungsfreier und rechtlich geklärter Beziehungen fortzusetzen.
Nachdem der Bundesrat den Ansatz eines «Rahmenabkommens» im Jahr 2021 verworfen hatte, entschied er sich dafür, den bilateralen Weg in seiner bisherigen Form beizubehalten. Dabei setzte er auf eine sektorielle Beteiligung am Binnenmarkt der EU. Am 23. Februar 2022 legte er die Stossrichtung des Verhandlungspakets fest und entschied sich für einen vertikalen Ansatz mit dem Ziel, die institutionellen Fragen und die staatlichen Beihilfen sektorspezifisch in den einzelnen betroffenen Binnenmarktabkommen zu verankern. Gleichzeitig wollte der Bundesrat neue Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit abschliessen. Ausserdem strebte er Assoziierungsabkommen auf dem Gebiet der Forschung und der Bildung an und erklärte sich bereit, im Rahmen des Verhandlungspakets eine Verstetigung des Schweizer Beitrags an die Kohäsion innerhalb der EU zu prüfen. ¹64
Am 8. März 2024 hat der Bundesrat ein Mandat ¹65 für Verhandlungen der Schweiz mit der EU über die Stabilisierung und Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen verabschiedet. Dabei wurde, unter Berücksichtigung der Schweizer Spezifitäten, die Angleichung des Rechts im Bereich der Zuwanderung gemäss dem Anwendungsbereich des FZA an das in diesem Bereich geltende EU-Recht angestrebt.
Am 20. Dezember 2024 nahm der Bundesrat Kenntnis vom materiellen Abschluss der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU. Er stellte fest, dass die im Verhandlungsmandat definierten Ziele in allen betroffenen Bereichen erreicht wurden. Die positiven Ergebnisse der Verhandlungen entsprechen den Interessen der Schweiz und ebnen den Weg für die nächsten Schritte im Hinblick auf die Umsetzung der Paketstrategie. ¹66
Auch im Bereich der Personenfreizügigkeit wurden die Verhandlungsziele erreicht: Ausrichtung der Zuwanderung weiterhin auf die Bedürfnisse der Wirtschaft, Begrenzung der Auswirkungen auf die Sozialsysteme dank wirksamer Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen und Aushandeln von Ausnahmen betreffend die strafrechtliche Landesverweisung zur Respektierung der BV. Des Weiteren kann die Schweiz die Lohn- und Arbeitsbedingungen für entsandte Arbeitnehmende unter dauerhaftem Erhalt des derzeitigen Schutzniveaus gewährleisten. Schliesslich konnte die im Artikel 14 Absatz 2 FZA verankerte Schutzklausel konkretisiert werden.
Demnach kann die Schweiz neu eigenständig die Schutzklausel aktivieren, wenn die Anwendung des FZA zu schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Schwierigkeiten führt. Gibt es im Gemischten Ausschuss keine Einigung über geeignete Schutzmassnahmen, kann die Schweiz mit der ausgehandelten Schutzklausel das Schiedsgericht ohne Zustimmung der EU anrufen. Das Schiedsgericht entscheidet dann nur, ob schwerwiegende wirtschaftliche Schwierigkeiten vorliegen. Wird dies bejaht, kann die Schweiz eigenständig Schutzmassnahmen ergreifen. Entsteht dadurch ein Ungleichgewicht, kann die EU ihrerseits Ausgleichsmassnahmen innerhalb des FZA ergreifen. Die Schweiz kann auch dann Schutzmassnahmen ergreifen, wenn das Schiedsgericht das Vorliegen schwerwiegender wirtschaftlicher Schwierigkeiten verneint. Sie müsste dann aber in Kauf nehmen, dass die EU ihrerseits ein Streitbeilegungsverfahren wegen einer möglichen Verletzung des FZA initiiert und Ausgleichsmassnahmen in einem der Binnenmarktabkommen (ausgenommen dem Agrarteil des Landwirtschaftsabkommens) ergreift.
Somit könnten in Zukunft in spezifischen Situationen, in denen aufgrund der Zuwanderung und des damit verbundenen Bevölkerungswachstums schwerwiegende wirtschaftliche oder soziale Schwierigkeiten entstehen, die konkretisierte Schutzklausel aktiviert werden und in diesem Rahmen geeignete zeitlich befristete Massnahmen ergriffen werden.
¹53 Bericht des Bundesrates «Gesamtschau zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials»).
¹54 Medienmitteilung vom 15. Mai 2019 «Bundesrat verstärkt die Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials».
¹55 Bericht des SECO «Standortförderung und Zuwanderung: Hintergrundbericht (Aktualisierung)».
¹56 Botschaft «Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2025-2028», BBl 2024 900 .
¹57 ARE: «Revision Raumplanungsgesetz - 1. Etappe (RPG 1)».
¹58 Medienmitteilung vom 13. Februar 2024 «Aktionsplan gegen die Wohnungsknappheit».
¹59 ARE: «Verkehrsperspektiven 2050».
16⁰ BFE: «Energiestrategie 2050».
16¹ BAG «Gesundheit2030».
¹62 Bericht des Bundesrates «Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik».
¹63 ARE: «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030».
¹64 Medienmitteilung vom 25. Februar 2022 «Beziehungen zur EU: Der Bundesrat legt Stossrichtung für Verhandlungspaket fest».
¹65 Medienmitteilung vom 8. März 2024 «Beziehungen Schweiz-EU: Der Bundesrat verabschiedet das endgültige Verhandlungsmandat».
¹66 Medienmitteilung vom 20. Dezember 2024 «Der Bundesrat nimmt Kenntnis vom materiellen Abschluss der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU».

6 Schlussfolgerungen

Die Initiative fordert, dass das FZA gekündigt werden muss, falls die Bevölkerung nicht auf zehn Millionen begrenzt werden kann. Ihre Annahme würde eine grundlegende Neuausrichtung der Schweizer Migrationspolitik mit weitreichenden Konsequenzen für die bilateralen Beziehungen der Schweiz mit der EU nach sich ziehen - in einem Moment, in welchem nach dem materiellen Abschluss der Verhandlungen mit der EU der bilaterale Weg stabilisiert und weiterentwickelt werden kann. Die Aushandlung von Ausnahmen, welche die Einhaltung der Ziele der Initiative dauerhaft garantieren würden, oder die Neuverhandlung internationaler Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte wird als unrealistisch angesehen und würde die Glaubwürdigkeit der Schweiz auf internationaler Ebene gefährden. Als Teil des ausgehandelten Schutzdispositivs bietet die mit der EU ausgehandelte konkretisierte Schutzklausel die Möglichkeit, unter gewissen Umständen die Zuwanderung zu beschränken, ohne damit das FZA in Frage zu stellen.
Die Zuwanderung erfolgt mehrheitlich über das FZA, da die Schweizer Wirtschaft auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen ist. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Kündigung des FZA, der damit verbundene Wegfall weiterer bilateraler Abkommen mit der EU sowie die Kündigung weiterer internationaler Übereinkommen gravierende finanzielle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen hätte. Die Festlegung einer starren Bevölkerungsobergrenze in der BV würde die notwendige Flexibilität für die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen stark einschränken, während der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften, insbesondere aufgrund der demografischen Entwicklung, weiterhin besteht.
Anstatt die stabilen Beziehungen zur EU und damit Arbeitsplätze und Wohlstand zu riskieren, will der Bundesrat an den bewährten migrationspolitischen und humanitären Grundsätzen festhalten. Er ist sich der Herausforderungen, welche die Zuwanderung darstellt, bewusst und hat zusätzlich zu den bestehenden Strategien und Massnahmen weitere gezielte Massnahmen definiert, um der Bevölkerungsentwicklung Rechnung zu tragen. Zudem will der Bundesrat die Zuwanderung dort, wo es rechtlich möglich und politisch angezeigt ist, mit geeigneten Massnahmen reduzieren.
Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)» ab und beantragt den eidgenössischen Räten, die Initiative Volk und Ständen ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, die Volksinitiative abzulehnen.
Abkürzungsverzeichnis und verwendete Kurztitel
Tabelle vergrössern
open_with
Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die Mobilität von Dienstleistungserbringern Befristetes Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Mobilität von Dienstleistungserbringern (SR 0.946.293.671.2 )
Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die wohlerworbenen Rechte Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens (SR 0.142.113.672 )
AIG Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 2005 (SR 142.20 )
ALV Arbeitslosenversicherung
ARE Bundesamt für Raumentwicklung
AsylG Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (SR 142.31 )
ATSG Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (SR 830.1 )
Aufl. Auflage
BAZ Bundesasylzentren
BewG Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 16. Dezember 1983 (SR 211.412.41 )
BFS Bundesamt für Statistik
BGer Bundesgericht
BGG Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 (SR 173.110 )
BIP Bruttoinlandprodukt
BSV Bundesamt für Sozialversicherungen
BV Bundesverfassung vom 18. April 1999 (SR 101 )
BWO Bundesamt für Wohnungswesen
CO2-Gesetz Bundesgesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen vom 23. Dezember 2011 (SR 641.71 )
DAA Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (Dublin-Assoziierungsabkommen; SR 0.142.392.68 )
Dublin-III-Verordnung Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31
DV Direktion für Völkerrecht
EDI Eidgenössische Departement des Innern
EDK Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren
EFTA European Free Trade Association
EFTA-Übereinkommen Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (SR 0.632.31 )
EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
EJPD Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
EKF Eidgenössische Kommission für Frauenfragen
EMRK Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention; SR 0.101 )
EnG Energiegesetz vom 30. September 2013 (SR 730.0 )
ESPOP Statistik des jährlichen Bevölkerungsstandes (1981-2010), BFS
Fakultativprotokoll UN-Frauenrechtskonvention Fakultativprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (SR 0.108.1 )
Fakultativprotokoll zur Anti-Folter-Konvention Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (SR 0.105.1 )
Fakultativprotokoll zur KRK Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren (SR 0.107.3 )
FK Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention; SR 0.142.30 )
FZA Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR 0.142.112.681 )
GATS Allgemeines Abkommen der WTO über den Handel mit Dienstleistungen (SR 0.632.20 , Anhang 1.B)
Hrsg. Herausgeber
Istanbul-Konvention Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (SR 0.311.35 )
KdK Konferenz der Kantonsregierungen
KIG Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit vom 30. September 2022 (SR 814.310 )
KKJPD Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren
KRK Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention, SR 0.107 )
MINT-Berufe Berufe in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik
öAV öffentliche Arbeitsvermittlung
ParlG Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10 )
PETRA Statistik der ausländischen Wohnbevölkerung (1991-2009), BFS
Rahmenvertrag mit Liechtenstein Rahmenvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich des Visumverfahrens, der Einreise und des Aufenthalts sowie über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum (SR 0.360.514.2 )
RHG Registerharmonisierungsgesetz vom 23. Juni 2006 (SR 431.02 )
RPG Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979 (SR 700 )
RVOG Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010 )
SAA Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (Schengen-Assoziierungsabkommen; SR 0.362.31 )
SBFI Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation
SECO Staatssekretariat für Wirtschaft
SEM Staatssekretariat für Migration
SGV Schweizerischer Gemeindeverband
SODK Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren
SPK-N Staatspolitische Kommission des Nationalrates
SPK-S Staatspolitische Kommission des Ständerates
SSV Schweizerischer Städteverband
Staatenlosenübereinkommen Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen (SR 0.142.40 )
STATPOP Statistik der Bevölkerung und der Haushalte, BFS
StromVG Stromversorgungsgesetz vom 23. März 2007 (SR 734.7 )
Übereinkommen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit Übereinkommen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit (SR 0.141.0 )
ÜBM Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels (SR 0.311.543 )
UN-Antifolterübereinkommen Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (SR 0.105 )
UN-Frauenrechtsübereinkommen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (SR 0.108 )
UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen Internationales Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (SR 0.103.3 )
UNO-Migrationspakt Globale Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration, Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration, Global Compact for Migration, GCM
UNO-Pakt I Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (SR 0.103.1 )
UNO-Pakt II Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (SR 0.103.2 )
UN-Rassendiskriminierungskonvention Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (SR 0.104 )
USG Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 (SR 814.01 )
Vereinbarung mit Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich des Aufenthalts Vereinbarung zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich des Aufenthalts (SR 0.360.514.21 )
Vereinbarung mit Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich des Visumverfahrens und der Einreise Vereinbarung zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich des Visumverfahrens und der Einreise (SR 0.360.514.22 )
Vereinbarung über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum Vereinbarung zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum (SR 0.360.514.23 )
Volkszählungsverordnung Verordnung vom 19. Dezember 2008 über die eidgenössische Volkszählung (SR 431.112.1 )
VRK Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (SR 0.111 )
VZAE Verordnung vom 24. Okt. 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (SR 142.201 )
WBF Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung
WBK-S Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates
WTO Welthandelsorganisation
WÜD Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (SR 0.191.01 )
WÜK Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (SR 0.191.02 )
ZEMIS Zentrales Migrationsinformationssystem
Zusatzprotokoll zur FK Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (SR 0.142.301 )
Literaturverzeichnis
Alberto Achermann, Caroni Martina, Ausländerrecht, Eine umfassende Darstellung der Rechtsstellung von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz, Peter Uebersax, Beat Rudin, Thomas Hugi Yar, Thomas Geiser, Luzia Vetterli (Hrsg.), 3. Aufl., Basel 2022.
Chiariello Elisabeth, Kündigung von völkerrechtlichen Verträgen, LeGes 31 2/2020.
Ehrenzeller Bernhard, Gabriel Gertsch, St. Galler Kommentar zur schweizerischen Bundesverfassung, 4. Aufl., 2023, zu Art. 139 BV.
Errass Christoph, Peter Hettich, St. Galler Kommentar zur schweizerischen Bundesverfassung, 4. Aufl., 2023, zu Art. 73 BV.
Favre Sandro, Föllmi Reto, Zweimüller Josef, Migration und Sozialversicherungen, Eine Betrachtung der 1. Säule und der Familienzulagen, Beiträge zur sozialen Sicherheit Forschungsbericht 06/23, BSV, Bern 2023.
Gonin Luc, Art. 15 CEDH, Dérogation en cas d’urgence, Luc Gonin, Olivier Bigler, Convention européenne des droits de l’Homme, Bern, Paris, 2018, S. 725-739.
Haefliger Arthur, Schürmann Frank, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 3. Aufl., Bern 2023.
Kraege Caroline, Maurer Tiffany, Ausländerrecht, Eine umfassende Darstellung der Rechtsstellung von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz, Peter Uebersax, Beat Rudin, Thomas Hugi Yar, Thomas Geiser, Luzia Vetterli (Hrsg.), 3. Aufl., Basel 2022.
Malinverni Giorgio, Hottelier Michel, Hertig Randall, Flückiger Alexandre, Droit constitutionnel suisse,Volume II: Les droits fondamentaux, 4e édition, Bern, 2021.
Morel Reto, Vallender Klaus A., Hettich Peter, St. Galler Kommentar zur schweizerischen Bundesverfassung, 4. Aufl., 2023, zu Art. 74 BV.
Schläppi Erika, CEDAW, Kommentar zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, Erika Schläppi, Silvia Ulrich, Judith Wyttenbach (Hrsg.), Bern 2015, Art. 2, Umsetzung Schweiz.
Schläppi Erika, Ulrich Silvia, Wyttenach Judith, CEDAW, Kommentar zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, Erika Schläppi, Silvia Ulrich, Judith Wyttenbach (Hrsg.), Bern 2015, zu Teil 1, Das Übereinkommen.
Schweizer Rainer J., Aussenpolitische und völkerrechtliche Verantwortung der Schweiz, in: Schengen und Dublin in der Praxis, in der EU, in der Schweiz, mit einem Blick auf 70 Jahre Flüchtlingskonvention, Stephan Breitenmoser, Peter Uebersax, Peter Hilpold (Hrsg.), Zürich, St. Gallen 2023.
Tobler Christa, Schutzklauseln in der Personenfreizügigkeit mit der EU, Jusletter vom 16. Februar 2015.
Voelcker Franziska Marie, Schutzklauseln als Grenzpunkte internationaler Integration, Ein Beitrag zur Integrationsfunktion des Rechts, Universität Konstanz, Dissertation 2019.
Wyss Karl-Marc, Die vorläufige bundesrechtliche Umsetzung eidgenössischer Volksinitiativen auf dem Verordnungsweg: Phänomen, Grundsätze und Gefahren, LeGes 30 (2019) 3, 1-44.
Ziegler Andreas R., Introduction au droit international public, 4e édition, Bern 2020.
Zink Nadja, Der Anwendungsbereich des AIG und sein Verhältnis zu anderen Erlassen, recht 1/2014, S. 21-28.
Materialienverzeichnis
Bericht der DV vom 26. Mai 2014 «Auswirkungen der neuen Verfassungsbestimmungen Art. 121 a und Art. 197 Ziff. 9 auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz» (zit. Bericht der DV «Auswirkungen. 121 a und Art. 197 Ziff. 9).
Bericht der Schweiz vom 19. Dezember 2018 zur nationalen Umsetzung des Internationalen Übereinkommens von 2006 zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen, zu Handen des Ausschusses über das Verschwindenlassen gemäss Artikel 29 des Internationalen Übereinkommens von 2006 zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (zit. Bericht der Schweiz «Umsetzung UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen»).
Bericht des Bunderates vom 19. Dezember 2018 in Folge der Empfehlungen des UN-Kinderrechtausschusses an die Schweiz vom 4. Februar 2015, Massnahmen zum Schliessen von Lücken bei der Umsetzung der Kinderrechtskonvention (zit. Bericht des Bundesrates «Massnahmen zum Schliessen von Lücken bei der Umsetzung der Kinderrechtskonvention»).
Bericht des Bundesrates vom 15. März 2024 «Gesamtschau zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials (Umsetzung Art. 121a BV» (zit. Bericht des Bundesrates «Gesamtschau zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials»).
Bericht des Bundesrates vom 19. November 2014 «40 Jahre EMRK-Beitritt der Schweiz: Erfahrungen und Perspektiven, in Erfüllung des Postulats Stöckli 13.4187 BBl 2015 357 (zit. Bericht des Bundesrates «40 Jahre EMRK-Beitritt der Schweiz»).
Bericht des Bundesrates vom 2. September 2020 «Das Recht des Kindes auf Anhörung, Bilanz der Umsetzung von Artikel 12 der Kinderrechtskonvention in der Schweiz» Erfüllung des Postulats 14.3382 (zit. Bericht des Bundesrates «Das Recht des Kindes auf Anhörung»).
Bericht des Bundesrates vom 21. Februar 2018 «Die volkswirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Schengen-Assoziierung der Schweiz» in Erfüllung des Postulats 15.3896 der sozialdemokratischen Fraktion (zit. Bericht des Bundesrates «Auswirkungen der Schengen-Assoziierung»).
Bericht des Bundesrates vom 22. Juni 2022 in Erfüllung der Postulate 20.3931 der WAK-S vom 20. August 2020 und 21.3015 der WAK-N vom 2. Februar 2021 (zit. Bericht des Bundesrates «Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik»).
Bericht des Bundesrates vom 23. Juni 2021 «Aktualität und Bedeutung der Flüchtlingskonvention von 1951» in Erfüllung des Postulates 18.3930 (zit. Bericht des Bundesrates «Aktualität und Bedeutung der Flüchtlingskonvention»).
Bericht des Bundesrates vom 26. Juni 2019 «Konsultation und Mitwirkung des Parlaments im Bereich von Soft Law» in Erfüllung des Postulates 18.4104 (zit. Bericht des Bundesrates «Konsultation und Mitwirkung des Parlaments im Bereich von Soft Law»).
Bericht des Bundesrates vom 4. Mai 2022 zur Abschreibung der Motion Regazzi vom 13. Dezember 2016 (16.3982 «Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht»), BBl 2022 1229 (zit. Bericht des Bundesrates «Abschreibung der Motion Regazzi»).
Bericht des Bundesrates vom 5. März 2010 in Erfüllung des Postulats 07.3764 der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates vom 16. Oktober 2007 und des Postulats 08.3765 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 20. November 2008 (zit. Bericht des Bundesrates «Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht»).
Bericht des Bundesrates vom Juni 2015 «Migrationspartnerschaften. Kontrolle und Evaluation» in Erfüllung des Postulats 12.3858 (zit. Bericht des Bundesrates «Migrationspartnerschaften»).
Bericht des Bundesrates vom Juni 2019 «Kompetenzen des Bundes im Bereich der Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer aus Drittstaaten» in Erfüllung des Postulates der Staatspolitischen Kommission des Ständerates 17.3260 vom 30. März 2017 (zit. Bericht des Bundesrates «Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer aus Drittstaaten»).
Bericht vom 12. Oktober 2023 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates, Pa. Iv. (21.504 «Bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Artikel 50 AIG garantieren»), BBl 2023 2418 (zit. Bericht der SPK-N «Bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Artikel 50 AIG garantieren»).
Botschaft des Bundesrates vom 11. August 1971 an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen, BBl 1971 II 424 (zit. Botschaft «Genehmigung des Staatenlosenübereinkommen»).
Botschaft vom 15. September 2017 zur Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen - zum Schutz von Mensch und Umwelt», BBl 2017 6335 Ziff. 2.5 (zit. Botschaft «Für verantwortungsvolle Unternehmen»).
Botschaft vom 16. September 2011 zur Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin», BBl 2011 7553 (zit. Botschaft «Ja zur Hausarztmedizin»).
Botschaft vom 17. November 2010 zur Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarates über die Bekämpfung des Menschenhandels und zum Bundesgesetz über den ausserprozessualen Zeugenschutz, BBl 2011 1 (zit. Botschaft «Bekämpfung des Menschenhandels»).
Botschaft vom 18. April 1984 zur Änderung des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (Bürgerrecht der Kinder eines schweizerischen Elternteils), BBl 1984 II 211 (zit. Botschaft «Bürgerrecht der Kinder eines schweizerischen Elternteils»).
Botschaft vom 2. März 1992 über den Beitritt der Schweiz zum Internationalen Übereinkommen von 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung und über die entsprechende Strafrechtsrevision, BBl 1992 III 269 (zit. Botschaft «Beitritt zur UN-Rassendiskriminierungskonvention»).
Botschaft vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 1 (zit. Botschaft «neue Bundesverfassung»).
Botschaft vom 20. November 2013 zur Volksinitiative «Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer (Durchsetzungsinitiative)», BBl 2013 9459 (zit. Botschaft «Durchsetzungsinitiative»).
Botschaft vom 21. November 2001 zum Bürgerrecht für junge Ausländerinnen und Ausländer und zur Revision des Bürgerrechtsgesetzes, BBl 2002 1911 (zit. Botschaft «Revision des Bürgerrechtsgesetzes»).
Botschaft vom 23. Oktober 2013 zur Volksinitiative «Stopp der Überbevölkerung - zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen», BBl 2013 8693 (zit. Botschaft «Stopp der Überbevölkerung»).
Botschaft vom 26. August 1987 betreffend das Übereinkommen der Internationalen Kommission für das Zivilstandswesen (CIEC) zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit, BBl 1987 III 344 (zit. Botschaft «Zivilstandswesen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit»).
Botschaft vom 29. August 2001 über die Anerkennung der Zuständigkeit des Ausschusses zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (CERD) für die Entgegennahme und Erörterung von Mitteilungen gemäss Art. 14 des Internationalen Übereinkommens von 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, BBl 2001 5927 (zit. Botschaft «Ausschuss UN-Rassendiskriminierungskonvention»).
Botschaft vom 29. Juni 1994 betreffend den Beitritt der Schweiz zum Übereinkommen von 1989 über die Rechte des Kindes, BBl 1994 V 1 (zit. Botschaft «Beitritt zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes»).
Botschaft vom 29. November 2013 zur Genehmigung und zur Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen, BBl 2014 453 (zit. Botschaft «UN-Übereinkommen gegen Verschwindenlassen»).
Botschaft vom 29. Oktober 2008 zur Volksinitiative «gegen masslosen Bau umwelt- und landschaftsbelastender Anlagen», BBl 2008 8773 (zit. Botschaft «gegen masslosen Bau umwelt- und landschaftsbelastender Anlagen»).
Botschaft vom 3. Februar 2021 zum UNO-Migrationspakt, BBl 2021 359 (zit. Botschaft «UNO-Migrationspakt»).
Botschaft vom 4. März 2011 zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG), BBl 2011 2825 (zit. Botschaft «Totalrevision Bürgerrechtsgesetzes»).
Botschaft vom 4. März 2016 zur Änderung des Ausländergesetzes (Steuerung der Zuwanderung und Vollzugsverbesserungen bei den Freizügigkeitsabkommen), BBl 2016 3007 (zit. Botschaft «Steuerung der Zuwanderung»).
Botschaft vom 4. März 2022 zur Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» und zum indirekten Gegenvorschlag (Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes), BBl 2022 737 (zit. Botschaft «Biodiversitätsinitiative»).
Botschaft vom 4. September 2002 zur Änderung des Asylgesetzes zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung sowie zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, BBl 2002 6845 (zit. Botschaft «Änderung des Asylgesetzes»).
Botschaft vom 5. Juli 2017 zur Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)», BBl 2017 5355 (zit. Botschaft «Selbstbestimmungsinitiative»).
Botschaft vom 7. April 1982 über die Revision der Bürgerrechtsregelung in der Bundesverfassung, BBl 1982 II 125 (zit. Botschaft «Revision der Bürgerrechtsregelung in der Bundesverfassung»).
Botschaft vom 7. Dezember 2012 zur Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung», BBl 2013 291 (zit. Botschaft «Gegen Masseneinwanderung»).
Botschaft vom 7. Juni 2019 zur Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung
(Begrenzungsinitiative)», BBl 2019 5027 (zit. Botschaft «Begrenzungsinitiative»).
Botschaft vom 8. März 2024 zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2025-2028, BBl 2024 900 (zit. Botschaft «Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2025-2028»).
Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 25. September 2005 (Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Staaten und Revision der flankierenden Massnahmen), BBl 2005 6903.
Materialien zum Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 28. Oktober 2011 «Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat» (zit. Materialien zum Bericht «Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat»).
Stellungnahme des Bundesrates vom 29. November 2023 zum Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 12. Oktober 2023 zur Pa. Iv. vom 5. November 2021 (21.504 «Bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Artikel 50 AIG garantieren»), BBl 2023 2851 (zit. Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der SPK-N «Bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Artikel 50 AIG garantieren»).
Vierter Bericht der Schweiz vom 14. Februar 2018 zur Umsetzung des Internationalen Pakts über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (UNO-Pakt I) (zit. Vierter Bericht der Schweiz «Umsetzung UNO-Pakt I»).
Zusatzbericht des Bundesrates vom 30. März 2011 zu seinem Bericht vom 5. März 2010 über das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht, BBl 2011 3613 (zit. Zusatzbericht des Bundesrates «Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht»).
Verzeichnis Internetquellen
ARE: «Revision Raumplanungsgesetz - 1. Etappe (RPG 1)»; www.are.admin.ch > Raumentwicklung & Planung > Raumplanungsrecht > Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG) > Revision RPG 1 (Stand: 3.2.2025).
ARE: «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030»; www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Strategie und Berichterstattung (Stand: 10.10.2024).
ARE: «Verkehrsperspektiven 2050»; www.are.admin.ch > Mobilität > Grundlagen und Daten > Verkehrsperspektiven 2050 (Stand: 28.11.2024).
BAG: «Gesundheit2030»; www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Gesundheit2030 (Stand: 10.10.2024).
BFE: «Energiestrategie 2050»; www.bfe.admin.ch > Politik > Energiestrategie 2050 (Stand: 10.10.2024).
BFS «Eidgenössische Volkszählung (1850-2000)» (VZ); www.bfs.admin.ch > Statistiken > Bevölkerung > Erhebungen (Stand: 12.12.2024).
BFS: «Ausländische Bevölkerung»; www.bfs.admin.ch > Statistiken > Bevölkerung > Migration und Integration (Stand: 1.11.2024).
BFS: «Komponenten der Bevölkerungsentwicklung»; www.bfs.admin.ch > Statistik finden > Bevölkerung > Stand und Entwicklung (Stand: 28.8.2024).
BFS: «Stand und Entwicklung der Bevölkerung der Schweiz»; www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Bevölkerung > Stand und Entwicklung (Stand: 28.8.2024).
BFS: «Statistik der ausländischen Wohnbevölkerung (1991-2009)» (PETRA); www.bfs.admin.ch > Statistiken > Bevölkerung > Erhebungen (Stand: 1.11.2024).
BFS: «Statistik der Bevölkerung und der Haushalte» (STATPOP); www.bfs.admin.ch > Statistiken > Bevölkerung > Erhebungen (Stand: 1.11.2024).
BFS: «Statistik des jährlichen Bevölkerungsstandes (1981-2010)» (ESPOP); www.bfs.admin.ch > Statistiken > Bevölkerung > Erhebungen (Stand: 1.11.2024).
BFS: «Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung»; www.bfs.admin.ch > Statistiken > Volkswirtschaft > Erhebungen (Stand: 1.11.2024).
BK: «Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes: Einschränkung der Sozialhilfeleistungen für Ausländerinnen und Aus-länder aus Drittstaaten»; www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2022 > EJPD (Stand: 5.7.2024).
BK: «Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes: Erleichterung der selbstständigen Erwerbstätigkeit, Berücksichtigung des Lebensmittelpunkts und Zugriffe auf Informationssysteme»; www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > EJPD (Stand: 4.7.2024).
BSV: «Sozialversicherungen 2022, Jahresbericht gemäss Artikel 76 ATSG»; www.bsv.admin.ch > Publikationen & Services > Berichte und Gutachten > Jahresbericht (Stand: 29.8.2024).
BWO: Wohnungsmarkt, «Der Wohnungsmarkt auf einen Blick III/2024»; www.bwo.admin.ch > Wohnungsmarkt > Marktwirtschaftliche Wohnungsversorgung > Der Wohnungsmarkt auf einen Blick (Stand: 6.11.2024).
EDA: «Auslandschweizerstatistik»; www.eda.admin.ch > Leben und Arbeiten im Ausland > Schweizer Staatsangehörige im Ausland > Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer (Stand: 29.11.2024).
EDA: «Liste der Organisationen, mit denen die Schweiz ein Abkommen betreffend Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen abgeschlossen hat»; www.eda.admin.ch/content/dam/eda/de/documents/aussenpolitik/voelkerrecht/DV-liste-abkommen-org_DE_FR_EN.pdf (Stand: 19.3.2024).
EDA: «Praxisleitfaden Völkerrechtliche Verträge»; www.eda.admin.ch > EDA > Publikationen > Direktion für Völkerrecht, Praxisleitfaden Völkerrechtliche Verträge, Ausgabe 2023 (Stand: 5.7.2024).
EKF: «Anwendbarkeit des UN-Frauenrechtsübereinkommens»; www.ekf.admin.ch > Publikationen > CEDAW-Leitfaden für die Rechtspraxis > 3 Die Anwendung von CEDAW in der Schweiz (Stand: 1.12.2024).
Medienmitteilung vom 13. Februar 2024 «Aktionsplan gegen die Wohnungsknappheit»; www.bwo.admin.ch > Das BWO > Medienmitteilungen (Stand: 10.10.2024).
Medienmitteilung vom 15. Mai 2019 «Bundesrat verstärkt die Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials»; www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen (Stand: 31.1.2025).
Medienmitteilung vom 20. Dezember 2024 «Der Bundesrat nimmt Kenntnis vom materiellen Abschluss der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU»; www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen (Stand: 17.1.2025).
Medienmitteilung vom 25. Februar 2022 «Beziehungen zur EU: Der Bundesrat legt Stossrichtung für Verhandlungspaket fest»; www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen (Stand: 3.2.2025).
Medienmitteilung vom 28. August 2024 «Bundesrat klärt seine Haltung zum EGMR-Urteil über den Klimaschutz»; www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen (Stand: 29.8.2024).
Medienmitteilung vom 4. April 2024 «Die Bevölkerung der Schweiz ist 2023 stark gewachsen»; www.bfs.admin.ch > Bundesamt für Statistik > Statistiken (Stand: 26.9.2024).
Medienmitteilung vom 8. März 2024 «Beziehungen Schweiz-EU: Der Bundesrat verabschiedet das endgültige Verhandlungsmandat»; www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen (Stand: 25.9.2024).
Rat der EU: «Beratungsergebnisse betreffend Schlussfolgerungen des Rates zu einem homogenen erweiterten Binnenmarkt und den Beziehungen der EU zu nicht der EU angehörenden westeuropäischen Ländern»; https://data.consilium.europa.eu/doc/ document/ST-16583-2014-INIT/de/pdf (Stand: 3.12.2024).
SECO: «18. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz - EU»; www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Arbeit > Personenfreizügigkeit und Arbeitsbeziehungen > Observatoriumsberichte - Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf den Schweizer Arbeitsmarkt (Stand: 12.9.2024).
SECO: «19. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz - EU»; www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Arbeit > Personenfreizügigkeit und Arbeitsbeziehungen > Observatoriumsberichte - Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf den Schweizer Arbeitsmarkt (Stand: 12.9.2024).
SECO: «Konjunkturtendenzen Frühjahr 2024»; www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Konjunkturtendenzen» > Frühjahr 2024 (Stand: 20.12.2024).
SECO: «Standortförderung und Zuwanderung: Hintergrundbericht (Aktualisierung)»; www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Standortförderung > Studien (Stand: 04.02.2025).
SEM: «Jahresstatistik Zuwanderung 2023»; www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Statistiken> Ausländerstatistik (Stand: 1.11.2024).
SEM: «Kommentierte Asylstatistik 2023»; www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Statistiken > Asylstatistik (Stand: 11.10.2024).
SEM: «Kommentierte Asylstatistik 2024»; www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Statistiken > Asylstatistik (Stand: 15.2.2025).
StrategieDialog 21 «Chancenbarometer 2024»; www.strategiedialog21.ch > Chancenbarometer (Stand: 4.12.2024).
Studie BAK Basel Economics vom November 2015 «Die mittel- und langfristigen Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I auf die Schweizerische Volkswirtschaft»; www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Aussenwirtschaft > Verhältnis zur EU (Stand: 29.8.2024).
Studie Ecoplan vom 1. Juni 2017 «Volkswirtschaftliche Auswirkungen eines Wegfalls der Schengen-Assoziierung der Schweiz»; www.eda.admin.ch > Publikationen > Berichte > Schengen/Dublin (Stand: 29.8.2024).
Studie Ecoplan vom 12. November 2015 «Volkswirtschaftliche Auswirkungen eines
Wegfalls der Bilateralen I, Analyse mit einem Mehrländergleichgewichtsmodell»; www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Aussenwirtschaft > Verhältnis zur EU (Stand: 29.8.2024).
Studie SECO: «Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I»; www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Aussenwirtschaft > Verhältnis zur EU (Stand: 29.8.2024).

Anhang 1

Übersichtstabelle über die in der Botschaft verwendeten Daten

Tabelle vergrössern
open_with
Zitat, Fundstelle Quelle, Herleitung, Annahme Letzte Aktualisierung Bemerkung
Ziff. 2.2.1 Entwicklung der Zuwanderung ZEMIS 2024 Alle Zuwanderungszahlen stammen aus ZEMIS.
BFS «Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung» 2024
SECO «18. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU» 2022
SECO «19. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU» 2023
SEM «Kommentierte Asylstatistik 2024» 2025
Ziff. 2.2.2 Entwicklung des Bevölkerungswachstums BFS «Eidgenössische Volkszählung (1850-2000)» (VZ) 2024 Bevölkerungsentwicklung und -bestand 1900-2023: 1900-2000 VZ, 1981-2010 ESPOP, ab 2011 STATPOP. Entwicklung des Bevölkerungswachstums und internationale Wanderungen 2002-2023: Bis 2010 PETRA & ESPOP, ab 2011 STATPOP.
BFS: «Statistik des jährlichen Bevölkerungsstandes (1981-2010)» (ESPOP) 2024
BFS: «Statistik der Bevölkerung und der Haushalte» (STATPOP) 2024
BFS «Statistik der ausländischen Wohnbevölkerung (1991-2009)» (PETRA) 2024
BFS «Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung» (Veröffentlichung am 15. April 2025) 2025
EDA «Auslandschweizerstatistik» 2024
Ziff 2.4 Auswirkungen der Zuwanderung seit Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU und in der EFTA SECO «19. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU» 2023
SECO: «Konjunkturtendenzen Frühjahr 2024» 2024
Favre, Föllmi, Zweimüller «Migration und Sozialversicherungen, Eine Betrachtung der ersten Säule und der Familienzulagen» 2023
Ziff. 3.3.3 Bevölkerungswachstumstreibende Internationale Übereinkommen ZEMIS Siehe Anhang 2 2024 Der errechnete Durchschnittswert wird als Schätzung für die Folgejahre verwendet.
Ziff. 4.2.1 Wegfall des FZA SECO «19. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU» 2023
Ziff. 4.2.1 Gefährdung der Bilateralen I Studie BAK Basel Economics vom November 2015 «Die mittel- und langfristigen Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I auf die Schweizerische Volkswirtschaft» 2015
Studie Ecoplan vom 12. November 2015 «Volkswirtschaftliche Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I, Analyse mit einem Mehrländergleichgewichtsmodell» 2015
Bericht des SECO «Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I» 2015
Ziff. 4.2.1 Gefährdung der Bilateralen II Bericht des Bundesrates «Auswirkungen der Schengen-Assoziierung» 2018
Schlussbericht Ecoplan vom 1. Juni 2017 «Volkswirtschaftliche Auswirkungen eines Wegfalls der Schengen-Assoziierung der Schweiz» 2017

Anhang 2

Herleitung der in der Botschaft verwendeten Daten, die sich auf das Recht auf Achtung des Familienlebens, auf das Non-Refoulement-Prinzip und die Verpflichtung zum Schutz der Opfer von Menschenhandel und häuslicher Gewalt berufen können

Asylgewährung und vorläufig aufgenommene Flüchtlinge

-
Anzahl der ausländischen Personen, denen originär Asyl gewährt wurde und gestützt hierauf erstmalig eine Aufenthaltsbewilligung erhalten haben (Art. 60 Abs. 1 AsylG);
-
Anzahl der ausländischen Personen, bei denen Asylausschlussgründe nach Artikel 53 und 54 AsylG vorliegen und gestützt hierauf vorläufig aufgenommen wurden (Art. 83 Abs. 8 AIG).
Tabelle vergrössern
open_with
Jahr Art. 60 Abs. 1 AsylG Art. 83 Abs. 8 AIG
2014 3300 2494
2015 3155 2534
2016 2866 1735
2017 2789 966
2018 2228 1012
2019 1548 800
2020 1892 785
2021 1590 660
2022 1386 547
2023 2201 559
(Stand am 4.7.2024; Quelle : ZEMIS)

Familiennachzug

-
EU/EFTA-Staatsangehörige, die in der Schweiz das Aufenthaltsrecht erworben haben, haben gestützt auf das FZA auch das Recht, ihre Familienangehörigen nachzuziehen (siehe Ziff. 2.1.3);
-
Die Anforderungen für den Familiennachzug zu Schweizerinnen und Schweizern und für den Familiennachzug durch ausländische Personen mit Niederlassungsbewilligung oder mit einer Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung sind in den Artikeln 42-52 AIG geregelt (siehe Ziff. 3.3.2);
-
Grundsätzlich kommt beim Familiennachzug von Schweizerinnen und Schweizern Artikel 42 AIG zur Anwendung. Wenn Schweizerinnen und Schweizer von ihrem Recht auf Personenfreizügigkeit Gebrauch gemacht haben, können sich ihre Familienangehörigen unter bestimmten Voraussetzungen und unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit ebenfalls auf die Bestimmungen des FZA berufen. Dies ist dann der Fall, wenn Schweizer Staatsangehörige sich in der Schweiz niederlassen, nachdem sie in einem EU/EFTA-Staat gelebt haben. Die familiäre Beziehung zwischen dem Schweizer Staatsangehörigen und dem betreffenden Familienangehörigen muss bereits im Aufnahmestaat der EU/EFTA bestanden haben oder zumindest gefestigt worden sein, bevor der Wohnsitz in der Schweiz begründet wurde.
Tabelle vergrössern
open_with
Jahr Familiennachzug zu Ausländerinnen und Ausländern Familiennachzug zu Schweizerinnen und Schweizern Total Familiennachzug
Grundlage AIG Grundlage FZA Total
2014 8547 28 479 37 026 8690 45 716
2015 8779 28 799 37 578 9017 46 595
2016 8745 27 017 35 762 9047 44 836
2017 8288 25 656 33 944 8471 42 415
2018 8275 25 949 34 224 8412 42 636
2019 7220 24 976 32 196 8001 40 197
2020 6372 24 738 31 110 7168 38 278
2021 8116 24 384 32 500 7554 40 054
2022 8613 27 325 35 938 7088 43 026
2023 8220 30 080 39 325 6956 46 281
(Stand am 31.10.2024; Quelle: ZEMIS)

Aufenthaltsbewilligung für Opfer und Zeuginnen und Zeugen von Menschenhandel sowie ehelicher Gewalt

-
Anzahl der ausländischen Personen, die nach Abschluss eines Gerichtsverfahrens im Rahmen einer Härtefallbewilligung erstmalig eine Aufenthaltsbewilligung erhalten (Art. 30 Abs. 1 Bst. e AIG i. V. m Art. 36 Abs. 2 VZAE);
-
Anzahl der ausländischen Personen, die erstmalig eine Aufenthaltsbewilligung infolge ehelicher Gewalt erhalten (Art. 50 Abs. 2 AIG).
Tabelle vergrössern
open_with
Jahr Art. 30 Abs. 1 Bst. e i. V. m Art. 36 Abs. 2 VZAE ¹67 Art. 50 Abs. 2 AIG
2014 - 14
2015 - 86
2016 - 86
2017 - 77
2018 - 64
2019 - 15
2020 18 30
2021 22 59
2022 11 53
2023 27 44
(Stand am 4.7.2024; Quelle: ZEMIS)
¹67 Diese Zahlen ergeben sich aus einer Umfrage bei den Kantonen.

Anhang 3

Erläuterungen zu den Übereinkommen, die von der Umsetzung der Massnahmen gemäss der Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 15 Abs. 1 fünfter Satz) grundsätzlich nicht betroffen sind

Übereinkommen betreffend Vorrechte und Immunitäten und Sitzabkommen mit internationalen Organisationen
Das WÜD wurde von der Bundesversammlung am 21. Juni 1963 genehmigt und trat am 24. April 1964 für die Schweiz in Kraft. Das WÜK wurde von der Bundesversammlung am 18. Dezember 1964 genehmigt und trat am 19. März 1967 für die Schweiz in Kraft. Diese Verträge sind eine Kodifizierung des Völkergewohnheitsrechts und haben universelle Geltung. Sie regeln den gesamten Status der betroffenen Personen, der über den reinen Aufenthalt hinausgeht. Sie gelten auch für die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Schweiz im Ausland, ihr Personal und ihre Familienangehörigen. Aus den Verpflichtungen des WÜD und des WÜK ist die Schweiz grundsätzlich gehalten, den Angehörigen von ausländischen Vertretungen (Botschaften, ständige Vertretungen und Konsulate) und deren Familienangehörigen für die Dauer der offiziellen Tätigkeiten die Einreise und den Aufenthalt zu gestatten. Die Zulassungsvoraussetzungen des nationalen Ausländerrechts gelten nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die unter das WÜD und das WÜK fallen. Ihre Einreise und ihr Aufenthalt richten sich nach dem GSG. ¹68
Der Status von Beamtinnen und Beamten der in der Schweiz niedergelassenen internationalen Organisationen und deren Familienangehörigen bestimmt sich nach den entsprechenden Sitzabkommen. ¹69 Daraus ergibt sich das Recht der internationalen Organisationen, die Mitglieder ihres Personals frei zu wählen. Aufgrund des turnusmässigen Personalwechsels kommt es allerdings zu keiner nennenswerten Erhöhung der Zuwanderung. Diese Personen haben kein individuelles Recht, nach dem Ende ihrer offiziellen Funktionen in der Schweiz zu bleiben. Gegebenenfalls können sie einen Antrag auf einen Aufenthalt stellen, müssen aber die Bedingungen erfüllen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung im nationalen Ausländerrecht festgelegt sind.
GATS und Freihandelsabkommen
Das GATS wurde von der Bundesversammlung am 16. Dezember 1994 genehmigt und trat am 1. Juli 1995 für die Schweiz in Kraft. Es regelt den Handel mit Dienstleistungen auf multilateraler Ebene. Die Verpflichtungen der Schweiz im Bereich der Dienstleistungserbringung durch ausländische natürliche Personen gelten ausschliesslich für befristete Einsätze von bestimmtem hochqualifiziertem Personal von ausländisch beherrschten Unternehmen, namentlich firmeninterne Transfers von Führungskräften und hochqualifizierten Spezialistinnen und Spezialisten ausländischer Dienstleistungsunternehmen mit Niederlassung in der Schweiz für drei Jahre (max. 4 Jahre), oder Geschäftsreisende (für die Gründung einer Niederlassung oder den Abschluss von Dienstleistungsverträgen) sowie die Dienstleistungserbringung im Rahmen befristeter Dienstleistungsverträge (max. drei Monate pro Jahr). 17⁰ Die Schweiz hat ferner bilateral oder im Rahmen der EFTA Freihandelsabkommen abgeschlossen, die den Handel mit Dienstleistungen regeln. Die Verpflichtungen in Bezug auf die Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen stehen im Einklang mit der geltenden migrations- und arbeitsrechtlichen Gesetzgebung der Schweiz und beschränken sich, wie im GATS, auf befristete Aufenthalte einer eng definierten Kategorie von hochqualifizierten Personen.
Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die Mobilität von Dienstleistungserbringern
Das befristete Abkommen über die Mobilität von Dienstleistungserbringern (Services Mobility Agreement) zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich sichert seit dem 1. Januar 2021 Dienstleistungserbringern aus dem Vereinigten Königreich einen erleichterten Zugang bis 90 Tage pro Jahr.
Investitionsschutzabkommen
Die Schweiz verfügt über ein Vertragsnetz von über 100 bilateralen Investitionsschutzabkommen, die zurzeit in Kraft sind. In Ergänzung zum nationalen Recht des Gaststaates gewähren sie Investorinnen und Investoren zusätzliche Rechtssicherheit und Schutz vor politischen Risiken. Praktisch alle Investitionsschutzabkommen sehen unter anderem vor, dass eine Vertragspartei nach der Zulassung einer Investition auf ihrem Hoheitsgebiet, in Übereinstimmung mit den nationalen Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften, alle erforderlichen Bewilligungen oder Genehmigungen erteilt, die für die Tätigkeit der von der Investorin oder vom Investor ausgewählten Führungskräfte und des technischen Personals erforderlich sind.
Übereinkommen im Bereich der Migration
Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die wohlerworbenen Rechte
Das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die wohlerworbenen Rechte regelt die Rechte und Ansprüche jener britischen Staatsangehörigen, die vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU in die Schweiz eingereist sind. Britische Staatsangehörige, die im Rahmen des FZA keine Rechte erworben haben und die nach dem 31. Dezember 2020 in die Schweiz einreisen, können daraus keine Ansprüche im Bereich Zuwanderung oder Arbeitsmigration geltend machen. Für britische Staatsangehörige, die nach dem 1. Januar 2021 in die Schweiz eingereist sind, gilt das nationale Ausländerrecht.
Dublin-Assoziierungsabkommen
Die Schweiz ist gestützt auf das DAA seit dem 12. Dezember 2008 operativ an der Dubliner Zusammenarbeit beteiligt. Die Dublin-Regeln (aktuell in der Dublin-III-Verordnung geregelt) legen fest, welcher Vertragsstaat für die Prüfung eines im Hoheitsgebiet der Dublin-Staaten gestellten Asylgesuchs zuständig ist. Stellt eine Person in der Schweiz ein Asylgesuch, für dessen Prüfung ein anderer Dublin-Staat zuständig ist, überstellt die Schweiz diese Person nach den Bestimmungen im Dublin-Bereich in diesen Staat. Im Gegenzug werden Personen von anderen Dublin-Staaten in die Schweiz überstellt, wenn diese für die Prüfung eines Asylgesuchs zuständig ist. Die Dubliner Regeln sehen nur ein Zuständigkeitssystem zur Prüfung von Asylgesuchen vor und regeln nicht den allfälligen Aufenthaltsstatus einer Person. Da die Schweiz kein typischer Erstasylgesuchsstaat ist, kann sie mehr Personen im Rahmen von Dublin rücküberstellen, als sie von anderen Dublin-Staaten übernehmen muss. Das Abkommen wirkt sich auf das Bevölkerungswachstum in der Tendenz reduzierend aus.
Grenzgängerabkommen
Die von der Schweiz mit ihren Nachbarländern abgeschlossenen Grenzgängerabkommen regeln die Erwerbstätigkeit von Personen, die innerhalb der Grenzzone eines Nachbarstaates wohnen und in einer Grenzzone der Schweiz erwerbstätig sind. Sie legen unter anderem die Grenzzonen und die Rückkehrpflicht an den Wohnort fest. Gestützt auf die Grenzgängerabkommen erfolgt keine Zuwanderung in die Schweiz.
Migrationspartnerschaften
Die von der Schweiz abgeschlossenen Migrationspartnerschaften sind bilaterale Absichtserklärungen zur verstärkten Zusammenarbeit im Migrationsbereich, die einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen den beteiligten Staaten anstreben. 17¹ Gestützt auf die Migrationspartnerschaften erfolgt keine Zuwanderung in die Schweiz.
Niederlassungsverträge
Die von der Schweiz abgeschlossenen Niederlassungsverträge stammen grösstenteils aus dem 19. Jahrhundert. Staatsangehörige der Vertragsparteien konnten sich bis zum Ersten Weltkrieg gestützt auf diese Niederlassungsverträge ohne Einschränkung in der Schweiz niederlassen. ¹72 Aus den bestehenden Niederlassungsverträgen lässt sich heute kein Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung mehr herleiten.
Niederlassungsvereinbarungen
Die von der Schweiz abgeschlossenen Niederlassungsvereinbarungen verleihen den Angehörigen der Vertragsparteien nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren einen Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung (Abweichung von der Kann-Bestimmung von Art. 34 Abs. 2 AIG). Im Zeitraum 2014-2023 lag die Zahl der erteilten Niederlassungsbewilligungen gestützt auf die Niederlassungsvereinbarungen im mittleren vierstelligen Bereich. Aus den Niederlassungsvereinbarungen können keine unmittelbaren Ansprüche im Bereich der Zuwanderung geltend gemacht werden.
Rahmenvertrag mit dem Fürstentum Liechtenstein
Der Rahmenvertrag mit Liechtenstein trat am 19. Dezember 2011 in Kraft und aktualisierte die bilateralen Regelungen betreffend beiderseitige Staatsangehörige sowie Ausländerinnen und Ausländer in Zusammenhang mit dem Beitritt der beiden Länder zu Schengen/Dublin. In Ausführung des Rahmenvertrags mit Liechtenstein haben die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich des Aufenthalts, eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich des Visumverfahrens und der Einreise sowie eine Vereinbarung über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum abgeschlossen.
Rekrutierungsabkommen
Die von der Schweiz abgeschlossenen Rekrutierungsabkommen bestätigen den Grundsatz der privaten Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte. Sie regeln die Anwerbung, die Übernahme der Reisekosten, die Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie Sozialmassnahmen. Ihnen kommt wegen dem FZA kaum mehr Bedeutung zu. ¹73
Rückübernahmeabkommen und Abkommen über die Zusammenarbeit im Migrationsbereich
Die Rückübernahmeabkommen, welche die Schweiz mit anderen Staaten abgeschlossen hat, regeln die Rückübernahme durch den Herkunftsstaat. Die von der Schweiz abgeschlossenen Abkommen über die Zusammenarbeit im Migrationsbereich gehen über die Rückübernahmeabkommen hinaus. Neben den Modalitäten der Rückübernahme von Personen mit irregulärem Aufenthaltsstatus regeln sie auch die Zusammenarbeit im Bereich der Migrationssteuerung. Die Rückübernahmeabkommen und die Abkommen über die Zusammenarbeit im Migrationsbereich stellen keine verpflichtenden Vereinbarungen dar, aus denen unmittelbare Ansprüche im Bereich der Zuwanderung geltend gemacht werden können.
Schengen-Assoziierungsabkommen
Die Schweiz beteiligt sich seit dem 12. Dezember 2008 gestützt auf das SAA an der Schengener Zusammenarbeit. ¹74 Das SAA gewährleistet der Schweiz die Beteiligung an der Schengener Zusammenarbeit, enthält aber die Pflicht, Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands grundsätzlich zu übernehmen. Seit der Unterzeichnung des SAA wurden der Schweiz 488 solche Weiterentwicklungen notifiziert (Stand November 2024). Rund zwei Drittel dieser Schengen-Weiterentwicklungen betreffen den Migrationsbereich. Drittstaatsangehörige mit einem Schengen-Visum (falls sie ein solches benötigen) können während höchstens dreier Monate innerhalb von sechs Monaten frei im Schengen-Raum reisen. ¹75 Der Schengen-Besitzstand gewährt keinen Anspruch auf einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten und ist somit von der Anwendung der in der Initiative vorgesehenen Massnahmen nicht betroffen.
Stagiaires-Abkommen
Die von der Schweiz abgeschlossenen Stagiaires-Abkommen dienen dem kulturellen Austausch sowie der beruflichen Weiterbildung und dem Spracherwerb. Jedes der Stagiaires-Abkommen sieht ein jährliches Kontingent für die Anzahl Stagiaires aus dem Partnerstaat vor. Die Kontingentszahlen bewegen sich pro Abkommen zwischen 20 und 500 und werden unabhängig von der Arbeitsmarktlage des Gaststaates erteilt. Die Stagiaires-Abkommen mit den EU/EFTA-Staaten werden heute aufgrund der besseren Bedingungen des FZA zwischen der Schweiz und der EU nicht mehr angewendet, weshalb die Abkommen mit Drittstaaten massgebend sind. Etwa die Hälfte der ausländischen Stagiaires verbleibt länger als ein Jahr in der Schweiz, jedoch während maximal 18 Monaten. Im Zeitraum 2014-2023 lag die Zahl der erteilten Aufenthaltsbewilligungen für 18 Monate oder der Verlängerungen auf 18 Monate im unteren dreistelligen Bereich. ¹76 Nach 18 Monaten müssen die Stagiaires ausreisen und werden durch neu zugelassene Personen im Rahmen der Kontingentszahlen ersetzt. Die Stagiaires-Abkommen gewähren keinen unmittelbaren Anspruch auf einen Aufenthalt.
Visumbefreiungs- und Visumerleichterungsabkommen
Um eine einheitliche Visumerteilung im Schengen-Raum zu gewährleisten, schliesst die Schweiz Visumbefreiungs- und Visumerleichterungsabkommen mit Staaten ab, die bereits entsprechende Abkommen mit der EU abgeschlossen haben. Die Visumbefreiungs- und Visumerleichterungsabkommen gewähren keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt.
Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte
Staatenlosenübereinkommen
Das Staatenlosenübereinkommen wurde von der Bundesversammlung am 27. April 1972 genehmigt und trat am 1. Oktober 1972 für die Schweiz in Kraft. Es verpflichtet die Vertragsstaaten, die Einbürgerung von Staatenlosen zu fördern. Gestützt auf die Staatenlosenübereinkommen erfolgt keine Zuwanderung in die Schweiz.
Übereinkommen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit
Das Übereinkommen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit wurde von der Bundesversammlung am 26. September 1989 genehmigt und trat am 18. Juni 1992 für die Schweiz in Kraft. Es sieht unter anderem vor, dass ein Kind von Geburt an die Staatsangehörigkeit der Mutter erhält, wenn der Vater rechtlich staatenlos oder Flüchtling ist. ¹77 Mit der Revision des BüG vom 14. Dezember 1984, in Kraft seit 1. Juli 1985, erwirbt ein Kind das Schweizer Bürgerrecht, wenn mindestens ein Elternteil Schweizerin oder Schweizer ist (Art. 1 BüG). ¹78 Gestützt auf das Übereinkommen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit erfolgt keine Zuwanderung in die Schweiz.
UNO-Pakt I
Der UNO-Pakt I wurde von der Bundesversammlung am 13. Dezember 1991 genehmigt und trat am 18. September 1992 für die Schweiz in Kraft. Die im UNO-Pakt I aufgeführten Rechte betreffen die Wirtschaft (z. B. Recht auf Arbeit sowie auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen), die Sozialpolitik (z. B. Recht auf soziale Sicherheit, Recht auf Gesundheit) und die Kultur (z. B. Recht auf Bildung). Das Bundesgericht hat seit 2008 seine Praxis bestätigt, wonach der UNO-Pakt I grundsätzlich keine direkt anwendbaren Individualgarantien enthält, sondern programmatischen Charakter hat. ¹79
UN-Frauenrechtsübereinkommen
Das UN-Frauenrechtsübereinkommen wurde von der Bundesversammlung am 4. Oktober 1996 genehmigt und trat am 26. April 1997 für die Schweiz in Kraft. Es schützt ausdrücklich Frauen vor Diskriminierung, insbesondere in Situationen, in denen sie Schutz benötigen. 18⁰ Das Fakultativprotokoll von 1999 zum UN-Frauenrechtsübereinkommen wurde von der Bundesversammlung am 20. März 2008 genehmigt und trat am 29. Dezember 2008 für die Schweiz in Kraft. Personen, die geltend machen, Opfer einer Verletzung einer Garantie des Übereinkommens zu sein, können nach Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsmittel mittels Individualmitteilung an den UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau gelangen. 18¹ Das Bundesgericht hat bis jetzt aus dem UN-Frauenrechtsübereinkommen keine direkt anwendbaren Ansprüche abgeleitet. ¹82
¹68 Kraege, Maurer 2022, N 6.45.
¹69 EDA: «Liste der Organisationen, mit denen die Schweiz ein Abkommen betreffend Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen abgeschlossen hat».
17⁰ Achermann, Caroni 2022, N 7.25.
17¹ Bericht des Bundesrates «Migrationspartnerschaften», S. 6-7.
¹72 Botschaft «Gegen Masseneinwanderung», BBl 2013 291 Ziff. 4. 4.4 .
¹73 Achermann, Caroni 2022, N 7.14.
¹74 Bericht des Bundesrates «Auswirkungen der Schengen-Assoziierung», S. 3.
¹75 Botschaft «Gegen Masseneinwanderung», BBl 2013 291 Ziff. 4. 4.8 .
¹76 Botschaft «Gegen Masseneinwanderung», BBl 2013 291 Ziff. 4. 4.5 ; Bericht der DV «Auswirkungen Art. 121 a und Art. 197 Ziff. 9», Ziff. 3 Bst. b.
¹77 Botschaft «Zivilstandswesen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit», BBl 1987 III 344 Ziff. 1.
¹78 Botschaft «Bürgerrecht der Kinder eines schweizerischen Elternteils», BBl 1984 II 211 Ziff. 2. 1 .
¹79 Vierter Bericht der Schweiz «Umsetzung UNO-Pakt I», S. 5, 79 und 87.
18⁰ Schläppi, Ulrich, Wyttenach 2015, N 29 f.
18¹ Schweizer 2023, S. 83 ff.
¹82 EKF «Anwendbarkeit des UN-Frauenrechtsübereinkommens».

Anhang 4

Verzeichnis internationaler Übereinkommen im Bereich der Migration

Das Verzeichnis berücksichtigt den Stand der Übereinkommen bis Ende November 2024.
Niederlassungsverträge
-
siehe: www.sem.admin.ch > Internationales & Rückkehr > Schweizerische Migrationsaussenpolitik > Abkommen > Niederlassungsverträge (Stand: 2.12.2024)
Niederlassungsvereinbarungen
-
siehe: www.sem.admin.ch > Internationales & Rückkehr > Schweizerische Migrationsaussenpolitik > Abkommen > Niederlassungsvereinbarungen (Stand: 2.12.2024)
Rekrutierungsabkommen
-
Italien (SR 0.142.114.548 )
-
Spanien (SR 0.142.113.328 )
Abkommen über den Austausch junger Berufsleute (Stagiaires-Abkommen)
-
Argentinien (SR 0.142.111.547 )
-
Australien (1991): Vereinbarung über den Austausch von Stagiaires zwischen der Schweiz und Australien - Vereinbarung zwischen dem Schweizerischen Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit und dem Australischen Departement of Employment, Education and Training betreffend den Austausch von Stagiaires (Trainees) zwischen der Schweiz und Australien
-
Belgien (SR 0.142.111.727 )
-
Brasilien ( Dieses Abkommen ist nicht in Kraft . )
-
Bulgarien (SR 0.142.112.147 )
-
Chile (SR 0.142.112.457 )
-
Dänemark (SR 0.142.113.147 )
-
Finnland (SR 0.142.113.457 )
-
Frankreich (SR 0.142.113.497 )
-
Indonesien (SR 0.142.114.277 )
-
Irland (SR 0.142.114.417 )
-
Italien (SR 0.142.114.544 )
-
Japan (SR 0.142.114.637 )
-
Kanada (SR 0.142.112.327 )
-
Luxemburg (SR 0.142.115.187 )
-
Monaco (SR 0.142.115.677 )
-
Neuseeland (SR 0.142.116.147 )
-
Niederlanden (SR 0.142.116.367 )
-
Norwegen (SR 0.142.115.987 )
-
Österreich (SR 0.142.111.637 )
-
Philippinen (SR 0.142.116.457 )
-
Polen (SR 0.142.116.497 )
-
Portugal (SR 0.142.116.547 )
-
Rumänien (SR 0.142.116.637 )
-
Russland (SR 0.142.116.657 )
-
Schweden (SR 0.142.117.147 )
-
Slowakei (SR 0.142.116.907 )
-
Spanien (SR 0.142.113.327 )
-
Südafrika (SR 0.142.111.187 )
-
Tschechische Republik (SR 0.142.117.437 )
-
Tunesien (SR 0.142.117.587 )
-
Ukraine (SR 0.142.117.677 )
-
Ungarn (SR 0.142.114.187 )
-
USA ( Briefwechsel; nicht publiziert )
Migrationspartnerschaften
-
siehe: www.sem.admin.ch > Internationales & Rückkehr > Schweizerische Migrationsaussenpolitik > Abkommen > Migrationspartnerschaften > (Stand: 2.12.2024)
Migrationsabkommen
-
siehe: www.sem.admin.ch > Internationales & Rückkehr > Schweizerische Migrationsaussenpolitik > Abkommen > Migrationszusammenarbeit (Stand: 2.12.2024)
Abkommen über Grenzgängerinnen und Grenzgänger
-
Deutschland (SR 0.631.256.913.631 )
-
Frankreich (SR 0.631.256.934.91 und SR 0.142.113.498)
-
Italien ( nicht publiziertes Abkommen )
-
Österreich (SR 0.631.256.916.33 )
Visumbefreiungsabkommen für Diplomatenpässe
-
siehe: www.sem.admin.ch > Internationales & Rückkehr > Schweizerische Migrationsaussenpolitik > Abkommen > Visumbefreiung für Diplomatenpässe (Stand: 2.12.2024)
Visumbefreiungsabkommen für gewöhnliche Pässe
-
siehe: www.sem.admin.ch > Internationales & Rückkehr > Schweizerische Migrationsaussenpolitik > Abkommen > Visumbefreiung für gewöhnliche Pässe (Stand: 2.12.2024)
Visumerleichterungsabkommen
-
siehe: www.sem.admin.ch > Internationales & Rückkehr > Schweizerische Migrationsaussenpolitik > Abkommen > Visumerleichterung (Stand: 2.12.2024)
Rückübernahmeabkommen
-
siehe: www.sem.admin.ch > Internationales & Rückkehr > Schweizerische Migrationsaussenpolitik > Abkommen > Rückübernahmeabkommen (Stand: 2.12.2024)
Bilaterale Dublin-Vereinbarungen
-
Frankreich (SR 0.142.392.681.349 )
-
Österreich (SR 0.142.392.681.163 )
-
Liechtenstein (SR 0.142.395.141.1 )
Weitere Abkommen
-
Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die wohlerworbenen Rechte (SR 0.142.113.67)
Bundesrecht
Botschaft zur Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)»
keyboard_arrow_up
Markierungen
Leseansicht