Botschaft zur Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Nidwalden, Zug, Solothurn, Schaffhausen und Genf
Botschaft zur Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Nidwalden, Zug, Solothurn, Schaffhausen und Genf
vom 21. Mai 2025
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem einfachen Bundesbeschluss über die Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Nidwalden, Zug, Solothurn, Schaffhausen und Genf ¹ .
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
| 21. Mai 2025 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Karin Keller-Sutter Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Übersicht
Der Bundesversammlung wird beantragt, mit einfachem Bundesbeschluss Änderungen in den Verfassungen der Kantone Nidwalden, Zug, Solothurn, Schaffhausen und Genf zu gewährleisten. Alle Änderungen sind bundesrechtskonform. Die Gewährleistung ist somit zu erteilen.
Nach Artikel 51 Absatz 1 der Bundesverfassung gibt sich jeder Kanton eine demokratische Verfassung. Diese bedarf der Zustimmung des Volkes und muss revidiert werden können, wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten es verlangt. Nach Absatz 2 des gleichen Artikels bedürfen die Kantonsverfassungen der Gewährleistung des Bundes. Steht eine kantonale Verfassungsbestimmung im Einklang mit dem Bundesrecht, so ist die Gewährleistung zu erteilen; erfüllt sie diese Voraussetzung nicht, so ist die Gewährleistung zu verweigern.
Die vorliegenden Verfassungsänderungen haben zum Gegenstand:
im Kanton Nidwalden:
-
die Organisation und Verwaltung der Gemeinden;
im Kanton Zug:
-
die Offenlegung der Politikfinanzierung;
im Kanton Solothurn:
-
die Zuständigkeit zur Anstellung der Staatsschreiberin oder des Staatsschreibers und ihrer oder seiner Stellvertretung;
-
die Solothurnische Gebäudeversicherung;
im Kanton Schaffhausen:
-
die Offenlegung der Politikfinanzierung;
im Kanton Genf:
-
das Verbot von Hasssymbolen im öffentlichen Raum.
Botschaft
¹ BBl 2025 1708
1 Die einzelnen Revisionen
1.1 Verfassung des Kantons Nidwalden
1.1.1 Volksabstimmung vom 22. September 2024
Die Stimmberechtigten des Kantons Nidwalden haben in der Volksabstimmung vom 22. September 2024 verschiedenen Änderungen der Verfassung des Kantons Nidwalden vom 10. Oktober 1965 ² (KV-NW) betreffend die Organisation und Verwaltung der Gemeinden mit 11 786 Ja gegen 2548 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 3. Oktober 2024 ersucht die Staatskanzlei um die eidgenössische Gewährleistung.
² SR 131.216.2
1.1.2 Organisation und Verwaltung der Gemeinden
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| Bisheriger Text | Neuer Text | |
|---|---|---|
| Art. 50 Ausübung des Stimm- und Wahlrechts [Marginalie] ² Sie [Die Aktivbürgerinnen und -bürger] können ihre Stimme persönlich an der Urne oder brieflich abgeben. | Art. 50 Abs. 2 Aufgehoben | |
| Art. 71 Aufgaben [Marginalie]² Sie [Die Gemeinden] sind im Rahmen der Gesetzgebung befugt:1. die eigene Organisation frei zu bestimmen und ihre Behörden, Beamten und Angestellten selbst zu wählen; | Art. 71 Abs. 2 Ziff. 1 ² Sie sind im Rahmen der Gesetzgebung befugt:1. die eigene Organisation frei zu bestimmen und ihre Behörden sowie Mitarbeitenden selbst zu wählen; | |
| Art. 75 Durchführung [Marginalie] ² Ausserordentliche Gemeindeversammlungen sind einzuberufen, wenn es der administrative Rat beschliesst, oder wenn es ein Zwanzigstel der Stimmberechtigten unter Nennung der zu behandelnden Gegenstände verlangt; im letzten Fall hat die Gemeindeversammlung binnen dreier Monate stattzufinden. | Art. 75 Abs. 2 ² Ausserordentliche Gemeindeversammlungen sind einzuberufen, wenn es der administrative Rat beschliesst, oder wenn es ein Zwanzigstel der Stimmberechtigten unter Nennung der zu behandelnden Gegenstände schriftlich verlangt; im letzten Fall hat die Gemeindeversammlung binnen vier Monaten stattzufinden. | |
| Art. 76 Obligatorische Abstimmung [Marginalie]In die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung fallen:1. der Erlass von Verordnungen und Reglementen, soweit hiezu nicht durch die Gesetzgebung oder durch Beschluss der Gemeindeversammlung der administrative Rat zuständig erklärt wird;2. die Wahl der Behörden und der nach Massgabe der Gesetzgebung von der Gemeindeversammlung zu wählenden Beamten; es steht den Gemeinden frei, die Wahl für die administrativen Räte und die Rechnungsrevisoren so festzulegen, dass alle zwei Jahre die Hälfte der Mandatsinhaber zu wählen ist;3. die Festsetzung des Gemeindesteueransatzes;5. die Festsetzung des jährlichen Voranschlages; | Art. 76 Ziff. 1-3 und 5 In die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung fallen:1. der Erlass der Gemeindeordnung und der Reglemente;2. die Wahl der Behörden und der gemäss der Gesetzgebung von der Gemeindeversammlung zu wählenden Mitarbeitenden; es steht den Gemeinden frei, die Wahl für den administrativen Rat und die für die Rechnungsrevision zuständige Kommission so festzulegen, dass alle zwei Jahre die Hälfte der Mitglieder zu wählen ist;3. die Festsetzung des Gemeindesteuerfusses;5. die Festsetzung des jährlichen Budgets; | |
| Art. 77 Fakultative Abstimmung [Marginalie] ¹ Der Gemeindeversammlung sind die vom administrativen Rat erlassenen oder abgeänderten Verordnungen und Reglemente zu unterbreiten, wenn es binnen zweier Monate seit der Veröffentlichung des Erlasses von einem Zwanzigstel der Stimmberechtigten verlangt wird. ² Die Abstimmung ist an der nächsten Gemeindeversammlung durchzuführen. | Art. 77 Aufgehoben | |
| Art. 78 Antragsrecht [Marginalie]³ Anträge können stellen:1. jeder Aktivbürger, jede Kommission und der administrative Rat der zuständigen Gemeinde; | Art. 78 Abs. 1a und 3 Ziff. 1 ¹a Das Gesetz kann die Verlängerung dieser Frist vorsehen.³ Anträge können stellen:1. jede Aktivbürgerin und jeder Aktivbürger, jede Kommission und der administrative Rat der zuständigen Gemeinde; | |
| Art. 81 Zusammensetzung [Marginalie] ² Aus dessen Mitte wählt die Gemeindeversammlung auf eine Amtsdauer von zwei Jahren den Präsidenten und den Vizepräsidenten. | Art. 81 Abs. 2 ² Aus dessen Mitte wählt die Gemeindeversammlung das Präsidium und das Vizepräsidium. Das Gesetz regelt die Amtsdauer. | |
| Art. 82 Verordnungsbefugnisse [Marginalie]Der administrative Rat erlässt unter Vorbehalt von Artikel 77:1. Verordnungen und Reglemente, zu denen er durch die Gesetzgebung oder durch Beschluss der Gemeindeversammlung zuständig erklärt wird;2. Reglemente in nebengeordneten Fragen im Rahmen von Artikel 83 Ziffer 7. | Art. 82 einziger Absatz Der administrative Rat erlässt Verordnungen, zu denen er durch die Gesetzgebung zuständig erklärt wird. | |
| Art. 83 Verwaltungsbefugnisse [Marginalie]² Er [Der administrative Rat] ist, unter Vorbehalt von Artikel 80, namentlich befugt und beauftragt:4. die Beamten und die Angestellten zu wählen, soweit deren Wahl nicht durch die Gesetzgebung einer andern Instanz übertragen ist;9. Ausgaben für den Unterhalt der im Besitz der Gemeinde stehenden Gebäude und Anlagen ohne Rücksicht auf Ziffer 7 zu beschliessen. | Art. 83 Abs. 2 Ziff. 4 und 9 ² Er ist, unter Vorbehalt von Artikel 80, namentlich befugt und beauftragt:4. die Mitarbeitenden zu wählen, soweit deren Wahl nicht durch die Gesetzgebung einer anderen Instanz übertragen ist;9. Aufgehoben |
Die Revision des Nidwaldner Gemeindegesetzes erfordert die vorgängige Änderung der KV-NW. Zu den wichtigsten Neuerungen der Verfassungsänderung gehören: ³ die Verlängerung der Frist zur Einberufung einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung von drei auf vier Monate (Art. 75 KV-NW), die Aufhebung des fakultativen Referendums gegen die vom administrativen Rat erlassenen Verordnungen und Reglemente (Art. 77 und 82 KV-NW), die Möglichkeit, im Gesetz die Verlängerung der Frist vorzusehen, innerhalb derer der Gemeindeversammlung in Fällen, da eine allgemeine Anregung zum Beschluss erhoben wird, eine ausgearbeitete Vorlage unterbreitet werden muss (Art. 78 KV-NW), die Möglichkeit, im Gesetz die Verlängerung der Amtsdauer des Präsidiums und des Vizepräsidiums des administrativen Rates von zwei auf vier Jahre vorzusehen (Art. 81 KV-NW), und eine Revision der Kompetenzen des administrativen Rates (Art. 82 KV-NW). Die Änderung der KV-NW ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.
³ Vgl. S. 5 des Abstimmungsbüchleins zur kantonalen Volksabstimmung vom 22. September 2024.
1.2 Verfassung des Kantons Zug
1.2.1 Volksabstimmung vom 22. September 2024
Die Stimmberechtigten des Kantons Zug haben in der Volksabstimmung vom 22. September 2024 dem neuen § 29 a der Verfassung des Kantons Zug vom 31. Januar 1894 ⁴ (KV-ZG) betreffend die Offenlegung der Politikfinanzierung mit 16 300 Ja gegen 15 093 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2024 ersucht die Direktion des Innern um die eidgenössische Gewährleistung.
⁴ SR 131.218
. Offenlegung der Politikfinanzierung
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| Bisheriger Text | Neuer Text | |
|---|---|---|
| Einfügen vor dem III. Titel § 29a ¹ Die Transparenz in der Politik wird gewährleistet, indem:a. die im Kantonsrat vertretenen politischen Parteien ihre Finanzierung offenlegen;b. die Finanzierung von bedeutenden Kampagnen im Hinblick auf kantonale Wahlen und Abstimmungen offengelegt werden;c. die vom Volk in öffentliche kantonale Ämter gewählten Personen ihre Interessenbindungen offenlegen.² Das Gesetz regelt die Einzelheiten. |
Der neue § 29 a KV-ZG sieht vor, dass die Transparenz in der Politik gewährleistet wird, indem die im Kantonsrat vertretenen politischen Parteien ihre Finanzierung offenlegen, die Finanzierung von bedeutenden Kampagnen im Hinblick auf kantonale Wahlen und Abstimmungen offengelegt wird und die vom Volk in öffentliche kantonale Ämter gewählten Personen ihre Interessenbindungen offenlegen. Die Änderung der KV-ZG ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.
1.3 Verfassung des Kantons Solothurn
1.3.1 Volksabstimmung vom 22. September 2024
Die Stimmberechtigten des Kantons Solothurn haben in der Volksabstimmung vom 22. September 2024 der Änderung der Artikel 75 und 83 der Verfassung des Kantons Solothurn vom 8. Juni 1986 ⁵ (KV-SO) betreffend die Zuständigkeit zur Anstellung der Staatsschreiberin oder des Staatsschreibers und ihrer oder seiner Stellvertretung mit 49 060 Ja gegen 20 304 Nein zugestimmt. Sie haben im Weiteren der Änderung von Artikel 99 KV-SO betreffend die Solothurnische Gebäudeversicherung mit 51 469 Ja gegen 17 569 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2024 ersucht die Staatskanzlei um die eidgenössische Gewährleistung.
⁵ SR 131.221
1.3.2 Zuständigkeit zur Anstellung der Staatsschreiberin oder des Staatsschreibers und ihrer oder seiner Stellvertretung
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| Bisheriger Text | Neuer Text | |
|---|---|---|
| Art. 75 Wahlen¹ Der Kantonsrat wählt:a. den Staatsschreiber und seinen Stellvertreter; | Art. 75 Abs. 1 Bst. a Aufgehoben | |
| Art. 83 Staatskanzlei Die Staatskanzlei ist die allgemeine Stabsstelle des Regierungsrates und des Kantonsrates. | Art. 83 einziger Absatz Die Staatskanzlei ist die Stabsstelle des Regierungsrates und gewährleistet die Verbindung zum Kantonsrat. Sie wird vom Staatsschreiber geleitet. |
Die Änderung der Artikel 75 und 83 KV-SO sieht vor, dass die Staatsschreiberin oder der Staatsschreiber und ihre oder seine Stellvertretung nicht mehr vom Kantonsrat gewählt werden, sondern dass deren Anstellung durch den Regierungsrat erfolgt. Sie sieht im Weiteren vor, dass die Staatskanzlei nicht mehr die allgemeine Stabsstelle des Kantonsrates ist, sondern dass sie die Verbindung zum Kantonsrat gewährleistet. Sie wird von der Staatsschreiberin oder vom Staatsschreiber geleitet. Die vorliegende Änderung der KV-SO ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.
1.3.3 Solothurnische Gebäudeversicherung
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| Bisheriger Text | Neuer Text | |
|---|---|---|
| Art. 99 Versicherungswesen | Art. 99 Abs. 4 ⁴ Die Solothurnische Gebäudeversicherung kann im Gesetz zum Erlass von rechtsetzenden Reglementen ermächtigt werden, sofern die Regelung technischen Charakter hat oder rasch wechselnden Verhältnissen unterworfen ist. Sie legt im Rahmen des Gesetzes die von ihr zu erhebenden Prämien und Beiträge fest. Artikel 79 Absatz 3 gilt sinngemäss. |
Die Änderung von Artikel 99 KV-SO sieht vor, dass die Solothurnische Gebäudeversicherung im Gesetz zum Erlass von rechtsetzenden Reglementen ermächtigt werden kann, sofern die Regelung technischen Charakter hat oder rasch wechselnden Verhältnissen unterworfen ist. Die Gebäudeversicherung legt im Rahmen des Gesetzes die von ihr zu erhebenden Prämien und Beiträge fest. Vorbehalten bleibt das Recht von 17 Kantonsrätinnen und -räten, gegen solche Reglemente Einspruch einzulegen. Die vorliegende Änderung der KV-SO ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.
1.4 Verfassung des Kantons Schaffhausen
1.4.1 Volksabstimmung vom 24. November 2024
Die Stimmberechtigten des Kantons Schaffhausen haben in der Volksabstimmung vom 24. November 2024 der Änderung von Artikel 37 a der Verfassung des Kantons Schaffhausen vom 17. Juni 2002 ⁶ (KV-SH) und den Übergangsbestimmungen zu Artikel 37 a KV-SH betreffend die Offenlegung der Politikfinanzierung mit 15 678 Ja gegen 10 968 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2024 ersucht die Staatskanzlei um die eidgenössische Gewährleistung.
⁶ SR 131.223
1.4.2 Offenlegung der Politikfinanzierung
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| Bisheriger Text | Neuer Text | |
|---|---|---|
| Art. 37a Marginalie und Abs. 1 bis , 1 ter , 2 bis , 2 ter und 5 bis Transparente Wahl-, Abstimmungs- und Parteienfinanzierung¹bis Ausgenommen von den Offenlegungspflichten nach Absatz 1 sind:a. Kommunale Wahl- und Abstimmungskämpfe in Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnerinnen und Einwohnern;b. Wahl- und Abstimmungskampagnen, für die gesamthaft weniger als 3000 Franken aufgewendet werden.¹ter Die Annahme anonymer Zuwendungen ist verboten.²bis Ausgenommen von der Offenlegungspflicht nach Absatz 2 sind Kandidierende für kommunale Ämter in Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnerinnen und Einwohnern.²ter Der Geltungsbereich der Absätze 1 und 2 wird auf die Nationalratswahlen ausgedehnt.⁵bis Spenden an politische Parteien, die gegen die Offenlegungspflichten verstossen haben, sind steuerlich nicht abzugsfähig. | ||
| Übergangsbestimmungen zu Art. 37a ¹ Artikel 37 a tritt so wie in der Abstimmung vom 9. Februar 2020 angenommen und ergänzt um die Absätze 1bis, 1ter, 2bis, 2ter und 5bis unmittelbar in Kraft. ² Mit Annahme von Artikel 37 a Absätze 1bis, 1ter, 2bis, 2ter und 5bis sind bis zum Inkrafttreten der kantonalen Ausführungsgesetzgebung subsidiär die Offenlegungsvorschriften des Bundes sinngemäss anwendbar, insbesondere die Artikel 76 b -76 j des Bundesgesetzes über die politischen Rechte ⁷ und Artikel 11 des Bundesgesetzes über die Bundesversammlung ⁸ . Der Regierungsrat erlässt nötigenfalls umgehend ergänzende Ausführungsbestimmungen. |
In der Volksabstimmung vom 9. Februar 2020 haben die Stimmberechtigten des Kantons Schaffhausen dem neuen Artikel 37 a KV-SH betreffend die Offenlegung der Politikfinanzierung zugestimmt, welchem die Bundesversammlung am 21. September 2021 ⁹ die Gewährleistung erteilt hat. Mangels einer Einigung konnte der Schaffhauser Grosse Rat keine Ausführungsgesetzgebung dazu beschliessen. Aufgrund eines Bundesgerichtsurteils 1⁰ sind am 24. November 2024 die Volksinitiative vom 24. Mai 2022 «zur Umsetzung der vom Stimmvolk angenommenen Transparenzinitiative (Umsetzungsinitiative)» und der direkte Gegenentwurf des Grossen Rates vom 7. November 2022 dem Volk zur Abstimmung unterbreitet worden. Während die Umsetzungsinitiative, welche die vorliegend zur Gewährleistung beantragte Änderung der KV-SH umfasst, angenommen worden ist, wurde der direkte Gegenentwurf abgelehnt.
Die vorliegende Änderung von Artikel 37 a KV-SH sieht einerseits Erleichterungen gegenüber den Offenlegungspflichten nach dieser Bestimmung in der Fassung vom 9. Februar 2020 vor: Ausgenommen sind kommunale Wahl- und Abstimmungskämpfe in Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnerinnen und Einwohnern und Wahl- und Abstimmungskampagnen, für die gesamthaft weniger als 3000 Franken aufgewendet werden (Art. 37 a Abs. 1bis KV-SH), sowie Kandidierende für kommunale Ämter in Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnerinnen und Einwohnern (Art. 37 a Abs. 2bis KV-SH). Andererseits ist die Annahme anonymer Zuwendungen verboten (Art. 37 a Abs. 1ter KV-SH), werden die Offenlegungspflichten nach Artikel 37 a Absätze 1 und 2 KV-SH auf die Nationalratswahlen ausgedehnt (Art. 37 a Abs. 2ter KV-SH) und sind Spenden an politische Parteien, die gegen die Offenlegungspflichten verstossen haben, steuerlich nicht abzugsfähig (Art. 37 a Abs. 5bis KV-SH). Schliesslich sehen die Übergangsbestimmungen vor, dass Artikel 37 a KV-SH, so wie in der Abstimmung vom 9. Februar 2020 angenommen und ergänzt um die Absätze 1bis, 1ter, 2bis, 2ter und 5bis, unmittelbar in Kraft tritt. Im Weiteren sind mit Annahme von Artikel 37 a Absätze 1bis, 1ter, 2bis, 2ter und 5bis KV-SH bis zum Inkrafttreten der kantonalen Ausführungsgesetzgebung subsidiär die Offenlegungsvorschriften des Bundes sinngemäss anwendbar, insbesondere die Artikel 76 b -76 j des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 1¹ über die politischen Rechte (BPR) und Artikel 11 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 ¹2 über die Bundesversammlung. Der Regierungsrat erlässt nötigenfalls umgehend ergänzende Ausführungsbestimmungen.
Die vorliegende Änderung der KV-SH ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten. Die kantonale Ausführungsgesetzgebung muss indessen mit dem höherrangigen Recht vereinbar sein, insbesondere mit Artikel 76 k BPR.
⁷ SR 161.1
⁸ SR 171.10
⁹ BBl 2021 2340
1⁰ Vgl. BGE 150 I 17.
1¹ SR 161.1
¹2 SR 171.10
1.5 Verfassung der Republik und des Kantons Genf
1.5.1 Volksabstimmung vom 9. Juni 2024
Die Stimmberechtigten des Kantons Genf haben in der Volksabstimmung vom 9. Juni 2024 dem neuen Artikel 210A der Verfassung der Republik und des Kantons Genf vom 14. Oktober 2012 ¹3 (KV-GE) betreffend das Verbot von Hasssymbolen im öffentlichen Raum mit 104 546 Ja gegen 18 899 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 14. August 2024 ersuchen die Präsidentin des Staatsrates und die Staatskanzlerin im Namen des Staatsrates um die eidgenössische Gewährleistung.
¹3 SR 131.234
1.5.2 Verbot von Hasssymbolen im öffentlichen Raum
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| Bisheriger Text | Neuer Text | |
|---|---|---|
| Art. 210A Bekämpfung von Diskriminierung und Hass ¹ Der Staat verfolgt eine Politik der Bekämpfung von Diskriminierung und Hass. ² Das Zeigen oder Tragen von Symbolen, Emblemen und allen anderen Objekten, die Ausdruck von Hass sind, insbesondere von Nazi-Objekten, ist im öffentlichen Raum verboten. Das Gesetz regelt die Ausnahmen und sieht Sanktionen vor. |
Der neue Artikel 210A KV-GE sieht vor, dass der Staat eine Politik der Bekämpfung von Diskriminierung und Hass verfolgt. Das Zeigen oder Tragen von Symbolen, Emblemen und allen anderen Objekten, die Ausdruck von Hass sind, insbesondere von Nazi-Objekten, ist im öffentlichen Raum verboten. Das Gesetz regelt die Ausnahmen und sieht Sanktionen vor. Die Änderung der KV-GE verfolgt ähnliche Ziele wie laufende Gesetzgebungsvorhaben im Bund. ¹4 Nach Artikel 335 des Strafgesetzbuches ¹5 bleibt den Kantonen die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. Die Kantone sind befugt, die Widerhandlungen gegen das kantonale Verwaltungs- und Prozessrecht mit Sanktionen zu bedrohen. Die in Artikel 210A Absatz 2 KV-GE vorgesehenen Sanktionen könnten Gegenstand von Regelungen des kantonalen Polizeirechts bilden. ¹6 Artikel 210A KV-GE ist bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.
¹4 Vgl. Mo. 23.4318 der ständerätlichen Kommission für Rechtsfragen. Verbot der öffentlichen Verwendung von rassendiskriminierenden, gewaltverherrlichenden oder extremistischen, wie beispielsweise nationalsozialistischen Symbolen und, in Ausführung der Motion, Vorentwurf des Bundesrats vom 13. Dezember 2024 für das Bundesgesetz über das Verbot des öffentlichen Verwendens von nationalsozialistischen Symbolen. Der Vorentwurf kann eingesehen werden unter: www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen (bei «Organisationen» «Bundesamt für Justiz (BJ)» auswählen und bei «Von» und «Bis» jeweils «13.12.2024» einfügen, dann auf «Bundesrat will Nazisymbole in der Öffentlichkeit verbieten» klicken).
¹5 SR 311.0
¹6 Vgl. Ziff. 5.4 des Berichts des Bundesamts für Justiz vom 15. Dezember 2022 zur Rechtslage und zu möglichen Varianten zur Umsetzung eines Verbotes nationalsozialistischer, rassendiskriminierender, gewaltverherrlichender und extremistischer Symbole sowie Darstellung der Vor- und Nachteile. Der Bericht kann eingesehen werden unter: www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen (bei «Organisationen» «Bundesamt für Justiz (BJ)» auswählen und bei «Von» und «Bis» jeweils «15.12.2022» einfügen). Vgl. im Weiteren Ziff. 1.1 des erläuternden Berichts vom 13. Dezember 2024 zum Vorentwurf für das Bundesgesetz über das Verbot des öffentlichen Verwendens von nationalsozialistischen Symbolen. Der Bericht kann eingesehen werden unter: s. Fussnote 13.
2 Rechtliche Aspekte
2.1 Bundesrechtskonformität
Die Prüfung hat ergeben, dass die Änderungen der Verfassungen der Kantone Nidwalden, Zug, Solothurn, Schaffhausen und Genf die Anforderungen von Artikel 51 der Bundesverfassung (BV) ¹7 erfüllen. Somit ist ihnen die Gewährleistung zu erteilen.
¹7 SR 101
2.2 Zuständigkeit der Bundesversammlung
Die Bundesversammlung ist nach den Artikeln 51 Absatz 2 und 172 Absatz 2 BV für die Gewährleistung zuständig.
2.3 Erlassform
Die Gewährleistung erfolgt mit einfachem Bundesbeschluss, da weder die BV noch ein Gesetz das Referendum vorsehen (vgl. Art. 141 Abs. 1 Bst. c i. V. m. Art. 163 Abs. 2 BV).
Bundesrecht
Botschaft zur Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Nidwalden, Zug, Solothurn, Schaffhausen und Genf
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