BBl 2025 1657
CH - Bundesblatt

Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch betreffend Lohndaten

Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch betreffend Lohndaten

(AIALG)

vom …
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf Artikel 173 Absatz 2 der Bundesverfassung ¹ , nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 14. Mai 2025 ² ,
beschliesst:
¹ SR 101
² BBl 2025 1656

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand
¹ Dieses Gesetz regelt die Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs betreffend Lohndaten in Steuersachen zwischen der Schweiz und einem Partnerstaat nach einem völkerrechtlichen Vertrag, der einen entsprechenden Informationsaustausch vorsieht.
² Vorbehalten sind die abweichenden Bestimmungen des im Einzelfall anwendbaren Vertrags.
Art. 2 Begriffe
In diesem Gesetz bedeuten:
a.
anwendbarer Vertrag: ein völkerrechtlicher Vertrag nach Artikel 1 Absatz 1, der im Einzelfall anwendbar ist;
b.
Partnerstaat: Staat, mit dem die Schweiz den automatischen Informationsaustausch betreffend Lohndaten in Steuersachen vereinbart hat.

2. Abschnitt: An den Partnerstaat zu übermittelnde Informationen betreffend Lohndaten

Art. 3 Pflichten des Arbeitgebers
¹ Der Arbeitgeber muss der kantonalen Steuerbehörde, die für die Erhebung der Quellensteuer nach Artikel 107 Absätze 1 Buchstabe b und 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 ³ über die direkte Bundessteuer (DBG) zuständig ist, jährlich die Informationen betreffend Lohndaten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäss Artikel 129 Absatz 1 Buchstabe e DBG übermitteln.
² Diese Pflicht verjährt zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Löhne ausbezahlt wurden.
³ Die Kantone können verlangen, dass die Informationen elektronisch übermittelt werden.
³ SR 642.11
Art. 4 Aufgaben der kantonalen Steuerbehörden
¹ Sieht der anwendbare Vertrag vor, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) dem Partnerstaat Informationen betreffend Lohndaten übermittelt, so übermitteln die kantonalen Steuerbehörden die im anwendbaren Vertrag bezeichneten Informationen jährlich spätestens zwei Monate vor dem im anwendbaren Vertrag für den Informationsaustausch vorgesehenen Datum elektronisch an die ESTV.
² Sieht der anwendbare Vertrag vor, dass die kantonalen Steuerbehörden die Daten direkt an die ausländische Behörde übermitteln, so übermitteln die kantonalen Steuerbehörden die im anwendbaren Vertrag bezeichneten Informationen, die sie von den Arbeitgebern erhalten haben, innerhalb der im anwendbaren Vertrag festgelegten Frist an die zuständige Behörde des Partnerstaates.
Art. 5 Aufgaben der ESTV
¹ Die ESTV übermittelt die von den kantonalen Steuerbehörden nach dem anwendbaren Vertrag an sie übermittelten Informationen innerhalb der im anwendbaren Vertrag festgelegten Frist an die zuständige Behörde des Partnerstaates.
² Sie weist die zuständige Behörde des Partnerstaates auf die Einschränkungen bei der Verwendung der übermittelten Informationen sowie auf die Geheimhaltungspflichten nach den Amtshilfebestimmungen des anwendbaren Vertrags hin.
³ Sieht der anwendbare Vertrag vor, dass die im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs übermittelten Informationen von der empfangenden Behörde für andere Zwecke als für Steuerzwecke verwendet werden dürfen, sofern die zuständige Behörde des Partnerstaates, der die Informationen übermittelt hat, dieser Verwendung zustimmt, so erteilt die ESTV die Zustimmung nach entsprechender Prüfung.
⁴ Sollen die Informationen an Strafbehörden weitergeleitet werden, so erteilt die ESTV die Zustimmung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Justiz.

3. Abschnitt: Vom Ausland übermittelte Informationen betreffend Lohndaten

Art. 6 Verwendung der schweizerischen Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen
Muss die zuständige Behörde eines Partnerstaates im Rahmen eines automatischen Informationsaustauschs betreffend Lohndaten die schweizerische Steueridentifikationsnummer einer natürlichen Person übermitteln, so verwendet sie die AHV-Nummer nach Artikel 50 c des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 ⁴ über die Alters- und Hinterlassenenversicherung der betreffenden Person.
⁴ SR 831.10
Art. 7 Aufgaben der ESTV
¹ Die ESTV leitet Informationen, die ihr Partnerstaaten übermittelt haben, zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts den kantonalen Steuerbehörden weiter, die für die Festsetzung und Erhebung der in den Anwendungsbereich des anwendbaren Vertrags fallenden Steuern zuständig sind.
² Sie weist diese Behörden auf die Einschränkungen bei der Verwendung der übermittelten Informationen sowie auf die Geheimhaltungspflichten nach den Amtshilfebestimmungen des anwendbaren Vertrags hin.
³ Sie leitet die von einem Partnerstaat übermittelten Informationen an andere schweizerische Behörden, für die die Informationen von Interesse sind, weiter, sofern dies nach dem anwendbaren Vertrag zulässig und nach schweizerischem Recht vorgesehen ist. Sie holt gegebenenfalls die Zustimmung der zuständigen Behörde des informierenden Partnerstaates ein.
Art. 8 Verfahren
¹ Sieht der anwendbare Vertrag die Meldung einer Steueridentifikationsnummer vor, so melden die kantonalen Steuerbehörden der ESTV jährlich spätestens zwei Monate nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres die AHV-Nummern der im Kanton unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen.
² Die ESTV ordnet die vom Partnerstaat übermittelten Informationen aufgrund dieser Meldungen sowie nötigenfalls aufgrund weiterer nach dem anwendbaren Vertrag zur Identifikation erforderlicher Angaben den Kantonen zu.
³ Sie macht die vom Partnerstaat übermittelten Informationen den kantonalen Steuerbehörden, die für die Festsetzung und Erhebung der in den Geltungsbereich des Vertrags fallenden Steuern in jenem Kanton zuständig sind, in dem die betroffene Arbeitnehmerin oder der betroffene Arbeitnehmer unbeschränkt steuerpflichtig ist, im Abrufverfahren zugänglich.

4. Abschnitt: Informations- und Aufbewahrungspflicht der Arbeitgeber

Art. 9 Informationspflicht gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
Die Arbeitgeber müssen die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Beginn des Arbeitsverhältnisses oder spätestens am 28. Februar des Jahres, in dem erstmals sie betreffende Informationen an einen Partnerstaat übermittelt werden, informieren über:
a.
den anwendbaren Vertrag und dessen Inhalt, insbesondere die aufgrund dieses Vertrags auszutauschenden Informationen;
b.
den Partnerstaat, an den die Informationen übermittelt werden;
c.
die gestützt auf den anwendbaren Vertrag zulässige Verwendung der Informationen;
d.
die Rechte der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach dem Datenschutzgesetz vom 25. September 2020 ⁵ (DSG) und diesem Gesetz.
⁵ SR 235.1
Art. 10 Aufbewahrungspflicht
Die Arbeitgeber müssen die zur Erfüllung der Pflichten nach den anwendbaren Verträgen und diesem Gesetz erstellten Unterlagen und eingeholten Belege gemäss den Vorgaben von Artikel 958 f des Obligationenrechts ⁶ aufbewahren.
⁶ SR 220

5. Abschnitt: Datenschutz

Art. 11 Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
¹ In Bezug auf die von den Arbeitgebern gesammelten Informationen und deren Übermittlung an die zuständige Behörde des Partnerstaates stehen den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber den Arbeitgebern die Rechte nach dem DSG ⁷ zu.
² Übermitteln die kantonalen Steuerbehörden aufgrund des anwendbaren Vertrags Informationen an einen Partnerstaat oder an die ESTV, so stehen den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber den kantonalen Steuerbörden die Rechte nach dem kantonalen Datenschutzgesetz oder gegebenenfalls der anwendbaren interkantonalen Vereinbarung zu.
³ Das kantonale Recht kann vorsehen, dass die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber der kantonalen Steuerbehörde ausschliesslich das Auskunftsrecht geltend machen und verlangen können, dass unrichtige Daten, die auf Übermittlungsfehlern beruhen, berichtigt werden.
⁴ Gegenüber der ESTV können die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausschliesslich das Auskunftsrecht geltend machen und verlangen, dass unrichtige Daten, die auf Übermittlungsfehlern beruhen, berichtigt werden. Sofern die Übermittlung der Daten für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Nachteile zur Folge hätte, die ihnen mangels rechtsstaatlicher Garantien nicht zugemutet werden können, stehen ihnen die Ansprüche nach Artikel 25 a des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 ⁸ zu.
⁷ SR 235.1
⁸ SR 172.021
Art. 12 Verfahren
¹ Werden die der zuständigen Behörde eines Partnerstaates übermittelten Informationen infolge eines rechtskräftigen Entscheids berichtigt, so muss der Arbeitgeber die berichtigten Informationen der kantonalen Steuerbehörde übermitteln.
² Die kantonale Steuerbehörde leitet die berichtigten Informationen nach dem anwendbaren Vertrag an die zuständige Behörde des Partnerstaates oder an die ESTV weiter, die sie an die zuständige Behörde des Partnerstaates weiterleitet.

6. Abschnitt: Organisation und Verfahren

Art. 13 Aufgaben der ESTV
¹ Die ESTV sorgt für die richtige Anwendung dieses Gesetzes und der Bestimmungen über den automatischen Informationsaustausch betreffend Lohndaten in Steuersachen, die im anwendbaren Vertrag enthalten sind.
² Sie erlässt alle Verfügungen und trifft alle Entscheide, die für die Anwendung notwendig sind.
³ Sie kann die Verwendung bestimmter Formulare vorschreiben und verlangen, dass gewisse Formulare ausschliesslich elektronisch übermittelt werden.
⁴ Sie kann Weisungen erlassen.
Art. 14 Datenbearbeitung
¹ Die ESTV kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den anwendbaren Verträgen und diesem Gesetz die erforderlichen Personendaten und Daten juristischer Personen bearbeiten, einschliesslich der folgenden besonders schützenswerten Personendaten und Daten juristischer Personen: Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen in Steuersachen.
² Sie kann die AHV-Nummer für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach den anwendbaren Verträgen und diesem Gesetz systematisch verwenden.
Art. 15 Informationssystem
¹ Die ESTV betreibt ein Informationssystem zur Bearbeitung von Personendaten und Daten juristischer Personen, einschliesslich der folgenden besonders schützenswerten Personendaten und Daten juristischer Personen: Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen in Steuersachen.
² Die Daten dürfen nur durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ESTV oder durch von der ESTV kontrollierte Fachpersonen bearbeitet werden.
³ Das Informationssystem dient der ESTV zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den anwendbaren Verträgen und diesem Gesetz. Es darf namentlich verwendet werden, um:
a.
Informationen nach Massgabe der anwendbaren Verträge und des schweizerischen Rechts zu empfangen und weiterzuleiten;
b.
Rechtsverfahren im Zusammenhang mit den anwendbaren Verträgen und diesem Gesetz zu bearbeiten;
c.
verwaltungs- und strafrechtliche Sanktionen zu verhängen und zu vollstrecken;
d.
Amts- und Rechtshilfeersuchen zu bearbeiten;
e.
die Begehung von Steuerdelikten zu bekämpfen;
f.
Statistiken zu erstellen.
⁴ Die ESTV ergreift die nach dem DSG ⁹ erforderlichen technischen und organisatorischen Massnahmen, um die Sicherheit der Daten zu gewährleisten, insbesondere in Bezug auf den Aufbau und den Betrieb des Informationssystems sowie die Zugriffs- und Bearbeitungsberechtigungen.
⁵ Das Informationssystem der ESTV wird als eigenständiges Informationssystem auf der Plattform des Bundesamts für Informatik und Telekommunikation im Auftrag der ESTV betrieben. Es kann mit den Informationssystemen anderer Organisationseinheiten der ESTV zum Austausch von Stammdaten vernetzt werden, sofern in diesen Informationssystemen die gleichen Daten bearbeitet werden und die Vernetzung für eine effiziente Datenbearbeitung notwendig ist.
⁶ Die ESTV vernichtet die Daten spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie diese erhalten hat.
⁷ Sie kann den kantonalen Steuerbehörden, denen sie gemäss Artikel 7 Absatz 1 Informationen weiterleitet, im Abrufverfahren Zugriff auf die Daten im Informationssystem gewähren, die diese zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen.
⁸ Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
⁹ SR 235.1
Art. 16 Auskunftspflicht
¹ Der ESTV müssen auf Verlangen Auskunft über alle Tatsachen erteilen, die für die Umsetzung der anwendbaren Verträge und dieses Gesetzes relevant sind:
a.
die kantonalen Steuerbehörden;
b.
die Arbeitgeber.
² Die Verjährungsfrist nach Artikel 3 Absatz 2 gilt sinngemäss.
Art. 17 Geheimhaltungspflicht
¹ Wer mit dem Vollzug eines anwendbaren Vertrags und dieses Gesetzes betraut ist oder zu deren Vollzug beigezogen wird, hat gegenüber anderen Amtsstellen und Privaten über die in Ausübung dieser Tätigkeit gemachten Wahrnehmungen Stillschweigen zu bewahren.
² Keine Geheimhaltungspflicht besteht:
a.
bei der Übermittlung von Informationen und bei Bekanntmachungen nach dem anwendbaren Vertrag und diesem Gesetz;
b.
gegenüber Organen der Rechtspflege und der Verwaltung, die das Eidgenössische Finanzdepartement ermächtigt hat, im Einzelfall amtliche Auskünfte bei den mit dem Vollzug des anwendbaren Vertrags und dieses Gesetzes betrauten Behörden einzuholen;
c.
soweit der anwendbare Vertrag die Aufhebung der Geheimhaltungspflicht zulässt und im schweizerischen Recht eine gesetzliche Grundlage für diese Aufhebung besteht.
Art. 18 Amtshilfe
¹ Die ESTV leitet die von einer kantonalen Steuerbehörde oder von einem Arbeitgeber erhaltenen Informationen einer anderen kantonalen Steuerbehörde weiter, wenn diese die Informationen für den Vollzug ihrer Steuergesetzgebung benötigt.
² Die kantonalen Steuerbehörden und die ESTV tauschen die in den anwendbaren Verträgen und diesem Gesetz vorgesehenen Informationen auf elektronischem Weg aus.
³ Sie stellen die Authentizität und Integrität der übermittelten Daten sicher.

7. Abschnitt: Strafbestimmungen

Art. 19 Verletzung der Pflichten des Arbeitgebers
¹ Mit Busse wird bestraft, wer einer Pflicht nach Artikel 3 Absatz 1 oder Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b trotz Mahnung vorsätzlich oder fahrlässig nicht nachkommt.
² Die Busse beträgt bis zu 1000 Franken, in schweren Fällen oder im Wiederholungsfall bis zu 10 000 Franken.
³ Fällt die Verletzung der Pflichten des Arbeitgebers gleichzeitig unter die Strafbestimmungen dieses Artikels und von Artikel 174 Absatz 1 Buchstabe b DBG 1⁰ , so ist nur die letztgenannte Bestimmung anwendbar.
1⁰ SR 642.11
Art. 20 Verfahren
¹ Für die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gegen dieses Gesetz ist das Bundesgesetz vom 22. März 1974 1¹ über das Verwaltungsstrafrecht anwendbar.
² Verfolgende und urteilende Behörde ist die ESTV.
1¹ SR 313.0

8. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 21 Änderung eines anderen Erlasses
Das DBG ¹2 wird wie folgt geändert:
Art. 104a Abs. 1bis
¹bis Sie können verlangen, dass die Informationen nach Artikel 129 Absatz 1 Buchstabe e elektronisch übermittelt werden.
¹2 SR 642.11
Art. 22 Referendum und Inkrafttreten
¹ Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
² Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Bundesrecht
Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch betreffend Lohndaten (AIALG) (Entwurf)
Kurzer Titel
AIALG
keyboard_arrow_up
Markierungen
Leseansicht