Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen
                            1  Konkordat über die Rechtshilfe und die  interkantonale Zusammenarbeit in  Strafsachen  Vom 5. November 1992
                        
                        
                    
                    
                    
                1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen
                            Art. 1.  Zweck  Das  Konkordat  bezweckt  die  effiziente  Bekämpfung  der  Kriminalität  durch  Förderung  der  interkantonalen  Zusammenarbeit,  indem  es  insbe-  sondere  a)   den  Untersuchungs-  und  Gerichtsbehörden  die  Kompetenz  gibt,  Ver-  fahrenshandlungen     in     einem     andern     Kanton     durchzuführen  (2. Kapitel);  b)   die Rechtshilfe in Strafsachen erleichtert (3. Kapitel).  Art. 2.  Anwendungsbereich
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1   Das Konkordat kommt nur zur Anwendung in Verfahren, in denen mate-  rielles   Bundesstrafrecht   (Strafgesetzbuch   und   andere   Bundesgesetze)  anwendbar ist, unter Ausschluss der kantonalen Strafgesetzgebung.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    Es  steht  jedoch  den  Kantonen  unter  Vorbehalt  des  Grundsatzes  des  Ge-  genrechts frei, den Anwendungsbereich des Konkordats durch eine an das  Eidgenössische  Justiz-  und  Polizeidepartement  zuhanden  des  Bundesrates  gerichtete Erklärung auf die kantonale Gesetzgebung auszudehnen.
                        
                        
                    
                    
                    
                2. Kapitel: Verfahrenshandlungen in einem
                            andern Kanton  Art. 3.  Grundsatz
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1    Die  mit  einer  Strafsache  befasste  Untersuchungs-  oder  Gerichtsbehörde  kann Verfahrenshandlungen direkt in einem andern Kanton anordnen und  durchführen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2   Ausser in dringenden Fällen benachrichtigt sie vorgängig die zuständige  Behörde dieses Kantons (Art. 24).
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3    Die  zuständige  Behörde  des  Kantons,  in  dem  die  Verfahrenshandlung  durchgeführt wird, wird in allen Fällen benachrichtigt.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Art. 4.  Anwendbares Recht  Die  mit  der  Sache  befasste  Untersuchungs-  oder  Gerichtsbehörde  wendet  das Verfahrensrecht ihres Kantons an.  Art. 5.  Amtssprache
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1    Verfahrenshandlungen  werden  in  der  Sprache  der  mit  der  Sache  befass-  ten Behörde durchgeführt.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2   Verfügungen werden in der Sprache der mit der Sache befassten Behörde  erlassen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3    Wenn  jedoch  die  Person,  die  Gegenstand  eines  Entscheides  ist,  die  Spra-  che dieser Behörde nicht versteht, hat sie in der Regel Anspruch auf einen  unentgeltlichen Übersetzer oder Dolmetscher.  Art. 6.  Inanspruchnahme der Polizei  Ist  für  die  Durchführung  einer  Verfahrenshandlung  ein  polizeiliches  Ein-  schreiten  notwendig,  wird  die  zuständige  Polizei  mit  dem  Einverständnis  der  örtlich  zuständigen  Untersuchungs-  oder  Gerichtsbehörde  (Art.  24)  beigezogen.  Art. 7.  Postzustellungen  Gerichtsurkunden  können  Empfängern,  die  sich  in  einem  andern  Kanton  aufhalten, direkt durch die Post nach den Vorschriften des Bundesgesetzes  betreffend  den  Postverkehr  und  seiner  Vollzugsverordnung  zugestellt  werden.  Art. 8.  Vorladungen
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1    Personen,  die  in  einen  Konkordatskanton  vorgeladen  werden,  sind  ver-  pflichtet, dort zu erscheinen. Sie werden in der Amtssprache ihres Aufent-  haltsortes vorgeladen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    Zeugen  wie  auch  Sachverständige,  die  ihren  Auftrag  akzeptiert  haben,  können einen angemessenen Reisespesenvorschuss verlangen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3   Die Vorladung enthält gegebenenfalls den Hinweis, dass bei unentschul-  digtem Nichterscheinen ein Vorführbefehl erlassen werden kann.  Art. 9.  Verhandlungen,  Augenscheine  Die  mit  der  Sache  befasste  Untersuchungs-  oder  Gerichtsbehörde  kann  in  einem  andern  Kanton  Sitzungen  abhalten,  dort  Augenscheine  und  Ver-  handlungen durchführen oder durchführen lassen.  Art. 10.Durchsuchungen,  Beschlagnahme
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1    Durchsuchungen  und  Beschlagnahmen  müssen  durch  einen  schriftlichen  und kurz begründeten Entscheid angeordnet werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2   In dringenden Fällen kann die Begründung nachgereicht werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Art. 11.   Mitteilungspflicht  Die  Untersuchungs-  oder  Gerichtsbehörde,  die  in  ihrer  amtlichen  Stellung  Kenntnis  von  einem  in  einem  andern  Kanton  begangenen,  von  Amtes  wegen zu verfolgenden Verbrechen oder Vergehen erhält, ist verpflichtet,  die zuständige Behörde dieses Kantons (Art. 24) zu benachrichtigen.  Art. 12.   Rechtsmittelbelehrung  Wenn das kantonale Verfahrensrecht des mit der Sache befassten Kantons  ein  Rechtsmittel  gegen  einen  Entscheid  vorsieht,  muss  dieser  die  Rechts-  mittelbelehrung,  die  Rechtsmittelinstanz  und  die  Rechtsmittelfrist  ange-  ben.  Art. 13.   Rechtsmittel,  Sprache  Das Rechtsmittel muss in der Sprache der mit der Sache befassten Behörde  oder in derjenigen des Ortes, wo der Entscheid vollstreckt wird, abgefasst  werden.  Art. 14.   Kosten  Die  Verfahrenskosten,  insbesondere  für  Übersetzer,  Dolmetscher,  Zeugen,  Gutachten,  wissenschaftliche  Arbeiten  gehen  zulasten  des  mit  der  Sache  befassten Kantons.
                        
                        
                    
                    
                    
                3. Kapitel: Auf Verlangen eines andern Kantons
                            vorgenommene Verfahrenshandlungen  Art. 15.   Direkter Geschäftsverkehr
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1   Die Behörden der Konkordatskantone verkehren direkt miteinander. Das  Ersuchungsschreiben  kann  in  der  Sprache  der  ersuchenden  oder  der  er-  suchten Behörde gehalten werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2   Falls über die Zuständigkeit einer Behörde Ungewissheit besteht, werden  die  Gerichtsurkunden  und  die  Rechtshilfegesuche  rechtsgültig  einer  einzi-  gen Behörde zugestellt (Art. 24).
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3   Wenn die ersuchte Behörde feststellt, dass die Gerichtsurkunde oder das  Rechtshilfegesuch  in  den  Zuständigkeitsbereich  einer  anderen  Behörde  fällt, stellt sie dieses von Amtes wegen der zuständigen Behörde zu.  Art. 16.   Anwendbares Recht  Die ersuchte Behörde wendet ihr kantonales Recht an.  Art. 17.   Rechte der Parteien
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1   Die Parteien, ihre Vertreter und die ersuchende Behörde können an den  einzelnen  Rechtshilfehandlungen  teilnehmen,  wenn  dieses  Recht  durch  den ersuchten Kanton vorgesehen  ist oder wenn es die ersuchende  Behör-  de ausdrücklich verlangt.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    In  diesem  Fall  gibt  die  ersuchte  Behörde  der  ersuchenden  Behörde  und  den  Parteien  Zeit  und  Ort  bekannt,  wo  die  Rechtshilfehandlung  durchge-  führt werden soll.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            4  Art. 18.   Rechtsmittelbelehrung  Wenn  das  anwendbare  Recht  ein  Rechtsmittel  gegen  einen  Entscheid  vorsieht,  muss  dieser  die  Rechtsmittelbelehrung,  die  Rechtsmittelinstanz  und. die Rechtsmittelfrist angeben.  Art. 19.   Rechtsmittel,  Verfahren und Zuständigkeit
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1    Die  Rechtsmittelschrift  muss  in  der  Sprache  der  ersuchten  oder  in  derje-  nigen der ersuchenden Behörde abgefasst werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2   Bei der Behörde des ersuchten Kantons können nur die Beschwerdegrün-  de  betreffend  Gewährung  und  Ausführung  der  Rechtshilfe  geltend  ge-  macht  werden.  In  allen  anderen  Fällen,  namentlich  bei  Einwendungen  materieller  Art,  muss  das  Rechtsmittel  bei  der  zuständigen  Behörde  des  ersuchenden  Kantons  eingereicht  werden;  Artikel  18  ist  sinngemäss  an-  wendbar.  Art. 20.   Vollzug von Haftbefehlen  Zuführungsbegehren  und  Haftbefehle  werden  nach  den  Vorschriften  des
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikels 353 StGB vollstreckt.
                            Art. 21.   Vernehmung von verhafteten Personen  Die  gestützt  auf  einen  Vorführbefehl  oder  Haftbefehl  in  einem  andern  Konkordatskanton festgenommene Person muss innerhalb von 24 Stunden  einvernommen  werden.  Die  Behörde  muss  die  betreffende  Person  sum-  marisch  über  die  Gründe  ihrer  Verhaftung  und  die  ihr  vorgeworfenen  strafbaren Handlungen informieren.  Art. 22.   Zustellung durch die Polizei  Gerichtsurkunden,  die  nicht  durch  die  Post  zugestellt  werden  können,  werden  direkt  durch  die  Polizei  des  Kantons,  wo  die  Zustellung  erfolgen  soll, zugestellt.  Art. 23.   Kosten
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1    Die  Rechtshilfe  ist  unentgeltlich.  Die  Kosten  namentlich  für  Übersetzun-  gen,  Dolmetscher,  Vorladungen,  Expertisen,  wissenschaftliche  Arbeiten  und  Gefangenentransporte  gehen  jedoch  zulasten  des  mit  der  Sache  be-  fassten Kantons.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2   Die interkantonalen Vereinbarungen bleiben vorbehalten.
                        
                        
                    
                    
                    
                4. Kapitel: Schlussbestimmungen
                            Art. 24.   Zuständige Behörde  Jeder  Konkordatskanton  bezeichnet  eine  einzige  Behörde,  die  von  einem  anderen  Kanton  angeordnete  oder  verlangte  Verfahrenshandlungen  be-  willigt  und  ausführt  und  die  Mitteilungen  erhalten  soll  (Art.  3,  6,  11  und 15).
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            5  Art. 25.   Beitritt und Rücktritt
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1    Jeder  Kanton  kann  dem  Konkordat  beitreten.  Die  Beitrittserklärung  sowie das im Anhang zum Konkordat erwähnte Verzeichnis  ist dem  Eidge-  nössischen   Justiz-   und   Polizeidepartement   zuhanden   des   Bundesrates  einzureichen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    Wenn  ein  Kanton  vom  Konkordat  zurücktreten  will,  so  hat  er  dies  dem  Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zuhanden des Bundesrates  mitzuteilen.  Der  Rücktritt  wird  mit  dem  Ablauf  des  der  Erklärung  folgen-  den Kalenderjahres rechtswirksam.  Art. 26.   Inkrafttreten  Das  Konkordat  tritt,  sobald  ihm  mindestens  zwei  Kantone  beigetreten  sind, mit seiner Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des  Bundes-  rechts  in  Kraft,  für  die  später  beitretenden  Kantone  mit  der  Veröffentli-  chung  ihres  Beitritts  in  der  Amtlichen  Sammlung.  Das  gleiche  gilt  für  die  Erklärung  betreffend  die  Ausdehnung  des  Anwendungsbereichs  des  Kon-  kordates  und  die  Mitteilung  des  Verzeichnisses  der  kantonalen  Behörden  sowie die Nachträge und Änderungen, die darin vorgenommen werden.  Vom  Eidgenössischen  Justiz-  und  Polizeidepartement  am  4.  Januar  1993  genehmigt  Publiziert     in     der     Amtlichen     Sammlung     des     Bundesrechts     am