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Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ungarn

Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ungarn
vom 20. November 2024
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses ¹ über die Genehmigung eines Protokolls ² zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ungarn.
Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
20. November 2024 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi
Übersicht
Zwischen der Schweiz und Ungarn besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Einkommens- und Vermögenssteuern. Das Abkommen wurde am 12. September 2013 unterzeichnet und noch nie revidiert.
Weil die Bekämpfung der Steuervermeidung durch multinationale Unternehmen zu einem zentralen Anliegen der internationalen Staatengemeinschaft geworden ist, hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zusammen mit den G20-Staaten im Jahr 2013 ein Projekt zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung eingeleitet (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS).
Aus dem Projekt gingen Bestimmungen hervor, die in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) umgesetzt werden sollen, namentlich die in den Massnahmen 6 (Verhinderung von Abkommensmissbrauch) und 14 (Verbesserung der Streitbeilegungsmechanismen) des BEPS-Aktionsplans gesetzten Mindeststandards.
Das Änderungsprotokoll zum DBA zwischen der Schweiz und Ungarn setzt diese Mindeststandards um, was im Interesse der Schweiz ist. Es enthält keine Anpassungen an den Steuerzuteilungsregeln. Die Kantone und die interessierten Kreise haben das Änderungsprotokoll begrüsst. Es wurde am 12. Juli 2024 unterzeichnet.
Botschaft
¹ BBl 2024 3065
² BBl 2024 3066

1 Grundzüge des Abkommens

1.1 Ausgangslage, Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnisse

Zwischen der Schweiz und Ungarn besteht ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ³ (DBA-HU). Es wurde am 12. September 2013 unterzeichnet und bislang nicht revidiert.
Am 7. Juni 2017 hat die Schweiz das multilaterale Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung ⁴ (BEPS-Übereinkommen) unterzeichnet. Das BEPS-Übereinkommen enthält eine Reihe von Bestimmungen zur Anpassung bestehender Doppelbesteuerungsabkommen. Ein Teil dieser Bestimmungen dient der Erfüllung des Mindeststandards nach den Massnahmen 6 (Verhinderung von Abkommensmissbrauch) und 14 (Verbesserung der Streitbeilegungsmechanismen) des Aktionsplans zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung der OECD ⁵ (BEPS-Aktionsplan).
Im Hinblick auf die Unterzeichnung des BEPS-Übereinkommens haben die Schweiz und Ungarn die bilaterale Umsetzung des Übereinkommens besprochen. Ungarn sah sich nicht in der Lage, sich mit der Schweiz auf den genauen Wortlaut zu einigen, der durch das BEPS-Übereinkommen in die Bestimmungen des DBA-HU aufgenommen werden soll. Da dies aber eine Voraussetzung für die Anwendung des BEPS-Übereinkommens für die Schweiz ist, wurde beschlossen, die Anpassung des DBA-HU an die Resultate des Projekts zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung einige ( Base Erosion and Profit Shifting , BEPS) nicht über das BEPS-Übereinkommen, sondern über ein bilaterales Protokoll zur Änderung des DBA-HU (Änderungsprotokoll) vorzunehmen.
Die Verhandlungen über das Änderungsprotokoll konnten im Dezember 2023 abgeschlossen werden. Die Kantone und die interessierten Kreise wurden über das Resultat der Verhandlungen konsultiert und begrüssten dieses. Das Änderungsprotokoll wurde am 12. Juli 2024 in Budapest unterzeichnet.
³ SR 0.672.941.81
⁴ SR 0.671.1
⁵ www.oecd.org > Fiscalité > Conventions fiscales > Convention multilatérale pour la mise en œuvre des mesures relatives aux conventions fiscales pour prévenir le BEPS

1.2 Würdigung

Das Änderungsprotokoll enthält Bestimmungen, die in das DBA-HU eingeflossen wären, hätten die Schweiz und Ungarn das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) dem BEPS-Übereinkommen unterstellt. Zwischen dem Änderungsprotokoll und dem BEPS-Übereinkommen besteht somit ein inhaltlicher Zusammenhang. Darüber hinaus gibt es zwischen diesen beiden Instrumenten keine unmittelbaren Verbindungen.
Mit diesen Änderungen wird das DBA-HU die im BEPS-Aktionsplan gesetzten Mindeststandards in Bezug auf Doppelbesteuerung erfüllen. Die Schweiz als Mitgliedstaat der OECD hat sich verpflichtet, jene DBA-bezogenen Bestimmungen, die Teil eines Mindeststandards sind, in ihre Doppelbesteuerungsabkommen zu übernehmen. Mit dem Änderungsprotokoll erfolgt ein weiterer Schritt in diese Richtung.
Das Element 3.3 des Mindeststandards zur Massnahme 14 des BEPS-Aktionsplans verlangt die Aufnahme von Artikel 25 Absatz 2 zweiter Satz des OECD-Musterabkommens in die DBA. Gemäss diesem Artikel sind Verständigungslösungen ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten umzusetzen. Ist ein Staat nicht bereit, die Bestimmung zu vereinbaren, so muss er, damit der Mindeststandard erfüllt ist, im Rahmen von DBA-Verhandlungen zur Aufnahme von Bestimmungen bereit sein, welche die Frist für die Vornahme von Gewinnaufrechnungen von verbundenen Unternehmen und Betriebsstätten zeitlich beschränken. Dieses alternative Vorgehen kann nicht über das BEPS-Übereinkommen erfolgen.
Die Schweiz nimmt den zweiten Satz von Artikel 25 Absatz 2 des OECD-Musterabkommens üblicherweise nicht in ihre DBA auf. Deshalb hat die Schweizer Verhandlungsdelegation bei den Verhandlungen, die zum Änderungsprotokoll geführt haben, der ungarischen Verhandlungsdelegation entsprechende Vorschläge für die zeitliche Beschränkung der Vornahme von Gewinnaufrechnungen von verbundenen Unternehmen und von Betriebsstätten unterbreitet. Ungarn war jedoch nicht bereit, Gewinnaufrechnungen zeitlich zu beschränken. Das Änderungsprotokoll enthält deshalb keine entsprechende Bestimmung. Das Element 3.3 des Mindeststandards zur Massnahme 14 des BEPS-Aktionsplans wird jedoch trotzdem erfüllt, denn es genügt, dass die Schweiz zur Aufnahme einer solchen Bestimmung bereit war. Die Schweiz hat diese Bereitschaft gezeigt. Deshalb wird das DBA-HU auch diesen Mindeststandard erfüllen.
Auf Wunsch der Schweiz sieht das Änderungsprotokoll die Einführung einer Schiedsklausel vor. Das geltende Verständigungsverfahren im DBA-HU enthält keine Erfolgspflicht. Es ist also zurzeit nicht ausgeschlossen, dass es in einzelnen Fällen nicht gelingt, eine Doppelbesteuerung im Rahmen eines Verständigungsverfahrens zwischen den zuständigen Behörden der Schweiz und Ungarn zu vermeiden. Diese Situation ist hinsichtlich der Rechtssicherheit unbefriedigend. Mit der Schiedsklausel wird dieser Mangel behoben.
Mit dem Änderungsprotokoll konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Ungarn beitragen wird.

2 Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Das Änderungsprotokoll untersteht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung (BV) ⁶ . Gemäss Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 2005 ⁷ (VlG) besteht damit an sich die Pflicht zur Durchführung einer Vernehmlassung.
Gestützt auf Artikel 3 a Absatz 1 Buchstabe b VlG konnte jedoch auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden, denn im Januar 2024 wurde den Kantonen und den am Abschluss von DBA interessierten Kreisen eine Erläuterung zum Änderungsprotokoll zur Stellungnahme vorgelegt. Das Änderungsprotokoll wurde positiv aufgenommen und es gab keine Einwände. Die Positionen der interessierten Kreise sind entsprechend bekannt und belegt.
⁶ SR 101
⁷ SR 172.061

3 Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen des Änderungsprotokolls

Art. I des Änderungsprotokolls betreffend die Präambel des DBA-HU
Mit diesem Artikel erhält das DBA-HU eine Präambel. Ihr Inhalt entspricht dem, was gemäss Massnahme 6 des BEPS-Aktionsplans vorgesehen ist.
Damit wird klargestellt, dass die Schweiz und Ungarn nicht die Absicht haben, durch das Doppelbesteuerungsabkommen Möglichkeiten zur Nichtbesteuerung oder reduzierten Besteuerung durch Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung zu schaffen. Konkret soll durch das DBA-HU die sogenannte doppelte Nichtbesteuerung vermieden werden, sofern diese durch Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung verursacht wird. Mit dieser Einschränkung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es Situationen von gewollter doppelter Nichtbesteuerung gibt. Dazu zählt beispielsweise die Besteuerung von Dividenden an Gesellschaften des gleichen Konzerns. Die doppelte Nichtbesteuerung verhindert in solchen Situationen steuerliche Mehrfachbelastungen.
Die Aufnahme der neuen Präambel ist notwendig, um den in Massnahme 6 des BEPS-Aktionsplans gesetzten Mindeststandard zu erfüllen.
Art. II des Änderungsprotokolls betreffend Art. 25 DBA-HU (Verständigungsverfahren)
Artikel 25 des Abkommens wird mit zwei neuen Absätzen (Abs. 5 und 6) ergänzt. Damit wird eine Schiedsklausel in das DBA-HU aufgenommen. Das in der Schiedsklausel enthaltene Verfahren ist für die zuständigen Behörden obligatorisch: Gelingt es ihnen im Rahmen eines Verständigungsverfahren nicht, innerhalb von drei Jahren eine Verständigungslösung zu erzielen, so kann die steuerpflichtige Person schriftlich beantragen, dass ihr Fall einem Schiedsverfahren zugeführt wird. Der Zugang zu einem Schiedsverfahren ist indessen nicht möglich, wenn in Bezug auf die zu regelnde Frage in der Schweiz oder in Ungarn bereits eine Gerichtsentscheidung ergangen ist.
Der Schiedsspruch ist für die Vertragsstaaten endgültig und verbindlich. Die zuständigen Behörden sind verpflichtet, ihn in einer Verständigungsvereinbarung umzusetzen. Lehnt eine unmittelbar von dem Fall betroffene Person die Verständigungsregelung, durch die der Schiedsspruch umgesetzt wird, aber ab - zum Beispiel, weil die betreffende Person sich entschliesst, den Streitfall durch ein Gericht entscheiden zu lassen -, so fällt die Verbindlichkeit dahin. Mit einem solchen Mechanismus kann den Interessen der Steuerpflichtigen, die einer Doppelbesteuerung unterliegen, Rechnung getragen und die Rechtssicherheit gewährleistet werden.
Der neue Absatz 6 von Artikel 25 DBA-HU widmet sich der Vertraulichkeit. Um sicherzustellen, dass das Schiedsverfahren sein Ziel erreicht, ohne die Vertraulichkeit des Verständigungsverfahrens zu verletzen, sieht dieser Absatz vor, dass für die Mitglieder der Schiedsstelle diejenigen Vertraulichkeitsvorschriften gelten, die in Artikel 26 Absatz 2 DBA-HU enthalten sind.
Die Schiedsklausel im DBA-HU entspricht Artikel 25 Absatz 5 des OECD-Musterabkommens. Zwar verfügt auch das BEPS-Übereinkommen über eine Schiedsklausel (Teil VI). Jene Schiedsklausel ist aber sehr detailliert. Die Verhandlungsdelegationen der Schweiz und Ungarns waren sich einig, dass eine solch detaillierte Bestimmung dem Schiedsverfahren in formeller Hinsicht ein unangemessenes Gewicht im DBA-HU verliehen hätte. Deshalb wurde beschlossen, die Formulierung des OECD-Musterabkommen und nicht diejenige des BEPS-Übereinkommens ins DBA-HU aufzunehmen. Fragen zur konkreten Ausgestaltung des Verfahrens werden in einer Verständigungsvereinbarung zwischen den zuständigen Behörden der beiden Staaten geregelt.
Art. III des Änderungsprotokolls betreffend Art. 27a DBA-HU (Anspruch auf Vorteile)
Mit Artikel 27 a wird eine Missbrauchsklausel eingeführt, die auf den hauptsächlichen Zweck einer Gestaltung oder Transaktion abstellt. Aufgrund dieser Bestimmung werden die Vorteile des DBA-HU nicht gewährt, wenn das Erlangen dieser Vorteile einer der hauptsächlichen Zwecke der entsprechenden Gestaltung oder Transaktion war, es sei denn, es wird nachgewiesen, dass das Gewähren dieser Vorteile in Einklang mit dem Ziel und Zweck der entsprechenden Bestimmungen des Abkommens steht.
Absatz 2 entspricht der Bestimmung, die im Kommentar zum OECD-Musterabkommen als Ergänzung zur PPT-Regel (Principal-purpose-test-Regel) vorgeschlagen ist. Gemäss dieser Bestimmung werden gewisse Abkommensvorteile auch in Missbrauchssituationen nach Absatz 1 gewährt, nämlich dann, wenn sie ohne die missbräuchliche Gestaltung oder Transaktion gewährt worden wären. Ein Vertragsstaat kann somit bei Vorliegen eines Abkommensmissbrauchs zur Bestimmung der steuerlichen Konsequenzen jenen Sachverhalt heranziehen, der ohne die entsprechende missbräuchliche Gestaltung oder Transaktion vorgelegen hätte. Für die Schweiz ist diese Klausel lediglich deklaratorischer Natur, da die Steuerbehörden solche Vorteile nach dem innerstaatlichen Recht auch ohne eine solche Klausel gewähren können.
Die zuständigen Behörden müssen einander konsultieren, bevor sie einen Antrag gestützt auf Artikel 27 a Absatz 2 DBA-HU ablehnen.
Die Missbrauchsklausel fällt unter Massnahme 6 des BEPS-Aktionsplans. Sie entspricht Artikel 29 Absatz 9 des OECD-Musterabkommens. Um dem Mindeststandard Genüge zu tun, reicht die Aufnahme dieser Missbrauchsklausel in die Doppelbesteuerungsabkommen.
Art. IV des Änderungsprotokolls
Dem Zusatzprotokoll zum DBA-HU wird ein neuer Absatz 6 hinzugefügt. Dieser stellt klar, dass die Bestimmungen des DBA-HU die Vertragsstaaten nicht daran hindern, die innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Mindestbesteuerung von grossen Unternehmensgruppen umzusetzen, die auf der Grundlage der Global Anti-Base Erosion Model Rules (Pillar Two) vom Inclusive Framework on BEPS der OECD und der G20 erlassen wurden. Der Anwendung von innerstaatlichen Rechtsvorschriften durch die Schweiz, die namentlich die Erhebung einer Ergänzungssteuer ( Top-up Tax ) bei einer in der Schweiz ansässigen Person aufgrund einer in Ungarn gelegenen Betriebsstätte vorsehen, steht das DBA-HU demnach nicht entgegen. Diese Bestimmung ermöglicht es der Schweiz, eine Mindestbesteuerung sicherzustellen, die den erwähnten Regeln entspricht, und damit Massnahmen auszuschliessen, die andere Staaten ergriffen haben. Die Klausel greift erst, wenn die Schweiz die Bestimmungen zur Mindestbesteuerung grosser Unternehmensgruppen umgesetzt hat.
Art. V des Änderungsprotokolls (Inkrafttreten)
Die Bestimmungen des Änderungsprotokolls finden Anwendung auf Steuerjahre, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Kalenderjahrs beginnen.
Die Artikel II und IV, die sich auf die Schiedsverfahren und die Beziehung zu Säule zwei beziehen, findet hingegen ungeachtet der Steuerperiode, auf die sich die Sache bezieht, ab dem Tag des Inkrafttretens des Änderungsprotokolls Anwendung.

4 Auswirkungen

Das Änderungsprotokoll berührt nicht die Regeln für die Einkommens- und Vermögenszuteilung. Es enthält im Wesentlichen Bestimmungen, die den Missbrauch des Übereinkommens verhindern und die Streitbeilegung verbessern. Es wird daher keine direkten Auswirkungen auf die Steuereinnahmen haben.
Es ist offensichtlich, dass in anderen Bereichen keine Auswirkungen zu erwarten sind. Das vorliegende Änderungsprotokoll kann mit dem bestehenden Personal umgesetzt werden.

5 Rechtliche Aspekte

Das Änderungsprotokoll stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Nach Artikel 184 Absatz 2 BV ist der Bundesrat ermächtigt, die Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung der Verträge zuständig; ausgenommen sind die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (siehe auch Art. 7 a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 ⁸ ). Im vorliegenden Fall gibt es weder ein Gesetz noch einen völkerrechtlichen Vertrag, das oder der dem Bundesrat die Kompetenz verleiht, einen Vertrag wie das Änderungsprotokoll abzuschliessen. Die Bundesversammlung ist somit für die Genehmigung des Änderungsprotokolls zuständig.
Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge insbesondere dann dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten. Gemäss Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 ⁹ (ParlG) gelten Bestimmungen als rechtsetzend, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen.
Das Änderungsprotokoll enthält Bestimmungen, die den Schweizer Behörden Pflichten auferlegen sowie den Schweizer Behörden und den Privatpersonen (natürliche und juristische Personen) Rechte verleihen. Es enthält somit wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 ParlG und Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Auch der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Änderungsprotokolls untersteht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV.
Die Bundesversammlung genehmigt völkerrechtliche Verträge, die dem Referendum unterliegen, in der Form eines Bundesbeschlusses (Art. 24 Abs. 3 ParlG).
⁸ SR 172.010
⁹ SR 171.10
Bundesrecht
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Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ungarn

Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ungarn
vom 20. November 2024
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses ¹ über die Genehmigung eines Protokolls ² zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ungarn.
Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
20. November 2024 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi
Übersicht
Zwischen der Schweiz und Ungarn besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Einkommens- und Vermögenssteuern. Das Abkommen wurde am 12. September 2013 unterzeichnet und noch nie revidiert.
Weil die Bekämpfung der Steuervermeidung durch multinationale Unternehmen zu einem zentralen Anliegen der internationalen Staatengemeinschaft geworden ist, hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zusammen mit den G20-Staaten im Jahr 2013 ein Projekt zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung eingeleitet (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS).
Aus dem Projekt gingen Bestimmungen hervor, die in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) umgesetzt werden sollen, namentlich die in den Massnahmen 6 (Verhinderung von Abkommensmissbrauch) und 14 (Verbesserung der Streitbeilegungsmechanismen) des BEPS-Aktionsplans gesetzten Mindeststandards.
Das Änderungsprotokoll zum DBA zwischen der Schweiz und Ungarn setzt diese Mindeststandards um, was im Interesse der Schweiz ist. Es enthält keine Anpassungen an den Steuerzuteilungsregeln. Die Kantone und die interessierten Kreise haben das Änderungsprotokoll begrüsst. Es wurde am 12. Juli 2024 unterzeichnet.
Botschaft
¹ BBl 2024 3065
² BBl 2024 3066

1 Grundzüge des Abkommens

1.1 Ausgangslage, Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnisse

Zwischen der Schweiz und Ungarn besteht ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ³ (DBA-HU). Es wurde am 12. September 2013 unterzeichnet und bislang nicht revidiert.
Am 7. Juni 2017 hat die Schweiz das multilaterale Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung ⁴ (BEPS-Übereinkommen) unterzeichnet. Das BEPS-Übereinkommen enthält eine Reihe von Bestimmungen zur Anpassung bestehender Doppelbesteuerungsabkommen. Ein Teil dieser Bestimmungen dient der Erfüllung des Mindeststandards nach den Massnahmen 6 (Verhinderung von Abkommensmissbrauch) und 14 (Verbesserung der Streitbeilegungsmechanismen) des Aktionsplans zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung der OECD ⁵ (BEPS-Aktionsplan).
Im Hinblick auf die Unterzeichnung des BEPS-Übereinkommens haben die Schweiz und Ungarn die bilaterale Umsetzung des Übereinkommens besprochen. Ungarn sah sich nicht in der Lage, sich mit der Schweiz auf den genauen Wortlaut zu einigen, der durch das BEPS-Übereinkommen in die Bestimmungen des DBA-HU aufgenommen werden soll. Da dies aber eine Voraussetzung für die Anwendung des BEPS-Übereinkommens für die Schweiz ist, wurde beschlossen, die Anpassung des DBA-HU an die Resultate des Projekts zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung einige ( Base Erosion and Profit Shifting , BEPS) nicht über das BEPS-Übereinkommen, sondern über ein bilaterales Protokoll zur Änderung des DBA-HU (Änderungsprotokoll) vorzunehmen.
Die Verhandlungen über das Änderungsprotokoll konnten im Dezember 2023 abgeschlossen werden. Die Kantone und die interessierten Kreise wurden über das Resultat der Verhandlungen konsultiert und begrüssten dieses. Das Änderungsprotokoll wurde am 12. Juli 2024 in Budapest unterzeichnet.
³ SR 0.672.941.81
⁴ SR 0.671.1
⁵ www.oecd.org > Fiscalité > Conventions fiscales > Convention multilatérale pour la mise en œuvre des mesures relatives aux conventions fiscales pour prévenir le BEPS

1.2 Würdigung

Das Änderungsprotokoll enthält Bestimmungen, die in das DBA-HU eingeflossen wären, hätten die Schweiz und Ungarn das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) dem BEPS-Übereinkommen unterstellt. Zwischen dem Änderungsprotokoll und dem BEPS-Übereinkommen besteht somit ein inhaltlicher Zusammenhang. Darüber hinaus gibt es zwischen diesen beiden Instrumenten keine unmittelbaren Verbindungen.
Mit diesen Änderungen wird das DBA-HU die im BEPS-Aktionsplan gesetzten Mindeststandards in Bezug auf Doppelbesteuerung erfüllen. Die Schweiz als Mitgliedstaat der OECD hat sich verpflichtet, jene DBA-bezogenen Bestimmungen, die Teil eines Mindeststandards sind, in ihre Doppelbesteuerungsabkommen zu übernehmen. Mit dem Änderungsprotokoll erfolgt ein weiterer Schritt in diese Richtung.
Das Element 3.3 des Mindeststandards zur Massnahme 14 des BEPS-Aktionsplans verlangt die Aufnahme von Artikel 25 Absatz 2 zweiter Satz des OECD-Musterabkommens in die DBA. Gemäss diesem Artikel sind Verständigungslösungen ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten umzusetzen. Ist ein Staat nicht bereit, die Bestimmung zu vereinbaren, so muss er, damit der Mindeststandard erfüllt ist, im Rahmen von DBA-Verhandlungen zur Aufnahme von Bestimmungen bereit sein, welche die Frist für die Vornahme von Gewinnaufrechnungen von verbundenen Unternehmen und Betriebsstätten zeitlich beschränken. Dieses alternative Vorgehen kann nicht über das BEPS-Übereinkommen erfolgen.
Die Schweiz nimmt den zweiten Satz von Artikel 25 Absatz 2 des OECD-Musterabkommens üblicherweise nicht in ihre DBA auf. Deshalb hat die Schweizer Verhandlungsdelegation bei den Verhandlungen, die zum Änderungsprotokoll geführt haben, der ungarischen Verhandlungsdelegation entsprechende Vorschläge für die zeitliche Beschränkung der Vornahme von Gewinnaufrechnungen von verbundenen Unternehmen und von Betriebsstätten unterbreitet. Ungarn war jedoch nicht bereit, Gewinnaufrechnungen zeitlich zu beschränken. Das Änderungsprotokoll enthält deshalb keine entsprechende Bestimmung. Das Element 3.3 des Mindeststandards zur Massnahme 14 des BEPS-Aktionsplans wird jedoch trotzdem erfüllt, denn es genügt, dass die Schweiz zur Aufnahme einer solchen Bestimmung bereit war. Die Schweiz hat diese Bereitschaft gezeigt. Deshalb wird das DBA-HU auch diesen Mindeststandard erfüllen.
Auf Wunsch der Schweiz sieht das Änderungsprotokoll die Einführung einer Schiedsklausel vor. Das geltende Verständigungsverfahren im DBA-HU enthält keine Erfolgspflicht. Es ist also zurzeit nicht ausgeschlossen, dass es in einzelnen Fällen nicht gelingt, eine Doppelbesteuerung im Rahmen eines Verständigungsverfahrens zwischen den zuständigen Behörden der Schweiz und Ungarn zu vermeiden. Diese Situation ist hinsichtlich der Rechtssicherheit unbefriedigend. Mit der Schiedsklausel wird dieser Mangel behoben.
Mit dem Änderungsprotokoll konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Ungarn beitragen wird.

2 Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Das Änderungsprotokoll untersteht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung (BV) ⁶ . Gemäss Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 2005 ⁷ (VlG) besteht damit an sich die Pflicht zur Durchführung einer Vernehmlassung.
Gestützt auf Artikel 3 a Absatz 1 Buchstabe b VlG konnte jedoch auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden, denn im Januar 2024 wurde den Kantonen und den am Abschluss von DBA interessierten Kreisen eine Erläuterung zum Änderungsprotokoll zur Stellungnahme vorgelegt. Das Änderungsprotokoll wurde positiv aufgenommen und es gab keine Einwände. Die Positionen der interessierten Kreise sind entsprechend bekannt und belegt.
⁶ SR 101
⁷ SR 172.061

3 Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen des Änderungsprotokolls

Art. I des Änderungsprotokolls betreffend die Präambel des DBA-HU
Mit diesem Artikel erhält das DBA-HU eine Präambel. Ihr Inhalt entspricht dem, was gemäss Massnahme 6 des BEPS-Aktionsplans vorgesehen ist.
Damit wird klargestellt, dass die Schweiz und Ungarn nicht die Absicht haben, durch das Doppelbesteuerungsabkommen Möglichkeiten zur Nichtbesteuerung oder reduzierten Besteuerung durch Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung zu schaffen. Konkret soll durch das DBA-HU die sogenannte doppelte Nichtbesteuerung vermieden werden, sofern diese durch Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung verursacht wird. Mit dieser Einschränkung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es Situationen von gewollter doppelter Nichtbesteuerung gibt. Dazu zählt beispielsweise die Besteuerung von Dividenden an Gesellschaften des gleichen Konzerns. Die doppelte Nichtbesteuerung verhindert in solchen Situationen steuerliche Mehrfachbelastungen.
Die Aufnahme der neuen Präambel ist notwendig, um den in Massnahme 6 des BEPS-Aktionsplans gesetzten Mindeststandard zu erfüllen.
Art. II des Änderungsprotokolls betreffend Art. 25 DBA-HU (Verständigungsverfahren)
Artikel 25 des Abkommens wird mit zwei neuen Absätzen (Abs. 5 und 6) ergänzt. Damit wird eine Schiedsklausel in das DBA-HU aufgenommen. Das in der Schiedsklausel enthaltene Verfahren ist für die zuständigen Behörden obligatorisch: Gelingt es ihnen im Rahmen eines Verständigungsverfahren nicht, innerhalb von drei Jahren eine Verständigungslösung zu erzielen, so kann die steuerpflichtige Person schriftlich beantragen, dass ihr Fall einem Schiedsverfahren zugeführt wird. Der Zugang zu einem Schiedsverfahren ist indessen nicht möglich, wenn in Bezug auf die zu regelnde Frage in der Schweiz oder in Ungarn bereits eine Gerichtsentscheidung ergangen ist.
Der Schiedsspruch ist für die Vertragsstaaten endgültig und verbindlich. Die zuständigen Behörden sind verpflichtet, ihn in einer Verständigungsvereinbarung umzusetzen. Lehnt eine unmittelbar von dem Fall betroffene Person die Verständigungsregelung, durch die der Schiedsspruch umgesetzt wird, aber ab - zum Beispiel, weil die betreffende Person sich entschliesst, den Streitfall durch ein Gericht entscheiden zu lassen -, so fällt die Verbindlichkeit dahin. Mit einem solchen Mechanismus kann den Interessen der Steuerpflichtigen, die einer Doppelbesteuerung unterliegen, Rechnung getragen und die Rechtssicherheit gewährleistet werden.
Der neue Absatz 6 von Artikel 25 DBA-HU widmet sich der Vertraulichkeit. Um sicherzustellen, dass das Schiedsverfahren sein Ziel erreicht, ohne die Vertraulichkeit des Verständigungsverfahrens zu verletzen, sieht dieser Absatz vor, dass für die Mitglieder der Schiedsstelle diejenigen Vertraulichkeitsvorschriften gelten, die in Artikel 26 Absatz 2 DBA-HU enthalten sind.
Die Schiedsklausel im DBA-HU entspricht Artikel 25 Absatz 5 des OECD-Musterabkommens. Zwar verfügt auch das BEPS-Übereinkommen über eine Schiedsklausel (Teil VI). Jene Schiedsklausel ist aber sehr detailliert. Die Verhandlungsdelegationen der Schweiz und Ungarns waren sich einig, dass eine solch detaillierte Bestimmung dem Schiedsverfahren in formeller Hinsicht ein unangemessenes Gewicht im DBA-HU verliehen hätte. Deshalb wurde beschlossen, die Formulierung des OECD-Musterabkommen und nicht diejenige des BEPS-Übereinkommens ins DBA-HU aufzunehmen. Fragen zur konkreten Ausgestaltung des Verfahrens werden in einer Verständigungsvereinbarung zwischen den zuständigen Behörden der beiden Staaten geregelt.
Art. III des Änderungsprotokolls betreffend Art. 27a DBA-HU (Anspruch auf Vorteile)
Mit Artikel 27 a wird eine Missbrauchsklausel eingeführt, die auf den hauptsächlichen Zweck einer Gestaltung oder Transaktion abstellt. Aufgrund dieser Bestimmung werden die Vorteile des DBA-HU nicht gewährt, wenn das Erlangen dieser Vorteile einer der hauptsächlichen Zwecke der entsprechenden Gestaltung oder Transaktion war, es sei denn, es wird nachgewiesen, dass das Gewähren dieser Vorteile in Einklang mit dem Ziel und Zweck der entsprechenden Bestimmungen des Abkommens steht.
Absatz 2 entspricht der Bestimmung, die im Kommentar zum OECD-Musterabkommen als Ergänzung zur PPT-Regel (Principal-purpose-test-Regel) vorgeschlagen ist. Gemäss dieser Bestimmung werden gewisse Abkommensvorteile auch in Missbrauchssituationen nach Absatz 1 gewährt, nämlich dann, wenn sie ohne die missbräuchliche Gestaltung oder Transaktion gewährt worden wären. Ein Vertragsstaat kann somit bei Vorliegen eines Abkommensmissbrauchs zur Bestimmung der steuerlichen Konsequenzen jenen Sachverhalt heranziehen, der ohne die entsprechende missbräuchliche Gestaltung oder Transaktion vorgelegen hätte. Für die Schweiz ist diese Klausel lediglich deklaratorischer Natur, da die Steuerbehörden solche Vorteile nach dem innerstaatlichen Recht auch ohne eine solche Klausel gewähren können.
Die zuständigen Behörden müssen einander konsultieren, bevor sie einen Antrag gestützt auf Artikel 27 a Absatz 2 DBA-HU ablehnen.
Die Missbrauchsklausel fällt unter Massnahme 6 des BEPS-Aktionsplans. Sie entspricht Artikel 29 Absatz 9 des OECD-Musterabkommens. Um dem Mindeststandard Genüge zu tun, reicht die Aufnahme dieser Missbrauchsklausel in die Doppelbesteuerungsabkommen.
Art. IV des Änderungsprotokolls
Dem Zusatzprotokoll zum DBA-HU wird ein neuer Absatz 6 hinzugefügt. Dieser stellt klar, dass die Bestimmungen des DBA-HU die Vertragsstaaten nicht daran hindern, die innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Mindestbesteuerung von grossen Unternehmensgruppen umzusetzen, die auf der Grundlage der Global Anti-Base Erosion Model Rules (Pillar Two) vom Inclusive Framework on BEPS der OECD und der G20 erlassen wurden. Der Anwendung von innerstaatlichen Rechtsvorschriften durch die Schweiz, die namentlich die Erhebung einer Ergänzungssteuer ( Top-up Tax ) bei einer in der Schweiz ansässigen Person aufgrund einer in Ungarn gelegenen Betriebsstätte vorsehen, steht das DBA-HU demnach nicht entgegen. Diese Bestimmung ermöglicht es der Schweiz, eine Mindestbesteuerung sicherzustellen, die den erwähnten Regeln entspricht, und damit Massnahmen auszuschliessen, die andere Staaten ergriffen haben. Die Klausel greift erst, wenn die Schweiz die Bestimmungen zur Mindestbesteuerung grosser Unternehmensgruppen umgesetzt hat.
Art. V des Änderungsprotokolls (Inkrafttreten)
Die Bestimmungen des Änderungsprotokolls finden Anwendung auf Steuerjahre, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Kalenderjahrs beginnen.
Die Artikel II und IV, die sich auf die Schiedsverfahren und die Beziehung zu Säule zwei beziehen, findet hingegen ungeachtet der Steuerperiode, auf die sich die Sache bezieht, ab dem Tag des Inkrafttretens des Änderungsprotokolls Anwendung.

4 Auswirkungen

Das Änderungsprotokoll berührt nicht die Regeln für die Einkommens- und Vermögenszuteilung. Es enthält im Wesentlichen Bestimmungen, die den Missbrauch des Übereinkommens verhindern und die Streitbeilegung verbessern. Es wird daher keine direkten Auswirkungen auf die Steuereinnahmen haben.
Es ist offensichtlich, dass in anderen Bereichen keine Auswirkungen zu erwarten sind. Das vorliegende Änderungsprotokoll kann mit dem bestehenden Personal umgesetzt werden.

5 Rechtliche Aspekte

Das Änderungsprotokoll stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Nach Artikel 184 Absatz 2 BV ist der Bundesrat ermächtigt, die Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung der Verträge zuständig; ausgenommen sind die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (siehe auch Art. 7 a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 ⁸ ). Im vorliegenden Fall gibt es weder ein Gesetz noch einen völkerrechtlichen Vertrag, das oder der dem Bundesrat die Kompetenz verleiht, einen Vertrag wie das Änderungsprotokoll abzuschliessen. Die Bundesversammlung ist somit für die Genehmigung des Änderungsprotokolls zuständig.
Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge insbesondere dann dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten. Gemäss Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 ⁹ (ParlG) gelten Bestimmungen als rechtsetzend, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen.
Das Änderungsprotokoll enthält Bestimmungen, die den Schweizer Behörden Pflichten auferlegen sowie den Schweizer Behörden und den Privatpersonen (natürliche und juristische Personen) Rechte verleihen. Es enthält somit wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 ParlG und Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Auch der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Änderungsprotokolls untersteht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV.
Die Bundesversammlung genehmigt völkerrechtliche Verträge, die dem Referendum unterliegen, in der Form eines Bundesbeschlusses (Art. 24 Abs. 3 ParlG).
⁸ SR 172.010
⁹ SR 171.10
Bundesrecht
Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ungarn
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